Staatsange
hörigkeit
(Heimatsrecht,
Indigenat), die
Eigenschaft als
Unterthan in einem bestimmten Staatswesen. Im
Bundesstaat
ist der Staatsange
hörige einer doppelten Herrschaft unterworfen; er steht unter der
Staatsgewalt des
Einzelstaats, welchem er angehört, und er ist der Bundes-(Reichs-)
Gewalt untergeordnet, welche in dem Gesamtstaat besteht,
welchem jener Einzelstaat zugehört. So ergibt sich für die
Angehörigen des
Deutschen
Reichs eine S. oder ein Landesindigenat
und eine
Reichsangehörigkeit oder ein
Bundesindigenat (s. d.). Die
Reichsangehörigkeit setzt die
S. in
einem deutschen Einzelstaat voraus, sie wird mit der S. erworben und endigt mit derselben.
Nach dem Bundes-(Reichs-)
Gesetz vom über den
Erwerb und Verlust der
Bundes- und Staatsange
hörigkeit wird die S.,
mit welcher also die
Reichsangehörigkeit von selbst verbunden ist, erworben durch Abstammung von einem
inländischen
Vater und für
uneheliche Kinder durch die
Geburt von einer dem betreffenden
Staat angehörigen
Mutter, auch durch
die nachfolgende
Legitimation seitens des natürlichen
Vaters; sodann seitens einer Ehefrau durch deren Verheiratung mit einem
Staatsange
hörigen und endlich für den
Angehörigen eines
Bundesstaats durch dessen
Aufnahme in einen andern
(Überwanderung) und für
Ausländer oder Nichtdeutsche durch die
Naturalisation
(Einwanderung) derselben.
Beides, Aufnahme u. Naturalisation, erfolgt durch die höhere Verwaltungsbehörde des betreffenden Staats und zwar die Aufnahme kostenfrei. Der Hauptunterschied zwischen Aufnahme und Naturalisation besteht darin, daß die Aufnahme jedem Angehörigen eines andern Bundesstaats erteilt werden muß, wenn er darum nachsucht und zugleich nachweist, daß er in dem Bundesstaat, in welchem er um die Aufnahme nachsucht, sich niedergelassen habe; es müßte denn einer der Fälle vorliegen, in welchen nach dem Freizügigkeitsgesetz die Abweisung eines Neuanziehenden oder die Versagung der Fortsetzung des Aufenthalts als gerechtfertigt erscheint.
Dagegen besteht keine Verpflichtung zur Naturalisation eines Ausländers, deren allgemeine Voraussetzungen Dispositionsfähigkeit, resp. Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, Unbescholtenheit, Wohnung am Orte der Niederlassung und die Fähigkeit, sich und seine Angehörigen ernähren zu können, sind. Bei Staats-, Kirchen- und Gemeindedienern vertritt die Bestallung die Aufnahme- oder die Naturalisationsurkunde. Die S. geht verloren durch zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Ausland, es sei denn, daß sich der Betreffende im Besitz eines Reisepapiers oder Heimatscheins befindet; durch Verheiratung einer Inländerin mit einem Ausländer oder mit einem Angehörigen eines andern Bundesstaats sowie bei dem unehelichen Kind einer inländischen Frauensperson durch die Legitimation seitens des ausländischen Vaters.
Außerdem geht die S. verloren durch die Entlassung, welche unbedenklich zu erteilen ist, wenn der zu Entlassende in einem andern deutschen Staate die S. erworben hat. Die Entlassung ist gegenüber Wehrpflichtigen vom vollendeten 17. bis zum 25. Lebensjahr zu beanstanden, desgleichen Militärpersonen und den zum aktiven Dienst einberufenen Reservisten und Landwehrleuten gegenüber. Ferner kann ein Deutscher der S. und damit auch der Reichsangehörigkeit für verlustig erklärt werden, wenn er ohne Erlaubnis seiner Regierung in fremde Staatsdienste tritt, oder wenn er im Fall eines Kriegs oder einer Kriegsgefahr im Ausland sich aufhält und einer Aufforderung zur Rückkehr innerhalb der hierzu gesetzten Frist keine Folge leistet.
Dagegen geht die S. nicht dadurch verloren, daß
man in einem andern
Staat naturalisiert wird, wie dies in
Frankreich der
Fall
ist.
Deutschen, welche ihre S. durch zehnjährigen Aufenhalt im
Ausland verloren haben, kann die
S. in dem frühern Heimatstaat
wieder verliehen werden, auch wenn sie sich in diesem Heimatstaat nicht wiederum niederlassen, wofern
sie keine anderweite S. erworben haben. Sie muß ihnen wieder verliehen werden, wenn sie sich dort wieder niederlassen, selbst
wenn sie inzwischen eine anderweite S. erworben haben sollten. Übrigens wird jene zehnjährige
Frist durch
Eintrag in die
Matrikel eines Reichskonsuls auf weitere zehn Jahre unterbrochen. Die Bescheinigung über die S.
heißt Staatsange
hörigkeits-Ausweis (Heimatschein).
Vgl. v. Martitz, Das Recht der S. im internationalen Verkehr (Leipz. 1875);
Folleville, Traité de la naturalisation (Par. 1880);
Cahn, Das Reichsgesetz über die Erwerbung und den Verlust der Reichs- und S. (Berl. 1889).