Titel
Sprengen.
[* ] Die Sprengtechnik hat sich erst in in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, als die Nitroglycerinsprengstoffe erschienen, zu einer Wissenschaft entwickelt. Denn solange nur das Schießpulver als Sprengmittel zur Verfügung stand, war das S. eine handwerksmäßig betriebene Operation. Seitdem sind die ausgedehntesten wissenschaftlichen Versuche mit den neuen Explosivstoffen angestellt und die Resultate in der Sprengtechnik verwertet worden.
Die wichtigsten Aufgaben der Sprengtechnik sind: Eisenbahnen, Straßen- und Strombauten in der kürzesten Zeit auszuführen, dem Verkehr neue und sichere Wege zu eröffnen, Hemmnisse und Gefahren zu beseitigen, Kohlen- und Erzlager zu erschließen und abzubauen; Metallmassen, deren Volumen und Gewicht sie der Verarbeitung entzieht, wieder der Verwendung zugängig zu machen; Rodungsarbeiten und Tiefbodenkultur von Ackerland auszuführen auf Tiefen, in die kein Ackergerät dringt, oder an Stellen, wo solches nutzlos wird. Im Kriege macht sie es sich zur Aufgabe, Angriff und Verteidigung nachhaltiger zu führen, feindliche oder dem Feinde nützliche Objekte zu zerstören. Die Hilfsmittel der Sprengtechnik sind:
1) Die Maschinen und Werkzeuge zur Herstellung der Räume für die Aufnahme der Ladungen;
2) die Zündmittel;
3) die Explosivstoffe.
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Die Bohrmaschinen. Während früher nur durch mühsame Handarbeit die Bohrlöcher abgetrieben wurden, welche alsdann, mit Pulver geladen, einzeln gezündet wurden, werden heute zur Herstellung der Bohrlöcher mit Dampf oder komprimierter Luft getriebene Maschinen verwendet, mit welchen die Arbeiten im Verein mit der elektrischen Zündung in gegen früher außerordentlich kurzer Zeit ausgeführt werden. Man verwendet Perkussions- und Rotations-Bohrmaschinen.
Bei erstern arbeitet der Bohrer wie beim Handbetrieb schlagend und durch seine Bohrschneiden das Gestein zerstoßend. Dampf oder komprimierte Luft sind für den Betrieb dieser Maschinen erforderlich. Von den Rotations-Bohrmaschinen verwendet man zwei Arten, von denen die eine das Gestein durch harte Körper, wie Diamanten, abschleift, während die andre das Gestein durch hydraulischen Druck zerbröckelt. Die Perkussions-Bohrmaschinen bestehen aus einem Cylinder, in welchem ein Kolben durch Dampf oder komprimierte Luft außerordentlich rasch (200-400mal in der Minute) hin- und hergeführt wird.
Unmittelbar mit dem Kolben ist ein Bohrer verbunden, welcher bei der Vorwärtsbewegung einen Schlag auf das Gestein ausführt und dasselbe zermalmt. Vorzüge dieser Maschinen sind: geringe Unkosten bei der Beschaffung und Erhaltung, verhältnismäßig geringes Gewicht, einfache Konstruktion, daher leichte Handhabung, geringe Dimensionen bei bedeutender Arbeitsleistung. Die Nachteile sind geringe: die unvermeidlichen Erschütterungen, welche die rasch aufeinander folgenden Schläge verursachen, und das die Arbeit begleitende sehr starke Geräusch.
Der Verbrauch an Luft, resp. Dampf schwankt zwischen 0,28 und 0,50 cbm in der Minute bei 3,5-6,5 Atmosphären Spannung. Es genügen Motoren von 4-6 Pferdekräften für die Maschine. Allgemeinste Verwendung findet jetzt die Schramm-Mahlersche Perkussions-Bohrmaschine, die speziell für den Betrieb durch komprimierte Luft gebaut, doch auch für direkten Dampfbetrieb verwendbar ist. Die komprimierte Luft wird auf 10-15 m Entfernung von der Bohrmaschine in Eisenröhren, von diesen aus in Guttaperchaschläuchen der Maschine zugeführt.
Diese Maschine ist von einfachster Konstruktion und erlaubt Bohrungen in allen Richtungen auszuführen; sie kann leicht und sicher durch einen Arbeiter bedient werden, zudem ist ihr Betrieb nicht nur um 8 Proz. billiger, sondern auch um 150 Proz. schneller gegenüber dem Handbetrieb. Infolge ihrer Vorzüge hat die Schramm-Mahlersche Bohrmaschine alle andern Systeme verdrängt. Unter den Rotations-Bohrmaschinen, die fast ausschließlich nur zu Tiefbohrungen verwendet werden, stehen die Diamant-Bohrmaschinen noch heute unübertroffen da. Dieselben bestehen aus den Antriebsmaschinen, dem Räderwerk, der Bohrspindel, der mit schwarzen Diamanten besetzten Bohrkrone und dem Gestänge. Das Bohrgestänge ist hohl, um das Druckwasser zum Ausspülen des Bohrmehls durchtreiben zu können. Die Arbeitsleistung dieser Maschinen ist der guter Perkussions-Bohrmaschinen gleich, dagegen das Krafterfordernis 20mal größer, daher werden die rotierenden Bohrmaschinen die Perkussions-Bohrmaschinen nicht ersetzen können.
Die Zündmittel. Man unterscheidet Zeitzünder und Momentanzünder. Zu erstern gehören die Bickford-Zündschnüre, zu letztern die schnellbrennenden Zündschnüre und die elektrischen Zünder. Die Bickford-Zündschnüre sind Hanfschnüre, in denen eine feine Mehlpulverseele sich befindet, welche das Feuer langsam bis zu dem Zündhütchen führt und so die Minenzündung bewirkt. Bei Verwendung in nassen Bohrlöchern, resp. unter Wasser müssen diese Zündschnüre gut geteert oder mit wasserdichten Umhüllungen, wie Guttapercha, versehen werden.
Diese Zündschnüre werden mit dem Zündhütchen, einer 5-6 cm langen Kapsel aus Kupferblech, welche auf ein Viertel bis ein Fünftel ihrer Höhe Knallquecksilber enthält, verbunden. Ein der Bohrlochlänge entsprechendes Zündschnurstück schneidet man senkrecht gegen die Längsachse scharf ab, setzt das abgeschnittene Ende auf den Knallquecksilbersatz der Kupferkapsel und kneift den Kupfermantel mit einer kleinen Zange fest an die Zündschnur an. Beim Gebrauch wird das freie Ende der Bickford-Zündschnur ungefähr 2,5 cm lang in ihrer Längsachse aufgeschnitten und in diesen Schnitt entweder Mehlpulver gestreut oder ein Stück Zündschwamm eingeklemmt. Durch Berührung dieser Anfeuerung mit einer brennenden Lunte oder Kohle wird das Zünden bewirkt. Die schnellbrennenden Zündschnüre sind mit besondern Lösungen getränkte und mit explosiven Stoffen imprägnierte Baumwollfäden, die mit Bandstreifen umwunden und dann durch Bleiröhren gezogen oder mit Guttapercha umhüllt werden. Diese Zündschnüre finden fast ausschließlich in der Kriegstechnik Verwendung.
Die elektrische Zündung. Dieselbe ermöglicht nicht nur eine bedeutende Ersparnis an Bohrarbeit und Sprengstoff, sondern gewährt auch dem Arbeiter völlige Sicherheit. Die Brenndauer der Zündschnüre läßt sich nur annähernd bestimmen, sie ist selbst bei gleicher Länge eine sehr verschiedene, da Luft, Ventilation und Feuchtigkeit dieselbe beeinflussen. Zahllos sind die Unglücksfälle, die durch zu schnelles und ebenso durch zu langsames Abbrennen der Zündschnüre herbeigeführt wurden, indem die Arbeiter entweder zu früh die Sprengstelle betraten, oder von ihr nicht schnell genug sich entfernen konnten.
Die elektrische Zündung beseitigt alle diese Gefahren, zudem wird der beim Abbrennen der Zündschnüre hauptsächlich in Bergwerken, Tunnels und andern Orten unvermeidliche und äußerst lästige Rauch und Qualm vermieden, und, was besonders wichtig, man kann mehrere Schüsse zu gleicher Zeit abbrennen und nach der Explosion der gezündeten Minen den Sprengort ohne jede Gefahr betreten. Das Laden der Bohrlöcher, resp. das Herrichten der Zündpatronen geht rascher als früher von statten, so daß durch die Einführung der elektrischen Zündung die erzielte Kostenersparnis gegen die früher übliche Methode ca. 40-50 Proz. beträgt.
Die zur elektrischen Zündung nötigen Materialien sind: die Zündmaschine, die Leitung und die Zünder. Am besten haben sich Reibungs-Elektrisiermaschinen bewährt. Den Hauptfehler derselben, die Empfindlichkeit gegen Nässe, beseitigte der Mechaniker Bornhardt in Braunschweig durch Einsetzen der Maschine in einen luftdicht verschlossenen Kasten aus Zinkblech, der, um jede Spur von Feuchtigkeit zu absorbieren, ausgeglühte Holzkohle enthält. Beschreibung und Abbildung der Bornhardtschen Maschine s. Sprengen (Bd. 15).
Die metallische Leitung. Wie bei jeder elektrischen Leitung, unterscheidet man auch hier die Luft- oder Hinleitung, welche bis zu ihrem Wirkungsort auf gut isolierten Metalldrähten erfolgt, und die Erd- oder Rückleitung, welche durch den Erdboden oder durch einen sonstigen Leiter zu dem elektrischen Zünder führt. Bei wichtigen Sprengungen wendet
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man stets isolierte Hin- und Rückleitung an. Zu den Drahtleitungen benutzt man blanken Eisen- oder Messingdraht oder Guttaperchakupferdraht. Letzterer ist vorzuziehen, weil bei seinem Gebrauch Isolatoren entbehrlich werden. Der Guttaperchadraht ist, vorausgesetzt, daß die isolierende Hülle unbeschädigt bleibt, sowohl in der Erde als im ruhigen Wasser liegend vollkommen zuverlässig.
Die elektrischen Zünder bestehen aus einem U-förmig gebogenen Messingdraht, welcher mit einer Masse aus Schwefel und feingepulvertem Glas umgossen ist. Dieser Zünderkörper ist mit einer Papierhülse, für submarine Zwecke mit einer Metallhülse verbunden, welche auf 0,25 ihrer Höhe mit Knallquecksilber gefüllt ist. Zwischen letzterm und dem Zünderkörper befindet sich eine besondere Zündmischung, bestehend aus Mehlpulver, besser aus mit etwas feinem Graphit versetztem Phosphor- oder Schwefelkupfer, in welche der gebogene, fein durchgeschnittene Draht eintaucht, so daß bei Bildung des elektrischen Funkens an der Unterbrechungsstelle die Zündung der Zündmischung und durch jene die des Knallquecksilbers erfolgen muß. Die elektrischen Zünder werden mit hinreichend langen, isolierten Leitungsdrähten versehen in den Handel gebracht.
Soll mittels eines elektrischen Zünders eine Mine gezündet werden, so müssen Zündmaschine, Leitung und Zünder miteinander in Verbindung gebracht werden. Die aus den Bohrlöchern hervorragenden Zünderdrähte werden zunächst mit einem Messer blank geputzt und dann durch Zusammenflechten und Zurückbiegen der vorstehenden Drahtspitzen und Pressen des ganzen Geflechtes mit einer kleinen Breitzange in richtige Verbindung miteinander gebracht. Bei Guttaperchadrähten wird zuerst von den beiden zu verbindenden Drahtenden auf 5 cm die Guttapercha mit einem Messer abgeschabt, die Verbindung bewirkt und ein Kautschukröhrchen, welches gleich anfangs auf den einen Draht geschoben wurde, über die Verbindungsstelle der beiden Drähte gezogen.
Sind die Schüsse geladen, ragen also aus jedem Bohrloch die Zünddrähte heraus, so verbindet man zur Fertigstellung der Zündung den Bohrlochdraht eines Schusses mit der Leitung durch einen Draht, dessen Enden blank gerieben sind. Der zweite Draht desselben Schusses wird mit dem Nachbarschuß, der zweite Draht des letztern mit einem Drahte des dritten Schusses, endlich das übrigbleibende Ende des letzten Schusses mit der Rückleitung durch eingeschobene Drahtstücke verbunden, wobei auf die durchaus nötige Isolierung der Drähte die größte Sorgfalt zu verwenden ist.
Sind alle Schüsse untereinander verbunden, so hängt man die Leitungsdrähte in die beiden Ösen der Elektrisiermaschine ein, setzt vermittelst der Kurbel die Scheibe durch 20-30 Umdrehungen in rasche Rotation und drückt auf den Knopf; hierdurch springt der Funke auf den Draht über, und die Schüsse werden gezündet. Bei Verwendung der Dynamite zu Sprengungen im Gestein ist zu beobachten, daß die Minentiefe (Tiefe des Bohrloches) mindestens ebenso groß oder größer sein muß als die Entfernung des Minenherdes von der nächsten freien Fläche. Die Ladungshöhe in einem Bohrloch soll nicht größer sein als höchstens zwei Drittel der Bohrlochtiefe. Bei Ladungen, welche längere Zeit im Wasser bleiben, wird das Dynamit meist in cylindrisch geformte dünne Weißblechbüchsen eingeschlossen. Durch ein im Deckel dieser Büchsen befindliches Loch laufen die Drähte des elektrischen Zünders.
Die explosiven Stoffe in der Sprengtechnik. Man unterscheidet direkt explodierbare und indirekt explodierbare Explosivstoffe. Erstere können durch eine Flamme, einen glühenden Körper, einen Funken, kurz durch die Erhitzung eines Teiles bis zur Entzündungstemperatur unmittelbar zur Explosion gebracht werden. Hierher gehören das gewöhnliche Sprengpulver und alle diesem ähnliche Gemische, die trockne Schießbaumwolle und die Pikratpulver. Die indirekt explodierbaren Explosivstoffe können durch einfache Zünder nicht unmittelbar zur Explosion gebracht werden, denn unter diesen Bedingungen brennen dieselben nur ab, und erst durch viel höhere Erhitzung bis zur Explosionstemperatur oder durch einen mechanischen Impuls (Schlag, Stoß, Reibung) gelangen dieselben zur Detonation. In diese Klasse der Explosivstoffe gehören feuchte und komprimierte Schießbaumwolle, das gewöhnliche Dynamit, Cellulosedynamit, Sprenggelatine, Gelatinedynamit, Lithofrakteur und natürlich auch die Basis der Dynamite, das Nitroglycerin. Die indirekt explodierbaren Explosivstoffe sind im Vergleich zu ihrer gewaltigen explosiven Kraft relativ gefahrlos zu handhaben. Zu ihrer Explosion bedürfen dieselben einer mit Zündschnur und Knallquecksilberkapsel versehenen Zündpatrone. Man kann die Explosivstoffe auch einteilen in sehr brisante und minder brisante, letztere sind die direkt, erstere die indirekt explodierbaren Explosivstoffe.
Man hat berechnet, daß ein Volumen Dynamit bei seiner Explosion ca. 1300 Vol. Dämpfe und Gase erzeugt, welche sich bei der eintretenden Wärmeentwickelung um das Achtfache ihres Raumes ausdehnen und somit im Moment der Entstehung das Volumenverhältnis auf 1: ca. 10,400 bringen. Die kolossalen Wirkungen des Dynamits liegen aber nicht allein in der Wirkung der entwickelten Gasmengen, sondern hauptsächlich in der enormen Geschwindigkeit, mit der sich die Explosion vollzieht.
Während z. B. das Abbrennen einer 63,2 m langen, 26 mm dicken Pulverwurst 18 Sekunden währt, wird ein durch Dynamitpatronen gebildeter Strang von denselben Dimensionen in weniger als 0,01 Sekunde zur Explosion gebracht. Bei gesprengten Minen setzt sich die gesamte Wirkungssphäre aus der Zermalmungssphäre, der Verschiebungssphäre und der Trennungssphäre zusammen. Je brisanter ein Explosivstoff, desto größer werden bei gleicher Ladungsmenge die Zermalmungs- und die Verschiebungssphäre; mit der Abnahme der Brisanz des verwendeten Sprengmittels nehmen die kubischen Inhalte der ersten beiden Sphären ab, dagegen wächst die Trennungssphäre.
Die Minenladungen aus gewöhnlichem Sprengpulver erzeugen fast gar keine Zermalmungs- und eine mittelgroße Trennungssphäre, aber eine verhältnismäßig große Verschiebungssphäre. Eine richtig gelegte Dynamitmine streut nur sehr wenig, da die Gase sich momentan entwickeln und sich gleichmäßig den Weg ins Freie bahnen. Beim explodierenden Sprengpulver dagegen entwickelt sich anfangs nur ein Teil der Gase, welche sich einen Ausgang ins Freie schaffen.
Die so gebildeten Risse und Klüftungen werden von den späterhin aus dem Sprengpulver sich entwickelnden Gasen erweitert und durch letztere die schon abgesprengten Felsstücke weit weggeschleudert, wodurch große Streuungen entstehen. Die starken Dynamitsorten zermalmen und zerbrechen die benachbarten Partien des Gesteins, und die Wirkung ist eine ziemlich scharf begrenzte. Die schwächern Dynamitsorten dagegen brechen nur in unmittelbarer Nähe, trennen
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aber weithin nach den offenen Lagern. Die Wirkung der verschiedenen Dynamite ist in gleichen Körpern also eine ganz verschiedene. Die Wirkung einer Dynamitsorte ist abhängig von der Stärke derselben, von der Widerstandsfähigkeit des Gesteins und von dem Verhältnis der Minenladung als Gewichtsmenge zur Länge der Widerstandslinie.
Daß bei Sprengungen häufig keine günstigen Resultate erhalten werden, obwohl die Bohrlöcher richtig abgetrieben, der passende Sprengstoff zur Anwendung gebracht und die Schüsse in rationeller Weise durch den elektrischen Funken gezündet sind, hat seinen Grund darin, daß die Sprengladung nicht in dem richtigen Verhältnis zu der Größe des abzusprengenden Steinquantums, zu der Vorgabe stand. Es muß durch Vorversuche die eigentliche Sprengungssphäre, d. h. die Ausdehnung der zentrischen Welle, ermittelt werden, durch welche eine Trennung des zu sprengenden Mediums bewirkt wird.
Fast immer werden die Bohrlöcher auf 0,33, 0,25, 0,20 etc. ihrer Tiefe geladen, mögen sie nun 22 oder 58 mm weit sein. Gleichwohl ist durch eine genügende Anzahl von Versuchen festgestellt, daß zwei Bohrlöcher in gleichem Gestein bei gleicher Vorgabe auch dieselbe Sprengladung erhalten müssen, wenn ihre Wirkung eine gleiche oder doch nahezu gleiche sein soll. Die Ladungen mehrerer Bohrlöcher müssen sich zu einander verhalten wie die dritten Potenzen der zugehörigen Sprengungshalbmesser, d. h.
L : L,: L,, ... s³ : s,³: s,,³ ...
Dieser einfache Zusammenhang hat den österreichischen Geniehauptmann Lauer eine Theorie aufstellen lassen, mit deren Hilfe man im stande ist, die Sprengladung eines Bohrloches bei bekannter Vorgabe und ermitteltem Härtegrad des Gesteins in Kilogramm auszudrücken. Hält man fest, daß
L : L,: L,, ... = s³ : s,³: s,,³ ...
so ist klar, daß L/s³, L,/s,³, L,,/s,,³ ... für ein und dasselbe Medium und dieselbe Sprengmittelsorte gleich einem konstanten Quotienten c, dem sogen. Ladungskoeffizienten, sind.
Aus obiger Gleichung ergibt sich die Proportion
L : L,= s³ : s,³ oder Ls,³ = L,s³ oder L = (L,/s,³)s³
und für (L,/s,) den Ladungskoeffizienten c gesetzt L = c.s³ Für Steinsprengungen an freien Wänden, wie in Steinbrüchen, an Bergabhängen, überhaupt in nicht verspanntem Gestein, wo es sich nur darum handelt, die Trennung des Zusammenhanges zu erzielen, um das Gestein von der Höhe in die Tiefe hinabzustürzen, muß die Sprengungssphäre jene freie Seite, nach welcher hin das Gestein geschoben werden soll, nur berühren, d. h. der Sprengungshalbmesser s wird der Vorgabe w gleich.
Sonach gestaltet sich die Ladungsformel für Steinsprengungen an Felswänden: L = c.w³, worin L die Menge des Sprengmittels in Kilogramm, w die Vorgabe in Metern und c den Ladungskoeffizienten ausdrückt, der für jede Gesteinsgattung mit der gewählten Sprengmittelsorte und mit Rücksicht auf den Zweck der Sprengung durch Probeschüsse ermittelt werden muß. Ist der Ladungskoeffizient ermittelt worden, d. h. ist jene Ladung bestimmt, welche für die gewählte Vorgabe die gewünschte Wirkung hervorbringt, so wird aus der Gleichung L = c.w³ der Wert von c berechnet. Es ist nämlich c = L/w³. Bei Minen, deren Bohrlöcher schräg gegen die Felswand abgetrieben werden, wird die günstigste Wirkung erreicht, wenn der Trichterhalbmesser r der Widerstandslinie oder Vorgabe w gleich ist. In diesem Falle ist, weil w = r, s = sqrt(w²+r²) = 1,414 w und die allgemeine Ladungsformel L = c.s³ = c. (1,414.w)³ = 2,83 c.w³.
Sonach muß bei Bohrschüssen in vollkommen verspanntem Gestein, wie beim Untersprengen von Felswänden, beim Abteufen von Schächten etc., der Ladungskoeffizient nahezu dreimal so groß als bei Sprengungen an einer vertikalen Wand (unverspanntes Gestein) werden.
Von den in der Sprengtechnik verwendeten Explosivstoffen sind besonders zu erwähnen die Dynamite und die Schießbaumwolle. Im J. 1847 wurde das Nitroglycerin entdeckt, und 1863 gelang es Nobel, das Nitroglycerin fabrikmäßig darzustellen und ebenso 1867 die aus seinem flüssigen Zustand resultierenden Gefahren dadurch zu beseitigen, daß er dasselbe von Infusorienerde (Kieselgur) aufsaugen ließ, die von dem Öle bis 75 Proz. aufzunehmen und festzuhalten vermag.
Das schwammartig aufgesogene Nitroglycerin bildet mit der Kieselgur eine teigartige, wie Wachs knetbare braune Masse, das Dynamit. Das Dynamit ist gegen Schlag und Stoß fast unempfindlich, aber ein auf kurze Distanz in Dynamit einschlagendes Geschoß bringt dasselbe zur Explosion. Es geht hieraus hervor, daß der auf das Dynamit geführte Schlag oder Stoß ein sehr heftiger und mit großer Geschwindigkeit geführter sein muß, wenn dasselbe explodieren soll. Nobel fand denn auch 1864, daß das Mittel, Explosivstoffe zu möglichst schneller Verbrennung zu bringen, darin besteht, auf dieselben einen heftigen lokalen Stoß wirken zu lassen, wie solchen am besten explodierendes Knallquecksilber liefert. Diese besondere Zündungsart, welche Zündung durch Detonation genannt wird, bildet die Basis für die Anwendung des Nitroglycerins in der Sprengtechnik; mehr noch, von ihr datiert die ganze moderne Entwickelung des Sprengwesens. Seit Erfindung des Kieselgurdynamits sprengt man in Europa nicht mehr mit Nitroglycerin, dagegen wird in den Vereinigten Staaten von Nordamerika noch viel damit gesprengt.
Kieselgurdynamit gefriert wie das Nitroglycerin unter +8°. Mit einer Flamme entzündet, brennt es ab, explodiert aber nicht. Bei größern, namentlich eingeschlossenen Mengen führt die bei der Verbrennung sich entwickelnde sehr hohe Wärme schließlich die Explosion des unverbrannten Restes herbei. Weiches Dynamit wird durch eine Sprengkapsel, die 0,25 g Knallquecksilber enthält, zur Explosion gebracht. Für gefrornes Dynamit sind Kapseln mit 1 g Knallquecksilber zu verwenden.
Cellulosedynamit ist ein Gemisch von 70-75 Proz. Nitroglycerin mit fein zerteiltem Holzfaserstoff. Es kann, ohne an Explosionsfähigkeit und Sprengwirkung zu verlieren, an 40 Proz. Wasser aufnehmen, besitzt im übrigen dieselben Eigenschaften wie das Kieselgurdynamit.
Sprenggelatine besteht aus 92 Proz. Nitroglycerin, welches durch 8 Proz. Kollodiumwolle gelatiniert ist. Sie bildet eine gallertartige, durchscheinende Masse von blaßgelber bis hellbrauner Farbe und einem spezifischen Gewicht von 1,6. Sprenggelatine ist bedeutend unempfindlicher gegen Schlag und Stoß als Kieselgurdynamit, sie kann nur durch eine besondere Zündpatrone, welche Gelatinedynamit enthält, zur Explosion gebracht werden. Gelatinedynamit ist eine Mischung von dünner Sprenggelatine mit einem Zumischpulver, welches aus 75 Teilen
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Salpeter, 24 Teilen Holzmehl und 1 Teil Soda besteht.
Schießbaumwolle besitzt in ihrer ursprünglichen Form, in welcher sie das Aussehen der gewöhnlichen Baumwolle hat, nicht genügende Brisanz, erhält dieselbe aber, wenn sie durch Holländern in einen feinen Brei verwandelt und dieser dann äußerst stark gepreßt wird. Diese komprimierte Schießbaumwolle ist in ihrem äußern Ansehen weicher Pappe nicht unähnlich, sie besitzt ein spezifisches Gewicht von 1-1,2 und wird durch Knallquecksilberkapseln zur Detonation gebracht. Wenn naß (15 Proz. Wasser), kann komprimierte Schießbaumwolle nur durch die Explosion einer kleinen Menge vollkommen trockner Schießbaumwolle zur Detonation gebracht werden. Für bergtechnische Zwecke hat die reine Schießbaumwolle nur untergeordnete Bedeutung, um so größere aber in ihrer Verbindung mit Nitroglycerin, der Sprenggelatine.