Spoleto
,
Kreishauptstadt in der ital. Provinz Perugia (Umbrien), an der Eisenbahn Rom-Foligno-Ancona, auf einem Hügel (dem Krater [* 2] eines erloschenen Vulkans) unfern der reißenden Maroggia, über deren Thal [* 3] ein 69 m hoher, 209 m langer Aquädukt mit altem Brückenweg führt, hat ein schönes Kastell (jetzt Strafhaus), viele Kirchen (darunter die Kathedrale mit Fresken von Filippo Lippi), zahlreiche Altertümer, ansehnliche Paläste (Kommunalpalast mit kleiner Gemäldesammlung), ein schönes Theater [* 4] und (1881) 7696 Einw., die Fabrikation von Hüten, Leder, Wollenstoffen, Bereitung von Konserven, Getreide-, Wein- und Ölbau sowie Handel mit diesen Produkten betreiben. S. hat ein Lyceum, Gymnasium, Seminar, eine technische Schule, ein Konviktkollegium, eine Bibliothek, eine wissenschaftliche Akademie und ist Sitz eines Erzbischofs, eines Unterpräfekten und eines Handelsgerichts. - S. hieß im Altertum Spoletium und war eine der ansehnlichsten Städte Umbriens, die 242 v. Chr. eine römische Kolonie ward und sich 217 standhaft gegen Hannibals Angriffe verteidigte.
Von den Goten unter Totilas zerstört, ward sie von Narses wieder aufgebaut und dann von den Langobarden zur Hauptstadt eines Lehnsherzogtums gemacht, das einen großen Teil Mittelitaliens (Umbrien, Sabiner- und Marsenland, Fermo und Camerino) umfaßte und auch unter fränkischer Herrschaft bestehen blieb. Herzog Guido von S. ward 891 Kaiser, ebenso sein Sohn Lambert 898. Mit Konrad dem Schwaben erlosch das selbständige Herzogtum. Durch Kaiser Heinrich II. wurde S. mit Toscana vereinigt, war nach Mathildens von Tuscien Tod (1115) Gegenstand des Streits zwischen Kaiser und Papst und nur vorübergehend Sitz eines kaiserlichen Markgrafen. Seit dem 13. Jahrh. gehörte das Herzogtum nebst der Mark Fermo zum Kirchenstaat, seit 1861 gehört es zum Königreich Italien. [* 5]
Vgl. Sansi, Storia del comune di S. (Foligno 1879). ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Spoleto
,
Hauptstadt des Kreises S. (73336 E.) in der ital. Provinz Perugia, 95 km im NNO. von Rom, [* 6] an der Mareggia, Station der Linie Ancona-Orte, ist mit steilen, engen und winkligen, aber reinlichen Gassen an einem Hügel hinaufgebaut. S. ist Sitz eines Erzbischofs und zählt (1881) 9026, als Gemeinde 21507 E., die zum Teil von der Herstellung von Fleisch-, Frucht- und Gemüsekonserven, zum Teil auch von Bergbau [* 7] leben. Es besteht ein Gymnasium, technische Schule, Seminar und eine Akademie. In Garnison liegt das 19. Infanterieregiment (außer einem Bataillon). Die Wälder der Umgegend liefern Trüffeln. Die Burg (Castello La Rocca), von Theodorich d. Gr. erbaut, 1155 vom Kaiser Friedrich I. eingenommen, später vom ¶
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Kardinal Albornoz verstärkt, nach tapferer Gegenwehr von den Piemontesen erobert, dient jetzt als Strafhaus. Die hoch gelegene Kathedrale Sta. Maria Assunta, namentlich im Innern 1644 erneut, hat fünf Bogen [* 9] mit antiken Säulen, [* 10] ein großes Mosaik des Solfernus von 1207, im Chor Fresken von Fra Filippo Lippi, vollendet von Fra Diamante 1470. Großartig ist die 206 m lange, auf 10 Bogen ruhende Wasserleitung [* 11] Ponte delle Torri, die zugleich über eine tiefe Schlucht nach dem Monte-Luco führt, wahrscheinlich zuerst von Herzog Theodolapius (604), in seiner jetzigen Gestalt 1355 erbaut. Der dicht belaubte Monte-Luco trägt Einsiedeleien, die jetzt meist als Landhäuser benutzt werden. Der Palazzo pubblico und der Convento di San Domenico haben Gemälde von Spagna.
Im Altertum war Spoletium eine der bedeutendsten Städte Umbriens. Sie wurde 241 v. Chr. röm. Kolonie latinischen Rechts, verteidigte sich standhaft gegen Hannibal 217, weshalb noch jetzt ein Thor Porta d'Annibale heißt. Im Bürgerkriege zwischen Marius und Sulla litt S. sehr. Von den Goten wurde die Stadt zerstört, durch Narses aber wieder aufgebaut. Während der langobard. Herrschaft in Italien erhob sie sich 574 zum Herzogtum, das am Ende des 9. Jahrh. den größten Teil des östl. Mittelitaliens umfaßte, so daß sich Herzog Guido (s. d.) von S. zum König und 891 zum röm. Kaiser machte; auch sein Sohn Lambert 898 behielt diese Würde bei. Später bildete sich aus dem Herzogtum S. die Mark Ancona, [* 12] deren Grafen zeitweise das ganze Herzogtum beherrschten. Seit etwa 1220 gehörte es bis 1860 zum Kirchenstaat.