Spissen
(Kt. Bern,
Amtsbez. Frutigen).
1200-1500 m. Berggegend s. hinter
Frutigen über dem linken Ufer der Engstligen.
Die Spissen
sind dasjenige Stück des O.-Hangs der
Niesenkette, das in einer Länge
von 7 km und einer durchschnittlichen
Breite von 3 km südl. vom
Otternbach und nördl. vom
Gantenbach begrenzt wird. Das ganze Gebiet lässt sich in 3
Zonen einteilen,
deren oberste vom
Grat der
Niesenkette bis auf etwa 1500 m hinunter reicht,
Alpen und
Weiden umfasst und
auf dem
Kamm in einigen pyramidenförmigen Gipfeln kulminiert. Von diesen Gipfeln gehen
Rippen oder sogenannte
«Eggen» aus,
die sich weiter unten verbreitern und zwischen welchen das
Wasser trichterförmig in Runsen herunter fliesst. Alle Runsen
vereinigen sich dann zu einem
Graben, der sich immer tiefer in das weiche schiefrige Gehänge eingräbt
und als wilde, geschiebereiche
Schlucht gegen den Thalgrund der Engstligen ausmündet. Unter dieser Alpenzone folgt das bewohnte
Gebiet mit den gruppenweise hingestreuten Spissen
dörfchen. Diese Zone ist weniger steil und weist schöne Bergwiesen auf,
inmitten welcher sich die unansehnlichen braunen Häuschen lagern. Ausser eingezäunten Kartoffel- und
Gemüsepflanzungen kommen hier keine Kulturen vor. Die Naturgraswiesen gewähren nach ihrer Abätzung im Frühjahr immerhin
noch zwei Ernten, von welchen aber die letzte oft erst in den Oktober fällt. Die dritte Zone umfasst den waldigen und felsigen
Absturz nach dem Thal hinunter. Die durch tiefe Gräben voneinander getrennten Spissen
dörfchen sind,
von S. nach N. gezählt:
Rinderwald,
Ladholz,
Linter,
Kratzeren,
Gempelen und
Ried mit zusammen 135
Häusern und 739 reform. Ew.
Kirchgemeinde
Frutigen. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Viehzucht, sowie (in weit geringerem Mass) die Ausbeutung von
Schieferbergwerken.
Die Bevölkerung ist ein ernster, nüchterner und arbeitsamer Schlag mit Neigung zu kirchlicher Separation. Die Wegverbindungen der Dörfer untereinander sowie mit der der Engstligen entlang führenden Thalstrasse sind sehr mangelhaft und im Winter nicht ohne Gefahr. Seit längerer Zeit gilt hier im Schulwesen ein Minimalunterrichtsplan, weil der regelmässige Schulbesuch infolge der lokalen Verhältnisse bedeutend erschwert ist. Näheres über dieses isolierte Berggebiet und seine Bewohner findet sich in Karl Stettler: Das Frutigland. Bern 1887.