Spiritusfa
brikation,
[* 2] Brennerei, die gewerbsmäßige Darstellung von Spiritus [* 3] (s. Alkohol). Die S. wird in Deutschland [* 4] nur vereinzelt als selbständige Großindustrie betrieben und ist in den meisten Fällen ein landwirtschaftliches Gewerbe, in welchem Falle sie meist als Branntweinbrennerei (s. Brennerei) mit Branntwein (s. d.) als Endprodukt betrieben wird.
In den Rohmaterialien der S. ist der Alkohol entweder bereits fertig vorhanden, so daß nur eine Absonderung desselben von den übrigen Bestandteilen zu erfolgen hat (z. B. in der Cognacbrennerei, bei welcher nur eine einfache Destillation [* 5] der Weine stattfindet), oder der Spiritus wird erst aus andern Bestandteilen der Rohmaterialien gebildet. Hier sind zu unterscheiden: a. zuckerhaltige Rohmaterialien (Melasse, Rüben, Obst u. s. w.), in denen erst durch Gärung eine Spaltung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure stattfinden muß, welcher dann die Abscheidung des Alkohols durch Destillation folgt;
b. stärkemehlhaltige Rohstoffe (Getreide, [* 6] Kartoffeln), bei denen zunächst eine Umwandlung des darin enthaltenen Stärkemehls in vergärbaren Zucker [* 7] zu erfolgen hat.
Der Gang [* 8] des Brennereibetriebes läßt sich daher am vollständigsten an der Verarbeitung stärkemehlhaltiger Rohmaterialien (in Deutschland besonders der Kartoffeln) erkennen.
Der wesentlich für die Brennerei in Betracht kommende Bestandteil der Kartoffeln ist das Stärkemehl. Der Gehalt der Kartoffeln an Stärkemehl schwankt in weiten Grenzen [* 9] (zwischen 12 und 24 Proz., auch darüber), so daß die Ausbeute an Spiritus sehr verschieden ist. Die Überführung der Stärke [* 10] in Zucker und Dextrin geschieht durch den Einfluß eines verzuckernden Fermentes, der Diastase des Malzes (s. d.). Auf 100 kg verarbeiteter Kartoffeln kommen 4-6 kg Grünmalz (= 2½-4 kg Gerste [* 11] oder anderm Malzgetreide) in Anwendung. Um die Stärke der Kartoffeln zu verzuckern, muß dieselbe erst der Verkleisterung unterworfen ¶
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werden, die darin besteht, daß durch Zufuhr von Wärme [* 13] bei Gegenwart einer genügenden Menge von Feuchtigkeit die eigentliche Struktur des Stärkekornes und der stärkeführenden Zellen zerstört wird, wobei die Stärkekörner aufquellen und zu einer unregelmäßig geformten, schleimartigen, leicht zerteilbaren Masse werden. Diese Verkleisterung, das Dämpfen, fand bis vor etwa 25 Jahren in hölzernen oder eisernen Dampffässern statt, in denen die Kartoffeln durch Zufuhr von Dämpfen mit geringer Spannung gekocht wurden.
Diese Methode ist jetzt durch das Hochdruckverfahren verdrängt worden, das zuerst Hollefreund in Pest 1871 anwendete. Die
jetzt üblichen Kartoffeldämpfer heißen nach dem schles. Gutsbesitzer Henze die Henzedämpfer;
sie bestehen entweder aus einem obern cylindrischen Teile, an den sich unten ein Konus anschließt, oder
sie sind vollkommen konisch geformt, wie
[* 12]
Fig. 1 der Tafel: Spiritusfa
brikation I zeigt, in welcher eine Batterie von drei konischen
Henzedämpfern D in Verbindung mit einem Maischapparat M (System Paucksch) dargestellt ist.
Der obere Boden des Henzedämpfers enthält eine Öffnung zum Einfüllen des Rohmaterials. Nach Verschluß dieser Öffnung wird von oben Dampf [* 14] auf die Kartoffeln gegeben, bis der ganze Inhalt durchgewärmt ist; das hierbei niedergeschlagene Kondensationswasser und das aus den Kartoffeln ausgeschiedene Wasser (Fruchtwasser) läßt man ablaufen: hierauf wird der obere Dampfzutritt geschlossen und von unten Dampf gegeben, bis die Masse unter einem Druck von 3 bis 3½ Atmosphären steht;
ist die Masse gar gedämpft, so wird sie durch von oben wirkenden Dampf ausgeblasen.
Hierbei wird die Masse an den scharfen Kanten des Ausblaseventils in eine fein verteilte, breiartige Form übergeführt und gelangt so in den Maischapparat. Diese Maischapparate oder Vormaischbottiche sind mit stark wirkendem Rührwerke versehene meist eiserne Bottiche. In diesen kommt die ausgeblasene Masse, welche meistens auf dem Wege vom Dämpfer [* 15] zum Maischapparat in einem schlotartigen Exhaustor einem abkühlenden Luftstrom begegnet ist, mit dem zur Verzuckerung bestimmten Malz in Berührung.
Dieses Malz ist vorher, in der Regel auf Malzquetschen, zwei sich in entgegengesetzter Richtung drehenden, verschieden großen, glatten Hartgußwalzen, zerkleinert, gequetscht und mit geringen Mengen Wasser eingeteigt worden. Da die Diastase bei höhern Temperaturen unwirksam wird, muß ein Verbrühen des Malzes vermieden werden. Es wird daher das Ausblasen so geleitet, daß die Masse im Vormaischbottich keine höhere Temperatur als 45-50° R. annimmt. Nachdem die ausgeblasene Masse noch eine Zeit lang (30-60 Minuten) der Einwirkung des Malzes zur Verzuckerung unterworfen geblieben ist, wird dieselbe zur Einleitung der Gärung abgekühlt.
Die Maischapparate dienen entweder nur zum Maischen, d. h. zur innigen Vermischung der aus dem Dämpfer ausgeblasenen Masse mit dem Malz, welche Mischung als Maische bezeichnet wird, oder gleichzeitig auch zum Abkühlen der verzuckerten Maische; in ersterm Falle enthalten sie nur ein Rührwerk, wie z. B. die sog. Ellenberger, bei denen, ähnlich wie bei den Holländern der Papierfabriken, die Maische immer wieder eine gerippte Trommel passieren muß, oder wie bei dem Universalmaischapparat von H. Paucksch in Landsberg [* 16] a. W. (s. Taf. I, [* 12] Fig. 2), in welchem durch ein am Boden angebrachtes Centrifugalrührwerk eine kräftige Durchmischung der Maische bewirkt wird.
Bei den gleichzeitig als Maisch- und Kühlapparaten dienenden Vormaischbottichen sind außer dem Rührwerk im Innern derselben noch Kühlvorrichtungen angebracht und zwar entweder stehende Kühltaschen oder Kühlrohre, wie bei dem Eckertschen Vormaischbottich, oder an den Wandungen des Vormaischbottichs entlang laufende Kühlröhren, wie bei der Konstruktion von F.W. Plüntsch in Stolp [* 17] (s. Taf. I, [* 12] Fig. 3); in diesen Fällen wird die abzukühlende Maische durch die Bewegung der Rührwerke immer wieder den Kühlflächen zugeführt, oder die Kühlung wird durch Kühltaschen, die sich in der Maische bewegen, oder durch die Maische immer wieder durchschneidende, bewegliche Kühlrohre (Cammin & Neumann, Frankfurt [* 18] a. O.) bewirkt.
Wenn die Maischapparate nicht gleichzeitig Kühlapparate [* 19] sind, muß die Kühlung durch besondere Kühlapparate bewirkt werden. Hierzu gehören namentlich die Kühlschiffe, wie sie auch in der Bierbrauerei [* 20] üblich sind. Das auf Taf. I, [* 12] Fig. 4 abgebildete Kühlschiff besteht aus einem flachen Kasten aus Eisenblech. Im Innern des Schiffs bewegt sich ein aus Leisten und Schaufeln bestehendes Rührwerk, welches die Maische durcheinander rührt und mit der Luft in Berührung bringt. Über dem Gefäß [* 21] dreht sich zur Erzeugung des Luftzugs ein Windflügel mit großer Geschwindigkeit. Eine andere Kühlvorrichtung sind die Röhrenkühler (s. Taf. II, [* 12] Fig. 1), bestehend aus mehrern übereinander angeordneten Systemen von Kühlröhren, durch welche die Maische fließt, während durch Umhüllungsröhren kaltes Wasser der Maische entgegenströmt.
Die abgekühlte Maische wird durch Hefe [* 22] in Gärung versetzt. Während früher die für jede Maische frisch bezogene Bierhefe als Gärungsmittel benutzt wurde, wird jetzt sog. Kunsthefe in den Brennereien selbst gezüchtet. Zu diesem Zwecke wird aus Grünmalz und Wasser, oder aus Grünmalz-, Roggen- oder Darrmalzschrot und Wasser, oder, jetzt meistenteils, aus frisch bereiteter Maische und Grünmalz eine Hefenmaische, das sog. Hefengut, durch Einmaischen bei Temperaturen von 48 bis 50° R. hergestellt.
Dieses Hefengut wird zunächst der Säuerung überlassen; indem man dasselbe sich während 20-24 Stunden langsam auf Temperaturen bis zu 38° R. abkühlen läßt, giebt man den aus der atmosphärischen Luft hinzutretenden Keimen des Milchsäurepilzes Gelegenheit sich zu entwickeln. Diese Säuerung hat den Zweck, in der Hefenmaische Milchsäure zu erzeugen, welche gegen die andern gärungsstörenden Bakterien, z. B. die Buttersäurebakterien, antiseptisch wirkt.
Die Einleitung einer reinen Milchsäuregärung ist die Hauptbedingung für den spätern günstigen Verlauf der Gärung; diese Reinheit der Säuerung wird bedingt durch Anwendung reinen, gut gewachsenen Malzes und entsprechend gewählter Maisch- und Säuerungstemperaturen. Nach beendeter Säuerung wird die jetzt saures Hefengut genannte Hefenmaische auf die Anstelltemperatur (12-15° R.) schnell abgekühlt. Zum Beginn der Campagne wird das Hefengut dann mit Preßhefe (s. d.) vermischt. In neuerer Zeit wird als Anstellhefe vielfach Reinhefe benutzt, d. h. eine durch Reinzüchtung aus einer Zelle [* 23] gewonnene Hefe von ganz bestimmter Rasse und ganz bestimmten, für Zwecke der Brennerei besonders günstigen Eigenschaften, welche in gleicher Beschaffenheit stets wieder ¶
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gezüchtet werden kann. Durch diese Anstellhefe wird das Hefengut in Gärung versetzt, und nach 16-20 Stunden ist die Hefe zur weitern Benutzung für die eigentliche Hauptmaische reif. Während der Gärung der Hefe findet in der Maische eine lebhafte Neubildung von Hefezellen statt und zwar so lange, bis durch die gleichzeitig stattfindende Spaltung des in der Hefenmaische enthaltenen Zuckers in Kohlensäure und Alkohol ein Gehalt an letzterm von 5 Proz. entstanden ist.
Bei diesem Gehalt an Alkohol findet eine weitere Neubildung von Hefezellen nicht mehr statt; es ist also in der Hefenmaische die größte Anzahl selbständiger, gut entwickelter Hefenzellen enthalten, die Hefe ist reif. Zu diesem Zeitpunkt wird dann die Mutterhefe abgenommen, d.h. es wird ein Teil der gärenden Hefe beiseite gestellt, um als Anstellhefe für die neu in Gärung zu setzende Hefe verwendet zu werden. Die Hauptmenge der Hefe wird aber der abgekühlten eigentlichen Maische zugefügt, um diese in Gärung zu versetzen.
Die Gärung der Hauptmaische erfolgt in den Gärbottichen, d. h. in je nach dem Betriebsumfange der einzelnen Brennerei verschieden großen, peinlich sauber gehaltenen hölzernen Bottichen, die in einem besondern Raum, dem Gärraum oder Gärkeller, Aufstellung finden. Die Gärung der Maische muß nach dem deutschen Branntweinsteuergesetz der Regel nach in 72 Stunden beendet sein, sie muß also so geleitet werden, daß in dieser Zeit alle in der Maische enthaltenen vergärungsfähigen Stoffe in Alkohol übergeführt sind.
Die in der Maische durch den Verzuckerungsprozeß gebildeten vergärbaren Stoffe, gewöhnlich als Zucker schlechtweg bezeichnet, sind eine Zuckerart, Maltose (s. d.), und Dextrin (s. d.). Die Maltose ist durch Hefe direkt vergärbar, während das Dextrin im Verlauf der Gärung durch die in der Branntweinmaische noch vorhanden sein müssende Diastase erst allmählich in Maltose übergeführt werden muß, um vergoren werden zu können. Die Gesamtheit aller in der Maische enthaltenen löslichen Bestandteile (Maltose, Dextrin, gelöste stickstoffhaltige Körper, wie Eiweißstoffe und Amide, Kali-, phosphorsaure Salze, Magnesiaverbindungen) bezeichnet man als den Extrakt.
Die Menge des Extrakts wird durch in Prozente eingeteilte Spindeln, Saccharometer, bestimmt; je mehr Saccharometergrade die frisch bereitete Maische anzeigt, um so mehr Zucker und Dextrin enthält sie, um so mehr Alkohol kann aus ihr gewonnen werden. Die Technik ist allmählich zur Vergärung sehr zuckerreicher Maischen von 26-28° Saccharometer übergegangen. Die Gärung zerfällt in die Angärung oder Vorgärung, die Hauptgärung und die Nachgärung. Die Angärung verläuft in der Regel bei niedrigen Temperaturen ohne wesentliche Erwärmung und ohne starke Umsetzung des Zuckers; während derselben findet die Hefebildung in der Hauptmaische statt, so daß sich in diesem Zeitraum die Menge der in der Maische enthaltenen Hefezellen etwa versechsfacht.
Durch die größere Hefenmenge wird die Hauptgärung hervorgerufen, welche sich in lebhafter Kohlensäureentwicklung, starker Erwärmung und wallender Bewegung der Maische zu erkennen giebt. Während der Hauptgärung findet die Umwandlung der in der Maische enthaltenen Maltose in Alkohol und Kohlensäure statt; die Saccharometeranzeige erfährt eine schnelle, starke Abnahme. In der Nachgärung findet die allmähliche Umwandlung des Dextrins in Maltose und die Zerlegung derselben statt; die Gärung wird ruhiger, die Kohlensäureentwicklung weniger lebhaft, die Temperatur der Maische geht langsam zurück.
Die Hauptaufgabe der Gärungsführung ist die Erhaltung einer kräftigen Nachgärung, hierzu ist erforderlich, die Hefe bis zuletzt gärkräftig zu erhalten und die Bildung schädlicher, gärungsstörender Säuren (Bakterien) zu verhindern. Erreicht wird dies durch passende Regulierung der Temperatur, Reinlichkeit und richtige Führung der Hefen; die Temperatur der Maische während der Gärung darf 24-25° R. nicht übersteigen. Zur Regulierung der Temperaturen sind jetzt in allen besser eingerichteten Betrieben Gärbottichkühlschlangen vorhanden, kupferne Schlangen, [* 25] die in die Maische gehängt werden und durch welche Wasser geleitet wird, um die Erwärmung der Maische zu regeln; vielfach ist auch die Einrichtung so getroffen, daß diese Schlangen eine auf und ab gehende Bewegung ausführen (s. Taf. I, [* 24] Fig. 5, in der eine Hefekammer und ein Gärraum mit solchen beweglichen Kühlvorrichtungen abgebildet ist), wodurch ein schnelleres Entweichen der gebildeten Kohlensäure, die auch gärungshemmend wirkt, und eine Ersparnis an Steigeraum erreicht wird.
Namentlich in den letzten Jahren hat in Deutschland unter dem Einfluß des Maischraumsteuersystems, da der Gärbottichraum versteuert wird, also aus dem versteuerten Raum eine möglichst hohe Alkoholausbeute erzielt werden muß, in den Kartoffelbrennereien die Technik bedeutende Fortschritte in der Verarbeitung hochkonzentrierter, extraktreicher Maischen gemacht. Um nun namentlich bei Verarbeitung weniger stärkereicher Kartoffeln, von denen zur Erreichung hoher Konzentrationen sehr große Mengen (100 kg und darüber auf 100 l Gärbottichraum) eingemaischt werden müssen, nicht zu dicke, schwer bewegliche, großen Steigeraum erfordernde Maischen zu erhalten, sind Maischeentschäler eingeführt, von denen der gebräuchlichste der Müller-Eberhardtsche ist (s. Taf. II, [* 24] Fig. 2); es sind dies liegende, konisch verjüngte Siebtrommeln, in denen durch eine Schnecke die Maische nach der schmalen Ausflußöffnung hinbewegt wird; die Flüssigkeit läuft durch die Siebe in ein Auffanggefäß und von da in die Gärbottiche, während die gröbern, festen Bestandteile aus der mit einem Beschwerungsgewicht belasteten Mundöffnung der Siebtrommel als ziemlich trocken abgepreßte Masse austreten, um als Futter Verwendung zu finden. Von neuern Konstruktionen dieser Art seien genannt: der Hampelsche Entschälungsapparat, aus einem im Vormaischbottich angebrachten Siebcylinder mit senkrechter Transportschnecke bestehend, und der von Hinz & Goebel Nachfolger in Falkenburg in Pommern, [* 26] welcher aus einem neben dem Vormaischbottich angebrachten senkrechten Siebcylinder besteht, worin eine mit Transportschnecke und Preßeinrichtung versehene Welle rotiert. - Neuerdings wird vielfach die Anwendung von antiseptischen Mitteln in Vorschlag gebracht, um einen reinern Verlauf der Gärung durch Unterdrückung der die Hefethätigkeit störenden Bakterien herbeizuführen; hierher gehören schwefligsaurer Kalk, Formalin und namentlich die Flußsäure und deren Salze (Patent Effront). Die Ansichten über den Erfolg des Flußsäureverfahrens sind geteilt; während die einen behaupten, daß bei richtig geleitetem Betriebe, namentlich bei sorgfältiger Bereitung der Kunsthefe, die hierbei gezüchtete Milchsäure genügend antiseptisch wirke, wird von andern die Flußsäure, namentlich für kleinere Betriebe, als ¶