Spinnerei
,
die Arbeit des Spinnens, auch das Etablissement, in dem dieselbe vorgenommen wird, sowie das begrifflich aufgefaßte Gesamtgebiet aller zum Spinnen [* 2] verwendeten Hilfsmittel und Arbeitsvorgänge. Die Aufgabe der S. kommt darauf hinaus, daß man die in büschelweiser oder anderer Anordnung gegebenen Fasern eines Rohstoffs (s. Gespinstfasern) [* 3] so umordnet, daß sie einen beliebig langen gleichmäßig dicken Faden [* 4] bilden, dessen Festigkeit [* 5] schon durch das einfache Hilfsmittel des Zusammendrehens und die hieraus sich ergebende gegenseitige Annäherung der Fasern begründet ist.
Wenn zur S. nur einfache Hilfsmittel im
Verein mit der Thätigkeit der
Hände zur Anwendung kommen, heißt
die
Arbeit Handspinnerei
, das Produkt Handgespinst; werden dagegen zur
Reinigung der Rohfasern und zur allmählichen Herstellung
von
Bändern, Vor- und Feingespinst
Maschinen benutzt, so heißt die
Arbeit mechanische
S. und das Produkt Maschinengespinst.
Die Handspinnerei
wird entweder mittels der Handspindel
oder mittels des
Spinnrades ausgeführt. Das Spinnmaterial
wird in gereinigtem, lockerm Zustand an einem
Stock, dem Rocken oder der Kunkel, befestigt, der entweder neben der spinnenden
Person steht, oder im Gürtel
[* 6] derselben steckt, oder am
Spinnrad angebracht ist.
Beim Spinnen mit der Spindel zieht die linke Hand [* 7] die Fasern aus und ordnet sie zur Bildung eines gleichförmigen Fadens nebeneinander, während die rechte Hand zur Bewegung der Spindel gebraucht wird. Die letztere hängt an dem an ihrer Spitze durch eine Schlinge befestigten Faden frei herab, wird nahe an der Spitze erfaßt und durch eine eigentümlich schnellende Bewegung rasch um ihre Achse gedreht, wobei der unten angebrachte zinnerne Ring als Schwungmasse wirkt und die Bewegung andauernder macht.
Diese Spindel
bewegung, durch welche die ausgezogenen Fasern
Drehung erhalten, wird so lange unterhalten, als es bei freischwebender
Spindel möglich ist. Alsdann wird die Garnschlinge von der Spindel
spitze abgestreift und die
Spindel in solcher
Lage gegen
den
Faden in Umdrehung versetzt, daß der
Faden oberhalb des Schwungrings aufgewickelt wird. Sobald dies großenteils geschehen
ist, wird der
Faden von neuem zur Spindel
spitze geführt, die
Schlinge gemacht und weiter gesponnen. Die
Arbeit zerfällt demnach
in zwei fortwährend abwechselnde
Operationen: die
Bildung des
Fadens und das Aufwickeln desselben. (Auf dem
gleichen Princip beruhen die Mulemaschinen und Selfactors der mechanischen
S., s. unten.)
Das
Spinnen mit dem
Spinnrad unterscheidet sich
von dem
Spinnen mit der
Spindel im wesentlichen dadurch, daß die
Bildung des
Fadens und die Aufwicklung desselben gleichzeitig vor sich geht. Das gebräuchliche
Spinnrad
(Trittrad, s.
Tafel: Spinnerei
I,
[* 1]
Fig. 1
u. 2) erhält seinen
Antrieb mittels einer Kurbel
[* 8] c durch Trittbewegung
a b, wobei ein großes Schnurrad d und durch
dieses zwei kleine Schnurrollen e in Thätigkeit versetzt werden, von denen die eine an der
Spindel f, die andere an der
Spule
(Bobine) g sitzt, so daß diese beiden
Teile bewegt werden.
Zum Ausziehen der Fasern aus dem Rocken m können bei Benutzung des Spinnrades beide Hände verwendet werden, weshalb die Arbeit weit rascher als mit der Spindel fortschreitet. Der Faden geht durch das gebohrte Ende l der Spindel, legt sich um den Flügel f und geht von diesem zur Spule g; die Arme des Flügels sind mit Einschnitten oder Häkchen versehen, die man nacheinander benutzt, damit die Spule der Zuführung entsprechend möglichst gleichmäßig bewickelt werde.
[* 1] Fig. 3 u. 4 zeigen die Spindel und die Spule genauer. Bei dem einfachern, aber weniger gebräuchlichen Handrad wird das Rad d mit einer Handkurbel gedreht, was unbequemer ist. Da die Spulenbewegung durch die Fadenspannung geregelt werden muß, wird das Garn auf dem Spinnrad stärker beansprucht als beim Spinnen mit der Spindel, weshalb sich mit letzterer feinere sowie auch weichere und geschmeidigere Garne herstellen lassen. Die Gleichförmigkeit des Handgespinstes hängt hinsichtlich der Fadendicke und des Drahts (die Drehungszahl für die Längeneinheit) lediglich von der Geschicklichkeit des Arbeiters ab. Dieselbe kann durch Übung derart gesteigert werden, daß sich durch Handarbeit hochfeine Garne von großer Gleichförmigkeit herstellen lassen; erst neuerdings ist es gelungen, die Spinnmaschinen [* 9] so weit zu vervollkommnen, daß auf ihnen ebenso feine Garne wie mit Spindel und Spinnrad erzeugt werden können.
Die Erfindung des Spinnens wurde von den Ägyptern der Isis, [* 10] von den Chinesen der Kaiserin Yao, von den Lydiern der Arachne, von den Griechen der Athene [* 11] zugeschrieben. Schon beim Eintritt in die geschriebene Geschichte war den genannten Kulturvölkern der Gebrauch der Handspindel bekannt, mit welcher noch jetzt in manchen Gegenden, z.B. in Italien, [* 12] gesponnen wird. Jahrtausendelang machte die Kunst der S. keine Fortschritte. Erst 1530 erfand Jürgen, Steinmetz und Bildschnitzer in Watenbüttel bei Braunschweig, [* 13] das Spinnrad, wie es, einige geringe Veränderungen abgerechnet, noch jetzt, besonders zum Spinnen des Flachses, gebräuchlich ist.
Ein gewaltiger Umschwung vollzog sich durch die Einführung der
Spinnmaschinen für Wasser- und Dampfbetrieb, deren
Entwicklung
zu Anfang des vorigen Jahrhunderts begann. Indem man auf die Verarbeitung großer Mengen eines
Faserstoffs ausging, wies man
die Vorarbeiten der mechan. und chem.
Reinigung besondern
Maschinen zu, bewirkte
die erste Umordnung der Fasern
zu einem endlosen Flor auf der Krempel und gelangte von diesem bandförmigen Fasergebilde zu der fadenförmigen Vorstufe
des Feingespinstes
(Vorgarn) durch schrittweises
Strecken (wie es in der
Baumwoll-, Kammgarn-, Chappe-,
Seiden-, Jute- und
Wergspinnerei
üblich ist) oder durch Längsteilung (wie in der Streichgarnspinnerei
), worauf die auf eine Vielzahl von Fäden
berechneten Feinspinnmaschinen durch
¶
0161a Spinnerei I 1.- 4. Spinnrad. 5. Flyer (Querschnitt). 6. Streckmaschine. 7. Grobflyer (Spindelbank). 8. Walzenkrempelschema. 9. Deckenkrempelschema. ¶
Spinnerei.
II.
¶
mehr
160 die Arbeitsvorgänge des Streckens und Drehens die erforderliche Feinheit und Festigkeit begründeten, unter geeigneter
Aufstapelung des fertigen Fadens auf Spindeln bez. Spulen. Die Maschinenspinnerei
verfügt zur Zeit über zwei Hauptarten von
Feinspinnmaschinen, den Selfactor und die Drosselmaschine. Beim Selfactor, der aus der Cromptonschen Mulefeinspinnmaschine
hervorging, wechseln (wie bei der Handspindel) das eigentliche Spinnen (Strecken und Drehen) und das Auswinden
miteinander ab, indem die zur Aufnahme des Gespinstes bestimmten Spindeln auf einem Wagen so angeordnet sind, daß sie bei
dessen Entfernung von dem Streckwerk die Zusammendrehung (Verdichtung, Festigung) des verdünnten Vorgespinstes und bei dessen
Annäherung an das Streckwerk (Wagenfahrt) die geordnete Aufwindung des Feingespinstes bewirken.
Indem es erst nach vielfacher Bemühung gelang, alle erforderlichen Bewegungen der zusammenwirkenden Organe automatisch von der Maschine [* 17] selbst bewirken zu lassen, rechtfertigt sich die üblich gewordene Bezeichnung «Selfactor», die aus dem englischen selfacting-mule entstand. Den Abschluß des hier angedeuteten Gedankens bewirkte 1872 O. Wolf in Vöslau durch Gestaltung einer Vorrichtung, die den Stillstand der Maschine bewirkt, sobald die Spindeln eine vorgeschriebene Fadenlänge aufgenommen haben (Nummer-Kontrollapparat genannt, weil danach mittels Wägung eines Kötzers oder Cops oder einer kleinen Anzahl derselben die sichere Feststellung der Feinheitsnummer erfolgen kann).
Bei der Drosselmaschine (Drosselstuhl), deren erste Gestaltung R. Arkwright 1775 zuzuschreiben ist, erfolgt wie bei dem Handspinnrad das Spinnen und Aufwinden gleichzeitig, womit neben Raumersparnis und größerer Liefermenge sogleich die Möglichkeit des vollständig automatischen Betriebes mittels elementarer Betriebskraft (z.B. Wasser, daher auch Watermaschine) gegeben ist; die Aufwindung der fertigen Fäden erfolgt hier nicht unmittelbar auf Spindeln, sondern mittels rotierender Flügel auf Spulen, die durch die auflaufenden Fäden nachgezogen, durch Reibung [* 18] auf ihren Stützflächen in gewissem Maße zurückgehalten werden, also unter Beanspruchung der Festigkeit des Fadengebildes; deshalb ist die Herstellung der feinsten und schwächsten Garne auf dieser Maschine ausgeschlossen, die vielmehr dem Selfactor verblieben ist. Am meisten ist in dieser Beziehung eine als Ringmaschine bekannte Umgestaltung der Drosselmaschine dem Selfactor nahe gerückt worden, bei welcher nicht die Spule, sondern ein beliebig leicht zu machender Fadenleiter (Läufer) auf einer ringförmigen Bahn durch den auflaufenden Faden nachzuziehen ist (s. unten).
Die Feinheit der Gespinste wird allgemein durch eine Vergleichung zwischen Länge und Gewicht eines gewissen Fadenstücks festgestellt, indem man z. B. (bei der «internationalen Numerierung») angiebt, wie viel Meter des Fadens auf 1 g gehen; hat also ein gewisses Fadenstück L Meter Länge und G Gramm Gewicht, so ist die «metrische» Feinheitsnummer N = L/G. – Auf die Prüfung der Feinheit folgt in allen Fällen, wo die Verwendung der Garne anderwärts geschieht, noch die geeignete Verpackung derselben, sei es in Form der Cops, wie sie der Selfactor liefert, oder in Form geweifter Strähne, die zu Docken und Paketen von abgerundetem Gewicht zusammengelegt und durch scharfes Pressen auf den kleinstmöglichen Raum gebracht werden.
Je nach dem Spinnmaterial unterscheidet man als wichtigste Arten der S. die Flachs-, Hanf-, Jute-, Seiden-,
Baumwoll- und Wollspinnerei. Über das Spinnen des Flachses s. Flachsspinnerei.
Die Hanfspinnerei
stimmt im wesentlichen mit
der Flachsspinnerei
überein, nur daß die Maschinen, der stärkern Hanffaser entsprechend, kräftiger gebaut sind. Über die
Jutespinnerei
s. Jute.
[* 19] Über die Seidenspinnerei
s. Seide.
[* 20] Betreffs der Baumwoll- und Wollspinnerei sind
die vorbereitenden Operationen (bis zur Bandbildung) in den Artikeln Baumwollspinnerei und Wollspinnerei behandelt, während
die weitern eigentlichen Spinnprozesse dieser beiden Arten der S. nachfolgend beschrieben sind.
Baumwollspinnerei. Der durch vorbereitende Arbeiten (über diese s. Baumwollspinnerei) hergestellte Wickel gelangt zu den Kratzen (Kratzmaschinen), auch Karden oder Krempeln genannt, welche die Aufgabe haben, denselben in ein zusammenhängendes Band [* 21] von möglichster Gleichförmigkeit und Reinheit zu verwandeln (das Krempeln). Die arbeitenden Teile der Kratzmaschinen sind die Kratzbelege oder Kardengarnituren, Leder- oder Tuchstreifen, die mit winklig gebogenen Drahthäkchen dicht besetzt sind.
Stehen zwei derartige mit sog. Kratzen beschlagene Flächen einander gegenüber und zwar in so geringer Entfernung, daß ein sehr enger Zwischenraum (z.B. gleich der Dicke eines Papierblattes) bleibt, so hängt deren Wirkung auf die zwischen sie hineingebrachte Baumwolle [* 22] einesteils von der gegenseitigen Stellung der Häkchen, andernteils von der Richtung und Geschwindigkeit der den Kratzen erteilten Bewegung ab. Es sind nun folgende praktisch wichtige Fälle zu unterscheiden:
a. Entgegengesetzt stehende Kratzen; die eine vorgehend, die andere still liegend oder ebenfalls vorgehend (wobei die Bewegungsrichtungen einander entgegengesetzt sind, nachstehende [* 16] Fig. 1); unter diesen Umständen wird von der in die Zähne [* 23] der einen Kratze eingeschlagenen, büschelweise angeordneten Baumwollmasse an allen Stellen, wo starke Anhäufung der Fasern vorliegt, ein Teil durch die Zähne der andern Kratze abgenommen und an solche Stellen, welche noch leer sind oder nur wenig Faserstoff enthalten, abgesetzt, wodurch eine gleichförmigere räumliche Anordnung der Fasern erzielt wird. b. Stellung der Kratzen wie unter a, jedoch Bewegung derselben in übereinstimmender Richtung [* 16] (Fig. 2), und zwar so, daß die vorgehende schnell, die rückgehende langsam fortschreitet; hängt an den Zähnen der vorgehenden Kratze Baumwolle, so wird diese mehr oder weniger an die leere rückgehende Kratze abgesetzt. c. Gleichstehende Kratzen [* 16] (Fig. 3); die eine leer und dabei schnell vorgehend, die andere mit Baumwolle versehen und entweder langsam vorgehend, oder still liegend, oder rückgehend: die leere Kratze kämmt die Baumwolle vollständig aus der gefüllten heraus. Auf solche Weise sind die Mittel gegeben, um die Baumwolle aufzulockern ¶
mehr
und aus der ursprünglichen büschelförmigen Anordnung in eine gleichförmige räumliche Anordnung überzuführen (a), oder in eine leere Kratze einzuschlagen (b), oder endlich aus einer gefüllten Kratze abzunehmen (c); der Fall a stellt den Vorgang bei der Arbeitswirkung der Kratzmaschine oder Krempel dar; b und c bieten die Mittel, den Faserstoff von einem Bestandteile der Maschine auf einen andern zu übertragen und schließlich wieder aus der Maschine zu entfernen.
Die Hauptbestandteile der Krempel sind die Speisevorrichtung zur gleichmäßigen Zuführung der zu krempelnden Baumwolle, die Haupttrommel, welche die Baumwolle in ihren Kratzenbeschlag aufnimmt und auf welcher der Faserstoff möglichst gleichmäßig verteilt wird, eine Abnehmwalze mit Beschlag, auf welchen von der Haupttrommel die gleichmäßig verteilte Baumwolle wieder verdichtet abgesetzt wird, und die Abzugsvorrichtung zur Abführung des auf dieser letzten Trommel gebildeten Flors oder Bandes.
Letztere Vorrichtung besteht in der Regel aus einer feinzahnigen, in schneller Schwingung [* 25] begriffenen Stahlblechschiene (Hacker), welche den Flor von der Abnehmwalze loskämmt, einem Trichter, welcher den Flor zu einem Bande zusammendrängt, und Abzugswalzen, welche das Band einem Sammelbehälter (Drehtopf) zuführen. Die verschiedenen Krempelgattungen unterscheiden sich besonders durch die Art und Weise, wie die gleichmäßige Verteilung auf der Haupttrommel bewirkt wird; immer dienen dazu, wie bereits oben unter Fall a angegeben ist, Kratzenzähne, welche denen der Haupttrommel (Tambour) T (s. Tafel: Spinnerei I, [* 24] Fig. 8 u. 9) entgegengesetzt gerichtet sind. Dieser Beschlag kann entweder auf sog. Decken oder Deckeln (D, [* 24] Fig. 9), oder auf Walzen (sog. Arbeits- und Wenderwalzen, A und W, [* 24] Fig. 8) angebracht sein.
Man unterscheidet deshalb zwei Hauptgattungen von Krempeln, die Deckel - oder Deckenkrempeln und die Walzenkrempeln; doch kommen beide Verteilungsverfahren auch an einer und derselben Krempel vor, sog. gemischte Krempeln, Halbwalzenkrempeln. Vielfach reicht einmaliges Kratzen nicht hin, der Baumwolle Lockerheit und Reinheit sowie den Fasern die gleichförmige Anordnung in jenem Grade zu erteilen, welcher für die weitere Bearbeitung erfordert wird; man verrichtet daher gewöhnlich das Kratzen zweimal und bedient sich hierzu zweier, etwas voneinander verschiedener Maschinen, nämlich der Vorkratze und der Feinkratze. In neuerer Zeit wird die zu Garnen besserer Sorte zu verarbeitende Baumwolle auch gekämmt, anstatt in einer Feinkrempel gekratzt, wobei das Verfahren und die maschinellen Hilfsmittel mit jenen der Wollspinnerei (s. unten) nahe verwandt sind.
Nachdem durch die Krempeln die spinnbaren Fasern der Baumwolle gereinigt und zu einem Bande von einiger Konsistenz vereinigt sind, handelt es sich zur Umwandlung desselben in Garn weiterhin darum, durch Zusammenlegen (Doppeln, Doublieren, Duplieren) mehrerer Bänder ein in der Stärke [* 26] vollkommen gleichmäßiges Band zu bilden, bei welchem durch fortschreitende Dehnung (Strecken, Laminieren) eine parallele Lage der Fasern und die erforderliche Feinheit erreicht wird.
Taf. I, [* 24] Fig. 6 zeigt eine Streckmaschine (Laminierstuhl), die beide Operationen vollzieht. Die wirksamen Teile derselben sind paarweise mit entsprechendem Abstand voneinander angeordnete Walzen, von denen jedes Paar eine größere Umfangsgeschwindigkeit als das vorhergehende besitzt. Die in vier- bis achtfacher Anzahl zusammengelegten Bänder werden auf die vier- bis sechs- bis achtfache Länge ausgezogen, und das so erhaltene Band hat dann eine weit größere Gleichmäßigkeit als die ursprünglichen erlangt.
Das Zusammenlegen der Bänder erfolgt einfach dadurch, daß man dieselben in der bestimmten Anzahl gleichzeitig zwischen das erste Paar der Streckwalzen treten läßt. Da nun aber bei der geringen Konsistenz der von den Kratzen gelieferten Bänder sehr leicht eins derselben abreißen kann und dadurch die Gleichmäßigkeit des Fabrikats, auf welche es vor allem ankommt, wesentlich beeinträchtigt werden würde, so hat man, um die Maschine von der Aufmerksamkeit der Arbeiter möglichst unabhängig zu machen, Vorrichtungen ersonnen, welche selbstthätig den ganzen Mechanismus zum Stillstand bringen, sobald eins der zugeführten Bänder reißt, zu Ende geht, oder zu leicht ist, oder sobald ein Wickeln in der Strecke eintritt, oder sobald der vorgesetzte Drehtopf übermäßig gefüllt wird.
Die Firma Howard & Bullough in Accrington benutzt bei der Mehrzahl ihrer diesen Zwecken dienenden Apparate die Wirkung der Elektricität, indem die nichtleitenden Baumwollbänder bei richtigem Gange der Maschine einen elektrischen Stromkreis unterbrochen halten, welcher, sobald ein Band an irgend einer Stelle fehlt, sofort geschlossen wird, wodurch ein Elektromagnet seinen Anker [* 27] anzieht und so die Auslösungsvorrichtung in Thätigkeit setzt. Durch wiederholtes Doppeln und Strecken wird die vollständige Gleichmäßigkeit des Bandes erreicht, womit die Vorarbeiten der S. beendigt sind.
Die Spinnmaschinen zerfallen in Vorspinn- und Feinspinnmaschinen. Die von den Strecken gelieferten Bänder bedürfen, um in Garn verwandelt zu werden, noch einer bedeutenden Verfeinerung, die zwar auch durch fortgesetztes Strecken erreicht werden könnte, durch welche aber auf diesem Wege das Band eine solche Zartheit erlangen würde, daß ein häufiges Zerreißen unausbleiblich wäre; es muß also auf geeignete Weise dem Bande eine größere Festigkeit gegeben werden. Das einfachste Mittel hierzu ist ein mäßiges Zusammendrehen desselben, wodurch die Fasern einander genähert und zusammengehalten werden. Die fortschreitende Dehnung bei gleichzeitiger Drehung bildet daher die Operation des Vorspinnens. Man unterscheidet im allgemeinen zwei Arten von Vorspinnmaschinen: solche, die dem Bande eine bleibende, und solche, die ihm nur eine vorübergehende Drehung (sog. falschen Draht) [* 28] erteilen.
Eine Vorspinnmaschine der letztern Art ist der sog. Rotafrotteur, Frottierapparat, auch Würgel- oder Ritschelwerk genannt, bei welcher außer einem gewöhnlichen Streckwerk ein sog. Würgelapparat vorhanden ist, der die hindurchgehenden Bänder nach erfolgter Streckung abwechselnd nach rechts und links zusammendreht; derselbe ahmt die Wirkung nach, welche man mit den flachen Seiten der zusammengelegten Hände ausübt, indem man ein dazwischengelegtes Band zusammenwürgelt. Diese Art Vorspinnens ist in der Baumwollspinnerei nur bei der sog. Abfallspinnerei noch üblich, welche die geringwertigere Baumwolle nach Art der Streichgarnspinnerei verarbeitet. Die jetzt fast ausnahmslos in der Baumwollspinnerei angewendete Vorspinnmaschine ist die gleichfalls mit Streckwerk ¶