Spielkarten
,
Blätter von steifem Papier (Karton) von länglich-viereckiger Gestalt, die auf der Vorderseite durch
bunte
[* 1]
Figuren, die ihnen verschiedene Bedeutung verleihen, gekennzeichnet sind, während sie auf der
Rückseite in der Regel ein gleichmäßiges farbiges
Muster tragen. Eine bestimmte Anzahl derselben bildet ein
«Spiel Karten»,
mit dem sich die verschiedenartigsten
Kartenspiele (s. d.) ausführen und sog. Patiencen
(s. d.) legen lassen. Außerdem ist das Kartenschlagen (s. d.)
auch jetzt noch ein beliebtes
Mittel zur Erforschung der Zukunft. (S. die Chromotafel: Spielkarten
, mit
Vorblatt, Bd. 17.) Es giebt drei verschiedene
Arten von S.: die franz. Karte, die deutsche Karte und die Tarokkarte; die ehemals
noch gebräuchliche Trappelier- oder Trappolierkarte ist fast völlig verschwunden.
Die französische Karte, auch Whistkarte genannt, zerfällt in vier sog. Farben zu je 13 Blättern, so daß sie im ganzen 52 Blätter zählt. Die Farben heißen Coeur (Herz), Carreau (Rauten, Eckstein), Pique (Spaten, Schippen) und Trèfle (Kreuz); [* 2] erstere beide sind rot, letztere schwarz. In allen vier Farben kehren dieselben Wertzeichen: As, König, Dame, Bube, Zehn, Neun u. s. w. bis zur Zwei wieder. Fehlen bei der franz. Karte die Blätter von der Zwei bis Sechs, so nennt man sie Piquetkarte.
Die franz. Karte ist bei weitem die verbreitetste auch in Deutschland; [* 3] mit ihr werden die meisten Kartenspiele gespielt. Über die Deutschen Karten s. d. Die Tarokkarte besteht aus einem vollständigen franz. Spiel (Whistkarte) und 21 nur mit Zahlen bezeichneten Blättern (von denen die I. Pagat, die XXI. Mond [* 4] heißt) sowie einem Blatt, [* 5] das einen Harlekin darstellt, dem sog. Skys oder Skü, und vier Reiterbildern, Cavals genannt. Die Tarokkarte zählt also im ganzen 78 Blätter.
Neuerdings wurden auch S. hergestellt, sog. Kombinationskarten, die auf der einen Hälfte die franz., auf der andern die deutsche Karte zeigen; ¶
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die sog. Bombenkarte vereinigt die originalen Abzeichen der deutschen und die praktische Anordnung der franz. Karte.
Geschichtliches. Die S. stammen ohne Zweifel aus dem Orient; der Name ihrer ältesten Form, Naïbisspiel, ist aus einer europ. Sprache [* 7] nicht zu erklären. Noch im Anfang des 14. Jahrh. waren die S. in Europa [* 8] unbekannt. In Italien, [* 9] das damals die Brücke [* 10] zwischen Europa und dem Orient bildete, sollen sie nach einer spätern Nachricht zu Viterbo 1379 erfunden (d. h. zuerst eingeführt) worden sein; doch sind sie wohl noch etwas älter. Ausdrückliche Erwähnung geschieht ihrer zuerst in Nürnberg [* 11] bald nach 1384, in Frankreich 1392 u. s. w.; in England erging 1463 schon ein Einfuhrverbot.
Die ältesten europ. Karten sind die aus Italien stammenden Trappolierkarten. Wann die Deutschen der ital. Karte ihre veränderte Gestalt gegeben haben, ist ungewiß. Bei den Franzosen scheint dies, nach den Kostümen der Bilder ihrer alten Piquetkarte und nach den diesen Bildern beigesetzten, jedoch sich nicht immer gleich bleibenden Namen zu urteilen, unter Karl VII. (1422-61) geschehen zu sein. Manche behaupten, es sei die Idee kämpfender Parteien, die, wie beim Schach, allen wirklichen morgenländ. und abendländ.
Kartenspielen zu Grunde liege. Ursprünglich habe das Kartenspiel aus vier Compagnien gleichgekleideter Soldaten bestanden, deren jede aus acht Gemeinen (2 - 9 numeriert), einem Fußknecht, einem Ritter, einer Königin und einem Könige zusammengesetzt gewesen sei. Das As habe die Fahne vorgestellt, und nach ihm habe man die vier Compagnien, die sie anführte, unterschieden; der Ritter sei später in einen Gemeinen verwandelt worden und habe die Nummer 10 erhalten.
Andere sehen in unserm Kartenspiel eine bloße Umwandlung des Schachspiels, wobei die Offiziere zu Bildblättern, die Bauern zu Zahlblättern und die zwei Farben mit ihren Doppeloffizieren in jeder zu vier Farben mit einfachen Bildern nach Anleitung der Quadrillen in den Turnieren oder Karussells geworden seien. Die ältesten und Grundformen der Farben sind diejenigen der Trappolierkarte: Cupi (Becher), [* 12] Spadi (Degen), Denari (Münzen, [* 13] Geld), Bastoni (Stäbe, Stöcke). Diese verwandeln sich in der deutschen und in der franz. Karte in die oben genannten Farben, doch haben bei ihnen ebenso wie bei den Bildern noch lange große Verschiedenheiten obgewaltet.
Litteratur. Bei der großen Wichtigkeit, welche die ältesten S. für die Geschichte der Holz- und Metallschneidekunst wie für die der Typographie besitzen, ist ihre Entstehung von mehrern Kunsthistorikern und Bibliographen bearbeitet worden.
Die Hauptwerke sind: Ménestrier in der «Bibliothèque curieuse et instructive», Bd. 2 (Trévour 1704);
Breitkopf, Versuch über den Ursprung der S. (Lpz. 1784);
C. Leber, Étude historique sur les cartes à jouer (1842);
Jeux des tarots et des cartes numérales (hg. von der Société des Bibliophiles français, Par. 1844, mit 100 Kupfern);
Chatto, Facts and speculations on the origin and history of playing cards (Lond. 1848);
Die S. der Weigelschen Sammlung (Lpz. 1865);
Taylor, The history of playing cards (Lond. 1865);
R. Merlin, Origine des cartes à jouer (Par. 1869);
G. W. H. Willshire, A descriptive catalogue of playing and other cards in the British Museum (Lond. 1876);
Die ältesten deutschen S. des königl. Kupferstichkabinetts zu Dresden, [* 14] hg. von Lehrs (Dresd. 1885).
Von Katalogen öffentlicher Sammlungen von S. sind zu nennen: Bierdimpfl, Die Sammlung der S. des bayr. Nationalmuseums (Münch. 1884);
Katalog der im Germanischen Museum befindlichen Kartenspiele und S. (Nürnb. 1886).