Titel
Spezifische
[* 1]
Wärme
[* 2]
(Wärmekapazität), die Wärme
menge, welche 1 kg eines
Körpers bedarf, um sich um
1° C. zu erwärmen.
Gleiche
Massen verschiedener
Stoffe erfordern für die gleiche Temperaturerhöhung einen sehr ungleichen
Aufwand von
Wärme.
Will man z. B. 1 kg
Wasser und 1 kg
Quecksilber von 0° auf 100° erwärmen
, so bemerkt man leicht, daß
bei gleicher Wärme
zufuhr das
Quecksilber viel rascher die gewünschte
Temperatur erreicht als das
Wasser.
Ja sogar, wenn man von beiden
Flüssigkeiten je 1
Lit. nimmt, also dem
Gewicht nach 13,6mal soviel
Quecksilber als
Wasser, wird
man bei jenem mit einer Heizflamme das
Ziel schneller erreichen als bei diesem mit zwei ebensolchen
Flammen.
Erkaltet ein warmer
Körper wieder auf seine ursprüngliche
Temperatur, so gibt er die Wärme
menge, welche
er vorher zu seiner Erwärmung verbraucht hatte, an seine Umgebung wieder ab; man wird daher, indem man diese Wärme
abgabe
beobachtet, zugleich den zur Erwärmung nötigen Wärme
bedarf kennen lernen; alle Verfahrungsarten zur Ermittelung der »spezifischen
Wärme« der
Körper beruhen in der That aus der Bestimmung der beim Erkalten abgegebenen Wärme
menge.
Erwärmen
wir drei gleich schwere
Kugeln von
Kupfer,
[* 3]
Zinn und
Blei
[* 4] in siedendem
Wasser auf 100° u. bringen sie rasch auf eine
Wachsscheibe, so fällt die Kupferkugel sehr bald durch das
Loch, das sie aufgeschmolzen hat, die Zinnkugel dringt tief in
die
Scheibe ein, während die Bleikugel nur ganz wenig einsinkt. Es ist hierdurch augenfällig, daß
das
Kupfer die größte Wärme
menge abgegeben hat und demnach unter diesen
Metallen die größte
s. W. besitzt, das
Zinn eine
mittlere, das
Blei die kleinste.
Genaueres über das
Verhältnis der spezifischen
Wärmen dieser
Körper erfahren wir jedoch durch diesen
Versuch nicht; hierzu wäre es notwendig, die abgegebenen Wärmemengen wirklich zu messen, d. h.
in »Wärmeeinheiten« auszudrücken. Als
Einheit der Wärmemenge oder Wärmeeinheit hat man diejenige Wärmemenge festgesetzt,
welche erforderlich ist, um 1 kg
Wasser um 1° C. zu erwärmen, oder, was dasselbe ist, man hat
die s. W. des
Wasser
= 1 angenommen. Vorrichtungen zur Messung von Wärmemengen nennt man
Kalorimeter. Um
die s. W. eines
Körpers nach dem Schmelzverfahren
zu bestimmen, kann das Eiskalorimeter von
Lavoisier und
Laplace
[* 1]
(Fig. 1) dienen. Dasselbe besteht aus drei sich der
Reihe nach
umhüllenden Blechgefäßen, von denen das innerste c siebartig durchlöchert ist oder auch nur aus einem
Drahtkorb besteht. Der Zwischenraum
a a zwischen dem äußersten und mittlern
Gefäß
[* 5] sowie der hohle Deckel des letztern
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1 Eiskalorimeter von Lavoisier und Laplace.] ¶
mehr
werden mit Eisstücken gefüllt, die dazu dienen, die Wärme der äußern Umgebung von dem Raum b b zwischen dem mittlern und innersten Gefäß, der ebenfalls mit Eisstücken gefüllt ist, abzuhalten; das in dem Raum a a durch die äußere Wärme erzeugte Schmelzwasser fließt durch den Hahn [* 7] d ab. Bringt man nun einen Körper von bekanntem Gewicht und bekannter Temperatur (z. B. eine in den Dämpfen siedenden Wassers auf 100° erhitzte eiserne Kugel) in das innerste Gefäß, so wird derselbe, indem er von dieser Temperatur auf 0° erkaltet, eine gewisse Menge Eis [* 8] schmelzen, welche man durch Wägung des durch den Hahn e abgelaufenen Schmelzwassers ermittelt.
Da man nun weiß, daß zur Schmelzung von 1 kg Eis 80 Wärmeeinheiten erfordert werden (s. Schmelzen), so kann man leicht die Wärmemenge berechnen, welche jener Körper bei seinem Erkalten abgegeben hat, und erfährt sonach auch die Wärmemenge, welche derselbe für 1 kg und für 1° C. enthielt, d. h. seine s. W. Das weit genauere Eiskalorimeter von Bunsen gründet sich auf die Thatsache, daß beim Schmelzen des Eises eine Zusammenziehung stattfindet, indem das entstandene Schmelzwasser einen kleinern Raum einnimmt als das Eis (s. Ausdehnung). [* 9]
In das weitere Glasgefäß W [* 6] (Fig. 2), welches sich unten in das umgebogene und wieder aufsteigende Glasrohr Q Q fortsetzt, ist das Probierröhrchen w eingeschmolzen; das Gefäß W wird mit luftfreiem Wasser gefüllt, welches durch das im untern Teil von W und in der Röhre befindliche Quecksilber Q Q abgesperrt ist. Indem man tief erkalteten Weingeist durch das Proberöhrchen strömen läßt, umkleidet sich dasselbe mit einer Eishülle E. Wirft man nun einen auf bekannte Temperatur erwärmten Körper in das Proberöhrchen, welches etwas Wasser von 0° enthält, so wird etwas Eis geschmolzen, infolge der eintretenden Raumverminderung tritt mehr Quecksilber in das Gefäß W, und in dem engen Glasröhrchen q, welches mittels eines Korks in das Rohr Q eingesetzt ist, zieht sich der Quecksilberfaden zurück; aus der Größe seiner Verschiebung ergibt sich die Menge des entstandenen Schmelzwassers und demnach auch die von dem Körper an das Eis abgegebene Wärmemenge.
Vermischt man 1 kg Wasser von 10° mit 1 kg Wasser von 50°, so zeigt die Mischung, wenn alle Wärmeverluste vermieden wurden, die mittlere Temperatur von 30°. Das eine Kilogramm Wasser gab nämlich, indem es von 50° auf 30° erkaltete, die 20 Wärmeeinheiten ab, welche notwendig waren, um das andre Kilogramm Wasser von 10° auf 30° zu erwärmen. Mischt man dagegen 1 kg Wasser von 10° mit 1 kg Terpentinöl von 60°, so zeigt das Gemisch nur etwa 24°. Um die 14 Wärmeeinheiten zu liefern, welche zur Erwärmung des einen Kilogramms Wasser von 10° auf 24° erforderlich waren, mußte also das Kilogramm Terpentinöl um 36° erkalten; umgekehrt werden diese 14 Wärmeeinheiten auch wieder hinreichen, um 1 kg Terpentinöl um 36° zu erwärmen.
Zur Erwärmung von 1 kg Terpentinöl um 1° sind daher 14/36 oder 0,4 Wärmeeinheiten erforderlich, oder 0,4 ist die s. W. des Terpentinöls. Um dieses Mischungsverfahren mit der erforderlichen Genauigkeit auszuführen, bediente sich Regnault der in [* 6] Fig. 3 gebildeten Vorrichtung. Der obere Teil wird von drei einander umhüllenden Blechcylindern gebildet, deren innerster A oben durch einen Kork, [* 10] in welchem ein Thermometer [* 11] steckt, unten durch einen leicht abnehmbaren Blechdeckel verschlossen ist.
In der Mitte von A hängt an einem durch den Kork gehenden Faden [* 12] ein ringförmiges Drahtkörbchen, welches den zu untersuchenden Körper, entweder in Stücken oder in dünnwandige Glasröhrchen eingeschmolzen, aufnimmt und in seiner innern Höhlung das Gefäß des Thermometers einschließt. In den Raum B wird aus einem seitlich aufgestellten Dampfkessel [* 13] durch die Röhre a Wasserdampf eingeleitet, welcher den Körper auf 100° erwärmt und durch die Röhre c wieder abströmt.
Ist diese Temperatur erreicht, so wird nach Wegnahme des untern Deckels das Drahtkörbchen in das mit einer gewogenen Wassermenge gefüllte Wasserkalorimeter D herabgelassen und die Mischungstemperatur beobachtet, woraus sich die von dem Körper an das Wasser abgegebene Wärmemenge und sonach auch seine s. W. leicht ableiten läßt. Durch einen mit kaltem Wasser d d angefüllten Blechmantel ist das Kalorimeter D vor Erwärmung von dem Dampfkessel oder dem Dampfraum B B her geschützt.
Ein drittes Verfahren zur Bestimmung der spezifischen
Wärme, das besonders von Dulong und Petit angewendete Abkühlungsverfahren,
gründet sich auf den Satz, daß ein erwärmter Körper im luftleeren Raum, wo er nur durch Wärmestrahlung
[* 14] sich abkühlen kann, unter sonst gleichen äußern Umständen um so langsamer erkaltet, eine je größere Wärmemenge er
enthält; bei gleicher Temperaturerniedrigung verhalten sich hiernach die von verschie-
[* 6] ^[Abb.: Fig. 2. Eiskalorimeter von Bunsen.
Fig. 3. Wasserkalorimeter von Regnault.] ¶
mehr
denen Körpern abgegebenen Wärmemengen wie die Abkühlungszeiten.
Die spezifischen
Wärmen der Körper nehmen mit höherer Temperatur zu, indem sie sich einem festen Endwert nähern; zwischen
0° und 100° ist indessen die Änderung so gering, daß man die s. W. innerhalb dieser Grenzen
[* 16] als unveränderlich betrachten
kann.
Die spezifischen
Wärmen einiger Grundstoffe sind:
Aluminium | 0.214 |
Schwefel | 0.203 |
Eisen | 0.114 |
Kupfer | 0.095 |
Zink | 0.095 |
Silber | 0.057 |
Zinn | 0.056 |
Jod | 0.054 |
Antimon | 0.051 |
Quecksilber | 0.033 |
Platin | 0.032 |
Blei | 0.031 |
und diejenigen einiger Flüssigkeiten:
Alkohol | 0.566 |
Glycerin | 0.555 |
Benzin | 0.392 |
Chloroform | 0.233 |
Die s. W. des Eises ist 0,505.
Dulong und Petit entdeckten das wichtige Gesetz, daß die spezifischen
Wärmen der festen chemischen Elemente
(Grundstoffe) sich umgekehrt verhalten wie ihre Atomgewichte, so daß das Produkt aus Atomgewicht und spezifischer
Wärme für
alle diese Körper unveränderlich das nämliche und zwar nahezu gleich 6 ist. Das Dulong-Petitsche Gesetz läßt sich sonach
auch folgendermaßen aussprechen: die durch die Atomgewichte ausgedrückten Mengen der festen Elemente bedürfen
zu gleicher Temperaturerhöhung gleich großer Wärmemengen, oder: die Atomwärmen der Grundstoffe sind gleich. Neumann wies
ferner nach, daß auch die spezifischen
Wärmen chemischer Verbindungen von ähnlicher Zusammensetzung im umgekehrten Verhältnis
der Atomgewichte stehen, und Kopp stellte den Satz auf, daß die Molekularwärme einer chemischen Verbindung
gleich der Summe der Atomwärmen ihrer Elemente sei (vgl. Wärme).
Die luftförmigen Körper bedürfen zur Erwärmung gleicher Raumteile auch gleicher Wärmemengen; und da nach dem Gesetz von
Avogadro alle Gase
[* 17] bei gleichem Druck und gleicher Temperatur in gleichen Raumteilen gleich viele Moleküle enthalten, so folgt,
daß alle Gase gleiche Molekularwärme haben. Eine gegebene Gewichtsmenge eines Gases verbraucht bei gleicher Temperaturerhöhung
eine größere Wärmemenge, wenn sie bei gleichbleibendem Druck sich ausdehnt, als wenn sie unter Steigerung des Drucks ihren
Rauminhalt unverändert beibehält, d. h. die s. W. bei konstantem (unverändertem) Druck ist größer als diejenige bei konstantem
Volumen; für atmosphärische Luft beträgt jene 0,2377, diese 0,1686. Für alle Gase ist das Verhältnis der spezifischen
Wärme
bei konstantem Druck zu derjenigen bei konstantem Volumen das gleiche, nämlich = 1,41 (vgl. Wärme).