Spener
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Phil. Jak., der Vater des Pietismus, geb. zu Rappoltsweiler im Oberelsaß, studierte seit 1651 Theologie in Straßburg, [* 2] Basel, [* 3] Tübingen, [* 4] Genf [* 5] und Lyon, [* 6] wobei er zu namhaften reform. Theologen in Beziehung trat. Nach Straßburg zurückgekehrt, hielt er akademische Vorlesungen, wurde 1663 Freiprediger und 1666 Senior der Geistlichkeit zu Frankfurt [* 7] a. M. Seitdem begann seine energische Wirksamkeit für Neubelebung des christl. Sinns in der Kirche, deren Grundgedanken er niedergelegt hat in seinem Schriftchen «Pia desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evang. Kirche» (Frankf. 1673; vgl. Henke, S.s Pia desideria, Marb. 1862). Gegenüber einer toten Orthodoxie, die alles Gewicht auf die Korrektheit der Lehre [* 8] legte, betonte er die Notwendigkeit persönlicher Bekehrung und Wiedergeburt, gegenüber der lediglich auf dogmatische Polemik abzweckenden theol.
Bildung seiner Zeit das Studium der Heiligen Schrift, und gegenüber dem einseitigen Lehrkirchentum das allgemeine Priestertum aller Gläubigen. Seine Gesinnungsgenossen unter den Gemeindegliedern sammelte er seit 1670 im eigenen Hause, seit 1682 in der Kirche zu Erbauungsstunden, den sog. collegia pietatis, um sich. 1686 siedelte S. als Oberhofprediger nach Dresden [* 9] über, geriet aber infolge des in Leipzig [* 10] durch A. H. Francke (s. d.) veranlaßten Pietistenstreits in Mißhelligkeiten mit der dortigen theol. Fakultät und fiel auch in Ungnade bei Kurfürst Johann Georg III. Daher ging er 1691 als Propst und Inspektor der Kirche zu St. Nikolai und Assessor des Konsistoriums nach Berlin, [* 11] von wo aus er an der Stiftung der Universität Halle [* 12] großen Anteil nahm. Obgleich ihm die theol. Fakultät zu Wittenberg [* 13] 1695 in einer förmlichen Klagschrift 264 Irrtümer vorgeworfen hatte, wuchs doch die Zahl seiner Anhänger von Jahr zu Jahr. In seinen theol. ¶
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Bedenken, Gutachten und Briefen über religiöse Angelegenheiten, die seit 1700 erschienen, spricht überall echt christl. Sinn, sanfte Duldung, seine Menschenkenntnis und Eifer für das Gute. Er starb zu Berlin. (S. Pietisten.) S.s schriftstellerische Thätigkeit war eine sehr fruchtbare: das Verzeichnis in der Cansteinschen Lebensbeschreibung (Halle 1740) weist 108 Schriften auf. Auch ist er der Begründer der wissenschaftlichen Heraldik (s. d.) in Deutschland. [* 15] -
Vgl. Hoßbach, Philipp Jakob S. und seine Zeit (2 Bde., Berl. 1828; 3. Aufl. von Schweder, 1861);
Thilo, S. als Katechet (ebd. 1840);
Ritschl, Geschichte des Pietismus, Bd. 2 (Bonn [* 16] 1884);