[* 1] ^[Abb. Sonne. [* 3] Kalium. Rubidium. Caesium. Thallium. Indium. Natrium. Lithium. Calcium. Strontium. Baryum.] ¶
Spektralan
alyse,
[* 4] die von Kirchhoff und Bunsen (1859) erdachte qualitative chem. Ermittelung der Grundstoffe aus dem Spektrum (s. d.) der Flammen, in denen dieselben oder deren Verbindungen verflüchtigt werden. Schon Fraunhofer bemerkte in dem Spektrum einer Talgkerzenflamme eine helle gelbe Linie, die der Brechbarkeit nach mit einer der vielen von ihm gefundenen dunkeln Linien im Sonnenspektrum, mit der D-Linie, genau zusammenfiel. Die seit lange bekannten eigentümlichen Färbungen der Flammen (gelb durch Natriumverbindungen, violett durch Kaliumverbindungen u. s. w.), die Beobachtungen der Spektren des elektrischen Funkens in verschiedenen Gasen und zwischen Elektroden aus verschiedenem Metall, die von Ångström, Plücker u. a. angestellt worden waren, hatten schon diesen Forschern den Gedanken nahe gelegt, daß jedem Stoff eine eigentümliche Lichtverteilung in dessen Spektrum entspreche.
Indem nun Kirchhofs die von Fraunhofer bemerkte Beziehung zwischen der hellen gelben Kochsalzlinie und der D-Linie nochmals untersuchen wollte, fand er den merkwürdigen Satz, daß ein glühender Dampf [* 5] dieselben Strahlen, die er leuchtend aussendet, aus dem hindurchgesendeten fremden Licht [* 6] absorbiert (verschluckt). Eine Weingeist-Kochsalzflamme sendet gelbes Licht (der D-Linie entsprechend) aus. Betrachtet man aber das Spektrum eines weißglühenden Platindrahtes, das keine hellen oder dunkeln Linien enthält, so tritt sofort eine dunkle Linie (wieder genau D entsprechend) auf, wenn man zwischen den Draht [* 7] und das Auge [* 8] eine nicht zu helle Weingeist-Kochsalzflamme bringt.
Kirchhoff hat nun den Zusammenhang dieser Eigenschaft mit dem beweglichen Gleichgewicht [* 9] der Wärme [* 10] klargelegt und dadurch die wissenschaftliche Grundlage der S. geschaffen. Die Spektren fester oder flüssiger Stoffe zeigen im allgemeinen keine Linien, sondern ein gleichmäßiges kontinuierliches Farbenband, wie es z. B. der glühende Kohlenstoff giebt. Glühende Dämpfe dagegen zeigen ein Linienspektrum, d. h. helle Linien, die im Spektrum fester oder flüssiger Körper, deren Licht durch diese Dämpfe gegangen ist, dunkel erscheinen.
Hiernach hat man sich die Sonne als einen festen oder flüssigen glühenden Körper zu denken, der mit einer Dampfatmosphäre umgeben ist, welche die Fraunhoferschen dunkeln Linien erzeugt, von denen nur wenige, die sog. atmosphärischen Linien, durch Absorption in der Erdatmosphäre entstehen. (S. Spektrum.) Um die Stoffe der Sonnenatmosphäre zu ermitteln, hat man nur jene Körper zu suchen, die, in Dampfform verwandelt, genau an Stellen der dunkeln Linien ¶
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des Spektrums helle Linien zeigen. Auf der Tafel: Spektralan
alyse zeigt Nr. 1 das Spektrum des Sonnenlichts, 2-11 die Spektra
der glühenden Dämpfe verschiedener Metalle, Nr. 12 und 13 die Spektra vom Wasserstoff und Stickstoff mit den charakteristischen
Linien.
Schon Kirchhoff hat eine sehr genaue Darstellung aller im Sonnenspektrum wahrnehmbaren dunkeln Linien gegeben. In größerer Vollständigkeit wurde das Sonnenspektrum von Ångström beobachtet, der in demselben an 1000 Linien gemessen hat, unter denen besonders die des Eisens, Calciums, Bleies, Quecksilbers, Natriums, Baryums, Magnesiums, Goldes und Wasserstoffs hervortreten. In neuerer Zeit wurde von Rowland in Baltimore [* 12] der größte Teil des durch Diffraktion erzeugten Sonnenspektrums sehr genau photographisch aufgenommen.
Der Mond [* 13] hat ein dem der Sonne vollständig gleiches Spektrum, das der Planeten [* 14] zeichnet sich durch zahlreiche Absorptionsstreifen aus, die besonders stark bei Uranus und Neptun hervortreten. Die Spektra der Fixsterne [* 15] sind sehr verschieden, jedoch hat Secchi versucht, sie in vier Klassen, sog. Sterntypen (s. d.), einzuteilen, die sich aber nicht scharf voneinander trennen lassen. Wiederholte Aufnahme desselben Sternspektrums hat mehrfach zur Entdeckung von Veränderungen und damit zur Auffindung von veränderlichen Sternen und bisher unbekannten Doppelsternen geführt.
In dem Spektrum der Sonnenflecke zeigt sich eine Verdickung der Fraunhoferschen Linien und auch eine kleine Verschiebung derselben. Die Nebelflecke [* 16] zeigen meistens ein Spektrum von drei lichten Linien, die auf glühende Gasmassen hindeuten; nur einzelne Nebelflecke scheinen ein Spektrum in kontinuierlicher Folge aus Lichtstrahlen der verschiedenen Farben zu haben, die auf das Vorhandensein glühender fester oder glühender gasförmiger Körper schließen lassen. In den Spektren der Kometen [* 17] hat man drei Bänder beobachtet, die dem Kohlenspektrum entsprechen sollen, während wahrscheinlich mehr Ähnlichkeit [* 18] mit dem Spektrum des Benzins vorhanden ist. Das Spektrum des Polarlichts (s. d.) zeigt sechs und mehr hellere Linien, welche den Linien der Eisendämpfe zu entsprechen scheinen, und Vogel hält das Nordlichtspektrum für eine Modifikation des Luftspektrums. - Auch die Meteorologie benutzt die S., indem die Regenlinien (s. d.) ein Zeichen großer Feuchtigkeit der Atmosphäre sind.
Der Umstand, daß eine Verschiebung der Spektrallinien nach der einen oder andern Seite hin auftritt, wenn die sie erzeugende
Lichtquelle sich gegen den Beobachter zu oder von ihm fort bewegt und daß die Größe dieser Verschiebung
abhängig ist von der Geschwindigkeit der Bewegung der Lichtquelle (Dopplersches Princip, s. d.), ermöglicht es auch,
die S. dazu anzuwenden, die Geschwindigkeiten zu bestimmen, mit denen sich die Fixsterne im Raume gegen die Erde zu oder von
ihr fort bewegen. (S. Eigenbewegung, Doppelsterne, Alcor, Algol sowie Spektralan
alyse, Bd. 17.)
Mit Hilfe der S. sind auch neue Elemente in irdischen Mineralien [* 19] entdeckt worden, so Rubidium und Cäsium durch Bunsen und Kirchhoff (1860), das Thallium durch Crookes und Lamy (1861), das Indium durch Reiche und Richter (1868), das Gallium durch Lecocq de Boisbaudran (1875).
Für praktische Zwecke, insbesondere zur Untersuchung von Farbstoffen und Genußmitteln, leisten die Absorptionsspektra gute Dienste, [* 20] die man erhält, wenn man weißes Licht durch eine Schicht der betreffenden farbigen, also das Licht teilweise absorbierenden Substanz hindurchgehen läßt.
In der gerichtlichen Chemie dient die S. zur Untersuchung von Blutflecken (s. d.). -
Vgl. Roscoe, Die S. 13. Aufl., Braunschw. 1890);
Lockyer, Das Spektroskop [* 21] und seine Anwendung (ebd. 1874);
ders., Studien zur S. (Lpz. 1879);
Vogel, Praktische S. irdischer Stoffe (2. Aufl., Berl. 1888);
Schellen, Die S. (3. Aufl., Braunschw. 1883);
Kayser, Lehrbuch der S. (Berl. 1883);
ders. und Runge, über die Spektren der Elemente (ebd. 1888-94);
Gönge, Lehrbuch der angewandten Optik in der Chemie (Braunschw. 1886);
Scheiner, Die S. der Gestirne (Lpz. 1890);
ders., Untersuchungen über die Spektra der hellern Sterne (ebd. 1895);
Wislicenus, Abriß der Astrophotometrie [* 22] und Astrospektroskopie (Berl. 1896);
Landauer, Die S. (Braunschw. 1896).