Spechte
(Picidae), Familie aus der Ordnung der Klettervögel, [* 2] gestreckt gebaute Vögel [* 3] mit starkem, geradem, meißelförmig zugeschärftem, auf dem Rücken scharfkantigem Schnabel, welcher meist so lang oder länger als der Kopf ist, dünner, langer, platter, horniger, weit vorstreckbarer Zunge mit kurzen Widerhaken am Ende, mittellangen, etwas abgerundeten Flügeln, unter deren Schwingen die dritte und vierte am längsten sind, keilförmigem Schwanz, dessen Steuerfedern steife, spitze Schaftenden besitzen, kurzen, starken Füßen mit langen, paarig gestellten Zehen und großen, starken, scharfen, halbmondförmigen Nägeln. S. sind mit Ausnahme Neuhollands über alle Erdteile verbreitet.
Sie leben ungesellig in Wäldern, Baumpflanzungen und Gärten, scharen sich nur ausnahmsweise, besonders in der Strich- und Wanderzeit, zu starken Gesellschaften, vereinigen sich aber bisweilen mit kleinen Strichvögeln, denen sie zu Führern werden. Sie bewegen sich fast nur kletternd, hüpfen auf dem Boden ungeschickt und fliegen ungern weit. Sie suchen ihre Nahrung, die hauptsächlich aus Kerbtieren besteht, hinter Baumrinde, welche sie, an den Bäumen aufwärts kletternd, mit dem Schnabel abmeißeln.
Einige fressen auch Beeren und Sämereien und legen selbst Vorratskammern an. Die Stimme ist ein kurzer, wohllautender Ruf; mit dem Schnabel bringen sie außerdem ein im Wald weithin schallendes Knarren hervor, vielleicht um Kerbtiere aufzuscheuchen und hervorzulocken, vielleicht als Herausforderung zu Kampf und Streit. Sie nisten stets in selbstgezimmerten, nur mit einigen Spänen ausgekleideten Baumhöhlen und legen 3-8 weiße Eier, [* 4] welche von beiden Geschlechtern ausgebrütet werden.
Die S. gehören durch Vertilgung schädlicher Insekten, [* 5] und indem sie in morschen Bäumen Höhlungen als Niststätten für Höhlenbrüter erzeugen, zu den nützlichsten Waldvögeln. Sie wählen zur Herstellung des Brutraums regelmäßig nur Bäume mit morschem Kern, fressen freilich Waldsämereien, Ameisen, auch wohl Bienen und berauben bisweilen junge Stämmchen ringsum der Rinde; doch kommt dies gegenüber dem großen Nutzen, welchen sie gewähren, kaum oder nur unter besondern Verhältnissen in Betracht.
Der Schwarzspecht (Luderspecht, Holz-, Hohlkrähe, Tannenroller, Dryocopus martius Boie), 50 cm lang, 75 cm breit, mattschwarz, am Oberkopf (Männchen) oder Hinterkopf (Weibchen) rot, mit gelben Augen, hellgrauem Schnabel und grauen Füßen, findet sich in Mittel- und Nordeuropa und in ganz Asien [* 6] südlich bis zum Himalaja in großen Waldungen, weniger in gut geordneten Forsten, als Standvogel, ist bei uns selten geworden und meidet die Nähe menschlicher Wohnungen. Er ist sehr munter und gewandt, fliegt besser als die andern Arten, nährt sich besonders von Roßameisen und ihren Puppen sowie von allen Larven, die im Nadelholz leben, und meißelt, um diese zu erlangen, oft große Stücke aus den Bäumen und Stöcken heraus.
Die Bruthöhle wird meist in Buchen und Kiefern angelegt und ist etwa 40 cm tief bei 15 cm Durchmesser; im April legt das Weibchen 3-5 porzellanweiße Eier, s. Tafel »Eier I«. Der Buntspecht (Rot-, Schildspecht, Dendrocopus major Koch, s. Tafel »Klettervögel«),
25 cm lang, 48 cm breit, ist oberseits schwarz, unterseits gelbgrau, mit gelblichem Stirnband, weißen Wangen, Halsstreifen, Schulterflecken und Flügelbändern, schwarzen Streifen an der Halsseite, am Hinterkopf und Unterbauch rot; die Augen sind braunrot, Schnabel und Füße grau. Er findet sich in Europa [* 7] und Nordasien, besonders in Kiefernwäldern, erscheint im Herbst und Winter in den Gärten und streift dann auch mit Meisen und andern Vögeln umher; er nährt sich von allerlei Kerbtieren, besonders von den unter der Rinde der Nadelhölzer [* 8] lebenden Käfern, von Nüssen und Beeren, namentlich auch von Fichten- und Kiefernsamen, zu dessen Gewinnung er oft in einen Ast ein Loch hackt, um den Zapfen [* 9] darin festzuklemmen.
Zur Anlegung seiner Bruthöhle bevorzugt er weiche Holzarten, doch beginnt er viele Höhlungen auszuarbeiten, bevor er eine einzige vollendet. Er legt 4-6 weiße Eier. In der Gefangenschaft ist er sehr unterhaltend und gewöhnt sich bald an ein Ersatzfutter. In den Laubwaldungen der Ebene gesellt sich zu ihm der etwas kleinere Mittelspecht (Dendrocopus medius Koch), welcher fast ausschließlich von Kerbtieren lebt, und ebendaselbst findet sich auch der Kleinspecht (Grasspecht, Sperlingsspecht, Piculus minor Koch) von nur 16 cm Länge, welcher wohl ausschließlich Kerbtiere frißt und am liebsten in Weiden brütet.
In der Gefangenschaft ist auch er sehr unterhaltend. Der Grünspecht (Grasspecht, Picus viridis L.), 31 cm lang, 52 cm breit, ist auf der Oberseite hochgrün, auf der Unterseite hell graugrün, im Gesicht [* 10] schwarz mit rotem (Männchen) Wangenfleck, am Oberkopf und Nacken rot, am Bürzel gelb, Ohrgegend, Kinn und Kehle weißlich, die Schwingen sind braunschwarz, gelblich oder bräunlichweiß gefleckt, die Steuerfedern grüngrau, schwärzlich gebändert; die Augen sind bläulichweiß, Schnabel und Füße bleigrau. Er bewohnt Europa und Vorderasien, bevorzugt Gegenden, in denen Baumpflanzungen mit freien Strecken wechseln, schweift im Winter weit umher, erscheint auch oft in Gärten, bewegt sich mehr und geschickter als die andern S. am Boden, hämmert weniger an Bäumen als die andern S., sucht viele Würmer [* 11] und Larven auf dem Boden, bevorzugt die rote Ameise, plündert Bienenstöcke, frißt auch zuweilen Vogelbeeren. Er legt 6-8 weiße Eier (s. Abbildung auf Tafel »Eier I«, [* 1] Fig. 3 u. 4). In der Gefangenschaft ist er stürmisch, unbändig und schwer zu erhalten.
Vgl. Malherbe, Monographie des Picidés (Par. 1859, 4 Bde.);
Sundevall, Conspectus avium Picinarum (Stockh. 1866);
Altum, Unsre S. und ihre forstliche Bedeutung (Berl. 1878);
Homeyer, Die S. und ihr Wert in forstlicher Beziehung (2. Aufl., Frankf. 1879).