Spanische
Fliege, s. Kantharide.
357 Wörter, 2'673 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Fliege, s. Kantharide.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Fliege (Muscae Hispanicae, auch wohl Cantharidae, Kanthariden, genannt), volkstümlicher Name eines zu den Blasenkäfern gehörigen Käfers, des Pflasterkäfers (Lytta oder Cantharis vesicatoria L., s. Tafel: Schädliche Forstinsekten I, Fig. 1 a u. b). Es ist ein grün oder blau goldglänzender, 11-21 mm großer Käfer mit herzförmigem Kopf, fadenförmigen Fühlern von halber Körperlänge, stumpf fünfeckigem Halsschild mit vertiefter Mittellinie. Der Käfer erscheint oft im Juni in überraschender Menge, entblättert hauptsächlich Eschen und Springen und macht sich durch einen auffallenden Geruch bemerkbar. Das Weibchen gräbt Löcher in die Erde, in welche es seine Eier legt. Nach dem Ausschlüpfen zerstreuen sich die Larven, um aus Erdbienen zu klettern, von denen sie sich in deren Nester tragen lassen; in diesen ernähren sie sich zuerst vom Bienenei, dann von dem dort aufgestapelten Futter und durchlaufen dabei eine merkwürdige Metamorphose. Die Käfer enthalten ein blasenziehendes Gift (Kantharidenkampfer oder Cantharidin, s. d.) und dienen zu mediz. Zwecken, hauptsächlich zur Bereitung des gewöhnlichen Spanischfliegen- oder Blasenpflasters (Emplastrum Cantharidum
ordinarium), zu dessen Herstellung die grob gestoßenen Käfer mit Wachs, Terpentin und Öl verarbeitet werden und welches, messerrückendick auf Leinwand gestrichen und mit Heftpflaster auf der Haut befestigt, binnen 6 -12 Stunden eine Blase zieht; milder und langsamer wirkt das immerwährende Kantharidenpflaster (Emplastrum Cantharidum perpetuum), das durch Einmengen von 4 Teilen gepulverten S. F. und 1 Teil Euphorbiumpulver in einer Schmelze aus 14 Teilen Kolophonium, 10 Teilen gelbem Wachs, 7 Teilen Terpentin und 4 Teilen Talg bereitet wird. Ein feineres ist das Drouotsche Pflaster (Emplastrum vesicans Drouoti), das man durch Aufstreichen eines Auszugs der Käfer und der Seidelbastrinde mit Essigäther auf Englisches Pflaster bereitet. Gebräuchlich sind außerdem die Kantharidentinktur (ein alkoholischer Auszug), die Kantharidensalbe und das Kantharidenkollodium; die Pflaster, das Kollodium und die Tinktur werden angewendet, um Blasen zu ziehen, die Salbe, um lange Eiterung zu unterhalten. Die Tinktur benutzt man auch in stark verdünntem Zustande zur Beförderung des Haarwuchses. Innerlich wirken die Kanthariden sehr kräftig auf den Harn- und Geschlechtsapparat und können selbst Nierenentzündung bewirken; auch das Pflaster kann bei Personen mit zarter Haut ähnlich wirken wie nach innerlichem Gebrauche. Mißbräuchlicherweise werden die S. F. auch als Aphrodisiakum benutzt (s. Aphrodisiaka).