Titel
Spanĭen
(hierzu die Karte »Spanien und Portugal«, bei den Alten auch Iberien, bei den Griechen Hesperien genannt, span. España, franz. l'Espagne, lat. Hispania), westeuropäisches Königreich, erstreckt sich, den bei weitem größten Teil der Pyrenäischen Halbinsel einnehmend, zwischen 36-43° 47' nördl. Br. und 9° 22' westl. -
3° 20' östl. L. v. Gr.
Übersicht des Inhalts. | Seite |
---|---|
Grenzen, Küsten | 63 |
Bodengestaltung | 64 |
Gewässer | 65 |
Klima | 65 |
Vegetation, Tierwelt | 66 |
Areal und Bevölkerung | 66 |
Bildungsanstalten | 67 |
Land- und Forstwirtschaft | 68 |
Bergbau und Hüttenwesen | 70 |
Industrie | 71 |
Handel und Verkehr | 72 |
Wohlthätigkeitsanstalten | 73 |
Staatsverfassung | 73 |
Verwaltung | 74 |
Rechtspflege | 74 |
Finanzen | 75 |
Heer und Flotte | 75 |
Wappen, Orden | 75 |
Geograph.-statist. Litteratur | 76 |
Geschichte | 76 |
S. grenzt gegen N. an Frankreich (durch die Pyrenäen davon geschieden), an die Republik Andorra und an den Viscayischen Meerbusen, gegen W. an das Atlantische Meer und an Portugal, während es im übrigen vom Atlantischen Ozean und vom Mittelländischen Meer bespült wird. Der nördlichste Punkt Spaniens ist die Estaca de Vares, der westlichste das Kap Toriñana, beide in Galicien, der südlichste die Punta Marroqui bei Tarifa, der östlichste das Kap de Creus. Die größte Ausdehnung von N. nach Süden beträgt 856 und von O. nach W. 1020 km. Die Grenzentwickelung beläuft sich auf 3340 km. Die Nordküste verläuft fast geradlinig, bildet nur zwischen Gijon und Aviles sowie zwischen Rivadeo und La Coruña bedeutendere Vorsprünge gegen N. und zeichnet sich vor den übrigen Küsten des Landes durch
(doppelseitige Farbkarte)
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Schroffheit und Unzugänglichkeit aus, indem hier die Gebirge fast überall dicht ans Meer heranrücken. Zugänglich ist sie nur an den Mündungen der Flüsse und der tief in das Land einschneidenden Meeresarme (rias), welche namentlich an der Küste von Galicien häufig auftreten. Auch die Westküste Spaniens trägt im ganzen diesen Charakter; doch ist sie viel zugänglicher als jene, weil hier die Gebirge nur in den Kaps bis an das Meer herantreten und sich im Hintergrund der Rias gewöhnlich Ebenen befinden. Die Süd- und Ostküste läßt dagegen eine Anzahl weiter, flacher Meerbusen und dazwischen befindliche, in felsige Vorgebirge endende Landvorsprünge erkennen, ist also gegliederter als die Nord- und Westküste und durch sichere Häfen zugänglich. Die wichtigsten Buchten der Südküste sind von W. nach O. die Golfe von Cadiz, Malaga und Almeria sowie die Bucht von Cartagena, an der Ostküste die Bai von Alicante und der Golf von Valencia.
Bodengestaltung.
Was die Bodengestaltung anlangt, so besteht die Pyrenäische Halbinsel zum großen Teil aus einem das Zentrum derselben einnehmenden Plateau oder Tafelland von trapezoidaler Gestalt, das ein Areal von etwa 231,000 qkm (4200 QM.) bedeckt und ringsum von Gebirgen umwallt ist, auch mehrere Gebirgsmassen auf seiner Oberfläche trägt. Dieses zentrale Tafelland gehört ganz und gar zu S. und besteht aus zwei großen Plateaus, einem höhern nördlichen und einem etwas niedrigern südlichen.
Ersteres umfaßt die Hochebenen von Leon und Altkastilien, letzteres die von Neukastilien, Estremadura und die nördliche Hälfte von Murcia. Beide Plateaus sind durch einen hohen, von ONO. nach WSW. sich erstreckenden Gebirgszug (Kastilisches Scheidegebirge) größtenteils voneinander geschieden. Nach O. ansteigend, senken sie sich nach W., so daß die Hauptflüsse westlichen Lauf haben, im nördlichen Plateau der Duero, im südlichen der Tajo und Guadiana, zwischen welchen beiden Flüssen sich in der westlichen Hälfte des Plateaus das ziemlich bedeutende Gebirgssystem von Estremadura erhebt.
Die Hochebene von Altkastilien und Leon hat eine mittlere Höhe von 810, die von Neukastilien und Estremadura von 784 m. Die vier Abhänge des zentralen Tafellandes zeigen sehr verschiedene Gestaltung. Der steil ins Meer abstürzende Nordabhang wird vom Kantabrischen Gebirge, der westlichen Fortsetzung der Pyrenäen, gebildet und ist sehr schmal. Weit breiter ist der östliche oder iberische Abhang, der in mehreren terrassenartigen Absätzen in die Tiefebene von Aragonien und zum Golf von Valencia abfällt und bloß stellenweise isolierte Gebirgsmassen aufweist.
Eine ähnliche, wenn auch weniger deutlich ausgeprägte Terrassenbildung zeigt der südliche oder bätische Abhang, welcher bloß gegen O. (in den Provinzen Murcia und Alicante) bis an die Küste des Mittelmeers herantritt, im übrigen in die Tiefebene Niederandalusiens und zu den Küsten des Atlantischen Meers absinkt. Derselbe wird ganz von den welligen Bergen der Sierra Morena eingenommen, welche sich über die Hochebenen Neukastiliens und Estremaduras nur als niedrige Gebirgskette erhebt.
Der westliche oder lusitanische Abhang, der breiteste und eigentümlichste, gehört größtenteils Portugal an. Im ganzen lassen sich sechs voneinander fast unabhängige Gebirgssysteme unterscheiden, nämlich: das pyrenäische System, das iberische System oder das östliche Randgebirge des Tafellandes, das zentrale System oder das Kastilische Scheidegebirge, das Gebirgssystem von Estremadura oder das Scheidegebirge zwischen Tajo und Guadiana, das marianische System oder das südliche Randgebirge des Tafellandes und das bätische System oder die Bergterrasse von Granada (mit der Sierra Nevada, der höchsten Erhebung der Halbinsel).
Die eingehendere Beschreibung dieser Gebirgssysteme findet sich in den Artikeln Pyrenäen, Kantabrisches Gebirge, Iberisches Gebirge, Sierra Morena, Sierra Nevada etc. Zwischen dem iberischen und pyrenäischen Gebirgssystem breitet sich das ausgedehnte Ebrobassin oder das iberische Tiefland aus. Dasselbe erstreckt sich von NW. nach SO. und mißt gegen 300 km in der Länge und gegen 150 km in der Breite. Es zerfällt in eine nordwestliche kleinere und eine südöstliche größere Abteilung, welche, durch Höhenzüge voneinander getrennt, bei Tudela ineinander übergehen.
Während das obere Bassin ein eigentliches Plateau bildet, dessen tiefste Punkte noch eine absolute Höhe von mehr als 300 m haben, trägt das untere Ebrobassin, wenigstens in seiner letzten Hälfte, wo es sich bedeutend erweitert, mehr den Charakter eines Tieflandes, dessen tiefste Punkte, z. B. die Salzseen von Bajaraloz ^[richtig: Bujaraloz], ungefähr 100 m ü. M. liegen. Beide Bassins enthalten neben höchst fruchtbaren Strecken auch weite öde Steppengebiete.
Zwischen dem bätischen und marianischen Gebirgssystem breitet sich das bätische Tiefland oder das Bassin des Guadalquivir aus, welches sich von ONO. nach WSW. erstreckt, 330 km lang und bis 90 km breit ist und ebenfalls in zwei Hauptabteilungen zerfällt: das kleine Becken des obern Guadalquivir und das fünfmal so große Bassin des mittlern und untern Guadalquivir. Während jenes ein entschiedenes Plateau ist, das sich bis 475 m ü. M. erhebt und nicht tiefer als bis 160 m herabsinkt, bildet das letztere oder Niederandalusien ein Flachland, welches durch den Jenil in zwei ungleiche Stücke geteilt wird.
Das östliche kleinere Stück, die Campiña de Cordova bildet eine hügelige Fläche mit bis über 130 m ansteigenden Punkten; das restliche größere, die Ebene von Sevilla, ein eigentliches Tiefland, dessen Boden sich nirgends über 80 m ü. M. erhebt. Das Bassin des Ebro und das des Guadalquivir sind alte Meeresgolfe und daher mit brackischen mitteltertiären Ablagerungen erfüllt. Durch jenes werden die Pyrenäen (s. d.) mit ihrem Terrassenabfall nach Katalonien und Aragonien, durch dieses die Gebirge von Granada mit der Sierra Nevada in der Art vom Hauptkörper des spanischen Hochlandes getrennt, daß dieselben nur an ihren Enden mit ihm durch Berg- und Plateaulandschaften in Verbindung stehen.
Was die geognostische Beschaffenheit des Landes betrifft, so spielen die plutonischen Eruptivgesteine und die ältern oder primären Sedimentärgesteine eine hervorragende Rolle, namentlich in der südwestlichen Hälfte der Halbinsel, wo Granit, Gneis und andre kristallinische Gesteine, Thonschiefer und Grauwacke fast ausschließlich vorherrschen, während in der nordöstlichen Hälfte die jüngern Sedimente vorwiegend sind. Nur in der Pyrenäenkette und längs der Küste von Katalonien (zwischen dem Golf von Rosas und Barcelona) treten Gneis und kristallinische Sedimentärgesteine wieder in bedeutender Mächtigkeit auf. Unter den sekundären Sedimenten erscheinen die Glieder der Kreide-, der jurassischen und der Triasperiode am meisten verbreitet. Die Kreideformation umfaßt namentlich den größten Teil der Kantabrischen Kette, der Pyrenäischen Terrasse und den Nordrand des nördlichen Tafellandes und tritt
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außerdem am Ost- und Südrand des Plateaus von Altkastilien und im westlichen Teil des zentralen Gebirgssystems sowie im nordwestlichen Randgebirge der Terrasse von Granada auf. Die ältern Sekundärformationen, wie die Gesteine der Steinkohlenformation, treten nur in geringem Umfang und zerstreut auf. Gleichwohl besitzt S. so gewaltige Steinkohlenbecken, daß, wenn dieselben gehörig aufgeschlossen wären, das Land nicht nur keiner fremden Kohlen mehr bedürfte, sondern sogar bedeutende Mengen ausführen könnte. Am meisten ist die Steinkohlenformation in Asturien, Leon und Altkastilien entwickelt.
Eine ungeheure Verbreitung haben dann wieder die tertiären und diluvialen Ablagerungen, die nicht nur den bei weitem größten Teil der beiden Zentralplateaus, sondern auch die Becken des Ebro, des Guadalquivir, des mittlern Guadiana und des untern Tajo erfüllen. Diese Ablagerungen enthalten sehr viel Salz. Vulkane, aber schon seit vorgeschichtlicher Zeit erloschen, finden sich vereinzelt, z. B. bei Rio Tinto, Ciudad Real in der Mancha, Gerona etc. Sehr verbreitet, besonders in der südwestlichen Hälfte (z. B. Estremadura), sind Eruptionen der verschiedenartigsten Porphyre und Grünsteine, daher auch das häufige Vorkommen metamorphosierter Gesteine, im SW. namentlich metamorphischer Schiefer. Über den Reichtum Spaniens an Erzen und Mineralien s. den Abschnitt »Bergbau und Hüttenwesen« (S. 70).
Gewässer.
In hydrographischer Hinsicht zerfällt das Land in das Gebiet des Atlantischen Ozeans und das des Mittelmeers, welch letzterm sein östliches Dritteil angehört. Die Wasserscheide zwischen beiden Gebieten beginnt auf den Parameras von Reinosa am Südrand der Kantabrischen Kette, wo die Quellbäche des Ebro und des in den Duero sich ergießenden Pisuerga nicht 10 km weit voneinander entfernt auf einer vollkommen ebenen Fläche entspringen, und endigt an der Meerenge von Gibraltar, indem sie über den Kamm des iberischen Gebirgszugs (Sierra de la Demanda, Pico de Urbion, Sierra del Moncayo, die Parameras von Molina) bis zur Sierra de Albarracin läuft, dann das Plateau von Neukastilien schneidet und über die Sierra de Alcaraz und das Gebirge von Segura auf die Plateaus der Terrasse von Granada übergeht, deren östliches Randgebirge ihr letztes Stück bildet.
Der westlichen Abdachung zum Atlantischen Ozean gehören an: der Duero, Tajo, Guadiana und Guadalquivir, der östlichen zum Mittelmeer der Ebro. Unter den zahlreichen Küstenflüssen zeichnen sich die der Nordküste dadurch aus, daß sie trotz ihrer unbedeutenden Länge in ihrem untersten Lauf schiffbar sind. Die beträchtlichsten sind von O. nach W.: Bidassoa, Orio, Deva, Nervion, Besaya, Nalon, Navia, Rivadeo, Landrone, Mandeo und Allones. Die Flüsse der Westküste sind zwar länger, doch meist gar nicht schiffbar; die bedeutenden sind: der Tambre, Ulla und besonders der Minho (Miño).
Die Südküste hat zwar viele Flüsse, doch nur einen einzigen im untersten Lauf schiffbaren, nämlich den Guadalete; außerdem verdienen noch der Odiel und Rio Tinto Erwähnung sowie zwischen der Meerenge von Gibraltar und dem Kap Palos: der Guadiaro, Guadalhorce, Rio de Almeria, Almanzora. Auch die lange Ostküste hat nur zwei schiffbare Küstenflüsse aufzuweisen, den Segura und Llobregat. Nächstdem sind zu nennen: der Jucar, Turia oder Guadalaviar, Millares (Mijares), Tordera, Ter und Fluvia.
Größere Seen gibt es nur an der Süd- und Südostküste, nämlich die Strandseen Albufera und Mar Menor und die Laguna de la Janda in der Nähe der Meerenge von Gibraltar. Kleinere Seen sind: die wegen ihrer mephitischen Ausdünstung berüchtigte Laguna de la Nava bei Palencia, die salzhaltige Laguna de Zoñar in der bätischen Steppe und die gleichfalls salzige Laguna de Gallocanta im Süden von Daroca am Ostabhang des Tafellandes. Sehr zahlreich sind die Mineralquellen; von 1500, die S. besitzt, sind aber erst etwa 325 untersucht. Die kälteste ist die Schwefelsaline zu Loeches in Neukastilien (15° C.), die heißeste die Fuente de Leon zu Mombuy in Katalonien (70° C.).
Klima.
Die eigentümliche Plastik des Landes hat eine große Verschiedenheit des Klimas zur Folge. Es lassen sich drei klimatische Zonen unterscheiden: eine mitteleuropäische oder kältere gemäßigte Zone, zu welcher der größte Teil der Nordküste, die nördlichen Gegenden der Hochebene von Leon und Kastilien und das Plateau von Alava gehören;
eine afrikanische oder subtropische, welche Andalusien bis zur Sierra Morena, Granada, die südöstliche Hälfte von Murcia und den südlichsten Teil von Valencia begreift, und eine südeuropäische oder wärmere gemäßigte Zone, welche alles übrige Land umfaßt.
In der mitteleuropäischen Zone haben die Litoral- und tiefer gelegenen Gegenden ein sehr angenehmes Klima, indem die Temperatur selbst im heißesten Sommer nicht leicht über +33° C. steigt, an den kältesten Wintertagen kaum unter -3° sinkt und Frost und Schneefall nur vorübergehend auftreten. Die Atmosphäre ist meist feucht, Regen besonders im Herbst und Frühling häufig. Die Thäler der Nordküste gehören zu den gesündesten Gegenden Europas. Ein ganz andres Klima herrscht auf den Hochflächen des altkastilischen Tafellandes; hier sind heftiger Frost und starker Schneefall schon im Spätherbst keine Seltenheit, und während des Winters ist durch Schneemassen oft wochenlang alle Kommunikation unterbrochen. Im Frühling bedecken kalte Nebel oft tagelang das Land, und im Sommer herrscht glühende Hitze, die selten durch Regen gemäßigt wird.
Dabei sind in jeder Jahreszeit Stürme häufig. Erst die von Regengüssen begleiteten Äquinoktialstürme bringen dem Plateauland angenehme Witterung. Von Ende September bis November ist der Himmel fast stets unbewölkt, und die Fluren bedecken sich mit frischem Grün; doch oft schon im Oktober machen Frühfröste diesem zweiten Frühling ein Ende. Einen Gegensatz zu diesem der Gesundheit sehr nachteiligen Klima bieten die innerhalb der südeuropäischen Zone gelegenen Küstenstriche dar, namentlich die Flußthäler Südgaliciens, wo ein gleichmäßiges, mildes Küstenklima herrscht, indem die mittlere Temperatur des Sommers ungefähr +20°, die des Winters +16° beträgt und Frost und Schnee selten, Regen und Tau häufig sind.
Die Ebenen und Thäler der Südost- und Ostküste haben im allgemeinen ein dem des südlichen Frankreich entsprechendes, nur wärmeres Küstenklima, doch nicht ohne bedeutende und häufige Temperaturschwankungen. Die afrikanische Zone der Halbinsel ist dadurch ausgezeichnet, daß in ihren Tiefebenen, Küstengegenden und tiefen Thälern Schnee und Frost fast unbekannte Erscheinungen sind, indem die Temperatur höchst selten bis 3° sinkt. Die heißesten Gegenden sind die Südostküste bis Alicante sowie die angrenzenden Ebenen, Hügelgelände und Plateaus von Murcia und Ostgranada. Weit gemäßigter sind die Küstengegenden Niederandalusiens. Der glühend heiße, alle Vegetation versengende Solano (Samum) sucht am
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häufigsten die südöstlichen Küstenstriche heim. Im übrigen ist das Klima in den niedern Gegenden der afrikanischen Zone ein angenehmes Küstenklima mit einer mittlern Temperatur, die nicht leicht über +24,5° steigt oder unter +12° C. fällt. Der eigentliche Frühling beginnt hier Ende Februar und dauert an der Küste bis Mitte Mai, im Innern bis Anfang Juni. Während des Sommers vertrocknet auch hier die Vegetation, wie auch die Äquinoktialregen einen zweiten Frühling hervorzaubern, welcher aber nicht schnell verfließt, wie im Plateauland, sondern durch den minder blütenreichen Winter, fast die angenehmste Jahreszeit jener Gegenden, in den eigentlichen Frühling übergeht.
Die Ebenen und Küstengegenden der afrikanischen Zone haben folglich acht Monate Frühling und vier Monate Sommer. Was die eigentlichen Gebirgsgegenden anlangt, so lassen sich hier fünf Regionen unterscheiden: die untere oder warme (bis 800 m) mit 27-17° mittlerer Temperatur, die Bergregion (800-1600 m) mit 16-9°, die subalpine Region (1600-2000 m) mit etwa 8-4°, die alpine Region (2000-2500 m) mit 3°-0, die Schneeregion (2500-3500 m) mit einer mittlern Jahrestemperatur von wahrscheinlich unter 0. In den Pyrenäen findet sich ewiger Schnee nur in der Zentral- und östlichen Kette, wo die Grenze desselben auf der spanischen Seite bei 2780 m liegt. In der Sierra Nevada, dem höchsten Gebirge Spaniens, nimmt man die Schneelinie am Nordabhang bei 3350, am Südabhang bei 3500 m an, weshalb hier bloß die höchsten Gipfel, und auch diese sparsam, mit ewigem Schnee bedeckt sind.
Pflanzen- und Tierwelt.
Die Verschiedenheit des Klimas und der Bodengestaltung hat eine große Mannigfaltigkeit der Flora und Fauna zur Folge. Hinsichtlich des Charakters der Vegetation zerfällt S. in folgende fünf Vegetationsregionen:
1) die nördliche oder mitteleuropäische mit mitteleuropäischer Flora (Eichen, Buchen, edle Kastanien, Erlen, Ulmen, Obst- und Walnußbäume, Getreide- und Gemüsebau; Weinbau nur in günstigen Lagen);
2) die peninsulare oder zentrale (Alpen- und Pyrenäenpflanzen, Heiden mit Cistineen, Thymian und andern Labiaten, Ginster, Centaureen, Disteln, Artemisien, hier und da ausgedehnte Nadelwälder sowie Bestände von immergrünen Eichen und Kastanien);
3) die westliche oder atlantische, im N. mit vorwiegend mitteleuropäischer, im S. mit bereits an Afrika erinnernder Vegetation (Ölbaum, Orangen-, Feigen- und Mandelbaum, Weinbau, Lorbeer, Cypresse, Agave, indische Feige, Dattel- und Zwergpalme, Johannisbrotbaum, Cistusheiden mit Myrten, Pistazien und andern immergrünen Sträuchern; in der Bergregion Eichen, Kastanien, Wacholder, Obstbau, Alpentriften);
4) die östliche oder mediterrane (Labiatenheiden und öde Steppen, Gehölze von immergrünen Eichen und von Kiefern, Ölbaum, Wein- und Weizenbau, Maulbeer-, Feigen- und Mandelbaum, Pfirsisch- ^[richtig: Pfirsich-] und Aprikosenbaum, Walnußbaum, Mais, Hanf, Flachs; im Süden Orangen-, Johannisbrotbaum, Dattel- und Zwergpalme, Artischocken- und Melonenbau, in den sumpfigen Niederungen Reis);
5) die südliche oder afrikanische Region bis zur Höhe von ca. 630 m, charakterisiert durch das Vorherrschen solcher Pflanzen, welche Nordafrika, Sizilien, Ägypten, Syrien, Kleinasien etc. eigentümlich sind, und durch die Kultur subtropischer und tropischer Gewächse (Zuckerrohr, Baumwolle, Batate, Kochenillekaktus etc.). Nicht minder mannigfaltig und ausgezeichnet ist die Tierwelt, die außer Arten der unter entsprechender Breite gelegenen Länder Europas und außer einer Menge der Halbinsel eigentümlicher zahlreiche Vertreter der Fauna Afrikas, ja selbst des Orients und Innerasiens aufweist.
Die europäische Zone, im allgemeinen der mitteleuropäischen Vegetationsregion entsprechend, wird charakterisiert durch mitteleuropäische Tiere (darunter der Wolf, Siebenschläfer, Schneehase, die Gemse, Wildkatze, der Pyrenäensteinbock, der Bartgeier, Aasgeier etc.). Die mittlere oder südeuropäische Zone, die zentrale westliche und östliche Vegetationsregion umfassend, weist ein buntes Gemisch europäischer und afrikanischer Tierformen (Pantherluchs, Genettkatze, Ichneumon, südliche Geier-, Adler- und Falkenarten, Schrei- und Klettervögel etc., zahlreiche Schmetterlinge, Skorpione etc.) auf. Die südliche oder afrikanische Zone zeigt viele echt afrikanische Tierformen (darunter der nordafrikanische Affe am Gibraltarfelsen, das Dromedar, afrikanische Vögel, Chamäleon etc.) neben andern nur im südlichsten Europa vorkommenden oder auch S. eigentümlichen (spanischer Steinbock auf der Sierra Nevada, spanischer Hase, Flamingo etc.).
Bevölkerungsverhältnisse.
Das Areal von S. und zwar des europäischen Mutterlandes mit Einschluß der Balearen und der Kanarischen Inseln sowie der nordafrikanischen Besitzungen beträgt 504,552 qkm (9163,6 QM.). Die Bevölkerung bezifferte sich nach dem letzten Zensus vom auf 16,634,345 Einw., deren Verteilung auf die einzelnen Provinzen aus nebenstehender Tabelle ersichtlich ist.
Die Vermehrung der spanischen Bevölkerung ist eine sehr schwache; sie belief sich gegenüber der im J. 1857 vorgenommenen ersten ordentlichen Volkszählung, welche 15,464,340 Einw. ergab, 1877 nur auf 1,170,005 Seelen oder pro Jahr kaum auf 0,4 Proz. Der Grund liegt, abgesehen von den vielfachen Kriegen, welche S. im Innern und in den Kolonien zu bestehen hatte, in einer beträchtlichen Auswanderung, insbesondere nach Südamerika und nach Algerien (Provinz Oran).
Für Ende 1886 wurde die Bevölkerung mit 17,358,404 Einw. berechnet. Bemerkenswert in der Verteilung der Bevölkerung ist, daß die Dichtigkeit derselben vom Zentrum gegen die Peripherie hin zunimmt. Die schwächste relative Bevölkerung weisen die Provinzen Ciudad Real und Cuenca auf (13 und 14 Einw. auf das QKilometer), am dichtesten bevölkert (über 100 Einw. auf das QKilometer) sind Barcelona und Pontevedra. Nach dem Geschlecht entfallen auf je 1000 männliche Personen 1044 weibliche. Nach dem Geburtsland waren von der (1877) anwesenden Bevölkerung geboren: in S. 16,591,796, in Frankreich 17,657, in Portugal 7941, in Großbritannien 4771, in Italien 3497, in Deutschland 952.
Die spanische Nation ist ein Gemisch verschiedener Völkerschaften. Zu den alten Iberern gesellten sich anfangs Kelten, dann Phöniker und Karthager, hierauf Römer, dann Goten; später mischten sich Juden, Berber und Araber (diese insbesondere in Andalusien, Murcia und Valencia), endlich auch Neger (aus Marokko und weiterher) bei. Die herrschende Sprache ist die kastilische; daneben wird das Katalonische (ein dem Provençalischen verwandtes Idiom) in Katalonien, Valencia und den Balearen, das Baskische (in den baskischen Provinzen und in Navarra) und das Galicische (welches sich dem Portugiesischen sehr nähert) gesprochen. Die spanische Sprache ist übrigens als Weltsprache in Mittel- und Südamerika stark verbreitet und gewinnt dadurch immer wachsende Bedeutung.
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Areal Spaniens.
Provinzen | QKilometer | QMeilen | Einwohner | ||
---|---|---|---|---|---|
Ende 1877 | Ende 1886 | auf 1 qkm | |||
Alava | 3045 | 55.3 | 93538 | 99034 | 33 |
Albacete | 14863 | 269.9 | 219058 | 221894 | 15 |
Alicante | 5660 | 102.8 | 411565 | 423808 | 75 |
Almeria. | 8704 | 158.1 | 349076 | 358486 | 41 |
Avila | 7882 | 143.2 | 180436 | 193565 | 25 |
Badajoz | 21894 | 397.6 | 432809 | 469952 | 21 |
Barcelona | 7691 | 139.7 | 836887 | 861212 | 112 |
Burgos | 14196 | 257.8 | 332625 | 351293 | 25 |
Caceres | 19863 | 360.8 | 306594 | 329707 | 17 |
Cadiz¹ | 7342 | 133.3 | 429206 | 433516 | 59 |
Castellon | 6465 | 117.4 | 283981 | 298965 | 46 |
Ciudad Real | 19608 | 356.1 | 260358 | 285341 | 15 |
Cordova | 13727 | 249.3 | 385482 | 406059 | 30 |
Coruña | 7903 | 143.5 | 596436 | 623575 | 79 |
Cuenca | 17193 | 312.3 | 236253 | 245112 | 14 |
Gerona | 5865 | 106.5 | 299702 | 309992 | 53 |
Granada | 12768 | 231.9 | 479066 | 480594 | 38 |
Guadalajara | 12113 | 220.0 | 201288 | 207030 | 17 |
Guipuzcoa | 1885 | 34.2 | 167207 | 181673 | 97 |
Huelva | 10138 | 184.1 | 210447 | 227116 | 22 |
Huesca | 15149 | 275.1 | 252239 | 263634 | 17 |
Jaen | 13480 | 244.8 | 423025 | 436184 | 32 |
Leon | 15377 | 279.3 | 350210 | 378098 | 25 |
Lerida | 12151 | 220.7 | 285339 | 290856 | 24 |
Logroño | 5041 | 91.6 | 174425 | 179897 | 36 |
Lugo | 9881 | 179.5 | 410810 | 429430 | 43 |
Madrid | 7989 | 145.1 | 594194 | 590065 | 74 |
Malaga | 7349 | 133.5 | 500322 | 522376 | 71 |
Murcia | 11537 | 209.5 | 451611 | 462039 | 40 |
Navarra | 10506 | 190.8 | 304184 | 321015 | 30 |
Orense | 6979 | 126.8 | 388835 | 399552 | 57 |
Oviedo | 10895 | 197.9 | 576352 | 596856 | 55 |
Palencia | 8434 | 153.2 | 180771 | 190724 | 23 |
Pontevedra | 4391 | 79.8 | 451946 | 467289 | 106 |
Salamanca | 12510 | 227.2 | 285695 | 311428 | 25 |
Santander | 5460 | 99.2 | 235299 | 248753 | 46 |
Saragossa | 17424 | 316.5 | 400587 | 401386 | 23 |
Segovia | 6827 | 124.0 | 150052 | 160111 | 23 |
Sevilla | 14062 | 255.4 | 506812 | 526864 | 37 |
Soria | 10318 | 187.2 | 153652 | 162555 | 16 |
Tarragona | 6490 | 117.9 | 330105 | 345601 | 53 |
Teruel | 14818 | 269.1 | 242165 | 250823 | 17 |
Toledo | 15257 | 277.1 | 335038 | 357886 | 23 |
Valencia | 10751 | 195.3 | 679046 | 692245 | 64 |
Valladolid | 7569 | 137.5 | 247458 | 261254 | 35 |
Viscaya | 2165 | 39.3 | 189954 | 204043 | 94 |
Zamora | 10615 | 192.8 | 249720 | 274312 | 26 |
Zusammen: | 492230 | 8939.9 | 16061860 | 16733200 | 34 |
Balearen | 5014 | 91.0 | 289035 | 311652 | 62 |
Kanarische Inseln | 7273 | 132.1 | 280974 | 311030 | 43 |
Spanien: | 504517 | 9163.0 | 16631869 | 17355882 | 34 |
In Nordafrika² | 35 | 0.6 | 2476 | 2522 | 72 |
Totalsumme: | 504552 | 9163.6 | 16634345 | 17358404 | 34 |
1 Mit Ceuta. - 2 Ohne Ceuta, welches zu Cadiz gehört.
Die Kolonien oder überseeischen Besitzungen (s. Karte »Kolonien« [* ] mit Tabelle), nur noch ein geringer Überrest von den unermeßlichen Gebieten, welche S. einst beherrschte, umfassen zur Zeit
in Amerika: | QKilom. | QMeilen | Einw. |
---|---|---|---|
Cuba | 118833 | 2158.13 | 1521684 |
Puerto Rico | 9315 | 169.17 | 754313 |
in Asien: | |||
Philippinen | 293726 | 5334.37 | 5559020 |
Sulu-Inseln | 2456 | 44.60 | 75000 |
in Ozeanien: | |||
Marianen | 1140 | 20.72 | 8665 |
Karolinen | 700 | 12.71 | 22000 |
Palau | 750 | 13.62 | 14000 |
in Afrika (Guinea): | |||
Fernando Po, San Juan etc. | 2200 | 39.95 | 68656 |
Zusammen: | 429120 | 7793.27 | 8023383 |
Die Spanier sind im allgemeinen ein körperlich wohlgebildetes Volk, meist mittlerer Statur, hager, mit schwarzem Haar. Die Frauen zeichnen sich durch feurige Augen und anmutiges Wesen aus, entwickeln sich sehr frühzeitig, altern aber auch bald. Der Spanier ist nüchtern, mäßig, mutig, voll Nationalstolz, aber auch rachgierig, bigott und träge. Nationalkleid der Männer ist der rund geschnittene, den ganzen Körper umhüllende spanische Mantel (capa), das der Frauen die Mantilla, welche mit einem Kamm am Kopf befestigt und über der Brust gekreuzt wird.
Die vorherrschende Farbe der Kleidung ist die schwarze. Im übrigen wechselt die Tracht in den einzelnen Provinzen bedeutend. Die höhern Stände haben gegenwärtig meist die französische Mode angenommen. Hauptvergnügen sind der Tanz, der mit Gesang oder Kastagnetten, Tamburin und Guitarre begleitet wird, und die Stiergefechte. Was die Konfession betrifft, so waren 16,603,959 Katholiken, 6654 Protestanten, 4021 Israeliten, 9645 Rationalisten, 271 Mohammedaner, 209 Buddhisten etc. Nach der Staatsverfassung gilt die römisch-katholische Religion als Staatskirche; doch darf niemand wegen seiner Konfession und wegen der Ausübung seines Kultus, sofern die christliche Moral nicht darunter leidet, behelligt werden.
Für die Leitung der geistlichen Angelegenheiten der katholischen Kirche gibt es in S. 9 Erzbischöfe (zu Toledo, Primas von S., Burgos, Granada, Santiago, Saragossa, Sevilla, Tarragona, Valencia und Valladolid) und 45 Suffraganbischöfe. Bischöfliche Jurisdiktion übt auch der Patriarch von Indien aus, indem derselbe Generalvikar des Heers und der Flotte ist. Der unterstehende Klerus beziffert sich mit ca. 40,000 Weltgeistlichen, 800 Mönchen und 13,000 Nonnen. Eigentliche Mönchsklöster bestehen nicht mehr, da dieselben bereits 1841 gesetzlich aufgehoben wurden. Es sind nur 41 Häuser solcher religiöser Orden geblieben, welche sich der Heranbildung von Missionären, dem Jugendunterricht oder der Krankenpflege widmen. Protestantische Gemeinden gibt es 60.
Bildungsanstalten.
In Bezug auf die geistige Kultur steht das spanische Volk trotz seiner Begabung wegen des mangelhaften Volksunterrichts noch auf einer tiefen Stufe, was darin seine Erklärung findet, daß bis 1808 das öffentliche Unterrichtswesen ganz in den Händen des Klerus war. Für den Elementarunterricht bestehen (1881) 29,828 Volksschulen. Der Schulbesuch ist obligatorisch. Während 1797 nur 393,126 Kinder die Volksschule besuchten, stieg diese Zahl allmählich, namentlich infolge der gesetzlichen Reformen der Jahre 1838, 1847 und 1857, auf 663,711 im J. 1848, auf 1,046,558 im J. 1861 und auf 1,769,608 im J. 1881. Normalschulen bestehen zur Heranbildung von Lehrern 47, für Lehrerinnen 29. Zu den Sekundärschulen gehören die seit 1845 anstatt der frühern Lateinschulen bestehenden Institute (institutos de segunda enseñanza), in welchen in einem sechsjährigen Kursus die humanistischen und Realstudien betrieben werden.
Solcher Institute gibt es 61 mit ca. 35,000 Schülern. Neben ihnen bestehen die Colegios, Privatvorbereitungsschulen zu den Universitäts- und Spezialstudien. Universitäten hat S. 10: zu Madrid, Barcelona, Granada (jede mit 5 Fakultäten, für Philosophie und Litteratur, exakte Wissenschaften, Pharmazie, Medizin, Rechte), zu Salamanca, Sevilla, Valencia (jede mit 4 Fakultäten, die obigen ohne Pharmazie), Santiago und Saragossa (je 3 Fakultäten, erstere für Medizin, Pharmazie und Rechte, letztere für Philosophie, Medizin und Rechte), Valladolid (2
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Fakultäten, für Medizin und Rechte), Oviedo (eine Fakultät, für Rechte). Alle Universitäten zählen zusammen 475 Professoren und Dozenten und gegen 16,000 Studierende. Mit 7 Universitäten ist je eine Notariatsschule verbunden. Höhere technische Lehranstalten sind: eine Architekturschule, eine Schule für Handel und Industrie und eine Ingenieurschule für Wege-, Kanal- und Hafenbau in Madrid;
ferner eine Schule für industrielle Technik in Barcelona. Zu den Fachschulen gehören: die theologischen Seminare in den Bischofsitzen, die königliche Schule für Diplomatik in Madrid, die neun nautischen Schulen, die königliche Agrikulturschule in Madrid, die königliche Forstingenieurschule im Escorial, die landwirtschaftliche Schule in Cordova, die Lehranstalten für Tierheilkunde in Madrid, Cordova, Leon und Saragossa, die königliche Bergwerksingenieurschule in Madrid, die Steigerschule in Almaden, die königliche Schule der schönen Künste, die Nationalschule für Musik und Deklamation (beide in Madrid), die Provinzialschulen für schöne Künste in Barcelona, Sevilla, Valencia und Valladolid, die Akademien für den Generalstab in Madrid, für die Artillerie zu Segovia, für das Ingenieurkorps in Guadalajara, für die Kavallerie in Valladolid, die allgemeine Militärakademie in Toledo, die Seeschule in Ferrol. Zu den Beförderungsmitteln der intellektuellen Bildung gehören außerdem acht Akademien (davon sieben zu Madrid) und die öffentlichen Bibliotheken, von denen die Nationalbibliothek zu Madrid und die des Escorial die hervorragendsten sind.
Die bedeutendsten historischen und Kunstsammlungen sind: die königliche Rüstkammer, das königliche Münz- und Antiquitätenkabinett, das königliche Museum für Gemälde und Skulpturen, das Nationalmuseum für Gemälde und das naturhistorische Museum, sämtlich zu Madrid. Botanische Gärten sind zu Madrid und Valencia, ein astronomisch-meteorologisches Observatorium besitzt Madrid.
Land- und Forstwirtschaft etc.
Unter den Nahrungszweigen der Bevölkerung von S. nimmt der Betrieb der Landwirtschaft die erste Stelle ein. Dabei steht aber die Bodenbehandlung noch auf einer sehr unbefriedigenden Stufe. Die Düngung ist eine ganz primitive, und auch in Bezug auf landwirtschaftliche Geräte und Betriebsart haben die Erfahrungen und Verbesserungen der Neuzeit fast gar keinen Eingang gefunden. Zu Anfang des 19. Jahrh. war noch ein sehr großer Teil vom Grund und Boden im Besitz der Toten Hand, d. h. des Klerus, der Gemeinden, der milden Stiftungen und des Staats.
Der Verkauf der Kirchengüter wurde bereits 1820 und 1841 angeordnet sowie durch das Gesetz vom bestätigt, welches überhaupt allen Grundbesitz und alle Grundzinsen der Toten Hand der Veräußerlichkeit unterwirft. Die Bauern sind persönlich frei und teils Eigentümer ihrer in der Regel kleinen Grundstücke, teils Erbpachter. Der produktive Boden umfaßt im ganzen 79,6 Proz. der Gesamtfläche, und zwar kommen 33,8 Proz. auf Äcker und Gärten, 3,7 auf Weinland, 1,6 auf Olivenpflanzungen, 19,7 auf natürliche Wiesen und Weiden und 20,8 Proz. auf Wald.
Der Boden bedarf in S. zur Ertragsfähigkeit in der Regel künstlicher Bewässerung, zu welchem Behuf großartige Anlagen teils durch die Regierung, teils durch Vereine, teils durch große Grundbesitzer und Kommunen hergestellt worden sind; gleichwohl machen die bewässerten Ländereien nur einen kleinen Teil der produktiven Bodenfläche aus. Am besten angebaut ist der Boden in den Provinzen Palencia, Pontevedra, Coruña, Valladolid und Barcelona, am wenigsten in den Provinzen Oviedo, Huelva, Almeria und Santander.
Die spanischen Staatsökonomen unterscheiden in S. sieben Kulturregionen, nämlich die Region des Zuckerrohrs, der Orangen, des Ölbaums, des Weinstocks, der Cerealien, der Wiesen und Triften, der Heiden. Der Getreidebau ist zwar fast überall ein wichtiger Zweig der Landwirtschaft, am bedeutendsten aber auf den Ebenen beider Kastilien, in Leon und im Guadalquivirbecken. Die jährliche Getreideproduktion beläuft sich bei einer guten Mittelernte auf nachfolgende Mengen:
Weizen | 61142000 hl |
Hafer | 4481000 hl |
Roggen | 11629000 hl |
Mais | 13173000 hl |
Gerste | 27792000 hl |
Reis | 1212000 hl |
Am meisten wird Weizen gebaut, Roggen und Gerste besonders in den nördlichen, Mais in den südlichen Provinzen. In letztern kommen an verschiedenen Orten, aber vereinzelt, Reisfelder vor, während sie in der Provinz Valencia eine Hauptnahrungsquelle bilden. Einen Exportartikel bildet Weizenmehl, insbesondere für die Provinz Valladolid. Der Anbau von Kartoffeln ist minder bedeutend (18,3 Mill. hl Ertrag), jener von Hülsenfrüchten dagegen sehr ausgedehnt, indem Erbsen und Bohnen eine Lieblingsspeise der Spanier bilden und in großen Mengen als Feldfrüchte gezogen werden (Ertrag an Kichererbsen 2,354,000 hl). Kein Staat in Europa produziert so mannigfache Arten von Gemüse wie S., wo die gartenmäßige Kultur insbesondere in der Provinz Valencia betrieben wird.
Außer den gewöhnlichen Küchengewächsen werden kultiviert: spanischer Pfeffer, der Liebesapfel (Lycopersicum esculentum) im großen, die Wassermelone, die Schlangengurke, der Kalebassenkürbis, stellenweise die tropische Batate (Batatas edulis) und die Erdnuß (Cyperus esculentus). Die verbreitetsten Gartengewächse sind: Kohl, Salat, Zwiebeln, Knoblauch, Gurken, Artischocken, Erdbeeren. Gemüse und Gartenfrüchte geben auch einen nicht unbedeutenden Exportartikel ab. Die Runkelrübe kennt man dagegen nur als Viehfutter.
Die Handelsgewächse des Landes sind: Hanf (am besten in Granada und Murcia), Flachs, Waid, Safran, Süßholz, Zuckerrohr, welches an der südlichen und östlichen Küste, namentlich in der Provinz Malaga, gebaut wird, und zwar infolge gesetzlichen Schutzes in steigendem Maß, Raps in den nördlichen Provinzen, Kümmel in der Mancha; ferner Senf, Mohn, Sesam, Rizinus und andre Ölpflanzen. Die Baumwollstaude, welche noch vor 30 Jahren einen Ausfuhrartikel für die Balearischen Inseln bildete, wird gegenwärtig fast gar nicht mehr kultiviert.
Der Tabaksbau ist untersagt. Espartogras (s. d.), das im Süden Spaniens unweit der Seeküste ohne irgend eine Pflege reichlich wächst, wird zu verschiedenen Flechtwerken, Seilen, Lauftüchern, Bundschuhen etc. sowie zur Papierfabrikation verwendet und in großen Mengen exportiert (jährlich ca. 400,000 metr. Ztr.). Ein wichtiger Zweig der Bodenkultur ist die Fruchtbaumzucht. Neben den mitteleuropäischen Obstarten, Wal- und Haselnüssen findet man die schönsten Kastanienwälder und die verschiedenartigsten Südfrüchte (Orangen, Zitronen, Granaten, Feigen, Mandeln, Datteln, Johannisbrot, indische Feigen, Bananen) nicht nur längs der Küste und in den südlichen Provinzen, sondern auch in den warmen Flußthälern des Nordens. Die Südfrüchte sowie die Wal- und Haselnüsse bilden einen ergiebigen Ausfuhrartikel. 1886 wurden an Orangen 816,666, Zitronen 73,493, Mandeln 27,730 und Haselnüssen 40,090 metr. Ztr.
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exportiert. Ausgedehnte Landstriche sind namentlich im Süden der Olivenkultur eingeräumt, welche einen wichtigen Exportartikel liefert. Doch steht das spanische Öl wegen schlechter Behandlung der Frucht in geringem Preis und wird großenteils erst im Ausland, namentlich in Frankreich, raffiniert. Die Produktion, welche vornehmlich in Andalusien, Murcia, Valencia, Aragonien und Katalonien vertreten ist, ergibt in günstigen Jahren ca. 2,5 Mill. hl Öl; die Ausfuhr beträgt im Durchschnitt der letzten Jahre 250,000 metr. Ztr. In den letzten Jahren hat sich der Anbau von Cacahuetes oder Mani, einer Art Pistazie, aus der ein billiges und brauchbares Öl bereitet wird, zu einem besondern Zweig der landwirtschaftlichen Thätigkeit in der Provinz Valencia herausgebildet.
Wichtige Bodenkulturzweige sind noch die in großem Maßstab betriebene Maulbeerbaum- und die Weinkultur. Durch die geographische Lage und durch die klimatischen Verhältnisse begünstigt, bringt das Land die feurigsten Weine in allen Abarten und in großer Menge hervor. Der durchschnittliche Ertrag beläuft sich auf mehr als 20 (1887: 28) Mill. hl. Die berühmtesten Weine sind die andalusischen, insbesondere die von Jeres de la Frontera, Puerto de Santa Maria und Malaga.
Der Export dieser Weine geht hauptsächlich nach England und Amerika. Von den katalonischen Weinen sind nur die Sorten von Reus und Tarragona vorzüglich, von den Valenciaweinen die roten Benicarloweine geschätzt. Die Alicantiner Weine sind sehr fein und ziemlich alkoholreich. Die kastilischen Weine, darunter der ausgezeichnete Manchawein (Valdepeñas), werden meist im Inland konsumiert. Die Aragonweine sind am dunkelsten, feinsten und am wenigsten säuerlich.
Vorzügliche Weingegenden sind außerdem: Südnavarra, das untere Duerothal, Viscaya, Orense, die Gegend von Plasencia und die Serena in Estremadura, endlich Mallorca (vgl. Spanische Weine). Großen Absatz finden die spanischen Weine seit den letzten Jahren in Frankreich, wo die durch die Reblaus und durch die schlechten Ernten verursachten Ausfälle außer durch italienische auch durch spanische Weine (meist aus den nordöstlichen Provinzen) gedeckt werden. Im ganzen werden jährlich über 7 Mill. hl, davon gegen 6 Mill. nach Frankreich, exportiert.
Daneben bilden auch frische Trauben einen Ausfuhrartikel (1886: 192,000 metr. Ztr.). Von Wichtigkeit ist ferner die Kultur der Rosinen, namentlich werden Rosinen aus den Provinzen Alicante (Denia) und Malaga ins Ausland, hauptsächlich nach England und Nordamerika, geführt (1886: 384,460 metr. Ztr.). Die hervorragendsten Futterkräuter sind Luzerne und Esparsette. Eigentliche Wiesen gibt es nur in den nördlichen Provinzen und in den höhern Gebirgsgegenden. Viel ausgedehnter ist das Weideland in solchen Strecken, welche auch zum Ackerbau oder zur Forstkultur geeignet wären, jedoch vorzugsweise zur Zucht von Schafen dienen, wie in Estremadura, Niederandalusien, Aragonien, Altkastilien und Leon.
Von großer Bedeutung ist die Viehzucht. Man zählte 1878 in S. 460,760 Pferde, 941,653 Maultiere, 890,982 Esel, 2,353,247 Rinder, 16,939,288 Schafe, 3,813,006 Ziegen, 2,348,602 Schweine. Die früher so berühmte, dann in Verfall geratene Pferdezucht hat einen neuen Aufschwung genommen. Die besten Pferde sind die andalusischen und unter diesen wieder die von Cordova. Indessen reicht die Zahl der gezüchteten Pferde für den Bedarf des Landes nicht aus. Auf die Zucht der Maultiere und Esel, welche nicht nur die bevorzugtesten Haustiere sind, sondern auch in Menge ausgeführt werden, wird große Sorgfalt verwendet.
Die Zucht des Rindviehs zerfällt in die der zahmen Rinder und die der zu den Stiergefechten erforderlichen wilden Stiere, welche auf einsamen, hoch gelegenen Triften und in den Gebirgen, namentlich in Navarra, in der Sierra Guadarrama, Sierra Morena und am Guadalquivir, gehegt werden. Das zahme Rindvieh ist nicht sehr groß, aber stark und gut gebaut; das beste wird in den nördlichen Provinzen gezüchtet, wo auch allein Milch-, Butter- und Käsewirtschaft getrieben wird.
Die spanische Schafzucht, einst die erste der Welt und Quelle ungeheurer Einkünfte, ist, wenn auch immer noch ansehnlich, von der andrer Länder überflügelt worden und in Abnahme begriffen. Die Ursache hiervon ist besonders darin zu suchen, daß die Regierung behufs der Hebung der Agrikultur 1858 die lästige Bestimmung aufhob, daß von den Grundbesitzern, durch deren Gebiet die Herden (von und nach den Winterquartieren in Estremadura) ziehen, eine Schaftrift von 90 Schritt Breite zu beiden Seiten der Straße freigelassen werden mußte.
Gegenwärtig muß, soweit das Wandern mit Schafherden noch besteht, für die Benutzung der Weiden ein Pachtgeld gezahlt werden. Die Mehrzahl der Merinoherden gehört nämlich großen Grundbesitzern von Leon, Altkastilien und Niederandalusien. Der Wollertrag der spanischen Schafe ist zwar sehr gesunken (auf ca. 20 Mill. kg, und zwar nur zum geringern Teil feine und brauchbare Wolle); doch bildet Schafwolle noch immer einen Exportartikel (1886: 92,000 metr. Ztr.). Wichtig ist die Hämmelzucht, vorzüglich für Niederaragonien, wo sich stets Käufer aus ganz S. zusammenfinden.
Die Ziegenzucht ist besonders in den Gebirgsgegenden heimisch und Ziegenkäse ein wichtiger Gegenstand des innern Handels, während die Felle in Menge exportiert werden. Schweinezucht wird überall, im größten Maßstab jedoch in Estremadura betrieben. Treffliche Schinken sowie Würste und Borsten gelangen zur Ausfuhr. Schweine- und Ziegenhäute werden in S. allgemein zu Weinschläuchen, welche inwendig ausgepicht werden, verarbeitet. In den Provinzen Murcia und Cadiz kommen auch Kamele (1878: 1597 Stück) vor.
Beträchtliche Ausfuhr von Vieh findet nach Portugal und England statt. Von Federvieh werden vornehmlich Hühner, in Estremadura und Andalusien auch Truthühner gezüchtet; von geringem Belang ist die Bienenzucht, von Wichtigkeit dagegen die (früher allerdings noch bedeutendere) Seidenzucht, die namentlich in Valencia und Murcia ihren Sitz hat (s. unten). Die Kochenillezucht (1820 in Südspanien eingeführt) wird jetzt um Malaga und Motril in größerm Maßstab betrieben.
Jagd und Fischerei sind in S. frei, doch wird erstere nicht besonders eifrig getrieben; das häufigste Haarwild sind Kaninchen, das meiste Federwild Rebhühner. Der Fang von Thunfischen, Sardinen, Sardellen und Salmen und das Einräuchern derselben beschäftigt an den Küsten von Viscaya, Galicien, Andalusien, Valencia und Katalonien Tausende von Menschen und liefert bedeutende Mengen für den Export. Auch die Korallenfischerei an der Küste von Andalusien hat sich in neuester Zeit gehoben. Die Waldwirtschaft steht in S. noch auf einer niedrigen Stufe. Der Holzboden nimmt zwar über 20 Proz. des gesamten Areals ein; doch sind infolge der Vernachlässigung der Kultur, der unbeschränkten Brennholznutzung, der Schädigung der Wälder durch Hirten und Herden und der planlosen Ausnutzung der Privat- und Staatsforsten nur etwa 9 Proz. noch wirklich mit Holz bestanden.
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Das wichtigste Nadelholz ist die Kiefer, die vorzüglichsten Laubhölzer sind: die Eiche, Rotbuche, Kastanie, die Rüster und der Ölbaum, welcher besonders in Andalusien ganze Wälder bildet. Nach Gesetz vom soll von den Staats-, Kommunal- und Körperschaftsforsten ein Teil (3½ Mill. Hektar) verkauft, der andre Teil (6½ Mill. Hektar) aber regelmäßig bewirtschaftet werden. Zu diesem Zweck ist das Land in zehn Forstdistrikte eingeteilt worden; auch besteht eine königliche Forstingenieurschule im Escorial.
Sehr gesegnet mit Waldungen ist Katalonien, wo (insbesondere im Monsenygebirge) die gewinnreichsten Holzgattungen, wie Kastanien (zu Faßdauben vorzüglich geeignet), Walnußbäume (zu Holzreifen verwendet) und Korkeichen, am besten gedeihen, welch letztere wegen des Korks, des als Gerbmaterial geschätzten Bastes und des sich zu Kohlen trefflich eignenden Astholzes einen reichlichen Ertrag liefern. Außer in Katalonien findet man diese Baumgattung in Estremadura, Andalusien und Valencia. Die jährliche Produktion an Korkplatten beträgt 520,000 metr. Ztr., der Export von Pfropfen durchschnittlich 1010 Mill. Stück, an Platten und Tafeln 25,000 metr. Ztr. Nebenprodukte der Wälder sind: Sumachrinde (als Gerbmaterial), Ladanbalsam, eßbare Eicheln, Maronen, Beeren, Arzneikräuter etc.
Bergbau und Hüttenwesen.
S. ist ein an Metallen und Erzen außerordentlich reiches Land und könnte in seinem Bergbau und Hüttenwesen eine Quelle großen Nationalreichtums finden, wenn ersterer rationell betrieben und entsprechend ausgebeutet würde. Das Bergwesen untersteht dem Ministerium für Volkswirtschaft, resp. der bei demselben errichteten Junta für dasselbe. Nach dem Gesetz vom wurde das Land in 17 Minendistrikte eingeteilt, von denen jeder unter einem königlichen Bergingenieur steht, und in Madrid auch ein Oberbergamt eingerichtet.
Laut des genannten Gesetzes hat sich der Staat die Ausbeutung der meisten Bergwerke, sämtlicher Salzbergwerke und Salinen (ausgenommen die in den baskischen Provinzen) reserviert. Durch die finanzielle Notlage wurde indessen die Regierung in neuerer Zeit genötigt, sich des größten Teils des Staatseigentums und so auch des Montanbesitzes zu entäußern, so daß jetzt nur noch die Quecksilbergruben von Almaden und einige Salinen Staatseigentum sind. Im ganzen Land gibt es etwa 6000 Minen aller Art, wozu noch die aus alter Zeit, teilweise von den Römern, zurückgelassenen Schlackenhaufen als Ausbeutungsobjekte kommen.
Bei der Gewinnung von Erzen u. Metallen sind über 45,000 Arbeiter beschäftigt. Der Bergbau und Hüttenbetrieb ergaben nach der letzten Erhebung (1883) folgende Mengen: Silber 540 metr. Ztr., Quecksilber 16,670, Roheisen 1,422,240, Kupfer 321,560, Blei 993,120, Zink 68,430, Kohle 10,707,500, Salz 6,750,000, Schwefel 111,290 metr. Ztr. Bemerkenswert ist jedoch, daß das Hüttenwesen mit dem Bergbau nicht gleichen Schritt hält, und daß ein großer Teil der gewonnenen Erze nach England und andern Ländern exportiert wird und häufig in verhütteter Form wieder ins Land zurückkehrt. So wurden 1886: 49,2 Mill. metr. Ztr. Erze (davon 41,8 Mill. Eisenerz und 6,7 Mill. Kupfererz) ausgeführt.
Was die einzelnen Produktionszweige betrifft, so wird Gold gegenwärtig nur in den Arsenikgruben bei Culera (Katalonien), in kleinern Quantitäten auch aus dem Sande des Flusses Sil gewonnen. Ebenso ist die Produktion von Silber herabgegangen, wenngleich mehrere Bergwerke hierfür bestehen, von welchen jene in den westlichen Abhängen der Sierra Almagrera (Provinz Almeria), die von Hiende la Encina (Provinz Guadalajara) und die von Farena (Provinz Tarragona) die mächtigsten sind.
In den Quecksilbergruben von Almaden (12 Minen) sind über 3000 Arbeiter beschäftigt. Der Export beträgt durchschnittlich 11,000 metr. Ztr. An Eisenerz birgt S. in vielen Provinzen, besonders in Viscaya (zu Somorrostro), Guipuzcoa (Irun), Navarra (Lesaca, Vera), Santander, Oviedo und Granada, reiche Schätze, die aber nicht gehörig ausgenutzt werden. Die bedeutendsten Hüttenwerke befinden sich in den Provinzen Viscaya, Navarra, Oviedo, Sevilla, Malaga u. a. An Kupfer besitzt die Provinz Huelva in den Minen von Rio Tinto, Tharsis und andern schon von den Karthagern u. Römern bearbeiteten Bergwerken unerschöpfliche Lager.
Die Minen von Rio Tinto (s. d.) wurden 1873 von der spanischen Regierung (um 96 Mill. Frank) an ein Syndikat von Londoner und Bremer Firmen verkauft; Tharsis gehört bereits seit längerer Zeit einer englischen Aktiengesellschaft. Hinsichtlich der Bleiproduktion überragt S. alle andern Staaten Europas. Die Hauptsitze für diesen Bergbau und Hüttenbetrieb sind: die Provinzen Murcia (bei Cartagena 76 Werke mit 150 Hochöfen und 1500 Arbeitern), Almeria (Bleiminen der Sierra Gador, Sierra Almagrera, Alhamilla etc.; 13 Schmelzwerke bei Garrucha) und Jaen (Linares und Baylen).
Der Export an metallischem Blei betrug 1886: 1,150,000 metr. Ztr. Für den Zinkbergbau sind die Hauptsitze: die Provinzen Santander, Guipuzcoa, Murcia, Granada, Malaga und Almeria. Die Verhüttung ist von geringem Umfang; die gewonnenen Erze werden größtenteils nach Belgien und andern Ländern exportiert. Die wichtigsten Kohlendistrikte sind in der Provinz Oviedo, dann in Burgos und Soria, Leon und Palencia, Teruel und Santander. Die jährliche Produktion ist von 355,000 metr. Ton. im J. 1861 gegenwärtig auf mehr als 1 Mill. metr. T., größtenteils Steinkohle, gestiegen, wobei immer noch eine überwiegende Einfuhr englischer Kohle (1886: 1,4 Mill. metr. T.) stattfindet. An Salz ist S. überaus reich.
Dasselbe ist kein Monopolgegenstand; es gibt zwar staatliche Etablissements dafür, welche in 20 Haupt- und 12 Unteranstalten zerfallen, aber ebensowohl befassen sich mit der Salzgewinnung und zwar aus Seewasser u. aus Bergsalinen viele Private, die aus Anlaß des Betriebs nur der gewöhnlichen Industrialsteuer unterworfen sind. Steinsalzminen gibt es zu Cardona (Provinz Barcelona), Pinoso (Provinz Alicante), Gerry y Villanova (Provinz Gerona), Minglanilla (Provinz Cuenca) u. a. O. Seesalz wird am meisten in den Lagunen der Bai von Cadiz und an den Ufern des untern Guadalquivir ausgebeutet, ferner auf der Insel Iviza, aus den Lagunen von Torrevieja (Provinz Alicante, in der Regie des Staats) etc. Der gesamte Salzexport beträgt jährlich 2,5 Mill. metr. Ztr. Manganerz (Braunstein) wird am meisten in der Provinz Huelva zu Tage gefördert, doch droht es infolge des Raubbaues bald gänzlich zu versiegen.
Alaungruben finden sich an vielen Orten; Schwefel wird besonders in Murcia und Ostgranada, Schwefelkies in der Provinz Huelva (namentlich in den schon erwähnten Gruben von Rio Tinto und Tharsis mit fortwährend steigendem Export), Asphalt in der Provinz Alava, Antimon in Saragossa, Ciudad Real und bei Cartagena, außerdem Graphit, Bergöl, Naphtha und Phosphorit (letzteres für die Agrikultur äußerst wichtige Material in 9 Minen der Provinz Caceres mit einer durchschnittlichen Ausbeute von 1,8 Mill. metr. Ztr.) gewonnen.
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Industrie.
Die spanische Industrie nimmt zwar noch lange nicht den Platz ein, der ihr in anbetracht der reichen Hilfsquellen und der günstigen kommerziellen Lage des Landes gebührt; doch hat dieselbe in neuester Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen. Die industriellsten Provinzen sind: Barcelona, Gerona, Tarragona, Guipuzcoa und Viscaya, nächst diesen Valencia, Murcia, Alicante, Almeria, Granada, Sevilla, Malaga, Galicien, Asturien, Santander, Madrid und Ciudad Real.
Was die einzelnen Industriezweige betrifft, so wird die Verfertigung von Eisen- und Stahlwaren am ausgedehntesten in Katalonien, in den baskischen Landschaften und in den Provinzen Malaga und Sevilla betrieben. Guten Ruf hat das Land in der Erzeugung von Handwaffen, wofür Fabriken zu Toledo, Oviedo und Plasencia (Guipuzcoa) bestehen; berühmt sind insbesondere die Klingen von Toledo. Ein großes Etablissement ist auch die Nationalfabrik zu Trubio (Oviedo) für Eisengußwaren und Artilleriematerial.
Neben den Eisenwaren produziert S. viel Kupfer- und Bleiwaren, Messing namentlich zu San Juan de Alcaraz (Provinz Albacete), Bronzewaren zu Barcelona, Eibar (Guipuzcoa) und in Navarra, Schmucksachen und Filigranarbeiten. Der Maschinenbau hat seine Hauptsitze zu Barcelona (4 große Werkstätten mit ca. 1700 Arbeitern), Sevilla, Malaga, Madrid und Valladolid, der Schiffbau zu Barcelona, Cartagena, Cadiz und Santander, die Verfertigung von chirurgischen und Präzisionsinstrumenten zu Madrid.
Musikinstrumente, und zwar Pianos, werden zu Barcelona, Sevilla, Saragossa und Valladolid, Guitarren zu Murcia, Streichinstrumente vorzugsweise zu Palma fabriziert. Für Porzellan bestehen zwei Fabriken, für Steingut- und Fayenceerzeugung ein ansehnliches Etablissement zu Sevilla und weitere Unternehmungen in den Provinzen Valencia, Madrid und Castellon. Die Fabrikation feuerfester Thonwaren steht zu Barcelona auf einer Höhe, welche einen nicht unbedeutenden Export nach den Häfen des Mittelmeers bis nach Konstantinopel zuläßt.
Eine wichtige Industrie ist auch die Erzeugung von Ziegelfliesen, glasierten Platten und Mosaikfußböden, welche namentlich als Hausindustrie Tausende von Arbeitskräften, insbesondere in der Provinz Valencia, beschäftigt und einen wesentlichen Exportartikel liefert. Hydraulischer Kalk (Zement) wird nur in Guipuzcoa in einer Menge von jährlich ca. 100,000 metr. Ztr. erzeugt. S. liefert gutes Glas in ziemlich großer Menge, aber hauptsächlich nur für den inländischen Bedarf, während der Export nach den Kolonien ein geringer ist; geschliffene Glaswaren werden eingeführt.
Die Glasindustrie wird an vielen Orten, insbesondere in Badalona, Murcia, Cadalso (Madrid) und Gijon, betrieben. Die Verarbeitung des Korks zu Pfropfen, Platten und Tafeln bildet einen ergiebigen Industriezweig in der Heimat des Rohstoffs, der Provinz Gerona (Exportwert 1886 über 17 Mill. Pesetas). Tischlerwaren werden zu Madrid und Barcelona verfertigt, ohne daß jedoch in feinern Artikeln die ausländische Industrie vom Markt verdrängt wäre. Bedeutend ist namentlich für die Hausindustrie die Stroh- und Binsenflechterei.
Die Lederindustrie Spaniens stand in früherer Zeit auf einer viel höhern Stufe als dies gegenwärtig der Fall ist, obschon das Land noch immer durch die Erzeugung von Saffian und Korduan hervorragt und gewisse Quantitäten von Leder ausführt. Die besten Fabrikate kommen von Cordova, Barcelona, Toledo, Burgos und aus den baskischen Provinzen. Insbesondere ist S. die Heimat der kunstvollsten Riemerartikel (Sättel und Reitzeuge). Die Seidenindustrie, für welche alle klimatischen Bedingungen vorhanden sind, ist durch die Seidenraupenkrankheit sehr beeinträchtigt worden und beschränkt sich gegenwärtig hauptsächlich auf die Provinzen Murcia, Valencia und Sevilla, in welchen übrigens die Seidenspinnerei ein vorzügliches Erzeugnis liefert.
Die Produktion an Seidenkokons beträgt etwas über 1 Mill., an Rohseide durchschnittlich 85,000 kg. Die Seidenweberei war in frühern Jahrhunderten blühend und wird gegenwärtig noch, ohne den Bedarf zu decken, fabrikmäßig zu Madrid, Valencia, Barcelona, Granada, Sevilla und Toledo betrieben. Die Schafwollweberei macht große Fortschritte, arbeitet jedoch bloß für den einheimischen Markt, wobei ihr das Ausland Konkurrenz bietet. Der Hauptsitz ist Katalonien, namentlich Barcelona, Tarrasa, Sabadell, Manresa u. a. O. Barcelona zeichnet sich auch in der Fabrikation von Shawls und Möbelstoffen durch gediegene Leistungen aus.
Gute Tuche und Flanelle werden in Alcoy, Palencia, Bejar (Provinz Salamanca) etc. erzeugt. Valencia und Murcia liefern Decken aus Streich- und Kammgarn, welche den Bewohnern zur Bekleidung, zum Schmuck und zum Tragen der Utensilien unentbehrlich sind. Verhältnismäßig günstig entwickelt ist die spanische Baumwollindustrie. Während die Spinnerei 1834 erst 600,000 Feinspindeln zählte, hob sich diese Ziffer 1881 auf 1,835,000. Der Baumwollkonsum betrug im Durchschnitt der letzten Jahre 490,000 metr. Ztr. Die größte Bedeutung hat die Baumwollindustrie für Katalonien.
Barcelona versteht mit gewebten und bedruckten Stoffen (Indiennes) fast alle spanischen Kolonien. Außerdem ist diese Industrie noch in den baskischen Provinzen, in Malaga, Santander, Valladolid und den Balearen vertreten, obgleich immer noch ein Import (Garne 1886 für 2,1, Gewebe für 11,4 Mill. Pesetas) notwendig ist. Die Flachsspinnerei macht gute Fortschritte. Die Leinweberei arbeitet für die Bedürfnisse des eignen Landes und exportiert nach den Kolonien und Brasilien, wogegen aber auch ein Import aus Großbritannien und Irland stattfindet.
Die Sitze dieser Industrie sind: die Landschaften Katalonien, Aragonien, Kastilien, Galicien u. Navarra. Die Espartoweberei, welche in Murcia, Alicante u. a. O. betrieben wird, liefert verschiedene Waren, als: Überzieher für Bergleute, Teppiche, Lauftücher etc. In Leinen- und Hanfgarn fand in den letzten Jahren ein Import von durchschnittlich 42,000 metr. Ztr., an Geweben ein solcher von 6300 metr. Ztr. statt. Färberei und Druckerei sind alte und wichtige Zweige der spanischen Industrie, zumal in Katalonien und in den baskischen Provinzen.
Die Spitzenmanufaktur ist gleichfalls sehr alt und im Fortschreiten begriffen; ihre Heimat ist Katalonien. Maschinenspitzen werden zu Barcelona, Mataro u. a. O. erzeugt. Handschuhe liefern Madrid und Valladolid, Wirkwaren Barcelona. Die Industrie in Schuhwaren schwingt sich auf den Balearen sichtlich empor (Export über Barcelona nach den spanischen Kolonien). Für den Konsum der spanischen Landbevölkerung werden auch Schuhwaren aus Hanf (Alpargatas) an vielen Orten gefertigt. Neu aufstrebende Industrien sind die Fächerfabrikation in Valencia und die Knopffabrikation in Madrid. In der Papierfabrikation findet der Maschinenbetrieb immer weitere Verbreitung. Es gibt bereits ca. 40 Papierfabriken (zu Barcelona, Tolosa etc.), während die Zahl der Papiermühlen mit Büttenbetrieb immer mehr abnimmt. Ein Hauptartikel der
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Papierfabrikation ist das Zigarrettenpapier (namentlich in Alcoy). Bedeutend ist die Industrie in Nahrungs- u. Genußmitteln. Es bestehen 18 Raffinerien für Kolonialzucker (Barcelona, Malaga und Umgebung, Granada und Almeria; Produktion jährlich ca. 150,000 metr. Ztr.), zahlreiche Schokoladefabriken, so zu Madrid und Umgebung, Barcelona, Saragossa, Ciudad Real, Leon, Astorga, Oviedo, Malaga etc., mehrere Fabriken für konservierte und kandierte Früchte, einige große Fabriken für Fisch- und Fleischkonserven (in Guipuzcoa und Coruña) und mehrere Unternehmungen für Maccaroni- und Teigwarenerzeugung (in Malaga).
Weizenmehl wird von Santander aus nach den spanischen Kolonien verschifft (in den letzten Jahren durchschnittlich 275,000 metr. Ztr.). Erwähnenswert sind ferner: die Spirituserzeugung aus Wein und dessen Rückständen, die Fabrikation von Likören (besonders Anislikör in der Provinz Albacete) und die Bierbrauerei in den größern Städten. Die Tabaksfabrikation ist Staatsmonopol, welches aber seit 1887 verpachtet ist, und beschäftigt große Etablissements zu Madrid, Sevilla, Santander, Gijon, Coruña, Valencia und Alicante.
Die erforderlichen Blätter kommen größtenteils aus den überseeischen Kolonien (Cuba, Puerto Rico, Philippinen), teilweise auch aus Deutschland. Doch werden daneben Massen von fremden Zigarren eingeschmuggelt. Endlich sind noch die Zinnobererzeugung, die Fabrikation von Seife (Katalonien und Andalusien, insbesondere Malaga), Kerzen und verschiedenen Chemikalien, die Buchdruckerei und Lithographie (Hauptort Madrid) hervorzuheben. In ganz S. besteht schon seit geraumer Zeit Gewerbefreiheit. Es gibt daher keine Innungen und Zünfte, sondern bloß Vereinigungen (gremios) von Handwerkern und Gewerbtreibenden zu irgend einem gemeinsam besser als einzeln zu erreichenden Zweck. Zur Beförderung der Industrie und der Gewerbe dienen außer den Handelskammern (s. unten): der Industrieverein zu Madrid, die Gewerbevereine in verschiedenen Städten und die technischen Unterrichtsanstalten.
Handel und Verkehr.
S. hat eine für den Handel, namentlich den Welthandel, äußerst günstige Lage, und geraume Zeit war der spanische Handel einer der umfangreichsten der Welt. Wenn er in der Gegenwart kaum noch an das erinnert, was er einst gewesen, so sind daran einerseits die äußern und innern Kriege, anderseits aber die Vernachlässigung der natürlichen Hilfsquellen des Landes schuld. Das Zentrum des gesamten innern Handels bildet Madrid. Nächstdem sind Valladolid, Palencia, Burgos, Oviedo, Vitoria, Saragossa und Granada die wichtigsten Plätze des Binnenhandels. In betreff des äußern Handels zerfällt S. in mehrere selbständige Zollgebiete, nämlich: das Festland mit den Balearen, die Kanarischen Inseln, die Provinzen in Amerika, die Besitzungen in Asien und Ozeanien, die Insel Fernando Po mit deren Dependenzen, die nordafrikanischen Besitzungen.
Jedes dieser Zollgebiete hat seinen besondern Tarif; die nordafrikanischen Häfen sind zu Freihäfen erklärt worden. In dem Zollgebiet des spanischen Festlandes und der Balearen wurde ein Tarif eingeführt, seitdem aber vielfach modifiziert und namentlich durch die abgeschlossenen Handelsverträge ermäßigt. So hat S. 1861 mit Marokko, 1862 mit der Türkei, 1864 mit China, 1865 mit Frankreich, dann seit 1870 mit den meisten andern europäischen Staaten und mit Siam Handels- und Schiffahrtsverträge abgeschlossen, darin Einfuhrzollbegünstigungen für fremde Produkte zugestanden und sich zugleich verpflichtet, diese Zollsätze in einem spätern Termin noch weiter herabzusetzen.
Die finanzielle Lage und der Vorgang der übrigen Kontinentalstaaten auf dem Weg des Schutzzollsystems veranlaßten jedoch auch S., zur Erhöhung der Einfuhrzollsätze mittels neuer Tarife (1882 und 1886) zu schreiten und in diesem Sinn modifizierte Handelsverträge mit den übrigen Staaten abzuschließen. Bemerkenswert für den auswärtigen Handel Spaniens ist, daß von seiten Portugals und von Gibraltar aus starker Schleichhandel (von letzterm Punkt namentlich mit englischen Waren) getrieben wird. Der Gesamtwert der Ein- und Ausfuhr Spaniens (und zwar des Festlandes mit Einschluß der Balearen) betrug in den letzten Jahren in Millionen Pesetas (1 Peseta = 80 Pfennig):
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1882 | 816.7 | 765.4 |
1883 | 893.4 | 719.5 |
1884 | 779.6 | 619.2 |
1885 | 764.8 | 698.0 |
1886 | 855.2 | 727.3 |
1887 | 811.2 | 722.2 |
Der auswärtige Handel von S. bewegt sich hauptsächlich auf dem Seeweg. Auf den Landhandel kamen nämlich vom gesamten Warenverkehr des letztgenannten Jahrs nur 16, auf den Seehandel dagegen 84 Proz. Die Hauptartikel des auswärtigen Handels sind in der Ausfuhr (mit Angabe des Wertes 1887 in Millionen Pesetas): Wein (281,7), Erze (86,7), Blei (22,0), Rosinen (22,2), Vieh (12,4), Kork (16,8), Orangen (15,4), Schafwolle (14,1), Olivenöl (9,7, 1885: 40,0), Schuhwaren (12,4), Esparto (8,9), Weintrauben (9,7), Weizenmehl (5,2), Konserven (6,9), Eisen und Eisenwaren (10,4);
in der Einfuhr: Weizen (62,8), Baumwolle (62,5), Spiritus (45,0), Holz (35,3), Tabak (30,3), Fische (29,8), Zucker (29,7), Mineralkohle (25,6), Schafwollwaren (24,9), Maschinen (20,1), Häute und Felle (19,4), andre Cerealien (17,5), Vieh (17,1), Eisen und Eisenwaren (16,9), Chemikalien (15,8), Kakao (13,6), Flachs- und Hanfgarn (13,3). Was die einzelnen Länder betrifft, welche an dem auswärtigen Handel Spaniens partizipieren, so kommt der Hauptanteil auf Frankreich (234,7 Mill. Pesetas in der Einfuhr und 308,9 Mill. in der Ausfuhr) und Großbritannien (114,0, resp. 184,6 Mill. Pesetas). Hieran reihen sich die Vereinigten Staaten von Nordamerika (99,6 und 21,9 Mill.), Cuba (37,3 und 61,0 Mill.), Deutschland (82,9 und 9,6 Mill.), Belgien, Portugal, Italien, die Philippinen, Puerto Rico, Argentinien, Niederlande, Norwegen etc.
Die Schiffahrt Spaniens zeigt im letzten Jahrzehnt einen kräftigen Aufschwung. Die Zahl der Häfen an der spanischen Küste und auf den Balearen beträgt 116, wovon 56 auf die Küste des Atlantischen Meers, 60 auf die des Mittelmeers kommen. Die wichtigsten von erstern sind: Bilbao, Santander, Gijon, Ferrol (Kriegshafen), Coruña, Vigo, Huelva und Cadiz;
von letztern: Malaga, Almeria, Cartagena, Alicante, Valencia-Grao, Tarragona und Barcelona;
auf den Balearen und Pithyusen: Palma, Mahon und Iviza.
In den letzten Jahrzehnten sah man die Notwendigkeit der Herstellung sicherer und verbesserter Hafenanlagen ein. Demgemäß wurden auch die Arbeiten, zunächst in Alicante, Barcelona, Cartagena, Tarragona und Valencia-Grao, in Angriff genommen und großenteils bereits durchgeführt. Die Zahl der im Betrieb befindlichen Leuchttürme beträgt 198. In dem Leuchtturm auf Kap Machichaco in Viscaya besteht eine Schule für Leuchtturmwächter. Die Handelsmarine Spaniens zählte Anfang 1884: 1544 Segelschiffe mit 308,779 Registertonnen und 282 Dampfer
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mit 200,100 Ton., zusammen 1826 Seeschiffe mit 508,879 T. Die Schiffahrtsbewegung sämtlicher Häfen Spaniens bezifferte sich 1887 in Registertonnen:
Eingelaufen | Ausgelaufen | |
---|---|---|
Spanische Schiffe | 4264482 | 4420130 |
Fremde Schiffe | 6900494 | 6696443 |
Zusammen: | 11164976 | 11116573 |
Hierzu Küstenschiffahrt (1885) | 5661952 | 5237227 |
Die Binnenschiffahrt ist in S. von geringem Belang. Unter den Strömen ist ein einziger, welcher bei hohem Wasserstand streckenweise befahren werden kann, nämlich der Ebro, auf welchem flache Fahrzeuge dann bis Saragossa, wohl auch bis in die Provinz Navarra gelangen können. Der Guadalquivir, Guadiana und Minho sind nur ein Stück von der Mündung an hinauf für größere Schiffe fahrbar, der erstgenannte für Seeschiffe bis Sevilla; dieselben kommen daher bei der Binnenschiffahrt nicht in Betracht.
Die übrigen Ströme sind, soweit sie S. angehören, so voller Sandbänke, Löcher und Strudel, daß sie sich gar nicht zur Schiffahrt eignen. Unter den Kanälen steht der unter Karl V. begonnene Kaiserkanal von Aragonien obenan, 119 km lang, 3,35 m tief und an der Oberfläche 23,5 m breit, außer zur Schiffahrt auch zur Bewässerung dienend. Im 18. Jahrh. wurden drei schiffbare Kanäle hergestellt, worunter der 160 km lange Kastilische, der bei Alar del Rey aus dem Pisuerga ausgeht und unweit Simancas an demselben Fluß endigt, der wichtigste ist.
Der Manzanareskanal (von Toledo nach Madrid, 14 km) sowie der Canale Nuevo, bei Amposta aus dem Ebro ausgehend und in San Carlos de la Rapita nach 11 km Länge endigend, werden zur Schiffahrt wenig benutzt. Aus diesem Jahrhundert datieren der Guadarramakanal (17 km) und der Murciakanal (28 km). Neuerlich hat eine Aktiengesellschaft auch die Kanalisierung des Ebro bis Saragossa unternommen. Die Gesamtlänge aller schiffbaren Kanäle und Flüsse Spaniens beträgt ungefähr 700 km.
Die erste Eisenbahn, von Barcelona nach Mataro (28 km), wurde dem Verkehr übergeben. Seitdem entwickelte sich das Eisenbahnnetz Spaniens in folgender Progression: 1855: 595 km, 1865: 5226 km, 1876: 5796 km, 1886: 9185 km. Die hauptsächlichsten Linien sind: Die Spanische Nordbahn von Madrid über Irun an die französische Grenze, mit Zweiglinien nach Zamora, Salamanca, Segovia und Santander. An die Nordbahn schließen sich die Nordwestliche oder Galicische Eisenbahn mit den Linien Palencia-Coruña, Monforte-Vigo und Leon-Gijon, dann die Eisenbahn Tudela-Bilbao, welche die Nordbahn bei Miranda kreuzt.
Eine wichtige Linie ist im NO. die Eisenbahn von Saragossa nach Pamplona, welche einen Zweig zur Nordbahn nach Alsasua entsendet. Von Madrid laufen außer der ersterwähnten Bahn noch die Eisenbahn über Saragossa nach Barcelona und die nach Alicante aus, welche beide miteinander durch die Küstenbahn über Tarragona und Valencia nach Almansa in Verbindung stehen, und wovon die erstere mehrere Zweiglinien in Katalonien und die Linie über Portbou nach Frankreich, die letztere die Zweiglinien nach Toledo und Cartagena entsenden. An die Eisenbahn Madrid-Alicante schließen sich endlich die andalusischen Bahnen nach Cadiz, Malaga und Granada sowie die Eisenbahn über Ciudad Real und Badajoz nach Portugal an. Von Madrid nach Lissabon führt außerdem die neue direkte Linie über Talavera.
Auch die Insel Mallorca hat ihre Eisenbahn Palma-Manacor. Die Ausführung der einzelnen Eisenbahnlinien erfolgte durch Privatgesellschaften, meist mit englischen Kapitalien. Pferdebahnen bestehen zu Madrid, Barcelona und Valencia-Grao. Auch auf den arg vernachlässigten Straßenbau hat man in neuerer Zeit große Summen verwendet; die Gesamtlänge der fertigen Straßen beträgt gegenwärtig ca. 19,000 km. Weitere 3000 km sind teils im Bau, teils projektiert. Am meisten leidet noch das Zentrum des Landes durch Mangel an Verkehrswegen.
Auch auf Vizinalwege wird wenig Bedacht genommen. Das spanische Staatstelegraphenwesen umfaßte 1886 ein Netz von 17,840 km Linien mit einem Betriebspersonal von 3540 Individuen. Der Korrespondenzverkehr ergab 2,8 Mill. Depeschen. Dem Postwesen standen 1886: 2655 Anstalten mit einem Personal von 7112 Individuen zur Verfügung. Der Briefpostverkehr umfaßte 111 Mill. Stück. Seit 1886 sind 15 Handels-, Industrie- und Schiffahrtskammern errichtet worden. Banken mit dem Rechte der Notenemission bestanden früher in den meisten größern Städten.
Durch das Gesetz vom wurde jedoch die Kreditzirkulation in einer einzigen Bank, der Bank von S. (Grundkapital 100 Mill. Pesetas) in Madrid, konzentriert und zu ihren gunsten die Aufhebung aller andern Zettel- und Diskontobanken angeordnet. Die meisten derselben haben sich zu Filialen der Bank von S. umgestaltet. Außerdem gibt es eine größere Anzahl von selbständigen Kreditinstituten, zahlreiche Sparkassen, Leihhäuser, Börsen in allen großen Handelsplätzen etc. Die berühmtesten Messen sind die von Talavera de la Reina in Neukastilien, Palencia, Valladolid, Medina de Rioseco und Soria in Altkastilien, Puenta de la Reina, Estrella und Corella in Navarra, Granollers und Tarrasa in Katalonien, Ronda und Puerto de Santa Maria in Andalusien; Hauptwollmärkte die von Cuenca in Neukastilien und Bejar in Leon.
Münzeinheit ist seit 1871 die Peseta à 100 Centimos = 1 Frank = 4 Reales de vellon (Kupferreal). Die gangbaren Münzsorten sind in Gold: der Golddoblon = 100 Realen = 21,06 Mk., der Goldthaler (escudo de oro) = 40 Realen = 8,42 Mk., der halbe Goldthaler (coronilla) = 20 Realen;
in Silber: der Duro oder spanische Thaler (peso fuerte, im Ausland Piaster genannt) = 20 Realen = 4,20 Mk., der halbe Duro oder Escudo (medio duro, escudo) = 10 Realen, die Peseta = 4 Realen, die halbe Peseta = 2 Realen, der einfache Real (real de vellon).
Das einzige Papiergeld des Landes sind gegenwärtig die Noten der Bank von S., deren höchste Abschnitte aber nicht auf mehr als 1000 Pesetas lauten dürfen. In Bezug auf Maß und Gewicht ist seit 1855 gesetzlich das metrische System eingeführt.
Ungemein groß ist die Zahl der Wohlthätigkeitsanstalten, deren man bereits 1859: 1028 zählte, worin 455,290 Individuen verpflegt wurden. Die Straf- und Besserungsanstalten zerfallen in Zuchthäuser für männliche Verbrecher und Korrektionshäuser für Weiber. Die schwersten Verbrecher werden in den an die Stelle der ehemaligen Galeeren getretenen Zuchthäusern in Ceuta, Alhucemas, Melilla und Peñon de Velez untergebracht.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Das Grundgesetz der gegenwärtigen Staatsverfassung des Königreichs S. bildet die Konstitution vom Hiernach ist S. eine eingeschränkte Monarchie, gegenwärtig unter der Dynastie Bourbon. Als Thronfolgeordnung gilt die kognatische, wonach das weibliche Geschlecht in Bezug auf die Succession gleiches Recht mit dem männlichen besitzt und nur die Nähe der Linie darüber entscheidet, wer
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nachfolgen soll, so daß ein näher verwandter weiblicher Abkömmling einem entfernter verwandten männlichen vorangeht, in der erbenden Linie aber der jüngere Prinz vor der ältern Prinzessin den Vorzug hat. Die Successionsfähigkeit ist von dem römisch-katholischen Glaubensbekenntnis abhängig. Die Großjährigkeit tritt mit dem vollendeten 16. Jahr ein. Wenn die Erbfolge einen noch minderjährigen Succedenten trifft, oder wenn der Monarch durch längere Zeit verhindert ist, selbst zu regieren, so tritt im ersten Fall eine Vormundschaft, in beiden Fällen eine Regentschaft ein, deren Bestellung durch die Volksvertretung erfolgt.
Gegenwärtiger König ist Alfons XIII., nachgeborner Sohn Alfons' XII., geb. Regentin ist seine Mutter Marie Christine. Der König, bez. Regent übt die gesetzgebende Gewalt gemeinsam mit den Cortes aus, welche sich in zwei Kammern gliedern: den Senat und den Kongreß der Deputierten. Der Senat wird gebildet: von den Senatoren vermöge eignen Rechts;
von den Senatoren, welche von der Krone auf Lebenszeit ernannt werden;
von den Senatoren, welche durch die Provinzialvertretungen und die Höchstbesteuerten gewählt werden und sich alle fünf Jahre zur Hälfte erneuern.
Senatoren von Rechts wegen sind: die großjährigen Söhne des Königs und des Thronfolgers;
die Granden von S., welche eine jährliche Rente von 60,000 Pesetas genießen;
die Generalkapitäne des Heers und die Admirale der Flotte;
die Erzbischöfe;
die Präsidenten des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs, des Rechnungshofs, des obersten Kriegs- und des obersten Marinerats, wenn sie sich zwei Jahre im Amt befinden.
Die vom König ernannten oder von den Provinzialvertretungen u. den Höchstbesteuerten gewählten Senatoren müssen bestimmten Klassen des Beamtenstandes, der Armee, des Klerus angehören oder eine jährliche Rente von 20,000 Pesetas beziehen. Die Zahl der Senatoren kraft eignen Rechts und der vom König ernannten Senatoren darf zusammen 180 nicht übersteigen, und dieselbe Zahl entfällt auf die gewählten Senatoren. Jeder Senator muß Spanier und 35 Jahre alt sein.
Der Kongreß der Deputierten setzt sich aus denjenigen Mitgliedern zusammen, welche von den Wahljunten auf fünf Jahre, im Verhältnis von einem Deputierten auf 40,000 Einw., gewählt werden. Um zum Deputierten gewählt zu werden, sind die spanische Staatsbürgerschaft, der weltliche Stand, die Großjährigkeit und der Genuß aller bürgerlichen Rechte erforderlich. Das passive Wahlrecht ist durch keinen Zensus, das aktive Wahlrecht seit der Wahlreform vom durch einen solchen von 25 Pesetas beschränkt.
Die Cortes versammeln sich alle Jahre. Der Präsident und die Vizepräsidenten der Zweiten Kammer werden von der Kammer gewählt, die der Ersten Kammer vom König ernannt. Der König und jede der beiden legislativen Körperschaften besitzen das Recht der Initiative zu den Gesetzen. Finanzgesetze müssen zuerst dem Kongreß der Deputierten vorgelegt werden. Der Kongreß besitzt das Recht der Ministeranklage, wobei der Senat als Gericht fungiert. Die Abgeordneten erhalten keine Vergütung oder Diäten.
Die Staatsbürgerrechte entsprechen den in den übrigen repräsentativen Monarchien gewährleisteten Grundrechten. Die Staatsbürger teilen sich dem Stand nach in Adel, Geistlichkeit, Bürger und Bauern, welche Stände aber vor dem Gesetz gleich sind. Der Adel zerfällt in den hohen, der sich wieder in Grandes und Titulados teilt, und in den niedern der Hidalgos oder Fidalgos. Die »Grandeza« wird gegenwärtig vom König teils als persönliche Auszeichnung, teils erblich erteilt und führt das Prädikat »Exzellenz«.
Die Titulados sind Familien, welche von alters her den stets nur auf den ältesten Sohn übergehenden Titel Herzog, Marquis, Graf, Visconde oder Baron führen. Der äußerst zahlreiche niedere Adel zerfällt in Ritter- und Briefadel. Aber weder der hohe noch der niedere Adel hat irgend welche politische Vorrechte. Das Prädikat »Don«, früher nur dem hohen Adel zustehend, wird jetzt jedem gebildeten Mann gegeben. Die Gemeindeverfassung datiert in ihrer jetzigen Form von 1845 und ist, wie auch die Provinzialverfassung, im wesentlichen der französischen nachgebildet. In jeder Provinz sind Provinzialdeputationen eingesetzt, deren Mitglieder von den Gemeindevertretungen gewählt werden. Jede Gemeinde von mindestens 30 Mitgliedern hat ihre eigne Gemeindevertretung (ayuntamiento), welche auf zwei Jahre gewählt wird, und welcher der Alkalde, der zugleich Friedensrichter ist, präsidiert. Die Alkalden werden von den Gemeinden alljährlich neu gewählt, aber von der Regierung bestätigt.
An der Spitze der gesamten Staatsverwaltung steht der Ministerrat (consejo de ministros), dem der königliche Staatsrat (consejo de estado) zur Seite steht. Der Staatsrat besteht aus 33 Räten, die vom König ernannt werden, und den Ministern, berät in seinen den Ministerien entsprechenden Sektionen Regierungsmaßregeln und entscheidet über Kompetenzkonflikte zwischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden. Königliche Ministerien sind: das Ministerium des Äußern (zugleich für die Angelegenheiten des königlichen Hauses), das Ministerium der Gnaden und Justiz (auch für den Kultus), das Kriegsministerium, das Marineministerium, das Finanzministerium, das Ministerium des Innern (ministerio de la gobernacion, auch für das Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen), das Ministerium für die Volkswirtschaft (ministerio de fomento, für Landwirtschaft, Bergbau, Industrie, Handel, Bauten und Unterrichtswesen) und das Ministerium der Kolonien (ministerio de ultramar).
Selbständig ist der Rechnungshof. Zur Leitung der Provinzialverwaltung stehen an der Spitze der 49 Provinzen für die gesamte innere und Steuerverwaltung die Gouverneure, welchen die Provinzialdeputationen und deren permanente Kommissionen beigegeben sind. Ferner bestehen in jeder Provinz eine Sanitätsjunta und eine Hauptpostverwaltung. Die Polizei wird in den Gemeinden von den Alkalden, in größern Städten von besondern Polizeikommissaren, unter Aufsicht des Gouverneurs, gehandhabt. Für die Militärverwaltung sind 16 Generalkapitanate und unter diesen Provinzialmilitärgubernien, für die Marine 3 Departements (Generalkapitanate) errichtet. Die Kolonialverwaltung besteht für jede Kolonie aus einer Regierung mit dem Generalkapitän, dem obersten Militärkommandanten und einem Zivilgouverneur, welch letzterer unmittelbar vom König dependiert. Der Volksvertretung ist keine Beteiligung dabei eingeräumt.
Die Gerichtsverfassung beruht auf Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens und Geschwornengerichten. Römisches Recht und Landrecht bilden die Grundlage des Rechtswesens; die in den baskischen Provinzen bisher geltenden Sonderrechte (fueros) wurden 1876 aufgehoben. Die unterste Instanz bilden die Alkalden der Gemeinden als Friedensrichter. Außerdem bestehen noch 500 Untergerichtsbezirke (partidos) mit je einem Gerichtshof erster Instanz. Diese sind verteilt unter 15 Ober- oder
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Appellationsgerichtshöfe (audiencias territoriales). Die oberste Instanz bildet der höchste Gerichtshof zu Madrid. In Preßprozessen erkennen Geschwornengerichte. Außer diesen ordentlichen Gerichten bestehen noch: geistliche und Militärgerichte, das Tribunal de hacienda publica in Steuersachen, Handelsgerichte, Berggerichte sowie Gerichte für das Post- und Straßenwesen. Das spanische Zivilgerichtsverfahren ist jetzt auch in den Kolonien Cuba und Puerto Rico eingeführt.
Finanzen.
Die Budgetvoranschläge für das Finanzjahr 1888/89 ergaben (in Pesetas):
A. Einnahmen. | |
---|---|
Direkte Steuern | 310983000 |
Indirekte Steuern | 314294394 |
Zölle | 172993000 |
Staatsmonopole | 21198038 |
Nationalgüter | 7944000 |
Staatsschatz | 24255500 |
Zusammen | 851667932 |
B. Ausgaben. | |
Zivilliste | 9350000 |
Portes | 1940205 |
Staatsschuld | 279099611 |
Gerichtshöfe | 1361276 |
Pensionen | 50593826 |
Ministerpräsidium | 1148959 |
Auswärtiges | 5300620 |
Gnaden und Justiz | 59092859 |
Krieg | 154720262 |
Marine | 26683627 |
Inneres | 31186581 |
Öffentliche Arbeiten u. Unterricht | 100385507 |
Finanzen | 20826781 |
Verwaltung der Steuern | 106967871 |
Zusammen: | 848657985 |
Die Staatsschuld, welche in den 70er Jahren bereits einen Stand von 12,000 Mill. Pesetas überschritten hatte, wurde seither durch eine umfassende Konversion um mehr als die Hälfte verringert; am belief sie sich schon wieder auf ein Kapital von 6334 Mill. Pesetas; die Jahreszinsen betrugen 238 Mill. Pesetas.
Heer und Flotte.
Das Kriegswesen Spaniens ist nach der Beendigung des Bürgerkriegs in den Jahren 1877 und 1878 neu organisiert worden. Hiernach besteht in S. das System der allgemeinen Wehrpflicht, jedoch mit Loskauf (für gebildete junge Leute vom Dienst in der aktiven Armee) und Stellvertretung (unter Brüdern). Die Militärpflicht beginnt mit dem 20. Lebensjahr und dauert 12 Jahre (3 Jahre in der aktiven Armee, 3 Jahre in der Reserve derselben und 6 Jahre in der zweiten Reserve).
Die Ergänzung der Kriegsflotte erfolgt nach denselben Prinzipien aus der seemännischen Bevölkerung. Die Kolonialtruppen werden teils durch die Bewohner der überseeischen Besitzungen, teils durch die Ausgehobenen im Mutterland ergänzt. Die Truppen des Heers sind: a) Infanterie: 61 Linienregimenter zu 2 Bataillonen und 21 Jägerbataillone, alle diese zu je 4 Feld- und 2 Depotkompanien, 140 Reservebataillone und 140 Depotbataillone zu 6 Kompanien (davon 2 in Kadrestärke), 31 Disziplinarbataillone; b) Kavallerie: 1 Eskadron königlicher Garden, 28 Regimenter (8 Ulanen-, 14 Jäger-, 4 Dragoner- und 2 Husarenregimenter) zu 4 Eskadrons, 28 Reserveregimenter; c) Artillerie: 5 Regimenter zu 4 Batterien Korpsartillerie, 5 Regimenter zu 6 Batterien Divisionsartillerie, 1 reitende Batterie, 2 Gebirgsartillerieregimenter (zu 6 Bataillonen), 1 Regiment Belagerungsartillerie (mit 4 Batterien), 9 Bataillone Festungsartillerie, 7 Reserveregimenter; die Batterie zählt im Frieden 4, im Krieg 6 Geschütze; d) Ingenieurtruppen: 4 Regimenter Sappeure und Mineure (zu 2 Bataillonen), 4 Reserveregimenter, 1 Pontonierregiment, 1 Eisenbahn- und 1 Telegraphenbataillon; e) die Guardia civil (Gendarmerie), die Karabiniere (Zoll- und Grenzwache) und die Provinzialmiliz auf den Kanarischen Inseln (letztere mit 7 Bataillonen). Der Friedens- und Kriegsstand betragen:
im Frieden | im Krieg | |
---|---|---|
Infanterie | 83808 Mann | 734679 Mann |
Kavallerie | 14364 - | 21452 - |
Artillerie | 11340 - | 30355 - |
Ingenieurtruppen | 4279 - | 7163 - |
Andre Formationen | 2422 - | 9538 - |
Zusammen: | 116213 Mann | 803187 Mann |
Die Kavallerie verfügt im Frieden über 10,233, im Krieg über 17,205 Pferde, die Artillerie zählt im Frieden 392, im Krieg 460 Geschütze. Hierzu kommen dann die Guardia civil mit 15,302 und die Karabiniere mit 10,940 Mann sowie die selbständigen Kolonialtruppen (39,924 Mann). Die Kriegsflotte ist verhältnismäßig sehr bedeutend an Zahl der Schiffe, doch entspricht nur der geringste Teil derselben den modernen Anforderungen an gefechtstüchtige Schiffe. Es ist deshalb der Plan einer Reorganisation der Flotte beschlossen und der Bau einer Anzahl neuer Schlachtschiffe, Kreuzer, Kanonen- und Torpedoboote teils in Angriff, teils in Aussicht genommen worden. Ende 1886 umfaßte die Flotte:
4 Panzerschiffe | 74 Kanonen | 13300 Pferdekr. |
13 Torpedoboote | 4 Kanonen | 10444 Pferdekr. |
11 Kreuzer u. Korvetten | 94 Kanonen | 38135 Pferdekr. |
63 andre Dampfer | 95 Kanonen | 11775 Pferdekr. |
20 Schulschiffe u. Hulks | 246 Kanonen | 13000 Pferdekr. |
Zusammen: 111 Fahrzeuge | 513 Kanonen | 86654 Pferdekr. |
Die Bemannung beträgt 14,000 Köpfe; außerdem bestehen 3 aktive und 3 nicht aktive Regimenter Marineinfanterie (zu 2 Bataillonen), die aktiven mit 7033 Mann; hierzu kommen 400 Maschinisten, 180 Bootsleute, 1500 Arsenalarbeiter etc.
Wappen, Orden.
Das königliche Wappen (s. Tafel »Wappen«) besteht aus einem in vier Felder abgeteilten Schild mit einem Mittelschild, welcher durch das Wappen des Hauses Bourbon-Anjou, drei goldene Lilien im blauen Feld, gebildet wird. Das erste Quartier enthält die Wappen von Kastilien (drei goldene Türme im roten Feld) und Leon (ein gekrönter roter Löwe im silbernen Feld) und zwar doppelt, indem es kreuzweise in Felder abgeteilt ist. Zwischen seinen beiden untersten Feldern befindet sich das Wappen von Granada, ein aufgesprungener Granatapfel im roten Felde.
Das zweite, der Quere nach gespaltene Quartier enthält die Wappen von Aragonien (vier rote Pfähle im goldenen Feld) und des Königreichs beider Sizilien. Das dritte, ebenfalls geteilte Quartier zeigt oben das Wappen des Erzhauses Österreich, unten das der alten Herzöge von Burgund, das vierte Quartier aber das neuburgundische Wappen, unten das Wappen von Brabant. Der ganze Wappenschild ist mit der Kette des Goldenen Vlieses umgeben und mit der königlichen Krone bedeckt; als Schildhalter dienen zwei aufrechte Löwen.
Als gewöhnliches Wappen dient bloß der Wappenschild von Kastilien und Leon mit dem Wappen von Bourbon-Anjou im Mittelschild. Die Landesfarben sind Rot und Gelb. Die Flagge (s. Tafel »Flaggen«) ist in drei horizontale Streifen, zwei rote und einen gelben (in der Mitte), geteilt, die königliche mit dem Wappen im Mittelstreifen versehen. S. hat zehn Ritterorden: den Orden des Goldenen Vlieses (toison de oro),
1431 gestiftet, in einer Klasse, nur für Souveräne, Prinzen und Granden von S.;
den Orden Karls III. (s. Tafel »Orden«),
1773 gestiftet, in drei Klassen;
den Damenorden der Königin Maria Luise, 1792 gestiftet, in einer Klasse;
den amerikanischen Orden Isabellas der Katholischen, 1815 gestiftet, in drei Klassen;
den Militärorden von San Fernando, 1815
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Spanien.
[* ] Über die in S. vorgenommene Volkszählung sind vorläufig die ersten amtlichen Daten veröffentlicht worden. Hiernach betrug die Gesamtbevölkerung des europäischen S. samt den Balearen und Kanarischen Inseln sowie den nordafrikanischen Besitzungen 17,550,246 gegen 16,634,345 zu Ende des Jahres 1877 und 15,673,536 im J. 1860. Die stärkstbevölkerte Provinz ist Barcelona mit 899,264 Einw. (1877: 836,887). Dieser folgen zunächst die Provinzen Madrid mit 684,630 (1877: 594,194) und Coruña mit 613,792 (1877: 596,436) Einw. Unter den Städten stehen an Bevölkerungszahl obenan: Madrid mit 472,228 (1877: 397,690), Barcelona mit 272,481 (1877: 249,106), Valencia mit 170,763 (1877: 143,856), Sevilla mit 143,182 (1877: 133,938) und Malaga mit 134,016 (1877: 115,882) Einw.
Der Weinbau Spaniens lieferte im J. 1888 bei einer Anbaufläche von 1,8 Mill. Hektar (1887: 1,2 Mill.) einen Ertrag von 35,8 Mill. hl (1887: 17,8). Während das Jahr 1887 ein besonders schlechtes Weinjahr bildete, war das darauffolgende Jahr ein sehr günstiges. Der Durchschnittsertrag der letzten fünf Jahre ist bei einer Anbaufläche von 1,6 Mill. Hektar jährlich 28 Mill. hl. Im J. 1889 blieb die Weinernte mit 20 Mill. hl wieder hinter dem Durchschnitt zurück. Die spanische Weinproduktion hat sich im Laufe der letzten zehn Jahre infolge der Verheerung
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der Weinberge in Frankreich durch die Reblaus und der dadurch dort hervorgerufenen starken Nachfrage nach fremden Weinen sehr gesteigert. (Über die Ausfuhr s. unten.) Eine königliche Verordnung vom verfügt im Interesse des spanischen Weinexports die Einrichtung önotechnischer Stationen in Paris, Bordeaux, Cette, Hamburg und London zur Unterstützung und Förderung des spanischen Weinhandels. Diese Stationen sollen die Reinheit und Echtheit des Weins, welcher nur aus S. kommen darf, verbürgen.
Der auswärtige Handel Spaniens hatte im J. 1888 einen Gesamtwert von 1479,2 Mill. Pesetas; dieses Ergebnis ist gegen die Jahre 1887,1886 und 1883 zurückgeblieben, hat aber die Jahre 1885 u. 1884 übertroffen. Von der bezeichneten Summe entfallen auf die Einfuhr 716,1 Mill., auf die Ausfuhr 763,1 Mill. Pesetas. Ein Vergleich mit den vorhergehenden Jahren ergibt folgende Werte (in Millionen Pesetas):
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1883 | 893.4 | 719.5 |
1884 | 779.6 | 619.2 |
1885 | 764.8 | 698.6 |
1886 | 855.2 | 727.3 |
1887 | 811.2 | 722.2 |
1888 | 716.1 | 763.1 |
Hiernach hat in den vorhergegangenen fünf Jahren der Wert der Einfuhr den der Ausfuhr durchschnittlich um etwa 100 Mill. überstiegen, während umgekehrt im J. 1888 der Wert der Ausfuhr die Einfuhr um 47 Mill. übertrifft, eine Erscheinung, die sich in den letzten 40 Jahren nur noch fünfmal gezeigt hat und zwar 1853,1854,1855, 1873 und 1881. Der Hauptanteil an dem Rückgang der Einfuhr fällt auf Getreide, Spiritus, Stockfisch, Seidengewebe, Holz, Farben und rohe Baumwolle.
Hierunter erscheint Spiritus allein mit einer Mindereinfuhr von 33 Mill. Liter im Werte von 25 Mill. Pesetas. Der Grund dieser Erscheinung liegt in dem Gesetz vom welches den Spiritus mit einer Konsumsteuer von 75 Centimos auf den hundertteiligen Grad reinen Alkohols in jedem Hektoliter, d. h. mit 72 Pesetas pro Hektoliter, nebst dem Eingangszoll von 21 Pesetas pro Hektoliter, belastete und die Spriteinfuhr so unmöglich machte. Seither ist durch Gesetz vom die Konsumsteuer von dem Betrag von 75 Centimos pro Grad, resp. von 72 Pesetas pro Hektoliter auf den fixen Betrag von 25 Pesetas ohne Rücksicht auf den Gradgehalt herabgesetzt und hierdurch die Einfuhr fremden Sprites nach S. wieder ermöglicht worden.
Einen erheblichen Rückgang zeigt ferner die Einfuhr in Getreide (19 Mill. Pesetas weniger). Dagegen ergibt sich eine Steigerung der Einfuhr gegen das Vorjahr hauptsächlich bei Weizenmehl (um 3 Mill. Pesetas), Steinkohle (5½ Mill.), Vieh (1 Mill.), Maschinen und Maschinenbestandteilen (1½ Mill.), Schiefer, Erdharz und Petroleum (5½ Mill.), Industrieölen (2 Mill.), Kaffee (2½ Mill.) und bei einzelnen Kategorien von Geweben (2½ Mill. Pesetas). Der verringerten Einfuhr entspricht eine bedeutende Mindereinnahme an Zöllen.
Der Ertrag derselben wird im J. 1888 mit 79,8 Mill. Pesetas angegeben, d. h. mit 10½ Mill. weniger als im Durchschnitt der vorhergegangenen fünf Jahre. Die wichtigsten Einfuhrländer waren: Frankreich (211,8 Mill. Pesetas), England (121,8 Mill.), Nordamerika (76,1 Mill.) und Deutschland (57,8 Mill.). Von der Mehrausfuhr entfällt der größte Teil auf den Export von gewöhnlichem Wein. Die durchschnittliche Ausfuhr der Jahre 1883-87 (7,05 Mill. hl im Werte von 251 Mill. Pesetas) wird im J. 1888 infolge des zwischen Frankreich und Italien bestandenen Zollkriegs durch eine Ausfuhr von 8,7 Mill. hl im Werte von 261,7 Mill. Pesetas erheblich übertroffen.
Rechnet man noch die edlen Weinsorten hinzu, so ergibt sich, daß der Wert der ausgeführten Weine ungefähr ⅖ des ganzen Exports ausmacht. An der Zunahme der Ausfuhr sind weiter die meisten wichtigern Waren beteiligt, unter ihnen hauptsächlich Orangen, Kork, Baumwollgewebe und Vieh. Anderseits ergibt sich bei einzelnen Artikeln ein Ausfall in der Ausfuhr, so bei Blei und bei gewissen Südfrüchten, die beide mit 5 Mill. weniger verzeichnet werden, Eisen, Stahl, Mineralien u. a. Die Schifffahrtsbewegung in den spanischen Häfen umfaßte im J. 1888: 35,985 Schiffe mit 22,333,688 Registertonnen u. 10,005,118 Ladungstonnen (1887: 37,176 Schiffe mit 22,281,549 Register- u. 10,095,751 Ladungstonnen).
Von dem Gesamtverkehr des Jahres 1888 kamen auf den Einlauf: 18,754 Schiffe von 11,443,457 Registertonnen mit einer Ladung von 2,983,039 T., auf den Auslauf 17,231 Schiffe von 10,890,231 Registertonnen mit einer Ladung von 7,022,079 T. An dem durch die Schiffahrt bewegten Warenverkehr hatten den Hauptanteil die britische, spanische und französische Flagge, und zwar die britische in der Einfuhr mit 1,623,580, in der Ausfuhr mit 4,417,953 Ladungstonnen, die spanische mit 661,972 T. in der Einfuhr und 970,185 T. in der Ausfuhr, die französische mit 151,977 T. in der Einfuhr und 720,618 T. in der Ausfuhr. Auf die deutsche Flagge kam eine Einfuhr von 57,981 und eine Ausfuhr von 231,388 Ladungstonnen.
Die Bestrebungen zur Förderung des spanischen Exporthandels haben 1888 zur Ausrüstung einer spanischen schwimmenden Ausstellung geführt, welche auf dem Dampfer Conde de Vilana mehrere südamerikanische Hafenplätze anlief, aber mit einem Mißerfolg endete. Als ein gelungenes Unternehmen muß dagegen die Weltausstellung zu Barcelona im J. 1888 bezeichnet werden. Zu den im J. 1892 zu führenden Verhandlungen über die Erneuerung der Handelsverträge werden gegenwärtig die Vorbereitungen getroffen.
Auch in S. macht sich die Partei der extremen Schutzzöllner geltend. Speziell die katalonischen Industriekreise nehmen eine äußerst vertragsfeindliche Haltung ein und verlangen die Kündigung sämtlicher Handelsverträge sowie eine den Bedürfnissen der nationalen Industrie Rechnung tragende Revision des allgemeinen Zolltarifs. Im Juli 1890 ist in Katalonien, und zwar zunächst in Manresa, ein Arbeiteraufstand ausgebrochen, welcher sich über die ganze Provinz ausgedehnt und auch entfernt liegende Distrikte in Andalusien und Valencia in Mitleidenschaft gezogen hat.
Die Veranlassung des Streiks bildeten in Manresa und den Gebirgsbezirken des katalonischen Industriegebiets die verhältnismäßig sehr niedrigen Arbeitslöhne bei übermäßiger Arbeitszeit. Den streikenden Fabrikarbeitern im Gebirge schlossen sich aus Solidarität die günstiger gestellten Arbeiter der Fabriken in der katalonischen Ebene an. Doch endete die groß angelegte Bewegung bald wegen der ungenügenden Mittel der Arbeiter mit der vollständigen Unterwerfung derselben.
Die Eisenbahnverbindungen Spaniens mit Frankreich, welche gegenwärtig auf die zwei Schienenwege am Viscayischen Busen und Mittelländischen Meere (über Irun und Port-Bou) beschränkt sind und dem Verkehr beider Länder nicht genügen, sollen durch eine dritte Bahn von Lerida in S. über Balaguer und Tremp nach St.-Girons in Frankreich zum Anschluß an die Linie nach Toulouse ergänzt werden. Die neue Linie, welche in acht Jahren fertig gestellt
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sein soll, macht einen 6,56 km langen Tunnel erforderlich. Das spanische Eisenbahnnetz hat im J. 1888 einen Zuwachs um 177 km erfahren und hatte Ende 1888 eine Ausdehnung von 9669 km.
Die Verhältnisse der Staatsfinanzen von S. haben sich in letzter Zeit nicht günstig gestaltet. Der Voranschlag für 1890/91 beziffert die Einnahmen auf 805,551,337 Pesetas, die Ausgaben auf 810,663,413 Pesetas, woraus sich ein Defizit von mehr als 5 Mill. Pesetas ergibt. Die Staatsschuld betrug 1889: 6257 Mill. Pesetas, während die aus dem Defizit früherer Jahre herrührende schwebende Schuld auf 266 Mill. Pesetas gestiegen ist. Die Bank von S. hat 650 Mill. in Staatsschuldverschreibungen und in Vorschüssen an den Staat angelegt und muß an eine Veräußerung ihres umfassenden Besitzes an spanischen Staatspapieren denken oder ihre Barmittel zur Bestreitung von Zahlungen verwenden, da die Grenze der Notenausgabe von 750 Mill. Pesetas nahezu erreicht worden ist. Der Metallbestand der Bank betrug im Juli 1890 nur etwas über 200 Mill. Pesetas, davon etwa die Hälfte in Gold. Ein Versuch, das Notenausgaberecht der Bank um ein Drittel, bis zu 1000 Mill. Pesetas, zu erhöhen, ist fehlgeschlagen.
[Geschichte.]
Unter mancherlei Schwierigkeiten, welche ihm die ehrgeizigen und wankelmütigen Parteipolitiker bereiteten, behauptete sich der Ministerpräsident Sagasta im Besitz der Herrschaft, durch den Takt und die Klugheit der Königin-Regentin wirksam unterstützt. Obwohl S. durch die Erhebung der großmächtlichen Gesandtschaften zu Botschaften 1888 formell als europäische Großmacht anerkannt worden war, beobachtete Sagasta in der auswärtigen Politik eine kluge Zurückhaltung, um jeden Konflikt mit den andern Mächten, namentlich mit Frankreich wegen Marokkos, zu vermeiden. Im Innern geriet die von Sagasta versprochene Reformgesetzgebung infolge der Unzuverlässigkeit der Kammermehrheit wiederholt ins Stocken. 1888 wurden die Zivilehe, 1889 das bürgerliche Gesetzbuch und die Militärreform Cassolas, letztere allerdings in sehr geschwächter Gestalt, angenommen.
Schon aber erreichten 1889 in den Cortes die Eifersüchteleien und Streitigkeiten der Politiker einen so hohen Grad von Leidenschaftlichkeit, daß bei den politischen Debatten im Mai und Juli Sturmszenen sich ereigneten, wie sie selbst in der spanischen Volksvertretung selten sind. Sagasta liebte es, seine Ministerien aus »neuen Leuten« zusammenzusetzen; nur der Minister des Äußern, Vega de Armijo, ein langjähriger Gefährte Sagastas, gehörte zu den ältern Politikern.
Dadurch zog sich Sagasta aber den Haß der Männer zu, die, wie Gamazo, Moret, Romero Robledo, Martos, Cassola und Lopez Dominguez, durchaus eine einflußreiche Rolle spielen wollten, und deren Ränke erschütterten Sagastas Regierung immer wieder, obwohl seine Partei in den Cortes über 236 Mitglieder zählte, also über eine große Mehrheit verfügte. Wiederholte Ministerwechsel waren die Folge hiervon. Im Dezember 1889 forderten der Marineminister Rodriguez Arias und der Minister der Finanzen Venancio Gonzalez ihre Entlassung, während mehrere jener Politiker immer stürmischer auf eine Vertretung im Kabinett drangen. Um Sagasta vor dem Zusammentritt der Cortes die Neubildung eines Kabinetts zu erleichtern, reichten 2. Jan. sämtliche Minister dem Ministerpräsidenten ihre Entlassung ein.
Aber erst nach langen Verhandlungen, bei denen eine Versöhnung Sagastas mit seinen Nebenbuhlern nur sehr unvollkommen erreicht wurde, gelang die Bildung eines neuen Ministeriums, in welchem Sagasta wieder den Vorsitz führte, Vega de Armijo und zwei andere Minister ihre Portefeuilles behielten und fünf Demokraten, darunter der Kriegsminister Bermudez Reina, ein Freund Cassolas und Lopez Dominguez', Aufnahme sanden. Damit war die Annahme der Vorlage über die Einführung des allgemeinen Stimmrechts entschieden; nahm die Kammer mit 143 gegen 31 Stimmen den 1. Artikel derselben an, und 26. Juni wurde die Vorlage Gesetz.
Sagasta hatte durch seine Reformen den republikanischen Agitatoren ihre wirksamsten Mittel entrissen und damit sich um die Krone und S. sehr verdient gemacht. Aber die liberale Partei hatte sich während der fast fünfjährigen Herrschaft Sagastas mehr und mehr aufgelöst, der beim letzten Ministerwechsel nicht berücksichtigte rechte Flügel verbündete sich mit den Konservativen, und die Anträge dieser vereinigten Opposition wurden in den Cortes von der Mehrheit nur lau bekämpft.
Daher reichte Sagasta Anfang Juli seine Entlassung ein. Die Regentin nahm sie an und beauftragte auf den Rat Sagastas Canovas del Castillo, das Haupt der Konservativen, mit der Bildung eines neuen Ministeriums, das 5. Juli zu stande kam. Canovas vermied jede schroffe Parteifärbung und nahm mehrere ehemalige Liberale, wie den Marineminister Beranger, den Kolonialminister Fabié und den Herzog von Tetuan, in das Kabinett auf, das Sagasta zu unterstützen versprach. Dagegen erklärte das neue Ministerium, die liberalen Reformen achten und ausbauen und durch eine Amnestie auch die Republikaner versöhnen zu wollen.
Schon die Wahlen für die Hälfte der Provinzialräte, welche nach dem neuen Wahlgesetz vom 26. Juni stattfanden, zeigten, daß auch unter dem neuen Gesetz die Regierung die Wahlen beherrschte; dieselben fielen überwiegend zu ihren gunsten aus. Dasselbe fand statt bei den Neuwahlen für die Cortes Dieselben ergaben eine Mehrheit von 291 Konservativen gegenüber 154 Mitgliedern der aus allen möglichen Schattierungen zusammengesetzten Opposition. Auch im Senat gebot die Regierung über eine große Mehrheit. Die neuen Cortes wurden 2. März von der Königin mit dem üblichen Pomp eröffnet. Die Thronrede bestätigte die von Canovas bei Übernahme des Ministeriums gegebenen Versprechungen des Ausbaues der beschlossenen Reformen und einer Amnestie für die politischen Flüchtlinge; außerdem wurde besonders die Notwendigkeit, den Fehlbetrag aus dem Staatshaushalt zu beseitigen, betont. - Zur Litteratur: Danvila y Collado, El poder civil en España (Mad. 1885 ff., Bd. 1-6);
Torres Campos, Staatsrecht des Königreichs S. (Freib. i. Br. 1889).