Soziale
Frage, s. Arbeiterfrage.
Soziale Frage
4 Wörter, 33 Zeichen
Soziale
Frage, s. Arbeiterfrage.
frage.
In der Arbeiterfrage
wird das Wort Arbeiter (welches sprachlich eine Person bedeutet, die ihre Kraft
[* 3] äußert, um
einen Wert hervorzubringen) in einem engern Sinn gebraucht. Es bezeichnet hier nur Lohnarbeiter und von
diesen auch nur einen Teil. Die Arbeiterfrage
, eine Lohnarbeiterfrage, bezieht sich nur auf diejenigen Lohnarbeiter,
welche als solche in gewerblichen und landwirtschaftlichen Unternehmungen ihren Erwerb suchen. Sie ist ein soziales
Problem,
doch nicht das einzige soziale
Problem, das heute existiert. Man nennt sie ab er häufig die soziale Frage
schlechthin, weil sie unter den vielen sozialen
Fragen der Gegenwart weitaus die wichtigste und bedeutsamste ist.
Soziale Probleme sind Aufgaben für den Staat und die Gesellschaft zur Besserung ungenügender Zustände ganzer Gesellschaftsklassen,
welche ebensolchen Umfang angenommen haben, daß zur Beseitigung der Mißstände die Kraft der Einzelnen (der Individuen,
resp. der betreffenden Klasse) nicht mehr hinreicht, sondern dazu die Mitwirkung der Gesellschaft (Gesellschaftshilfe) und
des Staats (Staatshilfe) notwendig ist. Ein soziales
Problem entsteht erst dadurch, daß die thatsächlichen Zustände der
Gesellschaft in Widerspruch geraten mit einem Gesellschaftsideal, mit einem Zustand, wie er nach der idealen und sittlichen
Anschauung sein sollte, und daß man allgemein zu der Überzeugung gelangt ist, daß Staat und Gesellschaft
die Möglichkeit und die Pflicht haben, diesen Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit, zwischen dem, was sein sollte, und
dem, was ist, zu heben.
Soziale Probleme können deshalb doppelten Ursprungs sein. Sie können einerseits entstehen dadurch, daß
die thatsächlichen Zustände sich gegen früher verschlechtert haben. Sie können aber auch anderseits entstehen, ohne daß
eine solche Verschlechterung eingetreten, lediglich dadurch, daß ein Volk sich höhere Gesellschaftsideale stellt als früher.
Unter dieser Voraussetzung können sie sich auch dann bilden, wenn die thatsächlichen Zustände bessere geworden sind. Die
Arbeiterfrage
gehört zu den Problemen der letztern Art.
Die Arbeiterfrage
hat zu ihrem Gegenstand die Lage der vorerwähnten Lohnarbeiter in ökonomischer, moralischer und sozialer
Hinsicht.
Diese Lage zeigt zahlreiche Mißstände, die im Widerspruch stehen einerseits mit den Anforderungen, welche vom Standpunkt
der Moral und Humanität an das Leben der Einzelnen gestellt werden, und mit den Rechten, welche der moderne
Staat als Grundrechte der Persönlichkeit anerkennt, insbesondere mit dem Prinzip der persönlichen Freiheit und Gleichberechtigung,
anderseits mit den kulturellen Aufgaben und Zielen des modernen Kulturstaats.
Die Arbeiterfrage
ist die Frage der Lösung dieses Widerspruchs, der Beseitigung dieses Mißverhältnisses, mit andern Worten die Frage
der Verwirklichung der Forderungen der Moral, der Humanität, der Gerechtigkeit, der Sittlichkeit für diesen großen Teil des
Volks, den sogen. vierten Stand. Es handelt sich hier im einzelnen um eine Reihe positiver Anforderungen an die Ausbildung, den
Arbeitsvertrag, die Art der Beschäftigung, die Arbeitszeit, die persönliche Stellung zum Arbeitgeber, an
das
¶
Einkommen, die Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse, das Familienleben, an die Sicherung und Versicherung gegen Unglücksfälle,
an die moralische, religiöse, soziale
und politische Existenz dieser Klassen. Die Arbeiterfrage
ist daher nicht nur eine Lohn- oder Einkommensfrage
,
sondern eine Frage viel allgemeinerer, viel komplizierterer Art, und sie ist auch nicht bloß eine ökonomische,
sondern zugleich eine sittlich-religiöse und eine politische Frage. Die Besserung von Arbeiterzuständen ist auch schon vor
dem 19. Jahrh. Gegenstand sozialer
Probleme gewesen.
Aber das, was man heute unter der Arbeiterfrage
begreift, wenn von ihr schlechthin die Rede ist, ist doch erst eine Erscheinung, ein Problem
des 19. Jahrh. Für die richtige Würdigung dieser Arbeiterfrage
ist
wesentlich, daß sie ihren besondern Entstehungsgrund und Inhalt hat einerseits in Übelständen, die erst im letzten Jahrhundert
durch die gegen früher völlig veränderten rechtlichen und technischen Verhältnisse der Volkswirtschaft hervorgerufen wurden,
anderseits darin, daß die heutigen Kulturstaaten und ihre Gesellschaft sich viel höhere Aufgaben für
die Verbesserung des Loses der untern Volksklassen stellen, als es früher geschah, daß man diese Klassen auf eine viel höhere
Stufe der Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung erheben will, als sie früher erstrebt wurde.
Das Auftreten der in unserm Jahrhundert ist daher nicht ein Zeichen des Rückschritts, nicht ein Beweis
dafür, daß die Lage der Lohnarbeiter gegen früher eine schlechtere geworden, sondern im Gegenteil ein Zeichen des Fortschritts,
ein Beweis dafür, daß die Völker, bei denen die Arbeiterfrage
eine brennende Tagesfrage ist, bewußt eine höhere Kulturstufe erreichen
wollen, daß ihr Rechtsbewußtsein, ihre humanen und sittlichen Anschauungen, ihre sittlichen Bestrebungen
höhere geworden sind.
Die Arbeiterfrage
gehört zu den schwierigsten Problemen, die je Völker in der Geschichte sich gestellt haben. Es kann daher nicht wundernehmen,
daß die Ansichten über das Maß des Berechtigten und Erreichbaren und über den Weg zu diesem Ziel weit auseinander gingen
und gehen. Und in der That zahllos sind die Vorschläge zur Lösung der Arbeiterfrage, und die Litteratur, in der
die widersprechendsten Ansichten entwickelt sind, füllt eine große Bibliothek. Im allgemeinen aber lassen sich in diesem
Chaos drei Hauptrichtungen als besonders charakteristisch und als allein bedeutsam unterscheiden: zwei sich extrem gegenüberstehende,
falsche und eine dritte, richtige, die allein mögliche Lösung anbahnende, in der Mitte zwischen beiden
stehend. Das hauptsächlich unterscheidende Kriterium für die verschiedenen Richtungen ist weniger die Ansicht über das berechtigte
und erreichbare Ziel als die Stellung des Staats zur Lösung der Frage, das Verhalten der staatlichen Gesetzgebung und Verwaltung
zur Hebung
[* 5] der Mißstände. Diese Richtungen sind die individualistische (vulgo Manchesterrichtung), die
sozialistische und die sozialreformatorische.
Die Vertreter dieser Richtung sind eifrige Verfechter der absoluten wirtschaftlichen Freiheit der Einzelnen, welche für die Arbeiterfrage nur die logischen Konsequenzen aus den ökonomischen Grundanschauungen der Physiokraten und des Smithianismus zogen (s. Physiokratisches System, Manchesterpartei). Sie gehen von der Grundanschauung aus, daß der beste Zustand der Volkswirtschaft naturgesetzlich aus der vollen Freiheit des Einzelnen sich entwickele. Der Staat könne durch eine positive Mitwirkung an den Aufgaben der Volkswirtschaft nur schädlich wirken und jene naturgesetzliche Entwickelung hindern.
Sie weisen daher dem Staat in der Volkswirtschaft nur die Aufgabe zu, die Freiheit der Person und das Eigentum zu schützen und dafür zu sorgen, daß der Einzelne in seiner freien wirtschaftlichen Bewegung, in der Verfolgung seiner wirtschaftlichen Interessen nicht gehemmt werde. Deshalb verwerfen sie auch für die Arbeiterfrage jede weitere Staatshilfe, z. B. jede, auch die geringste Fabrikgesetzgebung, durch welche ein Fabrikant irgendwie in seiner Freiheit beschränkt würde, also jede gesetzliche Regelung der Arbeit der Kinder, der jugendlichen und weiblichen Arbeiter, jede Zwangsvorschrift im Interesse der Gesundheit der Arbeiter, bezüglich der Arbeiterversicherung etc. Im Grund erkennen sie gar keine Arbeiterfrage als ein berechtigtes, selbständiges ökonomisches Problem an. Sie führen nämlich alle Übelstände in den Arbeiterkreisen in der Hauptsache zurück entweder auf die Schuld der Arbeiter selbst, oder auf die frühere falsche Politik der Unfreiheit, oder auf die noch nicht genügend durchgeführte, resp. in ihren Wirkungen noch nicht voll und ganz zur Geltung gekommene wirtschaftliche Freiheit, oder auch auf die mit ihren Forderungen im Widerspruch stehende Militär-, Steuer-, Schutzzoll- und Schulpolitik der modernen Staaten.
Mißstände, die sich nicht auf diese Ursachen zurückführen und durch Beseitigung derselben heben ließen, könnten nach ihrer Lehre [* 6] nur noch in geringem Lohn ihren Grund haben. Wo dieser bestehe, sei er aber nicht die Folge etwa einer mangelhaften Verteilung des Volkseinkommens oder unberechtigter Handlungen der Arbeitgeber, der deshalb zu seiner Erhöhung eine neue besondere restriktive Wirtschaftspolitik erheische, sondern sei er lediglich die Folge von Kapitalmangel der Unternehmer (Arbeitgeber) und daher durch eine Erhöhung des Kapitals derselben zu beseitigen.
Sie stützen diese Ansicht auf die sogen. Lohnfondstheorie (s. Arbeitslohn), nach welcher das Kapital, aus dem der Lohn definitiv gezahlt werde, das Unternehmerkapital sei und daher (nach dem allgemeinen Preisgesetz), wenn dieses steige, die Nachfrage nach Arbeitern und folglich die Löhne der Arbeiter steigen würden. Diese Seite der Arbeiterfrage sei also lediglich die Frage, wie man das Kapital der Unternehmer zu vermehren habe, mithin eine Kapitalfrage. Die Lösung dieser Frage erfordere aber keine besondere Politik. Dieselbe ergebe sich von selbst aus der naturgesetzlichen Entwickelung der Volkswirtschaft bei freier Konkurrenz. Denn bei dieser finde eine stete Kapitalvermehrung statt.
Diese Richtung des laissez faire und laissez passer wurde in England durch die sogen. Manchesterpartei vertreten, welche in der Arbeiterfrage alle Bestrebungen, die auf eine Fabrikgesetzgebung und auf weitere staatliche Fürsorge für das Wohl der Arbeiter gerichtet waren, auf das entschiedenste bekämpfte. Die Anschauungen dieser Richtung fanden in Deutschland [* 7] seit dem Ende der 50er Jahre Anhänger in größerer Zahl, welche sich unter der Führung von Prince-Smith, Julius Faucher, Otto Michaelis, H. B. Oppenheim, K. Braun u. a. als »deutsche Freihandelspartei« organisierten und in den 60er Jahren auf die Wirtschaftspolitik einen entscheidenden Einfluß ausübten. Diese Partei hat ihre frühern radikal-individualistischen Anschauungen aber sehr modifiziert, und das eigentliche krasse Manchestertum hat heute in Deutschland nur noch vereinzelte Anhänger.
Wir verstehen hier darunter nach dem wissenschaftlich üblichsten Sprachgebrauch von Sozialismus und ¶
sozialistisch (s. Sozialismus) diejenige Richtung, welche, von dem Grundgedanken ausgehend, daß die wirtschaftliche Freiheit der Einzelnen bei der bisherigen individualistischen Produktionsweise nur zur Unterdrückung der Schwächern durch die Stärkern, zu einer ungerechten Verteilung der Güter, zu einer Ausbeutung der besitzlosen Lohnarbeiter durch die besitzenden Klassen führe, diese wirtschaftliche Freiheit der Einzelnen und die bisherige individualistische Produktionsweise beseitigen, dem Einzelnen die Verantwortlichkeit für seine Lage abnehmen und auf die Gesamtheit überwälzen und zu diesem Zweck den bisherigen Wirtschaftsorganismus und die bisherige Rechtsordnung radikal umgestalten will. (Nach wissenschaftlichem Sprachgebrauch trennen wir auch den Sozialismus vom Kommunismus [s. d.], der demnach nicht als besondere Richtung in der Arbeiterfrage erwähnt wird, weil er praktisch ohne jede Bedeutung ist.) Die Anschauungen und Forderungen des Sozialismus in Bezug auf die neue, die sozialistische Rechts- und Wirtschaftsordnung haben sich erst allmählich im Lauf des Jahrhunderts klarer, schärfer und bestimmter herausgebildet (s. Sozialismus).
Die wesentlichen und Hauptforderungen des heutigen Sozialismus sind:
1) die Umwandlung des privaten individuellen Eigentums an den sachlichen Produktionsmitteln (Grundstücken, Kapital) in öffentliches und Kollektiveigentum der Gesellschaft (Abschaffung des individuellen Grund- und Kapitaleigentums);
2) die Ersetzung der freien individualistischen Produktionsweise durch die sozialistisch-genossenschaftliche oder kollektivistische, so daß nicht mehr in den Unternehmungen sich gewinnsuchende Arbeitgeber und Lohnarbeiter, Kapital und Arbeit, gegenüberstehen und vertragsmäßig in den Ertrag der Unternehmung teilen, sondern in genossenschaftlichen Unternehmungen, in denen alle Arbeiter Mitunternehmer sind, produziert wird (Abschaffung der Lohnarbeit);
3) der Ertrag dieser Unternehmungen soll lediglich an die Arbeiter nach dem Prinzip der Gerechtigkeit verteilt werden, alles Einkommen also nur Arbeitsertrag sein (Abschaffung des Einkommens aus Vermögen; über das Prinzip der gerechten Verteilung gehen die Ansichten der Sozialisten noch wieder auseinander);
4) diese Umwandlung der bisherigen Produktionsweise in die sozialistische und die planmäßige Regelung der letztern soll durch den Staat geschehen. Die heutigen Sozialisten appellieren an den Staat; er soll nicht nur das private Grundeigentum und das Erbrecht an sachlichen Produktionsmitteln aufheben, sondern auch die Organisation der neuen Unternehmungen leiten und regeln.
Der Sozialismus zeigt wie in der Vergangenheit, so auch in der Gegenwart noch wieder verschiedene Richtungen. In Deutschland
speziell lassen sich heute zwei unterscheiden, die sozialdemokratische, welche den sozialistischen Volksstaat
durch die sozialdemokratische Republik erstrebt, und die autoritäre, monarchische (der sogen. Staatssozialismus), welche die
Verwirklichung eines konservativen und monarchischen sozialistischen Staats durch das soziale
Königtum empfiehlt (s. Sozialismus).
Die Richtung der sozialen
Reform steht in der Mitte, aber nicht vermittelnd zwischen den extremen Richtungen. Sie ist
die in der Wissenschaft herrschende und in der praktischen Politik der Kulturstaaten zur Geltung kommende Richtung. Sie macht
gegen beide extreme Richtungen Front. Gegenüber dem Manchestertum erkennt sie die Notwendigkeit auch einer positiven Mitwirkung
der Staatsgewalt und einer Einschränkung
der individuellen Freiheit an, dem Sozialismus tritt sie entgegen, indem sie
seine Organisation der Volkswirtschaft verwirft und an dem Prinzip festhält, daß der Einzelne grundsätzlich für seine Lage
verantwortlich zu machen sei und der Staat nur dann ergänzend einzutreten habe, wenn der Einzelne oder die Gesellschaft sich
nicht selbst helfen können.
Sie hält positiv fest an der gewerblichen Freiheit und rechtlichen Gleichheit als Grundbedingungen für den allgemeinen Kulturfortschritt und für die größtmögliche Entfaltung aller Fähigkeiten der Einzelnen; aber sie erkennt an, daß diese Freiheit keine absolute sein kann, und daß sie selbst als beschränkte ohne weitere positive Maßnahmen des Staats Mißstände erzeugt, die geradezu eine Unfreiheit einzelner Volksklassen herbeiführen, die schwächern Elemente von der Teilnahme an den Kulturfortschritten ausschließen, ja an einem auch nur bescheidenen Kulturleben verhindern.
Sie will daher auf dem Boden der bestehenden Eigentums- und Erwerbsordnung teils durch gesetzliche Normen, teils durch Maßregeln
der Verwaltung, teils durch freiwillige Organisationen die sozial Schwächern gegen den Mißbrauch der Übermacht der Stärkern
schützen und in den Stand setzen, vereint den Kampf der wirtschaftlichen Interessen mit den Stärkern aufzunehmen und zu bestehen.
Sie will auf diese Weise einen Wirtschaftszustand schaffen, in welchem jede Klasse durch eigne Kraft zu einem Kulturleben ihrer
Mitglieder und zur Teilnahme an dem allgemeinen Kulturfortschritt gelangen, jeder auf der Stufenleiter
der wirtschaftlichen und sozialen
Klassenordnung von niedern zu höhern Sprossen emporklimmen kann und, soweit noch soziale
Mißstände bei den untern Klassen sich finden, diese die Schuld der unter ihnen leidenden Personen sind und von denselben durch
eigne Kraft beseitigt werden können. Über die Reform im einzelnen im Sinn dieser Richtung s. die Art. Landwirtschaftliche Arbeiterfrage
und Industrielle Arbeiterfrage.
In dieser Richtung lassen sich noch wieder mannigfache Schattierungen und Parteien unterscheiden. Die Unterschiede in den Anschauungen
und praktischen Forderungen treten im allgemeinen in zwei Punkten der sozialen
Reform hervor: in dem Grad und der Art der positiven
Mitwirkung des Staats und in dem Grad und der Art der Mitwirkung der Kirche an der Lösung der Arbeiterfrage. In jener
Beziehung wollen die einen eine stärkere, die andern eine geringere Mitwirkung der Staatsgewalt.
Die letztern, Mitglieder der liberalen politischen Parteien, stellen sich namentlich für die notwendigen sozialen
Organisationen
auf den Boden des Voluntarismus, der Freiwilligkeit, verweisen die Arbeiter mehr auf die Selbst- und Gesellschaftshilfe
und wollen polizeiliche Zwangsmaßregeln möglichst vermeiden. Die andern, den konservativen politischen Parteien angehörend,
legen dem Voluntarismus, der Selbst- und Gesellschaftshilfe, eine geringere Bedeutung bei, erachten deshalb eine Verstärkung
[* 9] derselben durch die Staatshilfe und staatlich-soziale
Organisationen für geboten, ebenso polizeiliche
und andre Zwangsmaßregeln.
Nach diesem Unterscheidungsmerkmal aber gibt es nicht bloß zwei, sondern eine ganze Reihe verschiedener Schattierungen; in Deutschland weicht fast jede der hierher zu rechnenden politischen Parteien von der Fortschrittspartei bis zu den Deutschkonservativen in dem Grad und der Art der Staatshilfe, die sie für notwendig, resp. zweckmäßig erachten, von der andern ab. Bezüglich der kirchlichen Mitwirkung betonen die einen den hervorragend christlichen ¶