Southey
(spr. ssauthí), Robert, engl. Geschichtschreiber und Dichter, als solcher zur »Seeschule« zu zählen, geb. zu Bristol, Sohn eines Leinwandhändlers, besuchte die Westminsterschule, die er aber nach vier Jahren wegen eines Artikels gegen die körperliche Züchtigung auf englischen Schulen, den er in der von ihm begründeten Zeitschrift »Flagellant« erscheinen ließ, verlassen mußte. Er studierte in Oxford Theologie, ohne als Unitarier Aussicht auf ein Kirchenamt zu haben.
Seine exzentrischen Ansichten führten ihn mit Coleridge zusammen, dessen Plan, in Amerika einen freien Staat zu gründen, seinen Beifall fand. Die ihn damals beherrschenden Ideen spiegeln sich in der Tragödie »Wat Tyler«, die ohne seine Zustimmung veröffentlicht, von ihm selbst später verworfen ward, wie er überhaupt bald von den Extremen zurückkam. Ein Band Gedichte (1794) machte keinen Eindruck, mehr das Epos »Joan of Arc«, das von reicher Phantasie, aber auch von jugendlicher Überspannung zeugt. In Bristol hielt er, um sein Leben zu fristen, geschichtliche Vorträge, bis ihn sein Oheim im November 1795 mit sich nach Lissabon nahm.
Vor der Abreise vermählte sich S. heimlich mit Miß Fricker. Nach sechs Monaten kehrte er zurück und widmete sich in London dem Rechtsstudium und angestrengter litterarischer Thätigkeit. 1800 finden wir ihn wieder in Portugal, dann aber lebte er in Greta bei Keswick in Cumberland, nur 1802 als Sekretär des Kanzlers der Schatzkammer von Irland, Carry, etwa auf Jahresfrist abwesend. 1807 erlangte er eine Staatspension und wurde 1813 poet-laureate. Seit 1839 infolge einer Lähmung bewußtlos, starb er Seine litterarische Thätigkeit ist bewunderungswürdig: er schrieb 109 Bände und 52 Artikel zum »Annual Review«, 3 zum »Foreign Quarterly«, 94 zum »Quarterly Review«, und stets machte er umfassende Studien zu seinen Arbeiten. Das 1801 veröffentlichte epische Gedicht »Thalaba, the destroyer« ist eine
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arabische Erzählung in reimlosen Versen (deutsch zum Teil von Freiligrath);
1804 folgten: »Metrical tales«, 1805 »Madoc«, eine wallisische Sage behandelnd;
1810 »The curse of Kehama«, seine größte Dichtung, eine auf Hindusagen beruhende phantastische Erzählung;
1814 »Roderick, the last of the Goths«, ein wieder in Blankversen abgefaßtes Gedicht, das die Zerstörung des Westgotenreichs durch die Araber besingt.
Unter Southeys kleinern Gedichten zeichnen sich die Balladen aus (z. B. »Mary, the maid of the inn«); als Hofpoet verherrlichte er im »Carmen triumphale« Wellingtons Siege und dichtete Oden aus den Prinz-Regenten und die alliierten Monarchen. Die »Vision of judgment« (1821) ward von Byron, der darin das Haupt der »satanischen Schule« heißt, schonungslos gegeißelt. Bedeutend ist S. als Biograph und Geschichtschreiber. Stilistisch vollendet ist das oft aufgelegte »Life of Nelson« (1813; deutsch, Stuttg. 1837),
dem sich »Lives of the British admirals« (4 Bde.) und »Life of Wesley« (1820; deutsch, Hamb. 1841) anreihen. Auch hinterließ er eine »History of Brazil« (1810-19, 3 Bde.) und eine »History of the Peninsular war« (1823-28, 2 Bde.) sowie religiöse, soziale und politische Schriften. Hierher gehören: »The book of the church« (3. Aufl. 1825),
»Letters from England by Don Manuel Espriella« (1807, 3 Bde.),
»Colloquies on the progress and prospects of society« (1829, 2 Bde.);
ferner: »The Doctor«, die beste seiner Prosaschriften, voll scharfsinniger Gedanken und Bemerkungen (1834-37, 5 Bde.; neue Ausg. 1856),
und »Omniana« (1812, 2 Bde.).
Die Diktion ist überall klar und kräftig; Parteilichkeit und starke Subjektivität wirken indessen oft störend. Endlich gab er die »Select works of British poets from Chaucer to Jonson« (1836) sowie Umarbeitungen mittelalterlicher Romane (z. B. »Amadis of Gaul«, 1803, 4 Bde.) heraus. Southeys »Poetical works« erschienen gesammelt in 11 Bänden London 1820, in 10 Bänden 1854, in 1 Band 1863.
Vgl. »Life and correspondence of R. S.« (hrsg. von seinem Sohn Charles Cuthbert S., neue Ausg. 1862, 6 Bde.), seinen Briefwechsel mit Karoline Bowles (1881) und die Biographien Southeys von Browne (Lond. 1859), Dowden (das. 1880) und Dennis (Boston 1887).