Titel
Sorau.
[* 1]
1) Kreis [* 2] im preuß. Reg.-Bez. Frankfurt, [* 3] hat 1227,21 qkm und (1895) 79 767 (37 779 männl., 41 988 weibl.) E., 4 Städte, 142 Landgemeinden und 107 Gutsbezirke. - 2) S. in der Niederlausitz, Kreisstadt im Kreis S., unweit von der schles. Grenze, an dem Sorebach und den Linien Berlin-Kohlfurt-Breslau, Cottbus-Sagan und S.-Christianstadt der Preuß. Staatsbahnen, [* 4] Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Guben) [* 5] mit Strafkammer, Kataster- und Steueramtes, einer Reichsbanknebenstelle und Handelskammer, hat (1895) 14 814 (6796 männl., 8018 weibl.) E., darunter 1333 Katholiken und 120 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, [* 6] Fernsprecheinrichtung, 7 Kirchen, darunter eine altlutherische und katholische, Rathaus, altes Schloß (1207), jetzt Kriminalgefängnis, neues Schloß, 1710-12 vom Reichsgrafen Erdmann II. von Promnitz erbaut, jetzt Sitz der Behörden, Gymnasium, höhere Mädchen-, Mittelschule, kaufmännische und gewerbliche Fortbildungsschule, königl. Webschüle mit Mustersammlung und Musterzeichenschule für Mädchen, brandenb. Landes-Irrenanstalt, Waisenhaus, zwei Hospitäler, evang. Diakonissenstift, Wasserwerk, Kanalisation, Gasanstalt, Schlachthof, Kredit- und Diskontoverein, städtische Sparkasse, Niederlausitzer Nebensparkasse, eine Freimaurerloge und zahlreiche Vereine, darunter der Verein für die Geschichte S.s mit Altertumssammlung;
Kram-, Vieh- und Pferdemärkte;
bedeutend ist die Tuchfabrikation (vier Fabriken) und Leinenfabrikation (sechs);
ferner bestehen Fabriken für Maschinen, Glas, [* 7] Porzellan, Drainröhren, Wachswaren, Holzpantoffeln, Mühlen, [* 8] Töpfereien, Ziegeleien, Brennereien und Brauereien.
In der Nähe die Ullersdorfer Werke für Herstellung von Verblend- und Formsteinen sowie von Bauornamenten und 17 Braunkohlenwerke, die (1893) 4 128 453 hl Braunkohlen förderten. - S. ist die älteste Stadt der Lausitz und fiel mit dem zugehörigen Gebiet als provincia Sarowe nach dem Tode des Grafen Thaculf an das Stift Fulda [* 9] und 1030 an das Deutsche Reich, [* 10] nachdem es vorübergehend 908 und 1002 zu Polen, und 959 zum Reiche gehört hatte. Von 1030 ab von den Lausitzer und später von den Meißner Markgrafen regiert und böhm. Standesherrschaft geworden, erhielt S. 1200 unmittelbare Herren in den Dewin, deren zweiter, Albrecht, dem Orte 1260 Stadtrecht verlieh; 1280 kam S. an die Familie von Pak, 1355 an die Freiherren von Biberstein, 1552 als erledigtes Mannslehn an den König Ferdinand I. von Böhmen, [* 11] der es 1558 für 124000 rhein. Gulden an den Bischof Balthasar von Promnitz verkaufte. Dessen Nachkommen, Freiherren, seit 1652 Reichsgrafen, hatte die Stadt viel zu verdanken. 1765 trat der schwachsinnige Reichsgraf Joh. Erdmann III. von Promnitz die Herrschaft S. und andere gegen eine jährliche Leibrente von 12000 Thlrn. an seinen Lehnsherrn, den Kurfürsten von Sachsen, [* 12] ab. 1815 kam S. an Preußen. [* 13] S. besaß von 1415 bis 1490 und von 1621 bis 1623 das Münzrecht. -
Vgl. J. S. Magnus, Histor.
Beschreibung der Hoch-Reichsgräfl. Promnitzschen Residenzstadt
S. (Lpz. 1710); Worbs, Geschichte der Herrschaft
S. und
Triebel (Sorau
1826).
[* 1] ^[Abb.]