Sontag
,
Henriette, Sängerin, geb. zu Koblenz, [* 2] studierte auf dem Konservatorium in Prag [* 3] und trat im 15. Jahre zum erstenmal als Opernsängerin auf. Bald nachher erhielt sie eine Anstellung bei der deutschen Oper in Wien, [* 4] wo sie zugleich auch in der ital. Oper mitwirkte. 1824 gastierte sie in Leipzig [* 5] und wurde in demselben Jahre, nebst Mutter und jüngerer Schwester, an das neue Königstädter Theater [* 6] in Berlin [* 7] berufen. Von da beginnt ihre Glanzzeit. Bald zur Kammersängerin ernannt, gewann sie durch wiederholtes Auftreten in Paris [* 8] und London [* 9] Weltruf. 1830 zog sie sich zuerst vom Theater, dann überhaupt von der Öffentlichkeit zurück, nachdem sie sich 1828 mit dem sardin.
Gesandtschaftssekretär im Haag, [* 10] Grafen Rossi, der später Gesandter in Frankfurt [* 11] a. M., Petersburg [* 12] und Berlin war, heimlich vermählt hatte. 1849 nahm sie die Künstlerthätigkeit wieder auf, überall mit der alten Begeisterung empfangen. Auf einer Kunstreise durch Amerika [* 13] erlag sie zu Mexiko [* 14] der Cholera. 1855 wurde ihre Leiche im Kloster Marienthal bei Ostritz in der sächs. Lausitz beigesetzt, wo auch ihr Gatte ruht. Henriette S. gehörte zu den liebenswürdigsten und begabtesten Vertreterinnen der Kunst des Gesangs, in der sie außer der Catalani keine Nebenbuhlerin hatte. Sie vereinigte die ital. und deutsche Schule durch das geistige Element, das ihre vollendete Technik durchdrang. Das Feld ihrer vorzüglichsten Wirksamkeit als dramat. Sängerin war das Lyrische und das Graziöse.
Ihr jüngerer Bruder Karl S., geb. in Berlin, widmete sich seit 1848 am Hoftheater zu Dresden [* 15] der Bühne, war 1850-51 am Hofburgtheater in Wien engagiert, ging dann nach Schwerin, [* 16] wo er die ersten Helden-, Konversationsliebhaber- und Bonvivantrollen gab, und vertrat seit 1859 dieselben Fächer [* 17] in Dresden, seit 1862 in Hannover, [* 18] aus welcher Stellung er jedoch infolge Herausgabe seiner Selbstbiographie («Vom Nachtwächter zum türk. Kaiser», 4. Aufl., 2 Bde., Hannov. 1878) ausschied. Seitdem gastiert er ausschließlich. S. schrieb außerdem: «Frauenemancipation» (drei verschiedene Ausgaben in Berlin und Hannover),
«Schimpfereien» (Berl. 1894).