Sonntagssc
hulen,
dem Wortlaut nach jede Schule, in welcher am Sonntag unterrichtet wird, was vielfach in den Fortbildungsschulen (s. d.) der Fall ist. Vorzugsweise bezeichnet man aber mit dem Namen S. solche Anstalten, in welchen die Jugend des niedern Volkes durch freiwillige Lehrer und Lehrerinnen der gebildeten Stände im religiösen Interesse unterrichtet wird. Solche Schulen gründete schon der Erzbischof Karl Borromeo von Mailand [* 2] (gest. 1584), und andre hervorragende Männer der katholischen Kirche, namentlich J. B. de La Salle, Stifter der christlichen Schulbrüder, folgten ihm darin.
Doch blieben diese Bestrebungen vereinzelt. Dagegen erwachte im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts in England und Schottland ein begeisterter Eifer für die Gründung von S., welcher sich in alle Länder der angelsächsischen Zunge, besonders nach Nordamerika, [* 3] verbreitet hat. Nach einigen sollen die ersten englischen S. von den Töchtern des Geistlichen More zu Hanham bei Bristol, namentlich von der auch als Schriftstellerin bekannten Hannah More, gegen 1780 eingerichtet worden sein.
Gewöhnlich wird
Robert Raikes, ein reicher
Buchdrucker in
Gloucester (geb. 1735, gest. 1811), als erster
Gründer der S. genannt.
Er gründete 1781 (1784) eine Sunday School in seiner Vaterstadt und gab die Anregung zu der von
William
Fox
gestifteten
London
[* 4] Sunday School Society (1785), welche in kurzer Zeit außerordentliche Erfolge aufzuweisen hatte. In
Deutschland
[* 5] entstand 1791 eine Sonntagsschule
in
München;
[* 6] 1799 gründete
Professor Müchler in
Berlin
[* 7] eine solche für
Knaben, 1800 der
jüdische
Menschenfreund
Samuel
Levi eine solche für Mädchen.
Der Eifer für die S. nahm in evangelisch-kirchlichen Kreisen seit 1864 noch einmal lebhaften Aufschwung durch die Bemühungen des Amerikaners Albert Woodruff aus Brooklyn sowie seiner deutsch-amerikanischen Freunde Bröckelmann aus Heidelberg [* 8] und Professor Schaff aus New York, nachdem schon 1857 die Versammlung der Evangelischen Allianz in Berlin auf diese bezeichnende Form englischer Kirchlichkeit von neuem die Aufmerksamkeit gerichtet hatte. Da in Deutschland die Ergänzung des öffentlichen Schulunterrichts durch private Wohlthätigkeit im allgemeinen nicht Bedürfnis ist, haben die S. hier mehr Wesen und Namen der Jugendgottesdienste angenommen. An S. aller Art waren 1888 in Deutschland nach glaubhafter Angabe 30,000 Lehrer und Lehrerinnen unter etwa 230,000 Kindern thätig.