Sonne
,
[* 2] der Haupt- und Centralkörper unsers Sonnensystems (s. d.). Um die S. bewegen sich alle übrigen Körper des Sonnensystems infolge der Gravitation und erhalten von ihr Licht [* 3] und Wärme. [* 4] Die S. hat die Gestalt einer Kugel und erscheint uns in ihrer mittlern Entfernung von der Erde, 148154000 km, als eine genau kreisrunde, scharf begrenzte glänzende Scheibe von 31'59'',3 Durchmesser. Ihr wirklicher Durchmesser beträgt 1383200 km, ist also 3,6 mal so groß als die mittlere Entfernung des Mondes von der Erde.
Ihr Rauminhalt ist 1280000mal größer als der der Erde. An
Masse übertrifft sie die aller
Planeten
[* 5] zusammengenommen etwa
800mal.
Ihre
Dichte entspricht der von
Jupiter und
Uranus und beträgt nur ein Viertel der Erddichte. Die Rotationsachse der
S. ist gegen die Erdbahn um 83°2' geneigt; die Rotationsdauer ist nicht für alle Punkte der Oberfläche die gleiche und
variiert zwischen 25
Tagen (am
Äquator) und 27
Tagen.
Daß die tägliche
Bewegung der S. von
Osten nach Westen
nur eine scheinbare, durch die Rotation der Erde (s. d.) verursachte ist, wußten
schon die alten Astronomen; die richtige Erklärung für ihre jährliche
Bewegung unter den
Sternen gab zuerst
Kopernikus. (S.
Sonnensystem.) Indessen besitzt die S. ebenso wie die andern
Fixsterne,
[* 6] denn als solchen müssen wir sie
ansehen, eine im Raume fortschreitende
Bewegung. (S.
Apex und
Centralsonne.) Die in
Potsdam
[* 7] ausgeführten Bestimmungen der
Geschwindigkeit
von 51
Sternen im Visionsradius (s.
Eigenbewegung der
Fixsterne) sind zu einer Berechnung der
Bewegung der S. durch den Weltraum
benutzt worden. Für die
Geschwindigkeit dieser
Bewegung ergab sich hieraus 2,50 geogr. Meilen in der Sekunde.
Das von der S. ausgehende Licht ist nach Zöllner 619000mal so hell als der
Vollmond; ihre
Temperatur muß mindestens mehrere
Tausend
Grad betragen, nach
Secchi sogar mehrere Millionen
Grad. Bei näherer Untersuchung zeigt sich die Sonne
nscheibe
[* 8] nicht
überall gleich hell, sondern von der Mitte aus nach dem Rande hin an Helligkeit stetig
¶
mehr
abnehmend. Dies weist auf das Vorhandensein einer dichten Atmosphäre hin, welche die Strahlen bei ihrem Durchgange absorbiert
und zwar um so stärker, einen je größern Weg sie in ihr zu machen haben. Bei Betrachtung mit dem Fernrohr
[* 10] zeigt die Sonne
noberfläche
ein wolkiges oder flockiges Aussehen, das noch mehr in Photographien derselben hervortritt. Ferner nimmt
man auf ihr die Sonnenflecken (s. d.) wahr, ebenso netzartig verzweigte Lichtadern, die Sonnenfackeln, die namentlich in der
Nähe der Flecken auftreten. Bei totalen Sonne
nfinsternissen zeigt sich die S. noch von einer unregelmäßigen weißlichen
Lichthülle umgeben, der Corona
[* 11] (s. d.). Außerdem lassen sich dann am Sonne
nrande
rote Hervorragungen, die Protuberanzen (s. d.), erkennen.
Über das Spektrum der S. s. Spektralanalyse.
[* 12]
Über die wirkliche Natur der S. wissen wir wenig Sicheres. Die namentlich von Herschel vertretene und fast ein Jahrhundert als gültig anerkannte Hypothese, wonach der eigentliche Sonnenkörper ein fester dunkler Körper, aber von einer leuchtenden und glühenden Hülle umgeben, und die Sonnenflecken trichterförmige Löcher in dieser Hülle sein sollten, durch die hindurch man den dunkeln Körper sieht, ist mit unsern heutigen physik. Kenntnissen und Vorstellungen unvereinbar.
Die ältere, von Galilei besonders ausgesprochene Ansicht, daß die S. eine weißglühende feste oder flüssige Masse sei, ist infolge der neuern Untersuchungen des Sonnenspektrums wieder zur Geltung gelangt. Um die Theorie der S. haben sich nächst Kirchhofs namentlich Secchi, Faye, Langley, Young und Zöllner verdient gemacht, ohne daß aber auch sie überall zu ganz einwurfsfreien Resultaten gelangt sind. Nach unserer jetzigen Kenntnis besteht die S. aus dem eigentlichen kugelförmigen Sonnenkörper oder Sonnenkern, dessen Bestandteile vielleicht glühende Gase [* 13] von einer dem Flüssigen nahe kommenden Dichte sind.
Diesen umschließt die Photosphäre, die man sich vielleicht als ein Gemenge von Gasen und Flüssigem zu denken hat. Von ihr gehen Licht und Wärme aus, sie repräsentiert für uns die eigentliche sichtbare Sonnenoberfläche und bildet mit ihrer obern Grenze den für uns wahrnehmbaren Sonnenrand. Hieran schließt sich eine Schicht von nur einigen Tausend Kilometern Höhe, die Chromosphäre. Sie bildet die eigentliche Atmosphäre der S. und besteht in ihren obersten Schichten aus glühendem Wasserstoffgas, in den untersten aus glühenden Metalldämpfen, Eisen, [* 14] Magnesium, Calcium, Natrium u. s. w. Sichtbar wird die Chromosphäre nur bei totalen Sonnenfinsternissen oder mit Hilfe des Spektroskops als ein schmaler, unregelmäßig begrenzter roter Saum um den Sonnenrand. Die Protuberanzen gehören der Chromosphäre an. Die äußerste Hülle um die S. bildet die Corona (s. d.).
Die beigegebene Tafel: Die Sonne, zeigt in [* 9] Fig. 1 die Sonnenoberfläche mit Flecken und Protuberanzen, in [* 9] Fig. 2 die Corona nebst Protuberanzen während einer totalen Sonnenfinsternis. [* 15] -
Vgl. Secchi, Die S. (deutsch von Schellen, Braunschw. 1872);
Young, Die S. (in der «Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek», Bd. 58, Lpz. 1883);
Brester, Théorie du soleil (Amsterd. 1892; in den «Verhandelingen» der Amsterdamer Akademie).