1841 beschloss der Grosse
Rat die Revision der Verfassung. Da stellte die konservative Gegenpartei verschiedene Begehren,
die durch die neue Verfassung bewilligt werden sollten. Als die freisinnigen Behörden diese Forderungen abwiesen, veranstaltete
sie im ganzen Kanton Gemeinde- und Bezirksversammlungen, welche ungestüm die Erfüllung ihrer Wünsche verlangten. Die Versammlungen
vonMümliswil und
Mariastein erliessen sogar Proklamationen an das Volk, worin dieses zur Verwerfung der
neuen Verfassung aufgefordert wurde. Da infolge dessen die Regierung Unruhen befürchtete, verlegte sie unter Munzingers
Leitung ihre Sitzungen in die
Kaserne (alter Ambassadorenhof, jetzige Kantonsschule), wo sie mehrere Tage unausgesetzt beisammen
blieb, und berief aus den treuen Bezirken Truppen in die Stadt.
Gleichzeitig liessen die Amtsgerichtspräsidenten von Solothurn,
Balsthal,
Olten und
Dorneck die Hauptführer der konservativen Partei,
besonders die Unterzeichner der
Mümliswiler- und Mariasteiner-Proklamation, verhaften. Am 10. Januar gelangte sodann die mittlerweile
vom Grossen
Rat festgestellte Verfassung zur Volksabstimmung, in welcher sie mit einem Mehr von 2012 Stimmen
angenommen ward. Nachher wurden die Inhaftierten, etwa 60 an der Zahl, aus dem Gefängnis entlassen, aber unter der Anklage,
das Volk gegen die Behörden aufgereizt zu haben, solidarisch zu einer Geldbusse verurteilt.
Die neue Verfassung brachte für den ganzen Kanton, den sie in die jetzt noch geltenden Oberämter einteilte,
die Wahl der Kantonsräte nach der Kopfzahl der Bevölkerung, vermehrte die direkten
Wahlen, erleichterte die Wahlfähigkeit
für den Kantonsrat und führte die Bezeichnungen Kantonsrat statt
GrosserRat, Regierungsrat statt Kleiner
Rat, Landammann
statt Präsident des Kleinen Rats ein.
Nachdem der Kanton Solothurn
1847 bei der Niederwerfung des Sonderbundes und 1848 bei der Einführung einer neuen Bundesverfassung
mitgewirkt hatte, änderte er 1851 sein Grundgesetz wieder ab. Die revidierte Verfassung brachte das direkte Wahlsystem und
die 5jährige Amtsdauer für alle Staatsbehörden, die Trennung der vollziehenden und richterlichen Gewalt, die Ausdehnung
des Stimmrechts auf die Niedergelassenen und Aufenthalter, die Verantwortlichkeit der Beamten für ihre
Amtsführung, die Gewährleistung aller christlichen Konfessionen und die freie Ausübung ihres Gottesdienstes.
Allmählig erwuchs der Regierung im fortschrittlicher gesinnten Teil der liberalen Partei eine gefährliche Gegnerschaft
in der sog. «jungen Schule». Von Dr. Simon Kaiser und besonders vom energischen
und feurig beredten Advokaten Wilhelm Vigier geleitet, bekämpfte diese Partei verschiedene Uebelstände
im Staatshaushalte und legte ihre eigenen Verbesserungsvorschläge in dem weit durch alle Volksschichten verbreiteten «roten
Büchlein» nieder. Unter heftigen Parteikämpfen setzte sie 1856 eine Totalrevision der Verfassung durch.
Infolge dessen unterlag bei den
Wahlen die bisherige Regierungs- oder «graue» Partei, und es gelangte
die Revisions- oder «rote» Partei ans Staatsruder.
«Landammann» Vigier galt von da an bis zu seinem Tode (1886)
als das geistige
Haupt der Regierung. Nebst andern Verbesserungen brachte das neue Grundgesetz die Trennung der drei Staatsgewalten,
erteilte dem Volk die Wahl der Amtsrichter und Gemeindebeamten, sowie das Vorschlagsrecht für die Wahl der Bezirksbeamten
und Pfarrer, garantierte das Vereinsrecht und führte das Veto und die gemeindeweisen Abstimmungen ein.
Mitten unter neuen heftigen Kämpfen der «roten» und «grauen»
Partei fand 1867 und 1869 je eine Partialrevision der Verfassung statt. Die erstere führte die direkte Wahl der Bezirksbeamten
(Oberamtmann, Amtsschreiber und Amtsgerichtspräsident) ein, zog Erwerb und Einkommen in den Bereich
der Besteuerung und machte dem Staat zur Pflicht, das Kreditwesen zu heben. Der letztern verdankte man das obligatorische
Referendum, die Gesetzes-Initiative, die Wahl der Ständeräte durch das Volk, sowie das Recht des Volkes, den Kantonsrat
und den Regierungsrat abzuberufen.
Infolge, von Streitigkeiten, die anfangs der siebziger Jahre zwischen den staatlichen und kirchlichen
Behörden entstanden waren und
zur Aufhebung des
KlostersMariastein und der Stifte St. Ursus in Solothurn
und
St. Leodegar in
Schönenwerd
geführt hatten, ward 1875 neuerdings eine Abänderung des Grundgesetzes vorgenommen. Dabei wurde die Stellung des Staates
gegenüber den Ansprüchen der Kirche genauer bestimmt, den Geistlichen das Stimmrecht und den Gemeinden
die Wahl der Pfarrer unter Vorbehalt staatlicher Bestätigung erteilt und endlich der Staat verpflichtet, alle Zweige der
Volkswirtschaft zu fördern.
Eine Verfassungsrevision im Jahr 1887 bestimmte für alle Staats- und Gemeindebeamten eine 4jährige Amtsperiode, verlieh
dem Volk die Wahl der Bezirksförster, Bezirksweibel und Zivilstandsbeamten, führte die gewerblichen
Schiedsgerichte, das Institut des Erziehungsrates, die berufliche Fortbildungsschule und die Unentgeltlichkeit der Lehrmittel
in der Primarschule ein und setzte für die Primarlehrer ein Besoldungsminimum von 1000 Fr. fest.
Die letzte Revision des Grundgesetzes endlich, die 1895 stattfand, brachte für die Wahl des Kantonsrates und solcher Gemeinderäte,
die wenigstens 7 Mitglieder zählen, das proportionale Wahlverfahren, ferner die Verfassungsinitiative
und die direkte Staatsteuer. In der Form, in der 1895 die Verfassung festgesetzt wurde, besteht sie noch heute. Dadurch,
dass seit 1830 alle wichtigen Rechte, über die der Kanton verfügen kann, auf das Volk übertragen wurden, erweist sich
der
StandSolothurn
als ein in fortschrittlichen Bahnen wandelnder eidgenössischer
Ort. Die einst am
Balsthaler Volkstag
geforderte Volkssouveränität ist Wahrheit geworden.
In eidgenössische Behörden hat der Kanton Solothurn
treffliche Männer geschickt, so Josef Munzinger, der im ersten Bundesrat sass (1848
bis zu seinem Tode 1855) und ihn 1851 präsidierte;
Oberst Berhard
Hammer, der die
Schweiz beim norddeutschen
Bund und nach der Gründung des Reiches beim deutschen Reiche als Gesandter vertrat, 1875-1890 Bundesrat, 1879 und 1889 Bundespräsident
war und 1907 in Solothurn
gestorben ist.
Ins Bundesgericht schickte Solothurn
Bläsi und Dr.
Affolter. Den Nationalrat präsidierten die
SolothurnerTrog 1851/52, Dr. Kaiser 186869 und 1883/84, Brosi 1892/93; den Ständerat Vigier 1862/63 und 1882/83,
Oskar Munzinger 1893/94 und
Cas. von Arx (1902/93).
französ.
Soleure, italien. Soletta (Kt. und Bez. Solothurn). 442 m. Gem. und Stadt, Hauptort des Kantons Solothurn.
Lage.
Solothurn
liegt zu beiden Ufern derAare und am S.-Fuss der ersten Jurakette, von deren höchsten Erhebungen -
Hasenmatte
(1447 m),
Weissenstein (1294 m) und Rötifluh (1399 m) - die Stadt beherrscht wird. Der Nullpunkt des Aarepegels hat 426,69
und der Sockel der meteorologischen Säule auf dem Amthausplatz 442,10 m üb. M. 47° 12' 30" N. Br.
und 7° 32' 10" OL. von Greenw. Ein bis zum linken Aareufer heranreichender und seitlich von zwei vom
Jura herabkommenden
Bächen begrenzter Hügel bot die erste Veranlassung zur Anlage einer Siedelung, deren Entwicklung durch die Schiffbarkeit
der
Aare und die diesem Fluss folgenden
Wege von Anfang an gegeben war.
Die erhöhte Lage gestattete leichte Abwehr feindlicher Angriffe und bot
Schutz vor den Hochwassern, die
die ganze
Ebene von
Grenchen abwärts oft überfluteten. Wie die heutigen Eisenbahnlinien
Zürich-Olten-Solothurn-Genf und
Lausanne-Lyss-Solothurn
folgte auch die alte
Römerstrasse aus der
W.-Schweiz nach Vindonissa (urindisch) dem Aarelauf und Jurafuss. Die Erstellung
eines festen
Platzes mit Mauern, Bollwerken und Türmen erleichterte die Nähe von
Brüchen auf ausgezeichneten
Kalkstein. 2,5 km unterhalb Solothurn
mündet von rechts her die
Emme, deren Thal ohne Zweifel mehr als eine der vom zentralen und östl.
Mittelland gegen die
Aare hinziehenden und von da über einen der Jurapässe
(Hinter und
Vorder Weissenstein, Balmberg,
Schmiedenmatte,
Klus,
ObererHauenstein) sich fortsetzenden
Strassen folgte. Die Notwendigkeit einer bequemen Verbindung mit dem
Berner Jura und den
Strassen nach
Delle und Basel
rief der in letzter Zeit vollendeten Durchtunnelung des
Weissenstein (Solothurn-Münsterbahn).
Solothurn
ist heute Knotenpunkt von sechs
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mehr
Eisenbahnlinien, von denen zwei nach O., zwei nach W., eine nach S. (längs der Emme) und eine nach N. (durch den Weissenstein)
ausstrahlen, um nach Herzogenbuchsee und Olten, Biel und Lyss, Burgdorf und Münster zu führen. Eine elektrische Strassenbahn
Solothurn-Wiedlisbach-Oensingen links der Aare wird in nächster Zeit in Angriff genommen werden. Von fast
allen Seiten her reichen prächtige Tannen- und Buchenwälder an das Weichbild der Stadt Solothurn heran, die von grossen Alleen
eingefasst und von auf den erhalten gebliebenen Bastionen stehenden Baumgruppen weit überragt wird.
Nordwärts reicht eine dem Jura vorgelagerte Höhe, die sog. Steingrube, an die Stadt heran, die im S.,
rechts der Aare, durch die wellige Hügelkette des Schöngrün malerisch abgeschlossen wird. Gegen W. dehnt sich die mit Gehöften
besäte und von schönen Obstgärten beschattete Ebene aus, die sich zwischen der Aare und der LandstrasseSolothurn-Biel bis
nach Grenchen erstreckt. Oestl. nähert sich die Aare mehr und mehr der mit hübschen Villen bestandenen
Hügelkette der sog. Steingruben.
Ans linke Ufer des fast nordwärts gewendeten Flusses fällt hier ein steiles Bord jäh ab, während am rechten Ufer das Zuchwilerfeld
flach und nach O. immer breiter gegen die Emme und ihre Mündung in die Aare hin sich erstreckt. Von den
nördl. der Stadt gelegenen, z. T. bewaldeten Hügeln streben mehrere Wasseradern der Aare zu, wie z. B. der Obach, der jetzt
unterirdisch durch die Stadt ziehende Mühlebach und der aus der Einsiedelei kommende, auf ansehnliche Strecken die O.-Grenze
des Stadtbezirks bildende St. Katharinenbach. Am rechten Ufer der Aare tritt aus dem tiefen Einschnitt
der Emmenthalbahn (Solothurn-Burgdorf) ein Bach aus, der unweit der Dreibeinskreuz-Kirche mündet. Oestl. der nun abgebrochenen
Turnschanze vereinigt sich mit der Aare ein in trockener Jahreszeit oft versiegendes Bächlein, das im Zuchwiler«Birchi» (einem
prächtigen Buchenwald) und am Schöngrün (Engiweiher) sich bildet und quer unter der Bahnhofanlage NeuSolothurn
durchfliesst.
Dank einer vornehmlich durch die Einführung der Uhrenindustrie in den letzten Jahren wachsenden baulichen Entwicklung ist
fast der ganze Stadtbezirk Solothurn
mehr oder weniger dicht mit Häusern besetzt. Besonders nach W. hin ist die Ausdehnung der Stadt
eine sehr auffällige, und man verspricht sich von der Weissenstein (Solothurn-Münster)-Bahn ein
weiteres
Aufblühen dieser neuen Quartiere. Auch nördl. der Stadt, in der Steingrube, die eine wunderbare Alpenansicht gewährt, und
dann wieder am rechten Aareufer in der Nähe des Bahnhofs NeuSolothurn
wird mehr und mehr gebaut. Am wenigsten Wandel weist das östl.
vom Baseltor rechts und links der Baselstrasse gelegene St. Josephs-Quartier auf.
Die Stadt ist offiziell in fünf Quartiere, das schwarze, blaue, gelbe, grüne und rote eingeteilt. Laut dem Geschäftsbericht
der Gebäude-Brandversicherungs-Anstalt des Kantons Solothurn
pro 1903 zählte die Stadt Solothurn auf 1357 Gebäude, die mit 32333490
Fr. eingeschätzt waren. Darunter befinden sich nicht weniger als 12 Kirchen, nämlich 9 römisch-katholische,
eine altkatholische, eine reformierte und eine Methodistenkapelle. Auf waren im ganzen 1447 Gebäude im Schatzungswert
von 37733600 Fr. vorhanden.
Den ältesten Kern der Stadt Solothurn bildet das von den Römern errichtete Kastell, dessen Mauerreste an den Häusern, welche
die in der NO.-Ecke des Friedhofplatzes einmündende Gasse flankieren, und an der Löwengasse noch sichtbar
sind. Es scheint, dass die in den Mauerresten an der Löwengasse zu Tage tretende S.-Flanke des Kastells zur Römerzeit von
der Aare bespült war, während der Fluss heute 30 bis 40 m weiter südwärts in tiefem Bett vorbeifliesst.
Oeffentliche Bauten und Denkmäler.
An geschichtlich interessanten, originellen oder architektonisch hervorragenden Bauwerken ist Solothurn
sehr reich. Der fröhliche
Solothurner Chronist Franz Hafner behauptet, der auf dem Marktplatz aufragende Zeitglockenturm datiere aus der Zeit des Patriarchen
Abraham. Immerhin gehört er mit den in der Löwengasse und auf dem Friedhofplatz noch sichtbaren Resten
des römischen Castrums zu den ältesten Baudenkmälern der Stadt. Auf seiner dem offenen Platz zugewendeten Seite steht des
Glareanus Distichon:
In Celtis nihil est Salodoro antiquius unis
Exceptis Treveris, quarum ego dicta soror.
Während die einen den Turm als frühburgundisches Bauwerk ansprechen und ihn als eine Art Wachtturm betrachten,
behaupten andere, er sei erst um 1250 errichtet worden. 1452 ist im Turm eine Schlaguhr angebracht worden, mit deren Werk
damals schon der Mann oben bei der Glocke verbunden war, der heute noch die
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mehr
Stunde schlägt. Ums Jahr 1520 liess der Rat von Solothurn
durch den Winterthurer Lorenz Liechte die grosse Schlag-Halbuhr und das astronomische
Werk bauen, welches die 12 Tag- und 12 Nachtstunden zeigt und den scheinbaren Gang der Sonne und des Mondes durch den Tierkreis
veranschaulicht. 1545 berief Solothurn
den kunstfertigen Schaffhauser Uhrenmacher Joachim Habrecht, den Vater des
nach der Sage nach Vollendung der Strassburger Münsteruhr geblendeten Isaak Habrecht, der das jetzt noch viel bewunderte
automatische Werk am Turme verfertigte: In einem eigenen Gehäuse befindet sich zwischen Tod und Kriegsmann der auf seinem
Trone sitzende König, der bei jedem Schlag den Mund öffnet und mit seinem Szepter die Schläge zählt;
der Kriegsmann bewegt bei jedem Stundenviertel den Arm nach der Brust;
beim vierten Streich wendet der Tod die Sanduhr um
und wackelt im Takte mit dem Kopf.
Unterhalb dieser Figuren sind das Wappen der damaligen freien Reichsstadt Solothurn
und die Daten
der Erstellung 1545 und der Renovation 1883 angebracht. Die Stadt liess sich's dann nicht verdriessen, zum Unterhalt der
Turmuhr 1566 mit grossen Kosten den berühmten Uhrmacher Urban Kärler aus Memmingen kommen zu lassen, dessen Nachkommen
als Meister ihres Fachs bis ins 18. Jahrhundert in Solothurn
lebten. 1583 wurde von zwei in hohem Ansehen stehenden
solothurnischen Malern das grosse astronomische Zifferblatt gemalt, das heute noch die N.-Fassade des Zeitglockenturms ziert
und 1880 von Heinrich Jenny, sowie 1904 von A. Rüefli renoviert ward. Am Fuss des Turmes befand sich bis ins 19. Jahrhundert
hinein der Lasterstein mit dem Halseisen.
Das Rathaus wird in seinen ältesten Bauteilen in graue Vorzeit zurückreichen. 1476 erhielt der Stadtbaumeister
Späti vom Rat den Auftrag, das Haus des Armbrusters in ein Rathaus umzubauen. Dass dies gerade in den bösen Tagen der Burgunderkriege
geschah, mag als Beweis für das Vertrauen auf den eidgenössischen Sieg gelten. Der Mittelturm der O.-Fassade
hat damals schon gestanden. Zu Ende des 16. Jahrhunderts erhielt das Rathaus eine bedeutende Erweiterung durch den Anbau
des Kanzlei- und Archivgebäudes.
Dies machte aber auch eine neue Treppenanlage nötig, welche in glücklichster und origineller Weise als Turm mit vielbewunderter
Wendeltreppe in die Mitte der N.-Seite zu stehen kam und 1632 von Gibelin, einem Enkel des Baseltor-Erbauers,
erstellt wurde. Aus 1622-1712 datiert der Ausbau des heute schönsten Teils, der O.-Front, des Rathauses, das neuestens (1904-1905)
mit einer Bausumme von beiläufig 400000 Fr. erweitert und in einigen Partien hübsch renoviert worden ist: Sehenswert ist
der im ersten Stockwerk gelegene «steinerne Saal» seiner Glasgemälde, kriegerischen
Trophäen und des
künstlerischen Schmuckes wegen. Auch der in glücklichster Weise renovierte Kantonsratssaal ist besuchenswert.
Schon von weither sichtbar ragt auf einer Anhöhe im O. der Stadt das Münster St. Ursus und Viktor auf, das seit 1828 Kathedralkirche
des neuerrichteten Bistums Basel
ist und an dessen Stelle in römischer Zeit ein Apollotempel gestanden haben
soll. Ueber dem Grabe der thebäischen Soldaten und Blutzeugen Ursus und Viktor wurde in burgundisch-fränkischer Zeit eine
christliche Kirche, das alte St. Ursusmünster, errichtet, dessen Bau aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts stammt und dessen
an der W.-Seite stehender Turm im 18. Jahrhundert eingestürzt ist.
Die aus Ascona im Tessin
stammenden Baumeister Gaetano Matteo Pisoni (1713-1782) und sein Neffe Paolo Antonio Pisoni (1738-1804)
erbauten 1762-1773 die heutige Kathedrale, welche als schönstes Monument der italienischen Hochrenaissance in der Schweiz
gelten kann. Zwischen zwei mehrschaligen Kunstbrunnen, welche die Standbilder des Moses und Samson tragen,
führen dreimal elf Stufen zur Höhe der drei mit Reliefs geschmückten Portale hinauf. Die mit Heiligenstatuen und Steinkandelabern
geschmückte Fassade ragt hoch über die umstehenden Häuser auf.
Das Innere hat die Form eines lateinischen Kreuzes. Zehn gewaltige Pfeiler tragen das Gewölbe des Hauptschiffs und der Querschiffe.
Die niedrigere Seitenschiffe enthalten je drei Altäre. Ueber der Mitte des lateinischen Kreuzes wölbt
sich eine imponierende Kuppel mit zwei Halbkuppeln. Die Kathedrale zählt elf marmorne Altäre, deren künstlerischen Schmuck
Domenico Corvi, Josef Escher, F. J. Wirz, Guiribal und J. H. Treu geliefert haben. Die Fresken der Decke stammen von Domenico
Pozzi und von Gottfried Bernhard Goetz aus Augsburg. Die mit Reliefs geschmückte Kanzel ist das Werk
von Doret aus Vevey, der marmorne Hochaltar mit dem Sarkophag der Thebäer und die reichen Stukkaturarbeiten dasjenige der
Tessiner Francesco und Carlo Luca Pozzi. An der NO.-Ecke der Kirche ragt der etwa 60 m hohe St. Ursusturm
über das Baseltor auf. Er enthält ein überaus harmonisches Geläute von 11 Glocken. Ein augezeichnetes Werk ist auch die
neue Orgel des St. Ursusmünsters.
Kaum einige hundert Schritte von der Kathedrale entfernt steht die in die Häuserreihe der Hauptgasse sich einschmiegende
Jesuiten- oder Professorenkirche. Sie ist als Annex zum Jesuitenkollegium 1689 vollendet worden und im
Roccocostil des Ordens gehalten. Die mächtige Fassade hat als Schmuck riesengrosse Steinbilder von Ordensheiligen, während
das Deckengewölbe, die Säulen und Lettner mit Stukkornamenten überladen sind. Den Hauptaltar ziert ein ausserordentlich
grosses Gemälde des
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