(spr. ssoassóng), Arrondissementshauptstadt im franz.
Departement Aisne, an der Aisne und der Nordbahn (mit Abzweigung nach Compiègne und Reims), mit detachierten
Forts umgebene Festung zweiten Ranges, hat mehrere Überreste gallorömischer Architektur und bedeutende Bauwerke aus dem Mittelalter,
wie die schöne Kathedrale (12.-13. Jahrh.), die Kirche St.-Léger, die Stiftskirche St.-Pierre, die Reste der 1076 gegründeten
Abtei St.-Jean des Vignes, das Stadthaus u. a. S. hat ein Zivil- und Handelstribunal, ein Collège, großes
und kleines Seminar, eine Zeichenschule, eine Bibliothek mit 30,000 Bänden, ein Antikenmuseum, ein Taubstummeninstitut und
(1886) 11,850 Einw., welche etwas Industrie und starken Handel mit landwirtschaftlichen Produkten treiben. Es ist Bischofsitz.
- Im Altertum hieß die Stadt Noviodunum, später Augusta Suessionum (wovon der heutige Name) und war die
Hauptstadt der Suessionen im belgischen Gallien. In S. war ein Palatium der römischen Kaiser, und es war die letzte Stadt,
welche die Römer in Gallien besaßen.
Aetius und Syagrius residierten daselbst, und letzterer wurde 486 von Chlodwig in der Nähe der Stadt geschlagen. In der Merowingerzeit
war es fast immer Residenz eines Teilreichs und war auch nachher von Bedeutung. Hier fand 744 eine für
Neustrien wichtige Synode und 751 die Erhebung Pippins zum König statt; hier mußte Ludwig der Fromme 833 Kirchenbuße thun. Seit
dem 9. Jahrh. Sitz eigner Grafen, ging S. durch Kauf und Heirat in verschiedene Hände über und fiel 1734 an
die französische Krone. Als Knotenpunkt großer Heerstraßen und Sperrpunkt der Nordbahn spielte S. in den Kämpfen von 1814 und 1815 sowie 1870 eine
große Rolle, 15. Okt. d. J. ward es nach dreitägiger Beschießung vom Großherzog von Mecklenburg-Schwerin genommen. Die Geschichte
dieser Belagerung beschrieben Gärtner (Berl. 1874) und H. Müller (das. 1875).
(spr. ssoassóng), 1) Charles von Bourbon, Graf von, Sohn des Prinzen Ludwig I. von Condé (s. d.) aus dessen zweiter
Ehe mit Françoise von Orléans-Longueville, durch welche die Grafschaft S. an das Haus Bourbon-Condé kam, geb. 1566, stand in
den Hugenottenkriegen bald auf seiten des Hofs, bald auf seiten des Königs Heinrich von Navarra, schloß
sich 1588 an diesen an, leistete ihm in der Schlacht bei Coutras nützliche Dienste und starb
2) Louis von Bourbon, Graf von, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, folgte seinem Vater als Grand-Maître und
Gouverneur der Dauphiné. Schon im 16. Jahr unterstützte er die Königin-Mutter Maria von Medici gegen ihren Sohn Ludwig XIII.,
während er zugleich, um sich gefürchtet zu machen, mit den Hugenotten unterhandelte. Als diese ihn mißtrauisch von sich
wiesen, kehrte er zur Partei des Königs zurück und begleitete diesen im Feldzug von 1622 gegen die Protestanten.
Durch die Entdeckung der Verschwörung gegen Richelieu, an der er teilgenommen hatte, kompromittiert, floh er nach Italien; Ludwig
XIII. rief ihn jedoch zurück und beauftragte ihn mit der Belagerung von La Rochelle. 1630 kaufte S. die Grafschaft S. vom
Prinzen von Condé, begleitete den König nochmals nach Italien und erhielt dann das Gouvernement von Champagne
und La Brie. In dem Feldzug von 1636 befehligte er ein
kleines Korps an der Aisne und Oise, wurde jedoch von den Spaniern zum Rückzug
nach Noyon gezwungen.
Ein neuer, abermals vereitelter Anschlag zur Ermordung Richelieus nötigte S. zur Flucht nach Sedan, wo er
sich mit dem Herzog von Bouillon, dem Herzog von Guise und den Spaniern zum Kriege gegen den Minister verband. Ein königliches
Heer unter dem Marschall Châtillon wurde bei Marfée in der Nähe von Sedan geschlagen, S. aber im Gefecht erschossen.
Mit ihm erlosch die Seitenlinie S. des Hauses Bourbon-Condé; Besitz und Titel gingen auf den zweiten Sohn
seiner Schwester Maria über, die sich 1625 mit dem Prinzen Thomas Franz von Savoyen-Carignan vermählt hatte.
3) Eugène Maurice von Savoyen, Graf von, Sohn des Prinzen Thomas Franz von Savoyen-Carignan, Neffe des vorigen, geb. 1635 zu Chambéry,
widmete sich in der Jugend dem geistlichen Stand, nahm jedoch später Kriegsdienste und heiratete 1657 Olympia Mancini (s. Mancini
1), die Nichte des Ministers Mazarin, der ihn zum Generalobersten der Schweizer und zum Gouverneur der Champagne ernannte. 1667 wohnte
er dem Feldzug in Flandern bei, und 1672 ward er von Ludwig XIV. zum Generalleutnant befördert, in welcher
Eigenschaft er sich in Holland und am Rhein auszeichnete. Er starb Sein jüngerer Sohn war der berühmte Prinz Eugen
(s. d.) von Savoyen; der ältere, Ludwig Thomas, setzte die Linie Savoyen-S. fort, die mit dessen Enkel 1734 erlosch.