Sofĭa
(bulgar. Sredec), Hauptstadt des Fürstentums Bulgarien, [* 2] nahezu im Centrum der Balkan-Halbinsel [* 3] und an der großen Straße, jetzt Eisenbahn Konstantinopel-Adrianopel-Belgrad mit Abzweigung nach Pernik (-Köstendil) und nach Roman (Varna), liegt auf einer weiten, fruchtbaren Hochebene, die vom Isker durchströmt, im N. vom Etropol-Balkan, im S. vom Vitošgebirge begrenzt wird, während sich nach Osten und Westen bequeme Pässe nach Ostrumelien und Serbien öffnen.
Die Stadt ist auf einem niedrigen Ausläufer des Vitoš und an der Bojana, einem Zufluß des Isker, in 566 m Meereshöhe erbaut und zählte 1887: 30428 E., darunter 5000 Juden, 2000 Türken und 1000 Zigeuner, 1893 schon 46593 E. Neben der winkligen Altstadt mit der lebhaften Bazarstraße und den neu durchgebrochenen Straßenzügen dehnt sich jetzt nach Osten eine villenartige Neustadt [* 4] aus mit dem fürstl. Palais am Alexanderplatz, dem Stadtgarten, dem Justizpalast, der Bulgarischen Nationalbank, dem Kriegsministerium, den meisten Generalkonsulaten, dem neuen Theater, [* 5] Rathaus, der frühern Moschee Böjuk Dschami.
Auf dem höchsten Punkte der Stadt erheben sich die Trümmer der von einem
Erdbeben
[* 6] zerstörten
Kirche (spätern Moschee)
der heil. Sofia
, nach welcher die Stadt den
Namen hat. Daneben die neue bulgar.
Kathedrale. Außerdem hat S. noch eine Moschee
neben dem großen
Bad
[* 7] unweit der Passage, eine kath. und eine prot.
Kirche und eine
Synagoge. S. ist Sitz der Regierung, der
Ministerien und des bulgar. Parlaments (Sobranje), eines Kassationshofs,
Amtsgerichts, Brigadekommandos, bulgar. Metropoliten, röm.-kath.
Erzbischofs, einer
Kriegsschule, eines Gymnasiums, einer höhern Mädchenschule, Nationalbibliothek, Staatsdruckerei,
Volksbibliothek
u.s.w. 1888–92 entstand die Hochschule mit 3
Fakultäten, 39
Docenten und 380 Hörern.
Die wichtigsten Straßen sind Witoschka Uliza, Targowska Uliza und Dondukow Boulevard. Zwischen der Löwenbrücke und dem Bahnhof liegt das Zigeunerviertel. Der Handel ist lebhaft, die Industrie aber unbedeutend; es giebt Gerbereien, Woll- und Seidenwebereien. Stickerei, Töpferei, Teppichweberei, Filigranarbeit [* 8] in Silber sind Hausindustrie. S. ist die alte, nach dem thraz. Gebirgsvolk der Serder benannte Römerstadt Serdica (auch Sardica), schon im Altertum eine wichtige Verkehrs- und Militärstation, zuerst zur Provinz Thrazien gehörig, seit Aurelian als Ulpia Sardica Hauptstadt der Provinz Dacien, seit Diocletian und Konstantin Hauptstadt von Dacia mediterranea, wo 344 ein berühmtes Konzil abgehalten ward. 441 wurde S. durch die Hunnen verwüstet. 809 von den Bulgaren erobert, ward die Stadt von diesen Sredez, von den Byzantinern Triaditza, von den Kreuzfahrern aber Stralicia genannt. Sie fiel 1382 in die Hände der Türken. Im Sommer 1443 wurde S. von den Polen und Ungarn [* 9] im Kreuzheer Wladislaws III. geplündert und in Brand gesteckt. Am wurde die Stadt von den Russen eingenommen, wobei der größte Teil der mohammed. Bevölkerung [* 10] floh. Als Hauptstadt des neuen Fürstentums Bulgarien hat sie sich rasch entwickelt.