ersten Wahlgange die meisten
Stimmen erhalten hat, vorausgesetzt, daß er das von der
Fraktion provi- sorisch festgesetzte
Einigungsprogramm anerkennt: «Abschaffung des Kapitalismus aus dem Wege der Eroberung
der polit. Macht durch das Proletariat, Ersetzung des kapitalistischen Eigeutums durch das gesellschaftliche und internationales
Zusammengehen der
Arbeiter». An den Senatswahlen soll sich die Partei in Zukunft ebenso beteiligen wie
an andern
Wahlen. Auf dem
Kongreß wurde eine Föderation der socialistischen Gemeindevertreter beantragt, und die anwesenden
Vertreter der 110 Gemeindcräte be- schlossen, allen socialistischen Gemeinderäten folgende Punkte als zunächst anzustrebende
zu bezeichnen: Achtstundentag und Lohnminimum in allen kom- munalen
Arbeiten;
Abschaffung des Zwischenunter-
nehmertums ;
unentgeltliche ärztliche Hilfe und
Ge- meindeapotheken zum Verkaufe von Arzneien zum Selbstkostenpreis.
Neben
das Kommunalprogramm und das Agrarprogramm setzte der
Kongreß zum Schutze der Matrosen, der Schiffs- und Fischerei- arbeiter
ein drittes Epecialprogramm, das «pro- gramme maritime» (Maximalarbeitstag,
Lohnmini- mum u. s. w.). Einen Zwischenfall rief ans diefemKongreß das Erfcheinen der deutschen Socialdemo-
kraten Liebknecht, Vebel und
Singer hervor, die von der nicht der S. angehörigen
Bevölkerung
[* 3] Lilles mit lebhaftem deutschfeindlichem
Protest empfangen wurden, so daß sie beim feierlichen Zuge anf Seiten- wegen nach dem Rathause gebracht werden mußten.
Mitte Sept. 1896 tagte in
Tours
[* 4] der 5. Gewerk- schaftskongreß der franz.
Arbeiter. 75 Delegierte sür 216 freie
Organisationen und 821
Syndikate waren anwefend. Befchlossen wurden die
Statuten eines
Allgemeinen Arbeiterbundes mit dem Sitze
in
Paris.
[* 5] Ferner sprach man sich für den
Acht- stundentag, Minimallöhne, sowie für den
General- streik als äußerstes Kampfmittel
aus, zu dessen Vor- bereitung ein unter der
Kontrolle des
Allgemeinen Arbeiterbundes stehendes
Komitee geschaffen
wurde.
England.
Bei denWahlen des I. 1895 wurde kein einziger socialdemokratischer Kandidat gewühlt. Keir tzardie, der Führer der
Inäc^ßnäsnt I^dor I^ai-t)', verlor das
Mandat, das er im Parlament 1892 für
South-West-Ham bekleidet hatte. Die 28 Kandidaten,
die diese Partei aufgestellt hatte, erhielten im ganzen 46000
Stimmen, und die ^ooial Denwci'atie I^äelktion
konnte für ihre vier Kandidaten nur 3730
Wähler finden. Die als sog. Arbeitervertreter in das Parlament gewählten
De- putierten
sind als Parteigänger oder Alliierte der Liberalen gewählt; so auch John
Burns (s. d.), der aus der 8ocia1 1)6mocratio I^eäsration
ausgetre- ten war. -
Vgl. P. de Nousiers, 1^ liuoLtion ouvriei-6 en ^n^leterro (Par. 1895).
Belgien.
[* 6] Äußerordentliche Erfolge hatte die S. bei den bclg. Gemeinderatswahlen, die stattfanden, errungen;
bei dieser ersten nach stimmen) gelang es der S., in 78 Gemeinden die
Majorität zu erlangen, und infolge der Proportional-
vertretung, die in Kraft
[* 7] tritt, wenn kein Kandidat die absolute
Majorität erreicht hat, in 210
Kom- munen eine socialistische
Minorität durchzusetzen. Dagegen ist die Anzahl der socialdemokratischen
Abgeordneten bei den
Wahlen zur Repräsentanten-
kammer bei der die Neuwahl sür 77 Abgeordnetensitze vorzunehmen war, nicht über die bereits 1894 Gewählten
hinzugelangt.
Niederlande.
[* 8]
Die socialdemokratische
Arbeiter- partei der
Niederlande, die sich von dem unter Domela Nieuwenhuis'
Führung stehenden
Bund derSocial- demokraten losgemacht und sich 1894 als eigene Partei konstituiert hatte, hielt in derOstcrwoche 1895 ihren
ersten
Kongreß ab. Im ganzen zählt die Partei 27
Abteilungen mit etwa 700-800 Mit- gliedern. Diese Partei
wird auch fernerhin an den internationalen socialistischen
Kongressen teilnehmen, während die unter
Führung Domelas stehenden
Ver- eine sich in Zukunft davon ausschließen zu wollen erklärt haben. lS.
Internationale Arbeiterkongresse.)
Schweiz.
[* 9]
Der Parteitag der schweizerischen S., der 21. und in Bern
[* 10] stattfand, hat die Revision des Parteiprogramms
von 1888 be- schlossen;
Anlaß dazu gab der
Antrag der Ober- wiler Mitgliedschaft, der die Wünschbarkeit der Ver- staatlichung
aller Produktionsmittel als unhaltbar und insbesondere den
Staatsbetrieb der
Landwirt- schaft als einen ökonomischen Rückschritt
erklärte, weil die auf diesem Gebiete besonders unentbehrliche Selbstthütigkeit eingeengt und an ihre
Stelle eine kostspielige bureaukratifche, sich notwendig verhaßt machende
Verwaltung gesetzt werden würde. Es sollte vielmehr
die genossenschaftliche Organisation im
Sinne socialistischer Principien angestrebt wer- den. Es wurde eine
Kommission zur
Revidierung des Parteiprogramms gewählt; der nächste Partei- tag soll 1897 in Winterthur abgehalten werden.
Dänemark.
[* 11] Die dän. socialdemokratische Partei feierte in der
Woche vom 18. bis ihr 25jähriges
Jubiläum. Es waren 126
Dele- gierte, die 98
Vereine mit 50000 Mitgliedern ver-
traten, angemeldet. Der
Kongreß nährn ein
Mani- fest an, in dem die Hauptforderungen an die Gesetz- gebung zusammengestellt
werden (Achtstundentag, Arbeitslosenversicherung u. s. w.). Die socialdemo- kratische Partei
zählt im ganzen 104
Vertreter in öffentlichen
Stellungen, nämlich als Reichstagsab- geordnete, Mitglieder in Gemeindeverwaltungen
u. s. w. In Kopenhagen
[* 12] hat die Zahl der social- demokratischen
Stimmen wie folgt zugenommen: 1872 1884 1887 1890 1892 1895 315 6806 8409 17 232 20098 25019 Im
Folketing hat die Partei 8
Vertreter, im Landsting (Oberhaus) 2. Die Partei ist in 952
Vereinen organisiert,
von denen 713 Fachvereine mit 42000 Mitgliedern sind.
Die 239 polit.
Vereine haben etwa 23000 Mitglieder. Die Verbindung der dänischen S. mit der bürgerlichen radikalen Linken
hat sich während der letzten Folketingwahlen gelöst.
Schweden.
[* 13]
Bei denWahlen von 1896 gelangte der erste
socialdemokratische
Vertreter in die zweite Kammer des schwed. Reichstags.
Italien.
[* 14] Die Zahl der socialdemokratischen
Abgeordneten
im ital. Parlament beträgt seit 1895 15. Die italienifche S. hielt ihren vierten
Landes- kongreh vom 11. bis in
Florenz
[* 15] ab. 300 Delegierte waren anwesend.
Der Parteibericht giebt die Zahl der socialdemokratischen Organisa- tionen auf 442 in 420 Gemeinden an
mit 19121 Mitgliedern, die Zahl der Parteijournale auf 27. Die Zahl der abgegebenen
Stimmen war von 26229 (1892) auf 70558
Agrarfrage
sprach der
Kongreß sich dafür aus, Kampforganisationen der
Teilpächter (me^acli-i) zu bilden, um ihnen bessere Pachtbedingungen
zu ver- schaffen, sowie
Konsumvereine gemeinsam mit der Arbeiterbevölkerung. Sitz der Parteileitung bleibt
¶
B., der besonders die Socialdemokratie in Wort und Schrift (z. B. "Unsere Socialdemokraten auf dem Parteitage in Halle", Lpz. 1890, und "Die Lügen unserer Socialdemokratie", Wism. 1891)