Smollet
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Tobias George, engl. Romandichter, geb. 1721 zu Dalquhurn House bei Renton in Schottland, besuchte die Schule zu Dunbarton, studierte in Glasgow [* 2] und nahm hierauf die Stelle eines Wundarztes an Bord eines Linienschiffs an, das 1741 nach Westindien [* 3] segelte. Nachdem er daselbst nach mancherlei Schicksalen seinen Abschied genommen, kehrte er 1746 nach England zurück und betrat die schriftstellerische Laufbahn mit dem Gedicht »Tears of Scotland«, worin er das grausame Auftreten der Regierungstruppen in den Hochlanden nach der Schlacht bei Culloden geißelte. Er lebte fortan meist in London, [* 4] unternahm noch mehrere Reisen durch Frankreich und Italien [* 5] und starb in Livorno. [* 6]
Unter seinen Werken haben neben einer »History of England« (Lond. 1758, 4 Bde.) insbesondere seine Romane (deutsch, Stuttg. 1839-41, 15 Bde.) Bedeutung erlangt, namentlich: »Roderick Random« (ein Seitenstück zum »Gil Blas«);
»Peregrine Pickle« (1751);
»Ferdinand Count Fathom« (1753);
»Sir Lancelot Greaves« (1762) und »The expedition of Humphrey Clinker« (1771, 3 Bde.).
Wenngleich S. im künstlerischen Bau seiner Romane sich mit seinen Vorgängern Richardson und Fielding nicht messen kann und namentlich die psychologische Tiefe und Feinheit des letztern nicht erreicht, so bezeichnet er doch einen entschiedenen Fortschritt in Bezug auf die drastische Reproduktion der Wirklichkeit. Den Hintergrund derselben bildet das verderbte Leben Englands unter Georg I. und Georg II.; insbesondere bieten sie die lebendigste Schilderung jener Engländer der damaligen Zeit, die, wie Lord Clive, arm nach Indien gegangen und mit unermeßlichen Reichtümern in die Heimat zurückgekehrt waren, wo sie durch schwelgerisches Leben manch böses Beispiel gaben.
Hervorzuheben ist noch, daß S. sich durch seine Seereisen eine Anschauung und Kenntnis des Seewesens erworben hatte, die ihn zum unübertroffenen Meister auf diesem Gebiet der Darstellung gemacht hat. Auch war er es, der, ein entschiedener Tory, im Roman zuerst politischen Sympathien und Antipathien Raum gab. Seine Werke wurden neuerdings herausgegeben von Roscoe (1871, 2 Bde.), J. ^[John] Moore (1872, 8 Bde.), Routledge (1884, 6 Bde.) u. a.
Vgl. Hannay, Life of T. G. S. (Lond. 1887).