Slowaken
,
ein Glied der [* 2] großen slawischen Völkerfamilie, zum tschechischen Zweig derselben gehörig, bewohnen in einer Anzahl von etwa 2 Mill. den Nordwesten Ungarns. Von den stammverwandten Mähren [* 3] scheidet sie eine längs der mährisch-ungarischen Grenze verlaufende Linie; die Sprachgrenze gegen die Magyaren verläuft mit verschiedenen Ausbiegungen von Preßburg [* 4] über Neuhäusel, Leva, Losoncz, Rosenau, Kaschau, Ujhely nach Ungvár, wo die S. mit den Ruthenen zusammenstoßen, die von hier bis zur Tatra die vielfach gezackte Nordostgrenze der S. bilden, während von der Tatra nach Westen zu bis an die Bieskiden die Polen längs der galizisch-ungarischen Grenze die S. im Norden [* 5] umsäumen.
Innerhalb dieses slowakischen Gebiets befinden sich einige größere deutsche Sprachinseln um die Bergstädte Schemnitz, Kremnitz und Neusohl sowie in der Zips, während anderseits slowakische Kolonien vielfach durch Ungarn [* 6] zerstreut sind. Der Slowake ist vorzugsweise Bauer, der dem meist kargen Boden geringen Ertrag ablockt. Bei Neutra, Preßburg, Bars etc. treibt er Weinbau, im Gebirge Viehzucht und [* 7] Käseproduktion (Liptau); auch die Holzflößer auf der Waag und Gran [* 8] sind S. Da der Handel fast in der ganzen Slowakei in jüdischen Händen ist, bleibt den S. nur das Hausieren mit Leinwand, Mäusefallen, Spitzen etc. Der Konfession nach sind sie zur Hälfte lutherisch, zur Hälfte katholisch.
Die slowakische Sprache, [* 9] deren Zentrum im Thuróczer Komitat liegt, ist eigentlich nur ein Dialekt der tschechischen, unterschieden durch breitere Vokale, viele Diphthongen und alte Wörter. Die ersten Versuche, in derselben zu schreiben (früher bediente man sich des Tschechischen als Schriftsprache), gingen zu Ende des 18. Jahrh. von dem katholischen Priester Anton Bernolak (1762-1813) aus und wurden in der Folge besonders durch den Dichter Joh. Hollý (gest. 1849), Verfasser des Epos »Svatopluk«, und Ludewit Stur (gest. 1856),
den Redakteur der Zeitung »Slovenske Novini« (seit 1845),
fortgesetzt. Von sonstigen Schriftstellern sind zu nennen: die evangelischen Prediger Jos. Miroslaw Hurban (gest. 1817),
Herausgeber des Almanachs »Nitra« (1842-77, 7 Bde.), und Mich. Miloslaw Hodscha (gest. 1870),
die patriotischen Dichter Samo Chalupka (gest. 1883),
Andr. Sladkowitsch (gest. 1872) und Janko Král (gest. 1876),
der Novellist J. Kalintschak (gest. 1872),
Sam. Tomaschik (gest. 1887), Dichter des Liedes »Auf, ihr Slawen! etc.«, der Dramatiker Jon. Záborský (geb. 1812), der Dichter und Publizist W. Pauliny-Tóth (gest. 1877), der Philolog Hattala (geb. 1821) u. a. In jüngster Zeit leidet die Litteratur der S. unter der gewaltsamen Unterdrückung durch die Magyaren, die 1874 auch die Aufhebung der 1863 gegründeten Matica slowenska, einer litterarischen Gesellschaft, welche Schriften in slowakischer Sprache herausgab, sowie die Schließung der slowakischen Gymnasien durchsetzten. Grammatiken des slowakischen Dialekts lieferten Bernolak (Preßb. 1790, Ofen 1817), Hattala (Schemnitz 1850) und Victorin (4. Aufl., Pest 1878), ein slowakisch-ungarisch-deutsches Wörterbuch Loos (das. 1871). Treffliche Sammlungen slowakischer Volkslieder gaben Safarik (Pest 1823-27, 2 Bde.), Kollar (2. Aufl. Ofen 1832-33, 2 Bde.) und die slowakische Matica (1870-74, 2 Bde.) heraus. - Die S. nahmen, nachdem das avarische Joch abgeschüttelt war, teil an der Bildung des großmährischen Reichs. Seit dem Untergang desselben war die Slowakei ein Spielball zwischen Tschechen, Polen und Magyaren, bis sie 1018 für immer an die ungarische Krone kam; jedoch blieb sie ein eignes Teilfürstentum (tertia pars regni). Der letzte, welcher 1305-21 die Würde eines Fürsten der Slowakei bekleidete, war Matthäus von Trentschin. Nach seinem Tod wurde diese Würde nicht ¶
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wieder erneuert.