Skrofulose
,
s. Skrofeln.
Skrofulose
584 Wörter, 4'498 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Skrofulose,
s. Skrofeln.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Skrofelkrankheit, auch Drüsenkrankheit, ein krankhafter Zustand, bei dem die Anlage für eine Reihe von entzündlichen Ernährungsstörungen, namentlich der Lymphdrüsen, dann aber auch der äußern Haut, [* 2] der Schleimhäute, der Gelenke, Knochen [* 3] und Sinnesorgane vorhanden ist. Diese Ernährungsstörungen, die auch sonst häufig vorkommen, bezeichnet man dann als skrofulös, wenn sie mit Entzündung und Schwellung der Lymphdrüsen auftreten, einen sehr chronischen, hartnäckigen Verlauf haben und wiederholt auf sehr geringfügige, leicht zu übersehende Veranlassung auftreten.
Nach neuern Untersuchungen ist die S. als eine chronische lokale Tuberkulose der Lymphdrüsen zu betrachten, infolge deren der ganze Organismus in hohem Grade zu schleichenden Entzündungen prädisponiert wird; diese lokale Drüsentuberkulose kann in vollständige Heilung übergehen, was bei sorgfältiger Behandlung gewöhnlich der Fall ist, kann aber auch bei unzweckmäßigem Verhalten schließlich allgemeine Tuberkulose zur Folge haben. Den Verdacht der S. erwecken Individuen, die neben einem blassen Aussehen (Blutarmut) dennoch nicht arm an Fett sind, namentlich an gewissen Körperstellen (Oberlippe, Nase) [* 4] Fettanhäufungen darbieten (wulstige Lippen, kolbige Nase). Man unterscheidet zwei wesentlich verschiedene Formen des skrofulösen Habitus, die sog. torpide S., die sich durch grobe Gesichtszüge, breite Kinnbacken, gedunsenes Aussehen, einen aufgetriebenen Leib und das schlaffe, schwammige Fleisch charakterisiert, und die sog. erethische S., die einen spärlichen dünnen Knochenbau, zarten ¶
Teint mit durchsichtiger Haut, schlechte Entwicklung, schmale Brust und weiche Muskeln [* 6] darbietet. Die Drüsenerkrankung ist entweder akut entzündlicher Art, wobei die erkrankten Drüsen vereitern und sehr schmerzhaft sind, oder sie stellen schmerzlose Geschwülste dar. Von den Hautausschlägen kommen (namentlich am Kopfe und Gesicht) [* 7] besonders die nässende Flechte und der Grind (Eczema und Impetigo) vor. (S. Ekzem.) Die Schleimhäute werden häufig von den Hautausschlägen in Mitleidenschaft gezogen (Schnupfen, Ohrenfluß) oder erkranken, wie die der Lungen und des Darms, katarrhalisch.
Die Gelenkentzündungen treten entweder als Gelenkwassersucht oder als schleichende Entzündung der Gelenkbänder (weiße Gelenkgeschwulst, s. Gliedschwamm) auf, und die Knochenentzündungen, die von der Knochenhaut ausgehen, führen häufig zur Zerstörung des Knochens, so namentlich in der Nase, im Gehörgang. Die Entzündungen der Augen befallen den Lidrand sowohl als die Bindehaut und auch die Hornhaut, woselbst sie häufig zu Trübungen, bei Vernachlässigung selbst zur Erblindung führen.
Die S. tritt meist im Kindesalter auf und verliert sich in der Regel zur Zeit der Geschlechtsreife mehr oder minder vollständig, seltener tritt sie später wieder oder überhaupt erst nach diesem Zeitpunkt ein. Sie ist angeboren oder erworben. Die angeborene S. findet sich namentlich bei Kindern skrofulöser Eltern; ferner bei solchen Kindern, deren Eltern während der Zeugung oder Schwangerschaft an Tuberkulose, Krebs, [* 8] tertiärer Syphilis oder einem andern Siechtum litten oder bereits bejahrt oder nahe verwandt waren.
Von Haus aus gesunde Kinder können skrofulös werden infolge unzweckmäßiger Ernährung, namentlich in den ersten Lebensjahren, bei mangelhafter Bewegung und der Entbehrung frischer Luft. Daher sind aufgefütterte, mit schwer verdaulichen Nahrungsmitteln (Kartoffeln, Erbsen, viel Brot) [* 9] ernährte Kinder häufig skrofulös. Auch bei Erwachsenen kann sich die S. unter denselben Einflüssen entwickeln. Ein Teil der Behandlung der S. ergiebt sich von selbst. Skrofulöse Kinder müssen eine vorzugsweise aus Milch, Fleisch u. dgl. bestehende Nahrung erhalten, viel Zeit im Freien, wenig in überfüllten Zimmern (Schulstuben) zubringen und fleißig gebadet werden. Der bei S. so beliebte Leberthran empfiehlt sich bloß bei der erethischen Form, während ihn die fetten Skrofulösen meist ohne Erfolg nehmen. Eichelkaffee und Walnußblätterthee, die beide gleichfalls oft verwendet werden, sollen nur bei chronischem Darmkatarrh getrunken werden. In hohem Ruf stehen der Gebrauch der Solbäder, der Seebäder, die Kaltwasserkuren sowie die Anwendung jodhaltiger Mineralwässer (Adelheidsquelle, Krankenheil u. a.). -
Vgl. Waldenburg, [* 10] Tuberkulose, Lungenschwindsucht und S. (Berl. 1869);