Skorbut
(Scharbock), eigentümliche Ernährungsstörung des Organismus, welche von krankhafter Blutmischung abhängt und sich in Blutungen verschiedener Gewebe, namentlich des Zahnfleisches, äußert. Erfahrungsmäßig entwickelt sich derselbe am häufigsten auf langen Seereisen (Seeskorbut), auf welchen die Schiffsmannschaft fast ausschließlich von Schiffszwieback und gepökeltem Fleisch lebt und des Genusses frischer pflanzlicher Nahrung gänzlich entbehrt. Übermäßige Strapazen und mutlose Stimmung der Mannschaft begünstigen den Ausbruch des Skorbuts. Ferner befällt der S. Menschen, welche ausschließlich Gemüse und Kartoffeln genießen, dabei aber Mangel leiden und in kalten, feuchten Wohnungen hausen. Dieser sogen. Landskorbut kommt in nordischen Gegenden sehr viel vor. Der S. beginnt fast immer damit, daß die Kranken über große Schwäche und Müdigkeit klagen. Ihre Stimmung ist gedrückt, die Gesichtsfarbe wird fahl, die Augen erscheinen zurückgesunken und von dunkeln blauen Ringen umgeben. Dazu gesellen sich meist Schmerzen in den Gliedern und in den Gelenken, ähnlich wie bei Rheumatismus. Nach Tagen oder Wochen tritt die für den S. charakteristische Erkrankung der Mundschleimhaut hinzu. Es zeigt sich ein roter Saum des Zahnfleisches an den Stellen, wo dieses die Zähne umgibt. Bald beginnt das Zahnfleisch zu schwellen, wird dunkelbläulich, hebt sich von den Zähnen ab und schwillt oft zu schwammigen, dicken Wülsten an. Um die Zähne herum und auf der Höhe der Wülste zerfällt die Oberfläche zu einer weichen, mißfarbigen Masse, nach deren Abstoßung die skorbutischen Geschwüre zurückbleiben. Die Zähne sind dabei gelockert. Tritt Besserung ein, so schwillt das Zahnfleisch ab, nimmt wieder seine normale Farbe an und legt sich fest um die Zähne herum, welche damit auch wieder fest werden. Durch die Zahnfleischanschwellung wird das Kauen äußerst schmerzhaft und oft unmöglich. Die Schleim- und Speichelabsonderung im Mund ist beträchtlich vermehrt. Beim Versuch zum Kauen und bei jedem leichten Druck auf das Zahnfleisch blutet dasselbe. Aus dem Mund kommt ein höchst penetranter, stinkender Geruch. Auch auf der äußern Haut stellen sich zahlreiche Blutaustritte in Form von bläulichen Flecken und Striemen ein, und nicht selten erfolgen Blutungen aus der Nase, aus der Luftröhre, dem Darm etc. Der Verlauf des Skorbuts ist ein langsamer, in langwierigen Fällen erreicht die Hinfälligkeit des Kranken oft eine exzessive Höhe. Leicht tritt auch Hautwassersucht infolge der Blutarmut hinzu, und oft genug endet der S. mit dem Tode. Durch Abkürzung der Seereisen vermittelst der Dampfschiffe und durch die bessere Verproviantierung der Schiffe ist der Seeskorbut viel seltener geworden. Besonders versorgen sich die Schiffe mit großen Quantitäten Sauerkraut, Zitronensaft u. konservierten Gemüsen. Auch der Landskorbut ist seltener, seitdem selbst ärmere Leute sich bessere Kost und Wohnung verschaffen können. Nur selten kommen bei uns in einer Kaserne, in einem Arbeitshaus oder einer ähnlichen Anstalt noch Skorbutfälle und dann
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meist mehrere zugleich vor. Wenn man eine solche epidemische Ausbreitung des Skorbuts zu fürchten hat, so muß die größte Sorge getragen werden für Reinlichkeit, warme Bekleidung, Lüftung der Zimmer, für Bewegung in freier Luft, für ausreichend große Kostportionen, für passende Auswahl und Abwechselung der Speisen, welche aus frischem Fleisch und womöglich aus frischem Gemüse und Salat bestehen müssen. Auch ist ein gutes Bier oder mit Branntwein vermischtes Wasser zu genießen. Gegen den ausgebrochenen S. sind täglich 4-8 Eßlöffel frisch ausgepreßter Pflanzensäfte, namentlich von Brunnenkresse, Senf, Rettich, Meerrettich, Löffelkraut u. a., von ausgezeichneter Wirkung. Auch der Saft der Zitronen und Apfelsinen, Phosphor-, Salz- und Schwefelsäure sind von guter Wirkung. Die Zahnfleischaffektion weicht bei dem Gebrauch adstringierender Mundwässer.