Zustand eines
Menschen, welcher seiner persönlichen
Freiheit beraubt ist, als
Sache behandelt wird und als
solche im
Eigentum eines andern steht. In der antiken
Welt, deren wirtschaftliches
System größtenteils
auf der S. beruhte, war diese allgemein verbreitet, indem man sich zur Verrichtung häuslicher und gewerblicher Dienstleistungen
zumeist der Sklaven bediente, zu welchen seit uralter Zeit insbesondere die
Kriegsgefangenen verwendet wurden. So finden wir
im
Altertum die S. ebenso bei den Völkern des
Orients wie bei den Griechen und
Römern verbreitet, welch
letztere die S. zu einem besondern Rechtsinstitut ausgebildet hatten.
Der Sklave (homo servus) hatte nach römischem
Recht, welches übrigens in der ältern Zeit die Entstehung der S. auch durch
Schuldknechtschaft zuließ, keine Persönlichkeit und ebendarum auch keine Rechtsfähigkeit. Er war als bloßeSache
Gegenstand des
Handels, Sklavenkinder waren von
Geburt an Sklaven, dem
Herrn stand das
Recht über
Leben und
Tod des Sklaven zu.
Was der Sklave verdiente, gehörte dem
Herrn. Erst nach und nach entwickelte sich das Pekulienwesen, welches dem Sklaven aus
seinem Nebenverdienst den
Erwerb eignen
Vermögens (peculium) in beschränkterWeise gestattete und ihm
dadurch die Möglichkeit eröffnete, sich loszukaufen.
Aber auch die Freigelassenen (libertini) standen immer noch zu dem
Patron, welcher sie freigelassen hatte, in einem Abhängigkeitsverhältnis.
Die
Arten der
Freilassung (manumissio) selbst waren sehr verschieden. Sie konnte durch letztwillige
Verfügung (per testamentum)
oder
durch einen solennen Rechtsakt vor dem
Magistrat (per vindictam) oder dadurch, daß der
Herr den Sklaven
bei
Aufstellung der Bürgerrolle als freien
Bürger eintragen ließ (per censum), oder durch Zusendung eines
Freibriefs (per
epistolam) oder endlich durch eine einfache Willenserklärung (inter amicos, per mensam, per convivium) erfolgen.
Die Behandlung der Sklaven, deren Zahl eine sehr große und deren Verwendung eine sehr verschiedenartige
war, gab durch
Willkür und Grausamkeit wiederholt zu blutigen Sklavenaufständen, ja selbst zu förmlichen
Sklavenkriegen
(s. d.) Veranlassung, zumal nachdem gegen das Ende der
Republik die
Sitte aufgekommen war, Sklaven zu
Tierkämpfen und zu blutigen
Fechterspielen zu verwenden. Namentlich war es der
Aufstand desSpartacus (s. d.), welcher gefährliche
Dimensionen annahm.
Die Entstehung des Negersklavenhandels ist sicherlich schon auf die frühste Zeit zurückzuführen. Seit
unvordenklicher Zeit pflegten nomadische
Stämme der
SaharaNeger zu rauben, auch wohl von den Häuptlingen einzutauschen und
an die Bewohner des
Mittelmeers
[* 6] zu verkaufen. In
Lissabon
[* 7] soll der Portugiese
Gonzales 1434 zum erstenmal
Neger feilgeboten haben.
Dies
Verfahren fand dann auch in
Spanien
[* 8]
Nachahmung, und bald waren Sklavenmärkte auf der
Pyrenäischen Halbinsel
an der
Tagesordnung, die bis ins 16. Jahrh. fortdauerten.
Einen ganz besondern Aufschwung nahm dieser verabscheuungswürdige Menschenhandel mit der
EntdeckungAmerikas. Man erzählt,
daß der
PriesterLas Casas zur Erleichterung der zur schweren
Arbeit untauglichen Eingebornen den
Import von
Negern zu den
Arbeiten
in denMinen und Zuckerplantagen der spanischen
Kolonien angeregt habe.
Karl V. erteilte vlämischen
Schiffern 1517 das
Privilegium, alljährlich 4000 afrikanische Sklaven in
Amerika
[* 9] einzuführen, und dieser sogen. Assientohandel wurde von der
spanischen
Regierung nacheinander an verschiedene
Nationalitäten vergeben (s.
Assiento).
Ebenso untersagte Brasilien
[* 17] denselben auf Grund von Verträgen mit England von 1826 und 1830. Insgeheim freilich wurde der Negerhandel
immer noch fortbetrieben, und die Freigabe der vorhandenen farbigen Sklaven erfolgte in den amerikanischen
Staaten und Kolonien nur zögernd und teilweise unter den größten Schwierigkeiten. Nachdem nämlich zunächst die britische
Regierung 1830 sämtliche Kronsklaven freigegeben hatte, erfolgte die völlige Emanzipation der Sklaven in den englischen
Kolonien gegen Entschädigung der Pflanzer mit 20 Mill. Pfd. Sterl., so daß hier
mit einemmal nahezu 639,000 Sklaven, auf Jamaica allein 322,000, frei wurden.
Ebenso wurde 1848 in den französischen Kolonien infolge der Revolution die S. abgeschafft, und ebendasselbe geschah nach und
nach in den nördlichen Staaten der nordamerikanischen Union. In den Südstaaten dagegen nahm dieselbe mehr und mehr überhand,
so daß man 1860 hier nicht weniger als 3,949,557 farbige Sklaven zählte. Vielfache Anläufe zur Beseitigung
der S. waren erfolglos. Man blieb dabei stehen, daß ihre Beibehaltung für die Südstaaten eine Lebensfrage, daß die dortige
Baumwollkultur ebenso wie der Tabaks- und Zuckerbau nur mit der Sklavenarbeit erfolgreich zu betreiben seien. So ward
denn das sogen. Missourikompromiß von 1820, wonach in den Gebieten nördlich vom 36.° die
S. für immer aufgehoben sein sollte, 1854 durch die Kansas-Nebraska-Akte wieder aufgehoben, in welcher Einführung, Beibehaltung
oder Abschaffung der S. lediglich für eine partikuläre Angelegenheit jedes einzelnen der unierten Staaten erklärt wurde.
Dieser der S. günstigen Strömung arbeitete aber nunmehr die republikanische oder Freibodenpartei entgegen,
und die WahlLincolns zum Präsidenten 1860 bedeutete den Sieg dieser Partei, aber auch zugleich die Losung zum Bürgerkrieg und
zum offenen Aufstand der elf südlichen Sklavenstaaten. Die erfolgte Emanzipationsproklamation für alle Sklaven
und ihre Nachkommenschaft war zunächst nur eine Kriegsmaßregel, wurde aber durch Kongreßbeschluß
vom zum Gesetz erhoben und der nordamerikanischen Verfassung einverleibt.
Die 1865 erfolgte Niederwerfung der Südstaaten verschaffte diesem Gesetz die thatsächliche Anerkennung, und wirksame Gesetze,
welche zur Ausführung des erstern erlassen wurden, sorgten für die praktische Verwirklichung desselben. Namentlich sind
durch die sogen. Rekonstruktionsbill allen Farbigen die politischen Rechte (aktive und passive Wahlrechte)
eingeräumt worden. Hieran schloß sich dann 1871 das Sklavenemanzipationsgesetz in Brasilien, und ebenso wurde auf Cuba die
Befreiung der Sklaven unter harten Kämpfen durchgeführt. Ein Gesetz vom beseitigte die S. auf dieser Insel gänzlich.
In den westindischen KolonienDänemarks, Hollands und Schwedens war die S. schon zuvor aufgehoben worden.
Ist sonach in Amerika die S. als abgeschafft anzusehen, so ist dies in Asien
[* 18] und namentlich in Afrika
[* 19] keineswegs der Fall. Allerdings
hat
die türkische Verfassung vom die S. für das ganze osmanische Reich rechtlich beseitigt;
aber thatsächlich besteht sie in den türkischen Gebieten immer noch, wenn auch in beschränkterm Umfang als früher. Islam
und Vielweiberei sind eben der S. besonders günstig. Ebenso hat sich ÄgyptenGroßbritannien
[* 20] gegenüber zwar zur
Unterdrückung des Sklavenhandels verpflichtet, ohne jedoch die Beseitigung desselben innerhalb der Grenzen
[* 21] der ägyptischen Herrschaft durchführen zu können.
Allerdings sollte das Verbot des Sklavenhandels teilweise erst in sieben, teilweise sogar erst in zwölf Jahren, vom an
gerechnet, in Kraft
[* 22] treten; letzteres für den Sudân und für die jenseit Assuân gelegenen ägyptischen Provinzen. Die Erfolge
des rebellischen Mahdi im Sudân haben diese Bestrebungen jedoch wesentlich beeinträchtigt, so daß das
obere Nilgebiet immer noch als ein Hauptherd der S. gelten muß. In Zentralafrika aber bestehen S., Sklavenjagden und Sklavenhandel
in der abscheulichsten und grausamsten Weise fort.
Die Ergebnisse der entsetzlichsten Menschenraubzüge, welche ganze Länderstriche veröden, sind vielfach zur Ausfuhr
nach den Küstenstrichen und nach Arabien, aber auch nach Marokko, Tunis und Tripolis bestimmt. An der ostafrikanischen Küste
sind es namentlich arabische Sklavenhändler, welche den Negerhandel betreiben und ihre Beute, soweit die Geraubten die Küste
lebend erreichen, auf ihren Sklavenschiffen (Dhaus) fortschaffen. Die Sklavenjagden sind in neuerer Zeit durch die
Forschungen und Mitteilungen von Cameron, Livingstone, Stanley und Wißmann in ihrer ganzen Verabscheuungswürdigkeit erkannt
worden.
Livingstone berechnete, daß jährlich mindestens 350,000 Menschen geraubt würden, von denen aber nur etwa 70,000 lebend ihren
Bestimmungsort erreichten. Er rechnete auf jeden Sklaven mindestens fünf Opfer; zuweilen komme sogar nur einer auf zehn Geraubte
wirklich zum Verkauf. Der Primas von Afrika, KardinalLavigerie, aber nimmt sogar an, daß in ganz Afrika etwa 2 Mill. Menschen
jährlich infolge des Sklavenhandels das Leben verlieren. In Süd- und Westafrika ist die S. allerdings zum Teil ganz beseitigt,
teils hat sie mildere Formen angenommen. Auf Madagaskar
[* 23] wurde die S. 1877 abgeschafft.
Was die gegenwärtige völkerrechtliche Beurteilung der S. seitens der zivilisierten Staaten anbetrifft, so ist dieselbe als
schlechthin völkerrechtswidrig noch nicht aufzufassen. Wohl aber gilt dies von den Sklavenjagden und von dem Sklavenhandel.
Die Abschaffung der S. in Afrika selbst ist von dem FürstenBismarck im Reichstag als zur Zeit
unthunlich bezeichnet worden. Auf die Beseitigung des afrikanischen Sklavenhandels aber wird nach dem Vorgang Englands auch
von Deutschland
[* 24] hingewirkt.
des Völkerrechts, wie solche von den Signatarmächten anerkannt werden, der Sklavenhandel verboten ist und die Operationen,
welche zu Land oder zur See diesem Handel Sklaven zuführen, ebenfalls als verboten anzusehen sind, so erklären die Mächte,
welche in den das konventionelle Congobecken bildenden Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben oder ausüben
werden, daß diese Gebiete weder als Markt noch als Durchgangsstraße für den Handel mit Sklaven, gleichviel welcher Rasse,
benutzt werden sollen. Jede dieser Mächte verpflichtet sich zur Anwendung aller ihr zu Gebote stehenden Mittel, um diesem
Handel ein Ende zu machen und diejenigen, welche ihm obliegen, zu bestrafen.« Diese Verpflichtung
erstreckt sich auf die 14 Staaten, welche die Berliner
[* 31] Generalakte unterzeichnet haben, sowie auf den Congostaat. Um aber der
Sklavenausfuhr in Ostafrika wirksam zu begegnen, welche namentlich von Sansibar
[* 32] aus auf arabischen Dhaus unter französischer
Flagge schwunghaft betrieben ward, erklärten Deutschland und England vom ab die Küstenlinie
des Sultanats von Sansibar in den Blockadezustand; doch ward diese Blockade nur gegen die Einfuhr von Kriegsmaterial und die
Ausfuhr von Sklaven gerichtet. Im Anschluß hieran erklärte auch Portugal den nördlichen Teil des portugiesischen Gebiets
an der Ostküste von Afrika in den Blockadezustand.
diejenige Stufe menschlicher Dienst- und Abhängigkeitsverhältnisse, auf der bei voller Einbuße der persönlichen
Freiheit ein Mensch zur Sache und damit zum Eigentum eines andern wird, das beliebig
veräußert werden kann. Die S. ist so
alt wie der Ackerbau. Während sie bei den schweifenden Jagdvölkern und bei den nomadisierenden Hirtenstämmen
keinen Raum fand und bei Völkern, die dem Fischfang obliegen, nur vereinzelt vorkommt, entstand mit dem Seßhaftwerden und
dem Beginn der Bodenbestellung auch das Bedürfnis nach Sklavenarbeit.
Die gesteigerte Arbeitsleistung, die der Bodenbau verlangt, forderte, mit der uralt geübten Sitte der Tötung
der Kriegsgefangenen zu brechen und die Arbeitskraft der Unterworfenen zum Vorteil des siegreichen Stammes auszunutzen. In der
Folge trat in den Kriegen neben dem Güterraub als Zweck der Menschenerwerb hervor, durch den der eigene Bedarf an Sklaven
gedeckt und Menschenmaterial als Gegenstand des Handels erworben wurde. S. und Sklavenhandel finden sich
in den sie bedingenden Kulturstufen und wirtschaftlichen Verhältnissen in fast allgemeiner Verbreitung und haben auf die
Entwicklung der Völker überall einen wesentlichen Einfluß geübt.
Seit dem Aufkommen der S. führten die Kriege zu einer Bereicherung des Siegers an Arbeitskräften, die der Kultur dienstbar
gemacht werden konnten. Die Anfänge der Arbeitsteilung und der auf einen Zweck gerichteten Massenleistung
setzten mit der S. ein. Durch die Überweisung der materiellen Arbeit an die Sklaven ward den Herrschenden eine freiere Bethätigung
im Dienste
[* 38] der Stammes- und Staatsinteressen und die Pflege geistigen Lebens ermöglicht. Mit der Unterscheidung in Freie und
Unfreie entstand eine mehr und mehr sich festigende Gliederung der Gesellschaft; die S. wirkt ständebildend,
und vereinzelt ist es selbst bei den Negern, wie an der Goldküste und im Kongolande, zur Bildung eines Adels gekommen.
Die sociale Stellung der Sklaven pflegt günstiger und ihre Behandlung milder zu sein bei Völkern einer niedern Kultur; die
Anforderungen werden strenger und die Ausnutzung der Arbeitskraft wird gesteigert bei entwickelten Wirtschaftsverhältnissen.
Das wirtschaftliche Leben der antiken Völker beruhte fast ausnahmslos auf S., und das ganze Altertum hindurch blieb es völkerrechtlicher
Grundsatz, die Kriegsgefangenen als Sklaven zu betrachten. Der Sklavenhandel, vornehmlich durch die Phönizier vermittelt,
war eine feste Einrichtung.
Assyrer, Babylonier und Perser hatten S. seit ihrem ersten Auftreten als Eroberer; in Indien bestand eine mildere Form der
Gebundenheit. Die Juden, deren ursprünglich weitgehende Gewalt über ihre Sklaven das mosaische Gesetz beschränkte, unterschieden
zwischen einheimischen Sklaven, die nach sechsjähriger Dienstzeit freigegeben werden mußten, falls sie nicht freiwillig
auf Loslassung verzichteten, und solchen fremder Nationalität, die in lebenslänglicher S. verblieben.
Sklavenkinder, auch diejenigen der einheimischen Unfreien, waren Eigentum der Herren. Die S. erlangte bei den Israeliten
nicht die Bedeutung, die sie bei den klassischen Völkern hatte, und der Sklavenhandel erreichte bei ihnen keine beträchtliche
Ausdehnung.
[* 39] Das Alte Testament weiß nichts von Sklavenmärkten, erst in der Mischna wird ihrer Erwähnung
gethan.
Bei den Griechen blieb die S. wirtschaftliche Grundlage des Staatslebens durch die ganze Geschichte des Volks hindurch. Auch
ein Platowar in dieser Frage nicht vorurteilsfrei, und Aristoteles, obschon er die S. etwas Widernatürliches nennt,
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hält an ihrer wirtschaftlichen Notwendigkeit fest. Den Grundstock der Sklavenbevölkerung bildeten die Nachkommen der unterjochten
Ureinwohner. Dazu kamen zu allen Zeiten Kriegsgefangene und besonders seit dem 7. Jahrh. eine stetig zunehmende Einfuhr
fremder Sklaven. Nicht nur die bürgerliche Bevölkerung
[* 41] hielt zu Landbau und gewerblichen Verrichtungen Sklaven, sondern
auch die Staaten bedienten sich in weitem Umfange der Sklavenarbeit. Am hervorstechendsten war das Staatssklavenwesen
im kommunistischen Sparta entwickelt, dessen Geschichte durch das stammfremde, hart gehaltene und zu erbitterten Aufständen
immer geneigte Helotentum hervorragend bestimmt wurde.
Bei der großen Mannigfaltigkeit des polit. und wirtschaftlichen Lebens in Griechenland
[* 42] war die sociale Stellung der
Sklaven eine sehr verschieden abgestufte; im ganzen aber war ihre Lage keine drückende, und das Heraustreten aus dem Stande
der Unfreiheit war nicht erschwert. Das Asylrecht diente dem Sklaven, sich einer unwürdigen Behandlung zu entziehen; die
Freiheit erlangten athenische Sklaven durch Loskauf aus ihrem Nebenverdienst oder durch Freilassung.
Auch gab der Staat Sklaven frei, die in Notfällen bewaffnet worden waren oder sonst dem Gemeinwesen wichtige
Dienste geleistet hatten. Die Zahl der Unfreien schätzt J. ^[Karl Julius] Beloch zu Beginn des PeloponnesischenKrieges (bei
einer BevölkerungGriechenlands, mit Macedonien und den umliegenden Inseln von 3 Mill.) auf etwa 1 Mill. Ihre
Hauptmasse erfüllte die Mittelpunkte des Handels und der Gewerbthätigkeit, Korinth,
[* 43] Athen,
[* 44] Ägina. Am konsequentesten ausgebildet
und mit Sitte, Staatswirtschaft und Politik verwachsen war das Sklavenwesen bei den Römern.
Schon in der ältern Zeit häufte sich mit den Eroberungen die Zahl der Sklaven; nach den PunischenKriegen war Rom mit
[* 45] einer
Übermenge von Sklaven erfüllt, die noch fort und fort durch die zahlreichen Kriege und auf dem Wege des Handels vermehrt
wurden. Der Staat selbst hielt Mengen von Sklaven zur Verrichtung der öffentlichen Arbeiten, zum Minenbau, zur Bedienung der
Magistrate; jeder wohlhabendere Bürger besaß Sklaven, und das Gesinde der Großen wuchs in der Zeit der
spätern Republik und unter den Kaisern bis zu 5000, 10000, ja 20000 Köpfen.
Ein Teil dieser Masse diente allein dem Luxus der Besitzer, andere wurden zur Besorgung der häuslichen Geschäfte verwendet,
zum Betreiben von Künsten und Gewerben organisiert und zur Bebauung des Landes gehalten. Der röm. Sklave
der ältern Zeit war rechtlos und besitzlos, das völlige Eigentum seines Herrn, der eine unbeschränkte Gewalt über Leben
und Tod ausübte. Die Strafen für Vergehen waren hart; schon die Denunziation seines Herrn, ferner jeder Diebstahl eines Sklaven
wurde mit Todesstrafe belegt, die bis auf Konstantin in der Kreuzigung bestand.
Der Sklave konnte keine rechtliche Ehe schließen, sein Zeugnis vor Gericht dürfte er nur auf der Folter ablegen. Auch vom
Kriegsdienst waren die Unfreien ausgeschlossen, und nur in einigen Fällen besonderer Bedrängnis des Staates wurden hierin
Ausnahmen gemacht. Die Freilassung (manumissio) erfolgte unter feststehenden Formen (s. Freilassung".
Nur der durch feierliche manumissio Freigelassene (libertus) wurde röm.
Bürger, sofern sein Herr selbst das Bürgerrecht besaß.
War dies nicht der Fall, so trat der Freigelassene nur in die Klasse der Lateiner oder der Provinziellen. Aber
auch der Freigelassene,
der in die Reihe der Bürger aufgenommen wurde, erlangte nur einen beschränkten Besitz der Bürgerrechte.
Andererseits wurden nach älterm RechtFreie durch Überschuldung unfrei, und bei schweren Verbrechen degradierte man röm.
Bürger zu Sklaven, um an ihnen die Strafe vollziehen zu können. Seit 265 v. Chr. wurde es Sitte, Sklaven als Gladiatoren
[* 46] zu
erziehen.
Bei der Härte, die die röm. Sklaven erfuhren, waren Aufruhr und Verschwörungen nicht selten; 135-132
und 102 v. Chr. mußten in Sicilien Sklavenempörungen niedergekämpft werden, 73-71 v. Chr. erschütterte
der Aufstand unter Spartacus (s. d.) die Republik. (S. Sklavenkriege.) Erst in der Kaiserzeit, namentlich unter dem Einfluß
der stoischen Lehre,
[* 47] begann das Los der Sklaven milder zu werden. Die Kaiser, Trajan und mehr noch Hadrian,
beschränkten die Willkür der Herren und hoben die Sklaven aus dem Zustande der Rechtlosigkeit heraus.
Ein gemißhandelter Sklave, der unter die Statue des Kaisers floh, hatte Anspruch auf dessen Schutz. Die Sklaven durften Eigentum
besitzen und ihren Erwerb zur Loskaufung verwenden. Antonin endlich entzog den Herren das Recht über
Leben und Tod ihrer Sklaven. Man begann Sklaven anzusiedeln, und die Freilassungen wurden bald in solchem Maße üblich, daß
gesetzliche Beschränkungen getroffen wurden. Das Christentum nahm die ihm aus dem Heidentum entgegenkommende humanitäre Strömung
in sich auf, blieb aber der S. als einer Institution des staatlichen Lebens gegenüber neutral, so daß
diese die Zertrümmerung des RömischenReichs überdauerte. Im Orient ist der Unterschied zwischen Unfreien und Herren zu allen
Zeiten weniger schroff gewesen; die Sklaven standen ihren Herren näher und trugen mehr den Charakter des Hausgesindes.
Die Freilassung der Sklaven wird im Koran als ein Gott wohlgefälliges Werk empfohlen. Es liegen keine
Hinweife vor, daß Mohammed und die Chalifen Kriegsgefangene zu Sklaven machten. Die Sklavenscharen an den Höfen der Chalifen
waren vielmehr zumeist Neger, die aus dem Innern Afrikas auf dem Handelswege erworben wurden. Erst in den Kreuzzügen übten
die Mohammedaner wechselseitig mit den Kreuzfahrern die Sitte, die Gefangenen zu Sklaven zu machen. Die
auf die Kreuzzüge folgende Ausbreitung der islamit.
Macht führte dann Tausende von Christen in die mohammedanische S. In den abendländ. Reichen, die sich auf den Trümmern der
röm. Kultur erhoben, hat sich S. und Sklavenhandel auch nach der Einführung des Christentums noch Jahrhunderte lang erhalten.
Die Germanen hatten Sklaven, die durch Unterjochung oder Kriegsgefangenschaft unfrei geworden waren, aber
auch solche, die durch Überschuldung und sogar durch Verlust ihrer Freiheit im Spiel in die Knechtschaft geraten waren.
Die Sklaven wurden im Hausdienste verwendet, und sicher hielten Vornehme einen größern Troß von Unfreien. Weiterhin wurden
sie auf Hufen angesiedelt und waren zu Abgaben und Diensten verpflichtet. Die Knechte der Germanen galten
rechtlich nicht als Personen, sie wurden als Vermögensobjekte und als außerhalb der Nation stehend angesehen. Der Herr verfügte
unbeschränkt über seine Unfreien. Tötung und Verletzung fremder Sklaven wurde nicht durch ein Wergeld, sondern durch einen
! ihrem Besitzer zu leistenden Schadenersatz vergolten. Die Freilassung konnte eine widerrufliche sein,
welche die Zugehörigkeit zum Hause des Herrn nicht
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hob, oder eine durch öffentliche Erklärung gewährte, die das Recht der Freizügigkeit verlieh, jedoch den Freigelassenen
einem Schutzherrn, meist dem bisherigen Herrn, überwies. Freigelassene waren durch Wergeld geschützt und konnten Eigentum
für ihre Lebensdauer erwerben. Die volle Freiheit wurde erst durch die Freilassung durch den König erlangt. Mit der
Eroberung Galliens mußte die große Menge der hier seit der Römerzeit gehaltenen Sklaven dem german.
Staatsleben eingeordnet werden; besonders aber seit Beginn der Slawenkriege wuchs die Zahl der Unfreien außerordentlich,
und es entstand ein schwunghafter Handel mit slaw. Gefangenen nach Frankreich, England, Italien, selbst bis Konstantinopel.
[* 49] (Das
Wort Sklave = Slawe ging in alle europ. Sprachen über, engl. slave; frz. esclave; span.
esclavo; ital. schiavo.) Mit dem Seßhaftwerden der Stämme nach der Völkerwanderung hatte der Begriff der Nation sich auf
Unfreie und Freigelassene zu erweitern begonnen.
In der Merowingerzeit erhielten die Sklaven eine beschränkte Rechts- und Vermögensfreiheit, seit dem 6. Jahrh.
wurde ihnen das Wergeld zugestanden. Aus ihrerZahl hoben sich langsam heraus die Zinsbauern (Liten, Lassen), die mehr und mehr
als unzertrennlich von der Hufe, auf der sie angesiedelt waren, galten, und die im persönlichen Dienste weltlicher und geistlicher
Herren stehenden Knechte (pueri, ministeriales), die häufig die Schranken ihres Standes durchbrachen
(s. Ministerialen). An die Klasse der Zinsbauern, mit der die der niedern Unfreien allmählich verschmolz, knüpft sich die
Entwicklung zur Leibeigenschaft (s. d.), die im 13. Jahrh.
abgeschlossen erscheint.
Seitdem tritt nur der eine Stand der Unfreien, die eigenen Leute, in mittelalterlichen Rechtsquellen entgegen. In England
hatte unter der röm. Verwaltung die S. nach röm. Art bestanden. Bei der Besitznahme des Landes durch
die Angelsachsen wurde die brit. Bevölkerung unfrei, und der größere Teil der Besiegten baute für die Überwinder das Land.
Doch war die Lage dieser Unterworfenen nicht drückend und ihr Los weit weniger hart als das der Haussklaven,
die man erhandelte.
Schon in den ersten Jahrhunderten der normann. Epoche ging die S. in England in die Leibeigenschaft über. Die S. in Frankreich
wurde nach der röm. Zeit durch Sklavenkauf wie durch Verwendung Kriegsgefangener als Sklaven
unterhalten. Der große Sklavenmarkt von Frankreich war Lyon;
[* 50] hier trafen die Sklaven aus dem OstenDeutschlands
[* 51] mit den aus Spanien fortgeführten Mauren zusammen. Am Anfange des 12. Jahrh. setzte Ludwig VI. im Machtreiche der Krone Erleichterungen
der drückenden Knechtschaft durch, und der erstarkenden Königsgewalt gelang es, der S. enge Grenzen zu ziehen. In Italien
war Rom der Mittelpunkt des Menschenhandels geblieben, von wo aus die Venetianer Christensklaven nach
dem Orient verhandelten, und wohin die Spanier die Kriegsgefangenen und im Seeraub erbeuteten maur.
Sklaven zuführten. Während gegen Schluß des 13. Jahrh. S. und Sklavenhandel im christl. Europa
[* 52] zu Ende ging, blieb beides
auf der Pyrenäischen Halbinsel noch lange in Gebrauch. In den über ein halbes Jahrtausend andauernden
Kämpfen zwischen Christen und Mauren pflegten beide Parteien ihre Gefangenen zu Sklaven zu machen und bei dem tiefen Gegensatz
der Rasse und Religion mit Härte zu behandeln. Der Überfluß an maur. Sklaven war bei den Spaniern so
groß, daß sie Jahrhunderte
hindurch die Sklavenmärkte des südl. und westl.
Europas versorgen konnten.
Noch zu Anfang des 16. Jahrh. waren in Spanien und Portugal Tausende von Mauren Sklaven. Seit der Besitznahme der Westküste
von Afrika durch die Portugiesen und der Entdeckung von Amerika bemächtigten sich die abendländ. Nationen des Negersklavenhandels,
und in dem Zeitraume des Beginns der modernen Civilisation bildete sich mit der Überführung von Negersklaven
in europ. Kolonien ein neues System der S. heraus, das mit der Kolonialwirtschaft eng verwuchs und lange umkämpft erst in
unserm Jahrhundert beseitigt werden konnte.
Der Negerhandel reicht bis in die frühesten Zeiten zurück. Der Verkauf geraubter oder ertauschter Sklaven aus dem Innern
Afrikas besonders nach Vorderasien hin war eine von alters her bestehende Einrichtung des afrik. Völkerlebens. Seit 1480 begannen
die Portugiesen von der Küste von Guinea aus Negersklaven auszuführen; sie verwendeten sie mit Vorteil in den neu begründeten
Zuckerpflanzungen der Inseln Fernando Po, Principe, Annobon und besonders St. Thomas. Seit 1506 schickten
die Spanier Negersklaven in ihre amerik.
Kolonien, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Eingeborenen den ihnen auferlegten Arbeiten nicht gewachsen waren. Die
eingeführten Neger erwiesen sich als sehr brauchbar; 1511 erlaubte die Handelskammer zu Sevilla
[* 53] ihre direkte Einfuhr in die
span. Kolonien, und 1517 wurde auf Betreiben des menschenfreundlichen Las Casas, des Beschützers und Apostels
der Indianer, durch Karl V. die Verwendung der Eingeborenen in den Kolonien verboten und die Negereinfuhr als Privilegium dem
Marquis de de la Bresa auf acht Jahre übertragen. Er verkaufte das Vorrecht an die Genueser, doch gelang es den Portugiesen
noch vor Ablauf
[* 54] dieser Frist, sich der Negereinfuhr nach Amerika zu bemächtigen.
Seit 1562 nahmen auch die Engländer an diesem Handel teil, und im Utrechter Frieden 1713 wirkten sie sich das Recht aus, auf 30 Jahre 144000
Negersklaven in die span. Kolonien einzuführen. Auch Frankreich wandte sich unter Ludwig XIII. dem Negerhandel zu und
gründete zu dem Zwecke Niederlassungen an der afrik. Westküste. Der franz. Sklavenhandel wurde bedeutend, als der Englands
durch den Krieg gegen die nordamerik. Kolonien lahmgelegt war. Spanien, das den Sklavenhandel den Fremden überließ, gab ihn 1784 gänzlich
frei.
Die folgenreichste der Entwicklungen, die aus der Negereinfuhr hervorgingen, wurde diejenige in den engl.
Kolonien Nordamerikas. Hier entstand und befestigte sich die S. mit der Kultur der Baumwolle
[* 55] in erster Linie, dann des Zuckers
und des Reis; sie wuchs mit der Bedeutung, die diese Produkte im wirtschaftlichen Leben der Südstaaten gewannen. 1620 landeten
die ersten Sklaven in Jamestown (Virginien), 1621 wurde die ersteBaumwolle in Amerika gebaut. 1620-1740
sind nach Bancroft 130000, 1740-76 300000, nach Carey im ganzen 333000 Sklaven in die 13 Kolonien eingeführt. Der Widerstand,
den die S. in den nördl. Staaten, deren wirtschaftliche Verhältnisse die freie Arbeit verlangten, von Anfang an fand, konnte
ihre wachsende Ausbreitung nicht hindern. Seit 1727 waren es vornehmlich die Quäker, die diesen Widerstand
thatkräftig vertraten; sie verboten unter sich den Sklavenhandel, entließen 1751 ihre Neger und stifteten 1774 die Pennsylvanische
Gesellschaft, die eine erfolgreiche
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