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Wirksamkeit entfaltete. Aber das bei der Unabhängigkeitserklärung der Union erlassene Verbot der Sklaveneinfuhr mußte 1787 auf Andringen der Südstaaten bis zum J. 1808 zurückgenommen werden. Der Census von 1790 ergab in den vier Plantagenstaaten Virginien, Georgia, Nord- und Südcarolina eine Sklavenbevölkerung von 567527, in den neun übrigen Staaten von 40370 Personen. Der außerordentliche wirtschaftliche Aufschwung in den folgenden zwei Jahrzehnten trieb die Südstaaten zu immer erneuten Anstrengungen, sich die S. zu sichern. Da mit dem J. 1808 das Sklaveneinfuhrverbot in Kraft [* 3] trat, deckten einige Staaten ihren Bedarf an Sklaven für die nächsten Jahre im voraus; so führte Carolina allein zwischen 1801 und 1808 40-50000 Sklaven ein, und die Folge des Verbots war ein um so schwunghafterer Menschenhandel der sklavenhaltenden Staaten untereinander und die eigenartige Einrichtung der Sklavenzüchtung, die, im Großen betrieben und mit System geübt, die Staaten bald in sklavenzüchtende und sklavenabnehmende trennte.
Das Bestreben, sich gefährlicher Elemente zu entledigen, ließ die Sklavenhalter an einem Unternehmen sich beteiligen, das die Überführung und Ansiedelung freier Neger in Afrika [* 4] bezweckte und die Entstehung der Negerrepublik Liberia [* 5] (s. d.) 1822 zur Folge hatte. Der Gegensatz zwischen der freien Arbeit des Nordens und dem Sklavenwesen des Südens wurde immer mehr ein principieller und gestaltete sich zu einem immer offener werdenden Ringen um die Suprematie in der Union.
Der Hader erhob sich stets mit erneuter Heftigkeit, wenn bei der Aufnahme eines Gebietes in den Staatenverband der Union die Frage, ob dem neuen Staate die Erlaubnis zum Sklavenhalten zu geben sei, zur Entscheidung stand. Das Missouri-Kompromiß (s. d.) verbot 1820 nördlich von 36° 30' nördl. Br. die S. für immer. Indessen war es offenbar, daß durch diesen Vertrag die Gegensätze nur überbrückt waren und die Entscheidung nur hinausgeschoben wurde. In Europa [* 6] war es vor allem England, das die Sklavenfrage aufnahm und durch seine Initiative auf die übrigen Mächte wirkte.
Männer wie
Sidmouth und Wellesley forderten seit 1783 im engl. Parlament die Abschaffung der S., wenn
auch noch gegen überlegene Gegnerschaft; doch kam 1784 ein Gesetz zum Schutze der Sklaven in den brit.
Kolonien zu stande. Es belegte die Ermordung eines Sklaven mit
Todesstrafe und schränkte das Züchtigungsrecht
ein. Durch Clarksons Bemühungen trat 1787 das
African-Institution ins Leben, das sich der Unterdrückung der Negersklaverei
mit
Energie widmete. Seit 1788 kämpfte der edle Wilberforce (s. d.), von Pitt,
Fox,
Smith u. a. unterstützt, im brit. Parlament für die
Befreiung der Sklaven.
Indessen scheiterte ein 1792 auf Unterdrückung des Sklavenhandels gerichteter Beschluß des Unterhauses an dem Widerstände des Oberhauses, und nachdem das unvermittelt erlassene Befreiungsdekret der franz. Nationalversammlung die Katastrophe auf Haïti [* 7] (s. d.) herbeigeführt hatte, waren, als 1796 der unermüdliche Wilberforce seinen Antrag abermals einbrachte, auch die Freunde der Neger geneigt, die tiefeingreifende Reform auf eine ruhigere Zeit zu verschieben.
Nachdem Fox die Sklavenfrage wieder vor das Parlament gebracht hatte, gelang es endlich 1807 den von der öffentlichen Meinung unterstützten Ministern, bei beiden Häusern den Abolition act of slavery durchzusetzen, wonach der brit. Negerhandel mit dem aufhören mußte. Seitdem ist England unausgesetzt bemüht gewesen, nicht nur die übrigen seefahrenden Nationen zu dem gleichen Schritte zu bewegen, sondern auch die gleichmäßige Durchführung des Verbots auf völkerrechtlichem Wege zu sichern.
Nachdem es feine überlegene Stellung im Kriege gegen das Napoleonische Frankreich benutzt hatte, in den Bündnis- und Friedensverträgen mit Schweden [* 8] (1813), mit Portugal, [* 9] Spanien, Dänemark [* 10] und den Niederlanden (1814) sich dahin gehende Zusagen machen zu lassen, mußte Frankreich, das seit den Ereignissen auf Haïti die S. in den Kolonien wieder gestattet hatte, im Pariser Frieden vom sich verpflichten, seine Bemühungen mit denen Englands zu vereinigen, um die Unterdrückung des Sklavenhandels von allen Mächten der Christenheit aussprechen und ihn so allgemein aufhören zu lassen.
Gleichwohl war es gerade das Verhalten Frankreichs, das auf dem Wiener Kongreß nur eine principielle Erklärung der Mächte gegen den Sklavenhandel zu stande kommen ließ. Die beiden folgenden Versuche, einen wirksamen Zusammenschluß zu erreichen, scheiterten; sowohl der Kongreß zu Verona [* 11] 1822 als auch die Londoner Konferenzen verliefen für die Abolitionsbestrebungen ergebnislos. Die Ursache des Mißerfolgs war der von England erhobene und in den Verträgen mit Portugal, Spanien und den Niederlanden 1817 und 1818, wenn auch nur für ein begrenztes Seegebiet durchgesetzte Anspruch auf gegenseitige Einräumung eines Rechts zur Durchsuchung verdächtiger Schiffe [* 12] und auf Aburteilung der aufgebrachten schiffe durch gemischte Kommissionen.
Den nachhaltigsten Widerstand fand England aber gerade bei derjenigen Macht, deren Mitwirkung zur Erreichung des Ziels unentbehrlich war, bei den Vereinigten Staaten. [* 13] Diese schienen bereits gewonnen, als von den Vertretern beider Staaten ein Vertragsentwurf unterzeichnet wurde, der von den bisherigen Verträgen wesentlich nur darin abwich, daß jedem Teile die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe seiner Flagge durch sein Gericht vorbehalten blieb, zu welchem Zwecke sie von den Kreuzern des andern Teils in bestimmte Heimatshäfen zu führen waren.
Die Ratifikation dieses Vertrags scheiterte indes an dem Widerspruch, der sich im amerik. Senat erhob. Dagegen wurde der Entwurf von 1824 die Grundlage der und zwischen England und Frankreich geschlossenen Verträge. Spanien hatte 1817 gegen eine Entschädigung von 400000 Pfd. St., Portugal 1823 gegen die Summe von 300000 Pfd. St. auf den Sklavenhandel ganz verzichtet; gleichwohl wurde er insgeheim von Spaniern, Portugiesen und auch Franzosen fortgesetzt, und die Wachsamkeit der brit. Regierung, die von ihrem vertragsmäßigen Rechte, die Seepolizei zu üben, Gebrauch machte, fruchtete wenig, da die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe vor den gemischten Kommissionen meist vereitelt werden konnte. Nach der Losreißung der span. Kolonien Südamerikas vom Mutterlande war hier die Abschaffung der S. erfolgt, Brasilien [* 14] verbot durch Verträge von 1820 und 1830 den Sklavenhandel. Aber das Verbot wurde erst viel später wirksam, und die Sklaveneinfuhr dauerte fort. In England waren seit 1823 auf Buxtons Anregung neue Reformen zu Gunsten der brit. Sklaven durchgesetzt, und 1831 gab die Regierung alle Kronsklaven ohne Entgelt frei. In der ¶
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Parlamentssitzung von 1833 wagte endlich die brit. Regierung, unterstützt von der öffentlichen Meinung, die letzte Hand [* 16] an die Beseitigung der S. zu legen. Lord Stanley brachte 14. Mai im Parlament einen Gesetzentwurf ein, der die Emancipation aller brit. Sklaven vom beantragte. Doch war für jeden Sklaven eine Art Lehrzeit vorgesehen, die für den Haussklaven bis zum für den Feldsklaven bis 1840 dauern sollte. Den Pflanzern wurde die Summe von 20 Mill. Pfd. St. als Entschädigung aus Staatsmitteln bewilligt. Am wurde die Bill vom Könige bestätigt.
Das Institut der Lehrzeit erwies sich freilich als Mißgriff; am erfolgte deshalb die völlige Freilassung sämtlicher Sklaven in den engl. Kolonien. Die Zahl der Befreiten belief sich auf 639000, von denen 322000 allein auf Jamaika kamen. Die Freilassung der Sklaven lahmte allerdings einige Jahre das wirtschaftliche Leben der brit. Kolonien; allein die Emancipation selbst war in geringerm Maße die Ursache der Krisis als der Raubbau, der von den Plantagenaufsehern getrieben war. Um dem Plantagenbau Arbeitskräfte zuzuführen, schritt man dann zur Einführung der Kulis (s. d.) aus Ostindien. [* 17]
Ein Schritt vorwärts im Kampfe gegen den Sklavenhandel wurde mit dem Abschluß des Quintupelvertrags gethan, zu dem sich 20. Dez. 1841 zu London [* 18] die fünf Großmächte vereinigten. Nur Frankreich, in dessen Kammern sich ein Sturm gegen das bereits ein Jahrzehnt von franz. Schiffen geübte Durchsuchungsrecht erhob, ratifizierte den Vertrag nicht. Der Inhalt des Abkommens waren im wesentlichen die Bestimmungen der 1831 und 1833 zwischen England und Frankreich geschlossenen Verträge, denen bereits eine Reihe anderer Staaten beigetreten war (Dänemark und Sardinien [* 19] 1834, die deutschen Hansestädte Toscana und Neapel [* 20] 1837 und 1838). Die kontrahierenden Staaten räumten sich das Recht wechselseitiger Durchsuchung und Beschlagnahme verdächtiger Schiffe ein in einem Seegebiete, das den Atlantischen Ocean vom 32.° nördl. Br. bis zum 45.° südl. Br., den Indischen Ocean von der afrik.-asiat. Küste bis zum 45.° südl. Br. und zum 80.° östl. L. von Greenwich umfaßte. 1848 trat Belgien [* 21] dem Quintupelvertrag bei, und ist das Deutsche Reich [* 22] in die Vertragsrechte und Pflichten des preuß. Staates eingetreten.
Frankreich gestand 1845 in einem Vertrage mit England als dürftigen Ersatz der Abmachungen von 1831 die
Kooperation beiderseitiger Kreuzergeschwader zu, ein schwaches Vertragsband, das 1855 bereits wieder zerriß. Bei der geringen
Initiative Frankreichs in der Sklavenfrage geschah in den franz. Kolonien für die Beseitigung der S. ernstlich nichts. Durch
die Eroberung von Algerien
[* 23] (1830) wurde zwar dem dreisten Menschenraub, den die Barbaresken auf dem Mittelmeer
trieben, ein Ende gemacht, aber die Negersklaverei
in Algerien blieb noch bestehen.
Ein Gesetz vom schaffte endlich das harte Gesetzbuch Ludwigs XIV., den «Code noir», ab, und eine Reihe von Bestimmungen, welche die socialen Verhältnisse der Sklaven regelten, milderten zwar deren Lage, konnten aber das Institut der S. nicht erschüttern. Erst die Revolution von 1848 brachte allen Sklaven der franz. Kolonien (250000 bis 300000 an Zahl) die Freiheit und gab ihnen die vollen Rechte der Weihen. Bei dem unvorbereiteten Eintreten dieser Umwälzung konnte eine schwere Krisis nicht ausbleiben.
Erst allmählich gelang die Herstellung der Ordnung und die Herbeiführung einer freien Arbeitsthätigkeit. Ein im Mai 1854 publizierter Senatsbeschluß sprach die Abschaffung der S. in den franz. Kolonien für alle Zeiten aus. In den Vereinigten Staaten wurde die Kluft zwischen Nord und Süd mit jedem Jahre größer. Die Gegensätze stießen in nationalökonomischen Fragen wie auf dem Gebiete der äußern Politik aufeinander. Die Bewegung gegen die S. schuf sich eine immer breitere Grundlage. 1831 wurde die erste Gesellschaft der Abolitionisten (s. d.) gegründet, an ihrer Spitze die religiösen Schwärmer Tappan und Garrison (s. d.); sie eröffnete eine umfangreiche Propaganda durch Wort und Schrift in den Südstaaten.
Zwar gelang es dem Süden nicht, die Abolitionisten zu unterdrücken, allein wichtige Grundrechte des Volks wurden erheblich
beschränkt; 1838 setzten die Südstaaten die sog. «Atherton Gag» durch, welche die Nichtberücksichtigung aller auf die S.
bezüglichen Petitionen seitens des Kongresses bestimmte. Aus den Kämpfen um die Aufnahme von Texas (1845)
ging die neue entschiedene Antisklaverei
partei der Freibodenmänner (s. d.) hervor.
In dem Kompromiß von 1850 wurde der Streit um die Pacifischen Gebiete dahin beigelegt, daß Kalifornien mit einer die S. ausschließenden
Verfassung zugelassen wurde, während für Utah und Neumexiko die Frage der S. von den künftigen
Verfassungen abhängig sein sollte.
Durch dasselbe Gesetz wurde endlich auch der Sklavenmarkt in Washington [* 24] unterdrückt, der bis dahin offen in der Bundeshauptstadt unterhalten war. Eine tiefgehende Erregung riefen besonders die gehässigen Bestimmungen der Sklavenfluchtgesetze (s. d.) hervor. Der bedrohliche Sieg der Sklavenhalterpartei durch die Kansas-Nebraska-Bill (s. d.), die das Missouri-Kompromiß aufhob, gab die Veranlassung zur Begründung der Republikanischen Partei (s. d.), die den Ausschluß der S. aus allen Territorien und Einschränkung derselben auf ihre bisherigen Grenzen [* 25] als Grundsatz ihrer Politik aufstellte.
Sie unterlag zwar noch 1856, setzte aber 1860 die Wahl Lincolns zum Präsidenten der Vereinigten Staaten durch. Die Folge war die Secession der Südstaaten und der Bürgerkrieg (1861-65), in dem die Bundesregierung anfangs nur für die territoriale Wiederherstellung der Union kämpfte. (S. Vereinigte Staaten von Amerika.) Aber bald sah sie sich gezwungen, weiter zu gehen. Am erließ Lincoln die Emancipationsproklamation, durch die sämtliche Sklaven in den insurgierten Staaten vom an für frei erklärt wurden. 1864 und 1865 nahmen Senat und Repräsentantenhaus das Amendement zur Verfassung an, das die S. in den Vereinigten Staaten aufhob.
Gegen Ende des Krieges war man auch dazu geschritten, Sklaven in die Bundesarmee einzureihen. Die 1865 erfolgte vollständige Niederlage der Secession brachte die Emancipation im ganzen Gebiete der Vereinigten Staaten zur thatsächlichen Geltung. Die Zahl der Sklaven hatte 1820 1 ½ Mill. betragen, 1860 waren in den Südstaaten 3949557 farbige Sklaven gezählt. Der Kongreß hat es sich angelegen fein lassen, die Emancipation durch wirksame Gesetze praktisch zu vervollständigen und ihr ihren vollen Inhalt zu geben. Diese Ausführungsgesetze stießen aber auf den Widerstand des Präsidenten Johnson, der mit Hilfe der Demokratischen Partei die Emancipation ¶
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nur zu einer nominellen zu machen suchte, jedoch der geschlossenen Opposition des Kongresses unterlag und Mai 1868 nur mit Mühe der Absetzung entging. Diese Maßregeln bilden jetzt als 13., 14. und 15. Amendement, veröffentlicht und einen integrierenden Teil der Verfassung. Die Aufhebung der S. in den Vereinigten Staaten hat die in den übrigen Gebieten Amerikas, in denen sie noch bestand, nach sich gezogen. Brasilien entschied sich nach längern Schwankungen 1871 für eine allmähliche Abschaffung der S. Ein Gesetz vom hat dann ihre völlige Aufhebung verfügt.
Dänemark, Schweden und die Niederlande [* 27] schafften die S. auf ihren westind. Kolonien ab, und Spanien that dasselbe 1873 für Portoriko. In den cuban. Verhältnissen entstanden der span. Regierung aber große Schwierigkeiten. 1868 brach nach längerer Gärung ein Aufstand aus, dessen Unterdrückung erst nach zehnjährigen Kämpfen unter schweren Opfern erreicht wurde. Am wurde die Aufhebung der S. ohne Entschädigung ausgesprochen. Sie setzte sich nicht ohne wirtschaftliche Wirren durch, und die erschütterte Ordnung hat durch die Einführung der span. Verfassung (1884) nicht befestigt werden können. 1895 haben sich für Spanien in einer aufständischen Bewegung auf Cuba von neuem Schwierigkeiten erhoben.
Nach der allgemeinen Aufhebung der S. in Amerika [* 28] ist das Sklavenwesen gegenwärtig auf Afrika und Westasien beschränkt. Hier erhält es sich noch in weiter Ausdehnung [* 29] und ist mit dem Völkerleben eng verwachsen. Bei der Negerbevölkerung Afrikas ist die S. eine feste Einrichtung der Kultur und die überlieferte sociale Form, in welche die afrik. Völker seit Jahrtausenden sich eingelebt haben. Man nimmt an, daß Afrika von 200 Mill. Menschen bewohnt sei. Reichard schätzt, niedrig gegriffen, die Hälfte davon als die sklavenhaltende, nichtsemit. dunkle Bevölkerung [* 30] und rechnet auf 100 Mill. dieser dunklen Bevölkerung 70 Mill. Sklaven.
Das Los der afrik. Haussklaven ist mit wenigen Ausnahmen nirgends ein hartes, und ihre sociale Stellung steht meist der Leibeigenschaft näher als der S. Der in der Regel nur geringe Abstand zwischen Herren und Sklaven bringt es mit sich, daß der Zwang der Abhängigkeit kein großer ist; zudem beschränkt die dem Sklaven meist offene Möglichkeit der Flucht die Willkür der Herren. Freilich wo die rohen Gebräuche einer niedern Kultur es fordern, werden Sklaven zu Opferzwecken hingemordet, aber gewöhnlich kommt der rechtlose Zustand nicht zum praktischen Ausdruck.
Auch bei den meisten Arabern ist die Lage der Sklaven keine ungünstige. In Südafrika
[* 31] hat die S. sehr milde Formen angenommen;
auf Madagaskar
[* 32] wurde ihre Aufhebung 1877 ausgesprochen, wenn auch nicht vollkommen durchgeführt. Gegenüber der freien pflichtmäßigen
Leistung im europ. Sinne erscheint dem afrik. Sklaven der Zustand der Unfreiheit als der natürliche, den er der Selbstversorgung
durch freie Arbeit vorzieht. Die Haussklaverei
ist so sehr Grundlage des afrik.
Lebens, daß ihre unvermittelte Beseitigung schwere Übelstände hervorrufen würde, und daß für die europ. Kolonien eine Überleitung der S. in geeignete Kontraktverhältnisse geboten erscheint, um eine gedeihliche Entwicklung der afrik. Bevölkerung selbst als auch der Kolonien zu sichern. Das Haupterfordernis zur Befreiung der eingeborenen Bevölkerung bleibt freilich die Unterdrückung des Sklavenhandels, der, obgleich gegenwärtig auch im Innern eingeschränkt, trotz aller Maßregeln und Anstrengungen mehr oder weniger offen fortbesteht.
An der Westküste Afrikas, von der die stärkste Ausfuhr ausging, solange der amerik. Markt bestand, ist der Handel gegenwärtig nahezu beseitigt; doch wurden bis in die letzten Jahre durch schwarze Händler den portug. Besitzungen Sklaven aus dem Innern zugeführt, und hauptsächlich von Benguella aus versorgte ein heimlicher Handel auch St. Thomas und Fernando Po. Die großen Absatzgebiete des Handels sind jetzt das arab. Nordafrika und Vorderasien. Marokko ist ein Land von großem Sklavenbedarf; nach Tripolis und Ägypten [* 33] besteht die Zufuhr fort trotz strenger Verbote gegen den Sklavenhandel.
Die türk. Verfassung vom hat die S. zwar rechtlich für das ganze türk. Reich aufgehoben, aber thatsächlich gelang nur ihre Einschränkung, und die Negereinfuhr wie der Ankauf weißer Sklaven aus den Gebirgsländern des Kaukasus dauert fort. In Tunis hat das franz. Protektorat (1881) und die Einführung der franz. Verwaltung den schon 1842 und 1846 durch den Bei erlassenen Verboten des Sklavenhandels und der S. Geltung verschafft. Die Märkte der afrik. Nordküste werden vom Sudan aus versorgt, in dessen weiten Gebieten der Sklavenhandel schwunghaft betrieben wird.
Auf grausamen Sklavenjagden wird hier jährlich noch eine Beute von Tausenden zusammen getrieben. Der Handel nach Westasien, fast ganz in den Händen der Araber, hat seinen Hauptherd im obern Nilbecken, das durch Gordon, Gessi und Emin den Sklavenhändlern schon entwunden war, aber seit der Mahdistischen Bewegung dem Arabertum wieder ganz zum Opfer gefallen ist. Mit der Erschließung der Gebiete der großen Seen und des Kongolandes haben die Araber ihre unheilvolle Wirksamkeit tief in das Innere Afrikas hineingetragen.
Die centralen Gebiete von den Ufern des Njassasees und Ukerewe bis zum Sankuru und Mobangi hin schienen dem Schicksal der obern Nillandschaft verfallen zu sollen. Das Vorgehen Deutschlands [* 34] und Englands von der Ostküste aus und des Kongostaates von Westen her hat diese gefährliche Entwicklung aufgehalten. Der Araberaufstand, der 1888 ausbrach, als durch die Übernahme der Verwaltung des ostafrik. Küstenstreifens seitens der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft der Sklavenhandel unterbunden zu werden drohte, endete durch das Eintreten des Deutschen Reichs mit der völligen Niederwerfung der Araber und der von ihnen abhängigen Eingeborenen (Mai 1890). Am übernahm das Deutsche Reich die Verwaltung des gesamten Schutzgebietes, und die fortschreitende Organisation der Kolonie hat den Raum des Sklavenhandels mehr und mehr eingeengt. In zahlreichen Expeditionen ist dem Sklavenhandel mittelbar oder unmittelbar entgegen gewirkt, und eine scharfe Überwachung der Küste hat die Sklavenausfuhr zu unterdrücken gesucht. Durch die Anlage gesicherter Stationen, die Förderung der Mission, die Ausschließung des Landes und durch Maßregeln wirtschaftlicher Art wurde die Beseitigung des Übels in Angriff genommen. Eine thätige Mithilfe erwuchs der Regierung aus der Antisklavereibewegung, die, durch das Auftreten des Kardinals Lavigerie wie in Belgien und Frankreich, so auch in Deutschland [* 35] ins Leben gerufen, ihre aus der ¶