Titel
Sklaverei,
diejenige Stufe menschlicher Dienst- und Abhängigkeitsverhältnisse, auf der bei voller Einbuße der persönlichen Freiheit ein Mensch zur Sache und damit zum Eigentum eines andern wird, das beliebig veräußert werden kann. Die S. ist so alt wie der Ackerbau. Während sie bei den schweifenden Jagdvölkern und bei den nomadisierenden Hirtenstämmen keinen Raum fand und bei Völkern, die dem Fischfang obliegen, nur vereinzelt vorkommt, entstand mit dem Seßhaftwerden und dem Beginn der Bodenbestellung auch das Bedürfnis nach Sklavenarbeit.
Die gesteigerte Arbeitsleistung, die der Bodenbau verlangt, forderte, mit der uralt geübten Sitte der Tötung der Kriegsgefangenen zu brechen und die Arbeitskraft der Unterworfenen zum Vorteil des siegreichen Stammes auszunutzen. In der Folge trat in den Kriegen neben dem Güterraub als Zweck der Menschenerwerb hervor, durch den der eigene Bedarf an Sklaven gedeckt und Menschenmaterial als Gegenstand des Handels erworben wurde. S. und Sklavenhandel finden sich in den sie bedingenden Kulturstufen und wirtschaftlichen Verhältnissen in fast allgemeiner Verbreitung und haben auf die Entwicklung der Völker überall einen wesentlichen Einfluß geübt.
Seit dem Aufkommen der S. führten die Kriege zu einer Bereicherung des Siegers an Arbeitskräften, die der Kultur dienstbar gemacht werden konnten. Die Anfänge der Arbeitsteilung und der auf einen Zweck gerichteten Massenleistung setzten mit der S. ein. Durch die Überweisung der materiellen Arbeit an die Sklaven ward den Herrschenden eine freiere Bethätigung im Dienste der Stammes- und Staatsinteressen und die Pflege geistigen Lebens ermöglicht. Mit der Unterscheidung in Freie und Unfreie entstand eine mehr und mehr sich festigende Gliederung der Gesellschaft; die S. wirkt ständebildend, und vereinzelt ist es selbst bei den Negern, wie an der Goldküste und im Kongolande, zur Bildung eines Adels gekommen.
Die sociale Stellung der Sklaven pflegt günstiger und ihre Behandlung milder zu sein bei Völkern einer niedern Kultur; die Anforderungen werden strenger und die Ausnutzung der Arbeitskraft wird gesteigert bei entwickelten Wirtschaftsverhältnissen. Das wirtschaftliche Leben der antiken Völker beruhte fast ausnahmslos auf S., und das ganze Altertum hindurch blieb es völkerrechtlicher Grundsatz, die Kriegsgefangenen als Sklaven zu betrachten. Der Sklavenhandel, vornehmlich durch die Phönizier vermittelt, war eine feste Einrichtung.
Assyrer, Babylonier und Perser hatten S. seit ihrem ersten Auftreten als Eroberer; in Indien bestand eine mildere Form der Gebundenheit. Die Juden, deren ursprünglich weitgehende Gewalt über ihre Sklaven das mosaische Gesetz beschränkte, unterschieden zwischen einheimischen Sklaven, die nach sechsjähriger Dienstzeit freigegeben werden mußten, falls sie nicht freiwillig auf Loslassung verzichteten, und solchen fremder Nationalität, die in lebenslänglicher S. verblieben. Sklavenkinder, auch diejenigen der einheimischen Unfreien, waren Eigentum der Herren. Die S. erlangte bei den Israeliten nicht die Bedeutung, die sie bei den klassischen Völkern hatte, und der Sklavenhandel erreichte bei ihnen keine beträchtliche Ausdehnung. Das Alte Testament weiß nichts von Sklavenmärkten, erst in der Mischna wird ihrer Erwähnung gethan.
Bei den Griechen blieb die S. wirtschaftliche Grundlage des Staatslebens durch die ganze Geschichte des Volks hindurch. Auch ein Plato war in dieser Frage nicht vorurteilsfrei, und Aristoteles, obschon er die S. etwas Widernatürliches nennt,
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hält an ihrer wirtschaftlichen Notwendigkeit fest. Den Grundstock der Sklavenbevölkerung bildeten die Nachkommen der unterjochten Ureinwohner. Dazu kamen zu allen Zeiten Kriegsgefangene und besonders seit dem 7. Jahrh. eine stetig zunehmende Einfuhr fremder Sklaven. Nicht nur die bürgerliche Bevölkerung hielt zu Landbau und gewerblichen Verrichtungen Sklaven, sondern auch die Staaten bedienten sich in weitem Umfange der Sklavenarbeit. Am hervorstechendsten war das Staatssklavenwesen im kommunistischen Sparta entwickelt, dessen Geschichte durch das stammfremde, hart gehaltene und zu erbitterten Aufständen immer geneigte Helotentum hervorragend bestimmt wurde.
Bei der großen Mannigfaltigkeit des polit. und wirtschaftlichen Lebens in Griechenland war die sociale Stellung der Sklaven eine sehr verschieden abgestufte; im ganzen aber war ihre Lage keine drückende, und das Heraustreten aus dem Stande der Unfreiheit war nicht erschwert. Das Asylrecht diente dem Sklaven, sich einer unwürdigen Behandlung zu entziehen; die Freiheit erlangten athenische Sklaven durch Loskauf aus ihrem Nebenverdienst oder durch Freilassung.
Auch gab der Staat Sklaven frei, die in Notfällen bewaffnet worden waren oder sonst dem Gemeinwesen wichtige Dienste geleistet hatten. Die Zahl der Unfreien schätzt J. ^[Karl Julius] Beloch zu Beginn des Peloponnesischen Krieges (bei einer Bevölkerung Griechenlands, mit Macedonien und den umliegenden Inseln von 3 Mill.) auf etwa 1 Mill. Ihre Hauptmasse erfüllte die Mittelpunkte des Handels und der Gewerbthätigkeit, Korinth, Athen, Ägina. Am konsequentesten ausgebildet und mit Sitte, Staatswirtschaft und Politik verwachsen war das Sklavenwesen bei den Römern.
Schon in der ältern Zeit häufte sich mit den Eroberungen die Zahl der Sklaven; nach den Punischen Kriegen war Rom mit einer Übermenge von Sklaven erfüllt, die noch fort und fort durch die zahlreichen Kriege und auf dem Wege des Handels vermehrt wurden. Der Staat selbst hielt Mengen von Sklaven zur Verrichtung der öffentlichen Arbeiten, zum Minenbau, zur Bedienung der Magistrate; jeder wohlhabendere Bürger besaß Sklaven, und das Gesinde der Großen wuchs in der Zeit der spätern Republik und unter den Kaisern bis zu 5000, 10000, ja 20000 Köpfen.
Ein Teil dieser Masse diente allein dem Luxus der Besitzer, andere wurden zur Besorgung der häuslichen Geschäfte verwendet, zum Betreiben von Künsten und Gewerben organisiert und zur Bebauung des Landes gehalten. Der röm. Sklave der ältern Zeit war rechtlos und besitzlos, das völlige Eigentum seines Herrn, der eine unbeschränkte Gewalt über Leben und Tod ausübte. Die Strafen für Vergehen waren hart; schon die Denunziation seines Herrn, ferner jeder Diebstahl eines Sklaven wurde mit Todesstrafe belegt, die bis auf Konstantin in der Kreuzigung bestand.
Der Sklave konnte keine rechtliche Ehe schließen, sein Zeugnis vor Gericht dürfte er nur auf der Folter ablegen. Auch vom Kriegsdienst waren die Unfreien ausgeschlossen, und nur in einigen Fällen besonderer Bedrängnis des Staates wurden hierin Ausnahmen gemacht. Die Freilassung (manumissio) erfolgte unter feststehenden Formen (s. Freilassung". Nur der durch feierliche manumissio Freigelassene (libertus) wurde röm. Bürger, sofern sein Herr selbst das Bürgerrecht besaß.
War dies nicht der Fall, so trat der Freigelassene nur in die Klasse der Lateiner oder der Provinziellen. Aber auch der Freigelassene, der in die Reihe der Bürger aufgenommen wurde, erlangte nur einen beschränkten Besitz der Bürgerrechte. Andererseits wurden nach älterm Recht Freie durch Überschuldung unfrei, und bei schweren Verbrechen degradierte man röm. Bürger zu Sklaven, um an ihnen die Strafe vollziehen zu können. Seit 265 v. Chr. wurde es Sitte, Sklaven als Gladiatoren zu erziehen.
Bei der Härte, die die röm. Sklaven erfuhren, waren Aufruhr und Verschwörungen nicht selten; 135-132 und 102 v. Chr. mußten in Sicilien Sklavenempörungen niedergekämpft werden, 73-71 v. Chr. erschütterte der Aufstand unter Spartacus (s. d.) die Republik. (S. Sklavenkriege.) Erst in der Kaiserzeit, namentlich unter dem Einfluß der stoischen Lehre, begann das Los der Sklaven milder zu werden. Die Kaiser, Trajan und mehr noch Hadrian, beschränkten die Willkür der Herren und hoben die Sklaven aus dem Zustande der Rechtlosigkeit heraus.
Ein gemißhandelter Sklave, der unter die Statue des Kaisers floh, hatte Anspruch auf dessen Schutz. Die Sklaven durften Eigentum besitzen und ihren Erwerb zur Loskaufung verwenden. Antonin endlich entzog den Herren das Recht über Leben und Tod ihrer Sklaven. Man begann Sklaven anzusiedeln, und die Freilassungen wurden bald in solchem Maße üblich, daß gesetzliche Beschränkungen getroffen wurden. Das Christentum nahm die ihm aus dem Heidentum entgegenkommende humanitäre Strömung in sich auf, blieb aber der S. als einer Institution des staatlichen Lebens gegenüber neutral, so daß diese die Zertrümmerung des Römischen Reichs überdauerte. Im Orient ist der Unterschied zwischen Unfreien und Herren zu allen Zeiten weniger schroff gewesen; die Sklaven standen ihren Herren näher und trugen mehr den Charakter des Hausgesindes.
Die Freilassung der Sklaven wird im Koran als ein Gott wohlgefälliges Werk empfohlen. Es liegen keine Hinweife vor, daß Mohammed und die Chalifen Kriegsgefangene zu Sklaven machten. Die Sklavenscharen an den Höfen der Chalifen waren vielmehr zumeist Neger, die aus dem Innern Afrikas auf dem Handelswege erworben wurden. Erst in den Kreuzzügen übten die Mohammedaner wechselseitig mit den Kreuzfahrern die Sitte, die Gefangenen zu Sklaven zu machen. Die auf die Kreuzzüge folgende Ausbreitung der islamit.
Macht führte dann Tausende von Christen in die mohammedanische S. In den abendländ. Reichen, die sich auf den Trümmern der röm. Kultur erhoben, hat sich S. und Sklavenhandel auch nach der Einführung des Christentums noch Jahrhunderte lang erhalten. Die Germanen hatten Sklaven, die durch Unterjochung oder Kriegsgefangenschaft unfrei geworden waren, aber auch solche, die durch Überschuldung und sogar durch Verlust ihrer Freiheit im Spiel in die Knechtschaft geraten waren.
Die Sklaven wurden im Hausdienste verwendet, und sicher hielten Vornehme einen größern Troß von Unfreien. Weiterhin wurden sie auf Hufen angesiedelt und waren zu Abgaben und Diensten verpflichtet. Die Knechte der Germanen galten rechtlich nicht als Personen, sie wurden als Vermögensobjekte und als außerhalb der Nation stehend angesehen. Der Herr verfügte unbeschränkt über seine Unfreien. Tötung und Verletzung fremder Sklaven wurde nicht durch ein Wergeld, sondern durch einen ! ihrem Besitzer zu leistenden Schadenersatz vergolten. Die Freilassung konnte eine widerrufliche sein, welche die Zugehörigkeit zum Hause des Herrn nicht
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hob, oder eine durch öffentliche Erklärung gewährte, die das Recht der Freizügigkeit verlieh, jedoch den Freigelassenen einem Schutzherrn, meist dem bisherigen Herrn, überwies. Freigelassene waren durch Wergeld geschützt und konnten Eigentum für ihre Lebensdauer erwerben. Die volle Freiheit wurde erst durch die Freilassung durch den König erlangt. Mit der Eroberung Galliens mußte die große Menge der hier seit der Römerzeit gehaltenen Sklaven dem german. Staatsleben eingeordnet werden; besonders aber seit Beginn der Slawenkriege wuchs die Zahl der Unfreien außerordentlich, und es entstand ein schwunghafter Handel mit slaw. Gefangenen nach Frankreich, England, Italien, selbst bis Konstantinopel. (Das Wort Sklave = Slawe ging in alle europ. Sprachen über, engl. slave; frz. esclave; span. esclavo; ital. schiavo.) Mit dem Seßhaftwerden der Stämme nach der Völkerwanderung hatte der Begriff der Nation sich auf Unfreie und Freigelassene zu erweitern begonnen.
In der Merowingerzeit erhielten die Sklaven eine beschränkte Rechts- und Vermögensfreiheit, seit dem 6. Jahrh. wurde ihnen das Wergeld zugestanden. Aus ihrerZahl hoben sich langsam heraus die Zinsbauern (Liten, Lassen), die mehr und mehr als unzertrennlich von der Hufe, auf der sie angesiedelt waren, galten, und die im persönlichen Dienste weltlicher und geistlicher Herren stehenden Knechte (pueri, ministeriales), die häufig die Schranken ihres Standes durchbrachen (s. Ministerialen). An die Klasse der Zinsbauern, mit der die der niedern Unfreien allmählich verschmolz, knüpft sich die Entwicklung zur Leibeigenschaft (s. d.), die im 13. Jahrh. abgeschlossen erscheint.
Seitdem tritt nur der eine Stand der Unfreien, die eigenen Leute, in mittelalterlichen Rechtsquellen entgegen. In England hatte unter der röm. Verwaltung die S. nach röm. Art bestanden. Bei der Besitznahme des Landes durch die Angelsachsen wurde die brit. Bevölkerung unfrei, und der größere Teil der Besiegten baute für die Überwinder das Land. Doch war die Lage dieser Unterworfenen nicht drückend und ihr Los weit weniger hart als das der Haussklaven, die man erhandelte.
Schon in den ersten Jahrhunderten der normann. Epoche ging die S. in England in die Leibeigenschaft über. Die S. in Frankreich wurde nach der röm. Zeit durch Sklavenkauf wie durch Verwendung Kriegsgefangener als Sklaven unterhalten. Der große Sklavenmarkt von Frankreich war Lyon; hier trafen die Sklaven aus dem Osten Deutschlands mit den aus Spanien fortgeführten Mauren zusammen. Am Anfange des 12. Jahrh. setzte Ludwig VI. im Machtreiche der Krone Erleichterungen der drückenden Knechtschaft durch, und der erstarkenden Königsgewalt gelang es, der S. enge Grenzen zu ziehen. In Italien war Rom der Mittelpunkt des Menschenhandels geblieben, von wo aus die Venetianer Christensklaven nach dem Orient verhandelten, und wohin die Spanier die Kriegsgefangenen und im Seeraub erbeuteten maur.
Sklaven zuführten. Während gegen Schluß des 13. Jahrh. S. und Sklavenhandel im christl. Europa zu Ende ging, blieb beides auf der Pyrenäischen Halbinsel noch lange in Gebrauch. In den über ein halbes Jahrtausend andauernden Kämpfen zwischen Christen und Mauren pflegten beide Parteien ihre Gefangenen zu Sklaven zu machen und bei dem tiefen Gegensatz der Rasse und Religion mit Härte zu behandeln. Der Überfluß an maur. Sklaven war bei den Spaniern so groß, daß sie Jahrhunderte hindurch die Sklavenmärkte des südl. und westl. Europas versorgen konnten.
Noch zu Anfang des 16. Jahrh. waren in Spanien und Portugal Tausende von Mauren Sklaven. Seit der Besitznahme der Westküste von Afrika durch die Portugiesen und der Entdeckung von Amerika bemächtigten sich die abendländ. Nationen des Negersklavenhandels, und in dem Zeitraume des Beginns der modernen Civilisation bildete sich mit der Überführung von Negersklaven in europ. Kolonien ein neues System der S. heraus, das mit der Kolonialwirtschaft eng verwuchs und lange umkämpft erst in unserm Jahrhundert beseitigt werden konnte.
Der Negerhandel reicht bis in die frühesten Zeiten zurück. Der Verkauf geraubter oder ertauschter Sklaven aus dem Innern Afrikas besonders nach Vorderasien hin war eine von alters her bestehende Einrichtung des afrik. Völkerlebens. Seit 1480 begannen die Portugiesen von der Küste von Guinea aus Negersklaven auszuführen; sie verwendeten sie mit Vorteil in den neu begründeten Zuckerpflanzungen der Inseln Fernando Po, Principe, Annobon und besonders St. Thomas. Seit 1506 schickten die Spanier Negersklaven in ihre amerik.
Kolonien, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Eingeborenen den ihnen auferlegten Arbeiten nicht gewachsen waren. Die eingeführten Neger erwiesen sich als sehr brauchbar; 1511 erlaubte die Handelskammer zu Sevilla ihre direkte Einfuhr in die span. Kolonien, und 1517 wurde auf Betreiben des menschenfreundlichen Las Casas, des Beschützers und Apostels der Indianer, durch Karl V. die Verwendung der Eingeborenen in den Kolonien verboten und die Negereinfuhr als Privilegium dem Marquis de de la Bresa auf acht Jahre übertragen. Er verkaufte das Vorrecht an die Genueser, doch gelang es den Portugiesen noch vor Ablauf dieser Frist, sich der Negereinfuhr nach Amerika zu bemächtigen.
Seit 1562 nahmen auch die Engländer an diesem Handel teil, und im Utrechter Frieden 1713 wirkten sie sich das Recht aus, auf 30 Jahre 144000 Negersklaven in die span. Kolonien einzuführen. Auch Frankreich wandte sich unter Ludwig XIII. dem Negerhandel zu und gründete zu dem Zwecke Niederlassungen an der afrik. Westküste. Der franz. Sklavenhandel wurde bedeutend, als der Englands durch den Krieg gegen die nordamerik. Kolonien lahmgelegt war. Spanien, das den Sklavenhandel den Fremden überließ, gab ihn 1784 gänzlich frei.
Die folgenreichste der Entwicklungen, die aus der Negereinfuhr hervorgingen, wurde diejenige in den engl. Kolonien Nordamerikas. Hier entstand und befestigte sich die S. mit der Kultur der Baumwolle in erster Linie, dann des Zuckers und des Reis; sie wuchs mit der Bedeutung, die diese Produkte im wirtschaftlichen Leben der Südstaaten gewannen. 1620 landeten die ersten Sklaven in Jamestown (Virginien), 1621 wurde die erste Baumwolle in Amerika gebaut. 1620-1740 sind nach Bancroft 130000, 1740-76 300000, nach Carey im ganzen 333000 Sklaven in die 13 Kolonien eingeführt. Der Widerstand, den die S. in den nördl. Staaten, deren wirtschaftliche Verhältnisse die freie Arbeit verlangten, von Anfang an fand, konnte ihre wachsende Ausbreitung nicht hindern. Seit 1727 waren es vornehmlich die Quäker, die diesen Widerstand thatkräftig vertraten; sie verboten unter sich den Sklavenhandel, entließen 1751 ihre Neger und stifteten 1774 die Pennsylvanische Gesellschaft, die eine erfolgreiche
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Wirksamkeit entfaltete. Aber das bei der Unabhängigkeitserklärung der Union erlassene Verbot der Sklaveneinfuhr mußte 1787 auf Andringen der Südstaaten bis zum J. 1808 zurückgenommen werden. Der Census von 1790 ergab in den vier Plantagenstaaten Virginien, Georgia, Nord- und Südcarolina eine Sklavenbevölkerung von 567527, in den neun übrigen Staaten von 40370 Personen. Der außerordentliche wirtschaftliche Aufschwung in den folgenden zwei Jahrzehnten trieb die Südstaaten zu immer erneuten Anstrengungen, sich die S. zu sichern. Da mit dem J. 1808 das Sklaveneinfuhrverbot in Kraft trat, deckten einige Staaten ihren Bedarf an Sklaven für die nächsten Jahre im voraus; so führte Carolina allein zwischen 1801 und 1808 40-50000 Sklaven ein, und die Folge des Verbots war ein um so schwunghafterer Menschenhandel der sklavenhaltenden Staaten untereinander und die eigenartige Einrichtung der Sklavenzüchtung, die, im Großen betrieben und mit System geübt, die Staaten bald in sklavenzüchtende und sklavenabnehmende trennte.
Das Bestreben, sich gefährlicher Elemente zu entledigen, ließ die Sklavenhalter an einem Unternehmen sich beteiligen, das die Überführung und Ansiedelung freier Neger in Afrika bezweckte und die Entstehung der Negerrepublik Liberia (s. d.) 1822 zur Folge hatte. Der Gegensatz zwischen der freien Arbeit des Nordens und dem Sklavenwesen des Südens wurde immer mehr ein principieller und gestaltete sich zu einem immer offener werdenden Ringen um die Suprematie in der Union.
Der Hader erhob sich stets mit erneuter Heftigkeit, wenn bei der Aufnahme eines Gebietes in den Staatenverband der Union die Frage, ob dem neuen Staate die Erlaubnis zum Sklavenhalten zu geben sei, zur Entscheidung stand. Das Missouri-Kompromiß (s. d.) verbot 1820 nördlich von 36° 30' nördl. Br. die S. für immer. Indessen war es offenbar, daß durch diesen Vertrag die Gegensätze nur überbrückt waren und die Entscheidung nur hinausgeschoben wurde. In Europa war es vor allem England, das die Sklavenfrage aufnahm und durch seine Initiative auf die übrigen Mächte wirkte.
Männer wie Sidmouth und Wellesley forderten seit 1783 im engl. Parlament die Abschaffung der S., wenn auch noch gegen überlegene Gegnerschaft; doch kam 1784 ein Gesetz zum Schutze der Sklaven in den brit. Kolonien zu stande. Es belegte die Ermordung eines Sklaven mit Todesstrafe und schränkte das Züchtigungsrecht ein. Durch Clarksons Bemühungen trat 1787 das African-Institution ins Leben, das sich der Unterdrückung der Negersklaverei mit Energie widmete. Seit 1788 kämpfte der edle Wilberforce (s. d.), von Pitt, Fox, Smith u. a. unterstützt, im brit. Parlament für die Befreiung der Sklaven.
Indessen scheiterte ein 1792 auf Unterdrückung des Sklavenhandels gerichteter Beschluß des Unterhauses an dem Widerstände des Oberhauses, und nachdem das unvermittelt erlassene Befreiungsdekret der franz. Nationalversammlung die Katastrophe auf Haïti (s. d.) herbeigeführt hatte, waren, als 1796 der unermüdliche Wilberforce seinen Antrag abermals einbrachte, auch die Freunde der Neger geneigt, die tiefeingreifende Reform auf eine ruhigere Zeit zu verschieben.
Nachdem Fox die Sklavenfrage wieder vor das Parlament gebracht hatte, gelang es endlich 1807 den von der öffentlichen Meinung unterstützten Ministern, bei beiden Häusern den Abolition act of slavery durchzusetzen, wonach der brit. Negerhandel mit dem aufhören mußte. Seitdem ist England unausgesetzt bemüht gewesen, nicht nur die übrigen seefahrenden Nationen zu dem gleichen Schritte zu bewegen, sondern auch die gleichmäßige Durchführung des Verbots auf völkerrechtlichem Wege zu sichern.
Nachdem es feine überlegene Stellung im Kriege gegen das Napoleonische Frankreich benutzt hatte, in den Bündnis- und Friedensverträgen mit Schweden (1813), mit Portugal, Spanien, Dänemark und den Niederlanden (1814) sich dahin gehende Zusagen machen zu lassen, mußte Frankreich, das seit den Ereignissen auf Haïti die S. in den Kolonien wieder gestattet hatte, im Pariser Frieden vom sich verpflichten, seine Bemühungen mit denen Englands zu vereinigen, um die Unterdrückung des Sklavenhandels von allen Mächten der Christenheit aussprechen und ihn so allgemein aufhören zu lassen.
Gleichwohl war es gerade das Verhalten Frankreichs, das auf dem Wiener Kongreß nur eine principielle Erklärung der Mächte gegen den Sklavenhandel zu stande kommen ließ. Die beiden folgenden Versuche, einen wirksamen Zusammenschluß zu erreichen, scheiterten; sowohl der Kongreß zu Verona 1822 als auch die Londoner Konferenzen verliefen für die Abolitionsbestrebungen ergebnislos. Die Ursache des Mißerfolgs war der von England erhobene und in den Verträgen mit Portugal, Spanien und den Niederlanden 1817 und 1818, wenn auch nur für ein begrenztes Seegebiet durchgesetzte Anspruch auf gegenseitige Einräumung eines Rechts zur Durchsuchung verdächtiger Schiffe und auf Aburteilung der aufgebrachten schiffe durch gemischte Kommissionen.
Den nachhaltigsten Widerstand fand England aber gerade bei derjenigen Macht, deren Mitwirkung zur Erreichung des Ziels unentbehrlich war, bei den Vereinigten Staaten. Diese schienen bereits gewonnen, als von den Vertretern beider Staaten ein Vertragsentwurf unterzeichnet wurde, der von den bisherigen Verträgen wesentlich nur darin abwich, daß jedem Teile die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe seiner Flagge durch sein Gericht vorbehalten blieb, zu welchem Zwecke sie von den Kreuzern des andern Teils in bestimmte Heimatshäfen zu führen waren.
Die Ratifikation dieses Vertrags scheiterte indes an dem Widerspruch, der sich im amerik. Senat erhob. Dagegen wurde der Entwurf von 1824 die Grundlage der und zwischen England und Frankreich geschlossenen Verträge. Spanien hatte 1817 gegen eine Entschädigung von 400000 Pfd. St., Portugal 1823 gegen die Summe von 300000 Pfd. St. auf den Sklavenhandel ganz verzichtet; gleichwohl wurde er insgeheim von Spaniern, Portugiesen und auch Franzosen fortgesetzt, und die Wachsamkeit der brit. Regierung, die von ihrem vertragsmäßigen Rechte, die Seepolizei zu üben, Gebrauch machte, fruchtete wenig, da die Aburteilung der aufgebrachten Schiffe vor den gemischten Kommissionen meist vereitelt werden konnte. Nach der Losreißung der span. Kolonien Südamerikas vom Mutterlande war hier die Abschaffung der S. erfolgt, Brasilien verbot durch Verträge von 1820 und 1830 den Sklavenhandel. Aber das Verbot wurde erst viel später wirksam, und die Sklaveneinfuhr dauerte fort. In England waren seit 1823 auf Buxtons Anregung neue Reformen zu Gunsten der brit. Sklaven durchgesetzt, und 1831 gab die Regierung alle Kronsklaven ohne Entgelt frei. In der
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Parlamentssitzung von 1833 wagte endlich die brit. Regierung, unterstützt von der öffentlichen Meinung, die letzte Hand an die Beseitigung der S. zu legen. Lord Stanley brachte 14. Mai im Parlament einen Gesetzentwurf ein, der die Emancipation aller brit. Sklaven vom beantragte. Doch war für jeden Sklaven eine Art Lehrzeit vorgesehen, die für den Haussklaven bis zum für den Feldsklaven bis 1840 dauern sollte. Den Pflanzern wurde die Summe von 20 Mill. Pfd. St. als Entschädigung aus Staatsmitteln bewilligt. Am wurde die Bill vom Könige bestätigt.
Das Institut der Lehrzeit erwies sich freilich als Mißgriff; am erfolgte deshalb die völlige Freilassung sämtlicher Sklaven in den engl. Kolonien. Die Zahl der Befreiten belief sich auf 639000, von denen 322000 allein auf Jamaika kamen. Die Freilassung der Sklaven lahmte allerdings einige Jahre das wirtschaftliche Leben der brit. Kolonien; allein die Emancipation selbst war in geringerm Maße die Ursache der Krisis als der Raubbau, der von den Plantagenaufsehern getrieben war. Um dem Plantagenbau Arbeitskräfte zuzuführen, schritt man dann zur Einführung der Kulis (s. d.) aus Ostindien.
Ein Schritt vorwärts im Kampfe gegen den Sklavenhandel wurde mit dem Abschluß des Quintupelvertrags gethan, zu dem sich 20. Dez. 1841 zu London die fünf Großmächte vereinigten. Nur Frankreich, in dessen Kammern sich ein Sturm gegen das bereits ein Jahrzehnt von franz. Schiffen geübte Durchsuchungsrecht erhob, ratifizierte den Vertrag nicht. Der Inhalt des Abkommens waren im wesentlichen die Bestimmungen der 1831 und 1833 zwischen England und Frankreich geschlossenen Verträge, denen bereits eine Reihe anderer Staaten beigetreten war (Dänemark und Sardinien 1834, die deutschen Hansestädte Toscana und Neapel 1837 und 1838). Die kontrahierenden Staaten räumten sich das Recht wechselseitiger Durchsuchung und Beschlagnahme verdächtiger Schiffe ein in einem Seegebiete, das den Atlantischen Ocean vom 32.° nördl. Br. bis zum 45.° südl. Br., den Indischen Ocean von der afrik.-asiat. Küste bis zum 45.° südl. Br. und zum 80.° östl. L. von Greenwich umfaßte. 1848 trat Belgien dem Quintupelvertrag bei, und ist das Deutsche Reich in die Vertragsrechte und Pflichten des preuß. Staates eingetreten.
Frankreich gestand 1845 in einem Vertrage mit England als dürftigen Ersatz der Abmachungen von 1831 die Kooperation beiderseitiger Kreuzergeschwader zu, ein schwaches Vertragsband, das 1855 bereits wieder zerriß. Bei der geringen Initiative Frankreichs in der Sklavenfrage geschah in den franz. Kolonien für die Beseitigung der S. ernstlich nichts. Durch die Eroberung von Algerien (1830) wurde zwar dem dreisten Menschenraub, den die Barbaresken auf dem Mittelmeer trieben, ein Ende gemacht, aber die Negersklaverei in Algerien blieb noch bestehen.
Ein Gesetz vom schaffte endlich das harte Gesetzbuch Ludwigs XIV., den «Code noir», ab, und eine Reihe von Bestimmungen, welche die socialen Verhältnisse der Sklaven regelten, milderten zwar deren Lage, konnten aber das Institut der S. nicht erschüttern. Erst die Revolution von 1848 brachte allen Sklaven der franz. Kolonien (250000 bis 300000 an Zahl) die Freiheit und gab ihnen die vollen Rechte der Weihen. Bei dem unvorbereiteten Eintreten dieser Umwälzung konnte eine schwere Krisis nicht ausbleiben.
Erst allmählich gelang die Herstellung der Ordnung und die Herbeiführung einer freien Arbeitsthätigkeit. Ein im Mai 1854 publizierter Senatsbeschluß sprach die Abschaffung der S. in den franz. Kolonien für alle Zeiten aus. In den Vereinigten Staaten wurde die Kluft zwischen Nord und Süd mit jedem Jahre größer. Die Gegensätze stießen in nationalökonomischen Fragen wie auf dem Gebiete der äußern Politik aufeinander. Die Bewegung gegen die S. schuf sich eine immer breitere Grundlage. 1831 wurde die erste Gesellschaft der Abolitionisten (s. d.) gegründet, an ihrer Spitze die religiösen Schwärmer Tappan und Garrison (s. d.); sie eröffnete eine umfangreiche Propaganda durch Wort und Schrift in den Südstaaten.
Zwar gelang es dem Süden nicht, die Abolitionisten zu unterdrücken, allein wichtige Grundrechte des Volks wurden erheblich beschränkt; 1838 setzten die Südstaaten die sog. «Atherton Gag» durch, welche die Nichtberücksichtigung aller auf die S. bezüglichen Petitionen seitens des Kongresses bestimmte. Aus den Kämpfen um die Aufnahme von Texas (1845) ging die neue entschiedene Antisklavereipartei der Freibodenmänner (s. d.) hervor. In dem Kompromiß von 1850 wurde der Streit um die Pacifischen Gebiete dahin beigelegt, daß Kalifornien mit einer die S. ausschließenden Verfassung zugelassen wurde, während für Utah und Neumexiko die Frage der S. von den künftigen Verfassungen abhängig sein sollte.
Durch dasselbe Gesetz wurde endlich auch der Sklavenmarkt in Washington unterdrückt, der bis dahin offen in der Bundeshauptstadt unterhalten war. Eine tiefgehende Erregung riefen besonders die gehässigen Bestimmungen der Sklavenfluchtgesetze (s. d.) hervor. Der bedrohliche Sieg der Sklavenhalterpartei durch die Kansas-Nebraska-Bill (s. d.), die das Missouri-Kompromiß aufhob, gab die Veranlassung zur Begründung der Republikanischen Partei (s. d.), die den Ausschluß der S. aus allen Territorien und Einschränkung derselben auf ihre bisherigen Grenzen als Grundsatz ihrer Politik aufstellte.
Sie unterlag zwar noch 1856, setzte aber 1860 die Wahl Lincolns zum Präsidenten der Vereinigten Staaten durch. Die Folge war die Secession der Südstaaten und der Bürgerkrieg (1861-65), in dem die Bundesregierung anfangs nur für die territoriale Wiederherstellung der Union kämpfte. (S. Vereinigte Staaten von Amerika.) Aber bald sah sie sich gezwungen, weiter zu gehen. Am erließ Lincoln die Emancipationsproklamation, durch die sämtliche Sklaven in den insurgierten Staaten vom an für frei erklärt wurden. 1864 und 1865 nahmen Senat und Repräsentantenhaus das Amendement zur Verfassung an, das die S. in den Vereinigten Staaten aufhob.
Gegen Ende des Krieges war man auch dazu geschritten, Sklaven in die Bundesarmee einzureihen. Die 1865 erfolgte vollständige Niederlage der Secession brachte die Emancipation im ganzen Gebiete der Vereinigten Staaten zur thatsächlichen Geltung. Die Zahl der Sklaven hatte 1820 1 ½ Mill. betragen, 1860 waren in den Südstaaten 3949557 farbige Sklaven gezählt. Der Kongreß hat es sich angelegen fein lassen, die Emancipation durch wirksame Gesetze praktisch zu vervollständigen und ihr ihren vollen Inhalt zu geben. Diese Ausführungsgesetze stießen aber auf den Widerstand des Präsidenten Johnson, der mit Hilfe der Demokratischen Partei die Emancipation
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nur zu einer nominellen zu machen suchte, jedoch der geschlossenen Opposition des Kongresses unterlag und Mai 1868 nur mit Mühe der Absetzung entging. Diese Maßregeln bilden jetzt als 13., 14. und 15. Amendement, veröffentlicht und einen integrierenden Teil der Verfassung. Die Aufhebung der S. in den Vereinigten Staaten hat die in den übrigen Gebieten Amerikas, in denen sie noch bestand, nach sich gezogen. Brasilien entschied sich nach längern Schwankungen 1871 für eine allmähliche Abschaffung der S. Ein Gesetz vom hat dann ihre völlige Aufhebung verfügt.
Dänemark, Schweden und die Niederlande schafften die S. auf ihren westind. Kolonien ab, und Spanien that dasselbe 1873 für Portoriko. In den cuban. Verhältnissen entstanden der span. Regierung aber große Schwierigkeiten. 1868 brach nach längerer Gärung ein Aufstand aus, dessen Unterdrückung erst nach zehnjährigen Kämpfen unter schweren Opfern erreicht wurde. Am wurde die Aufhebung der S. ohne Entschädigung ausgesprochen. Sie setzte sich nicht ohne wirtschaftliche Wirren durch, und die erschütterte Ordnung hat durch die Einführung der span. Verfassung (1884) nicht befestigt werden können. 1895 haben sich für Spanien in einer aufständischen Bewegung auf Cuba von neuem Schwierigkeiten erhoben.
Nach der allgemeinen Aufhebung der S. in Amerika ist das Sklavenwesen gegenwärtig auf Afrika und Westasien beschränkt. Hier erhält es sich noch in weiter Ausdehnung und ist mit dem Völkerleben eng verwachsen. Bei der Negerbevölkerung Afrikas ist die S. eine feste Einrichtung der Kultur und die überlieferte sociale Form, in welche die afrik. Völker seit Jahrtausenden sich eingelebt haben. Man nimmt an, daß Afrika von 200 Mill. Menschen bewohnt sei. Reichard schätzt, niedrig gegriffen, die Hälfte davon als die sklavenhaltende, nichtsemit. dunkle Bevölkerung und rechnet auf 100 Mill. dieser dunklen Bevölkerung 70 Mill. Sklaven.
Das Los der afrik. Haussklaven ist mit wenigen Ausnahmen nirgends ein hartes, und ihre sociale Stellung steht meist der Leibeigenschaft näher als der S. Der in der Regel nur geringe Abstand zwischen Herren und Sklaven bringt es mit sich, daß der Zwang der Abhängigkeit kein großer ist; zudem beschränkt die dem Sklaven meist offene Möglichkeit der Flucht die Willkür der Herren. Freilich wo die rohen Gebräuche einer niedern Kultur es fordern, werden Sklaven zu Opferzwecken hingemordet, aber gewöhnlich kommt der rechtlose Zustand nicht zum praktischen Ausdruck.
Auch bei den meisten Arabern ist die Lage der Sklaven keine ungünstige. In Südafrika hat die S. sehr milde Formen angenommen; auf Madagaskar wurde ihre Aufhebung 1877 ausgesprochen, wenn auch nicht vollkommen durchgeführt. Gegenüber der freien pflichtmäßigen Leistung im europ. Sinne erscheint dem afrik. Sklaven der Zustand der Unfreiheit als der natürliche, den er der Selbstversorgung durch freie Arbeit vorzieht. Die Haussklaverei ist so sehr Grundlage des afrik.
Lebens, daß ihre unvermittelte Beseitigung schwere Übelstände hervorrufen würde, und daß für die europ. Kolonien eine Überleitung der S. in geeignete Kontraktverhältnisse geboten erscheint, um eine gedeihliche Entwicklung der afrik. Bevölkerung selbst als auch der Kolonien zu sichern. Das Haupterfordernis zur Befreiung der eingeborenen Bevölkerung bleibt freilich die Unterdrückung des Sklavenhandels, der, obgleich gegenwärtig auch im Innern eingeschränkt, trotz aller Maßregeln und Anstrengungen mehr oder weniger offen fortbesteht.
An der Westküste Afrikas, von der die stärkste Ausfuhr ausging, solange der amerik. Markt bestand, ist der Handel gegenwärtig nahezu beseitigt; doch wurden bis in die letzten Jahre durch schwarze Händler den portug. Besitzungen Sklaven aus dem Innern zugeführt, und hauptsächlich von Benguella aus versorgte ein heimlicher Handel auch St. Thomas und Fernando Po. Die großen Absatzgebiete des Handels sind jetzt das arab. Nordafrika und Vorderasien. Marokko ist ein Land von großem Sklavenbedarf; nach Tripolis und Ägypten besteht die Zufuhr fort trotz strenger Verbote gegen den Sklavenhandel.
Die türk. Verfassung vom hat die S. zwar rechtlich für das ganze türk. Reich aufgehoben, aber thatsächlich gelang nur ihre Einschränkung, und die Negereinfuhr wie der Ankauf weißer Sklaven aus den Gebirgsländern des Kaukasus dauert fort. In Tunis hat das franz. Protektorat (1881) und die Einführung der franz. Verwaltung den schon 1842 und 1846 durch den Bei erlassenen Verboten des Sklavenhandels und der S. Geltung verschafft. Die Märkte der afrik. Nordküste werden vom Sudan aus versorgt, in dessen weiten Gebieten der Sklavenhandel schwunghaft betrieben wird.
Auf grausamen Sklavenjagden wird hier jährlich noch eine Beute von Tausenden zusammen getrieben. Der Handel nach Westasien, fast ganz in den Händen der Araber, hat seinen Hauptherd im obern Nilbecken, das durch Gordon, Gessi und Emin den Sklavenhändlern schon entwunden war, aber seit der Mahdistischen Bewegung dem Arabertum wieder ganz zum Opfer gefallen ist. Mit der Erschließung der Gebiete der großen Seen und des Kongolandes haben die Araber ihre unheilvolle Wirksamkeit tief in das Innere Afrikas hineingetragen.
Die centralen Gebiete von den Ufern des Njassasees und Ukerewe bis zum Sankuru und Mobangi hin schienen dem Schicksal der obern Nillandschaft verfallen zu sollen. Das Vorgehen Deutschlands und Englands von der Ostküste aus und des Kongostaates von Westen her hat diese gefährliche Entwicklung aufgehalten. Der Araberaufstand, der 1888 ausbrach, als durch die Übernahme der Verwaltung des ostafrik. Küstenstreifens seitens der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft der Sklavenhandel unterbunden zu werden drohte, endete durch das Eintreten des Deutschen Reichs mit der völligen Niederwerfung der Araber und der von ihnen abhängigen Eingeborenen (Mai 1890). Am übernahm das Deutsche Reich die Verwaltung des gesamten Schutzgebietes, und die fortschreitende Organisation der Kolonie hat den Raum des Sklavenhandels mehr und mehr eingeengt. In zahlreichen Expeditionen ist dem Sklavenhandel mittelbar oder unmittelbar entgegen gewirkt, und eine scharfe Überwachung der Küste hat die Sklavenausfuhr zu unterdrücken gesucht. Durch die Anlage gesicherter Stationen, die Förderung der Mission, die Ausschließung des Landes und durch Maßregeln wirtschaftlicher Art wurde die Beseitigung des Übels in Angriff genommen. Eine thätige Mithilfe erwuchs der Regierung aus der Antisklavereibewegung, die, durch das Auftreten des Kardinals Lavigerie wie in Belgien und Frankreich, so auch in Deutschland ins Leben gerufen, ihre aus der
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sklavereilotterie gewonnenen Mittel auf die Ausrüstung von Expeditionen und die Indienststellung von Dampfern und Schnellseglern auf den großen ostafrik. Seen verwandte. Das durch den Häuptling Sike aufs äußerste gefährdete Tabora wurde durch das rechtzeitige Eintreffen der Antisklaverei-Expedition gerettet und den Empörern eine vernichtende Niederlage beigebracht. Gegenwärtig ist der Sklavenhandel am Ukerewe fast ganz eingeschränkt, und auch am Tanganika sind entscheidende Schläge geführt.
Dagegen besteht er im Süden fort, wenn auch die Verhältnisse am Njassasee gebessert sind; vor allem zwischen dem Nikwa- und Tanganikasee, in. einem Gebiet, das zu den wertvollsten Teilen des Besitzes gehört, hat der Sklavenhandel noch eine feste Stätte. Der Sklavenschmuggel ist an den meisten Teilen der Küste auf ein geringes Maß beschränkt; lebhafter wird er noch von der Rusidjimündung und von der Südküste des Schutzgebietes aus getrieben. Das Vorrücken der Engländer im Norden Deutsch-Ostafrikas, die Besetzung von Uganda haben mit den deutschen Unternehmungen zusammengewirkt, dem Sklavenhandel im nördl. Seengebiet zu steuern.
Engl. Schisse üben eine strenge Überwachung der Küstenschiffahrt aus, und seit dem Bestehen des engl. Protektorats über Sansibar hat der dort noch blühende Sklavenhandel sich erheblich vermindert. Der Kongostaat hat nach den Erfolgen der Expedition van Kerkhoves (1890 -92), die den Sklavenhandel der Araber schwer geschädigt hatte, gegen eine allgemeine Empörung am Kongo und Tanganika zu kämpfen gehabt, deren Unterdrückung unter Opfern gelungen ist. Der Sklavenhandel wurde aus dem Gebiete des untern Kongo verdrängt, die Stellung der Araber am obern Kongo wurde erschüttert.
Das militär. und kolonisatorische Vorgehen der Mächte hat die arab. Macht in der Zone der großen Seen überall ins Weichen gebracht und dem Sklavenhandel nach dem mittlern Teil der Ostküste enge Grenzen gezogen. Auch an der südlichern portug. Küste sind dem Sklavenhandel jetzt Schranken gesetzt; dagegen stößt seine Unterdrückung im Norden, an den Küsten des Noten Meers, noch immer auf große Schwierigkeiten. In den Art. VI und IX der Akte der Berliner Konferenz (Kongoakte) vom haben diejenigen Mächte, die innerhalb des konventionellen Kongobeckens einen Einfluß ausüben (die europ. Großmächte, die Vereinigten Staaten, Spanien, Portugal, Belgien, die Niederlande, Schweden, Norwegen, Dänemark, die Türkei), die Verpflichtung anerkannt, mit allen Mitteln dem Sklavenhandel entgegenzuwirken.
Die mit der fortschreitenden Erschließung Afrikas in Bezug auf den Sklavenhandel gemachten Erfahrungen ließen aber einen endgültigen Erfolg nur von dem planvollen Zusammengehen aller beteiligten Mächte erwarten. Um dies zu erreichen, trat im Nov. 1889 auf Einladung des Königs der Belgier die Brüsseler Konferenz (Antisklavereikongreß) zusammen, an der außer den Signatarmächten der Berliner Konferenz Persien, der Sultan von Sansibar und der König der Belgier als Souverän des neugebildeten Kongostaates vertreten waren.
Die Bestimmungen der Generalakte vom wollen ebenso der Bekämpfung des Sklavenhandels dienen, als einen wirksamen Schutz der eingeborenen Bevölkerung in Afrika herbeiführen. Das Gebiet, in dem die zur Bekämpfung des Sklavenhandels vorgesehenen Maßregeln Geltung haben sollen, ist in dem Vertrage auf die Küste von Ostafrika und Arabien (einschließlich des Persischen Meerbusens) beschränkt. Zur Durchsuchung und Aufbringung verdächtiger Schiffe, zu der früher nur besonders ermächtigte Kreuzer berechtigt waren, sind die Kriegsschiffe der Mächte befugt und verpflichtet.
Doch ist das Durchsuchungsrecht auf Schiffe unter 500 t Gehalt beschränkt, die Fahrzeuge, in denen der Handel durchweg betrieben wird. Durch die Anlage von Stationen, durch Straßen- und Eisenbahnbau, Einrichtung von Dampferlinien und Telegraphen, Beschränkung der Einfuhr von Feuerwaffen, Beförderung der Mission und der Forschungsreisen, durch Beaufsichtigung der Dienstverträge, Aufnahme flüchtiger Sklaven auf den Stationen, Überwachung der Karawanen soll dem Sklavenhandel allseitig entgegengearbeitet werden.
Ein Centralbureau zur Überwachung der Ausführung der Vertragsbestimmungen und zur Förderung aller einschlägigen Maßregeln ist auf Grund der Akte 1892 in Sansibar ins Leben getreten. Die franz. Regierung wurde durch die an den Traditionen von 1842 festhaltende Kammermehrheit genötigt, von der Ratifikation der Generalakte die auf die Beschlagnahme und Aburteilung verdächtiger Schiffe bezüglichen Artikel auszuschließen, eine Ausnahme, die jedoch von geringer praktischer Bedeutung ist, da Frankreichs Interessen in dem Gebiete des ostafrik.
Sklavenhandels zurücktreten. Die Vertragsmächte haben daher diese beschränkte Ratifikation in dem Sinne angenommen, daß sie sich untereinander für die ganze Generalakte gebunden erachten, und die Beschränkung nur im Verhältnis Frankreichs zu ihnen gegenseitig gilt. Mit dieser Maßgabe ist die Generalakte mit dem in Kraft getreten. Seitdem haben die Mächte eine Reihe von Verordnungen zur Ausführung der Generalakte erlassen und die auf den Sklavenhandel bezüglichen Verhältnisse ihrer Gebiete im einzelnen geregelt.
Für Deutschlands Interessensphäre sind die abschließenden Ausführungsbestimmungen mit dem Laufe des J. 1893 zur vollen Durchführung erfolgt. Am hat der Deutsche Reichstag einen Gesetzentwurf betreffend die Bestrafung des Sklavenraubes und Sklavenhandels angenommen, wie er in ähnlicher Fassung dem Reichstage schon 1891 in Gemäßheit der Brüsseler Generalakte vorgelegt war. Das Gesetz belegt die Mitwirkung an einem auf Sklavenraub gerichteten Unternehmen mit Zuchthaus und bedroht die Veranstalter und Anführer des Unternehmens mit Zuchthaus nicht unter 3 Jahren und falls auf einem auf Sklavenraub gerichteten Streifzug der Tod eines Negers verursacht wird, mit Todesstrafe.
Sklavenhandel oder Mitwirkung bei der Beförderung der Sklaven wird mit Zuchthaus, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Neben der Freiheitsstrafe soll auch auf Geldstrafen erkannt werden. Zuwiderhandlungen gegen die zur Verhütung des Sklavenraubes und Sklavenhandels erlassenen Verordnungen sollen mit Geldstrafe bis zu 6000 M. oder mit Gefängnis bestraft werden. Gleichzeitig nahm der Reichstag eine Resolution an die verbündeten Regierungen um Einbringung eines Gesetzentwurfes zu ersuchen, der die in den deutschen Schutzgebieten unter den Eingeborenen bestehende .Haussklaverei und Schuldknechtschaft einer ihre Beseitigung vorbereitenden Regelung unterwirft.