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Rubi und Aruwimi zu operieren. Kapitän Ponthus wurde Mitte 1891 mit einer starken Truppe ausgeschickt, um zwischen Kongo und Ue'lle eine Linie von Stationen zum Schutz gegen die Einfälle der Araber anzulegen. Ebenso sind auf beiden Seiten des obern und untern Kongo Ansiedelungen befreiter Schwarzen in ähnlicher Weise geplant, wie es die Franzosen am Senegal gethan haben, um feste Kristallisationspunkte zu schaffen. Kapitän Joubert, ein früherer Päpstlicher Zuave, war 1880 nach Ostafrika gekommen als Führer der Bedeckungsmannschaften für die Karawanen der weißen Väter und hatte sie dann in Kibanga am Tanganjika beschützt.
Als die Verwaltung des Kongostaates beschloß, ihre Thätigkeit auf das unmittelbare Kongogebiet zu beschränken, und die Station Mpala den weißen Vätern 1885 übergab, gestaltete die Lage sich dort sehr kritisch, so daß Joubert, welcher sich zur Erholung in Frankreich befand, vom Kardinal Lavigerie zum Kommandanten von Mpala ernannt wurde. Er begab sich sofort auf seinen Posten, legte etwas südlich von Mpala einen neuen Posten, Samt Louis, an und beabsichtigte, auch bei Mtowa, von wo die Sklavenkarawanen nach Udschidschi hinübersetzen, eine Station zu errichten.
Die weißen Väter haben ihren Hauptsitz in Karema, wo Joubert eine Schutzmacht von frühern Sklaven herangebildet hat. Da er aber durch die Feindseligkeit der Araber in arge Bedrängnis geriet, so entsandte die belgische Antijtlavereigesellschaft, welche auch in Bena Kamba zwei Offiziere stationieren will, eine Karawane unter dem belgischen Leutnant Jacques, welcher ihm von der Ostküste aus Hilfe bringen soll. In Deutsch-Ostafrika ist trotz des energischen Einschreitens v. Wissmanns der Sklavenhandel nicht aus der Welt geschafft.
Nach einein kürzlich veröffentlichten Bericht des Stationschefs, Leutnant Sigl, sind noch heute sämtliche Araber und alle freien Leute in Nniamwesi, von den Sultanen bis zu deren Leuten, Sklavenhändler oder dienen direkt oder indirekt als Agenten für den Sklavenhandel. Insbesondere bilden Tabora mit all den zahlreichen zerstreut liegenden Araber- und Wangwaner-Temben und -Häusern sowie die sämtlichen Ortschaften des Sultans von Nnjamjembe den Zentrallager- und Sammelplatz nicht nur für den Elfenbeinhandel, sondern ganz besonders für den Sklavenhandel.
Nachdem die Sklaven in den geschlossenen, festungsartigen Temben bei guter Verpflegung das ausschweifendste Leben geführt haben, gehen sie willig und ohne Ketten nötig zu haben als Träger, [* 3] .Haushaltssklaven u. a. zur Küste. Da man durä/ auf' getischte Schauermärchen den Sklaven gegen den Europäer und dessen Regierung eingenommen hat, so will der größte Teil der Sklaven gar nicht vom Europäer befreit sein. Ihm sagt das Leben in Araberhäusern viel mehr zu als freie regelmäßige Lohnarbeit und Selbstversorgung im Dienste [* 4] des Europäers.
Von Tabora werden die Sklaven in das Hinterland von Pangani bis Dar es [* 5] Salaam, besonders in das Hinterland von Saadani und Bagamono in den Landschaften Nsegua und Nguru gebracht, um von dort einzeln in die nicht besetzten kleinen Küstenplätze geführt und von da weiter heimlicherweise verschifft zu werden. Der Araber nimmt den Sklaven erst an seinem Bestimmungsorte in Empfang. Aber auch wenn die Ausfuhr von Sklaven über See verhindert werden könnte, wird nach der Ansicht von Afrikakennern Sklavenhandel so lange bestehen, als Araber und Eingeborne Negerhandel treiben und im Lande Haushaltssklaven und Vielweiberei der Verhältnisse wegen geduldet werden müssen.
Der Sultan von Sansibar [* 6] hatte bereits 1876 verboten, daß Sklaven von den Nyassaländern, aus dein Jaogebiet und andern Landesteilen Ostafrikas nach der Küste gebracht würden und mit Beschlagnahme aller solcher Sklaven gedroht. Da die Araber aber diesen Befehl als rechtswidrig ansahen, so blieb er ein! toter Buchstabe. Nachdem aber Sansibar unter englisches Protektorat getreten ist und deutsche wie englische Kriegsschiffe die Küste bewachen, hat der Sklavenhandel sehr abgenommen.
Nach dem Bericht des an der ostafrikan. Küste stationierten Admirals Fremantle wurden 1890 an den Küsten von Sansibar und Pemba 12 arabische Dhaus beschlagnahmt, deren Bemannung verurteilt und 194 Sklaven befreit. Während eine Unterdrückung des Sklavenhandels hier möglich erscheint, erweist sie sich im Golf von Tadschurraimd an den Küsten des Noten Meeres als sehr schwierig. Soweit bekannt, wird derselbe dort noch in demselben Umfang betrieben wie früher.
Die Karawanen kommen weit aus dein Innern zur Küste und legen oft einen drei' bis vierwöchigen Marsch zurück. Sie ziehen an der Nordküste des afrikanischen Festlandes entlang und erspähen eine günstige Gelegenheit, um nachts nach den Marktplätzen an der arabischen Küste überzusetzen. Man glaubt, daß nicht weniger als 2000-3000 Sklaven auf diefe Weife jährlich Arabien erreichen. Mit Hilfe des Telegraphen, [* 7] von Eilboten und Segelschiffen unterhalten die Sklavenhändler längs und zwischen den Küsten ein vollständiges Nachrichtensystem, durch welches die Bewegungen »der britischen Kreuzer sofort überall bekannt werden. Dagegen wird portugiesischerseits gegenwärtig alles gethan, um die Sktavenausfuhr über See zu verhindern. Die Brüsseler Antisklavereiakte etc. Das Bestreben der europäischen Mächte, den Sklavenhandel über See zu unterdrücken, datiert aus den ersten Jahren unsers Jahrhunderts. Hatten die Verträge von Wien [* 8] und Verona [* 9] die Grundsätze der Bekämpfung des Sklavenhandels ganz allgemein aufgestellt, der Vertrag von 1841, bez. 1879 aber eine Ausführung jener Grundsätze eingeleitet, so stellt sich das Verhältnis des Berliner [* 10] Vertrages von 1885 zu den Ergebnissen der Brüsseler Konferenz vom bis ebenso. Der Berliner Kongovertrag enthält nämlich das Prinzip, wonach der Sklavenhandel und alle Veranstaltungen, welche, zu Lande oder Zur See, diesem Sklaven zuführen, als verboten und völkerrechtswidrig anzusehen seien, und gibt nur einige wenige Andeutungen über die Art und Weise, wie jenes Verbot, insbesondere innerhalb des vertragsmäßigen Kongobeckens, durchzuführen sei. Die Konferenzakte vom jedoch stellt in bindender Weife eine ganze Reihe von Einzelmaßregeln fest, deren Zweck die Unterdrückung des Sklavenhandels in dem ganzen weiten Gebiet ist, in dem er heute noch vorkommt. Während der Vertrag von 1841 als geographische Grenze der damals vorgesehenen Maßregeln den 32.° nördl. Br. und den 45.° südl. Br., die Ostküste von Amerika [* 11] zwischen diesen beiden Graden und dem 80.° östl. L. v. Gr., bez. die Ostküste von Vorderindien festsetzt, beschränkt sich der Vertrag von Brüssel [* 12] auf die Küste von Ostafrika und Arabien, und zwar so, daß eine neue Zone entsteht, begrenzt auf der einen Seite von den Küsten des Indischen Ozeans (einschließlich derjenigen des Persischen Meerbusens und des Roten Meeres), von Belutschistan bis zum Kap von Tangalane (Quilimane), und anderseits von einer ¶
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tionellen Linie, welche zunächst dem Meridian von Tangalane bis zu dessen Schnittpunkt mit dem 26.° südl. Br. folgt, sich hierauf mit diesem Parallelkreis vereinigt und dann östlich um die Insel Madagasgar führt, 20 Meilen von deren Ost- und Nordküste entfernt, bis sie den Meridian des Kap Amber erreicht. Von diesem Punkte aus wird die Grenze der Zone durch eine in schräger Richtung nach der Küste von Belutschistan zurückführende Linie bestimmt, welche in einer Entfernung von 20 Meilen vom Kap Ras el-Had vorbeiführt.
Leider ist die mittelländische Küste hierbei nicht eingeschlossen. Früher hatten nur einzelne, besonders dazu ermächtigte Kreuzer das Anhalterecht verdächtiger Schiffe, [* 14] nach dem Brüsseler Vertrag von 1890 sind die.Kriegsschiffe der 17 Signatarmächte (Deutschland, [* 15] Österreich-Ungarn, [* 16] Frankreich, Großbritannien, [* 17] Italien, [* 18] Rußland, Türkei, [* 19] Belgien, [* 20] Dänemark, [* 21] Spanien, [* 22] Nordamerikanische Union, Niederlande, [* 23] Portugal, Schweden-Norwegen, Kongostaat, [* 24] Persien,Sansibar) befugt und verpflichtet, gegen verdächtige Schiffe vorzugehen.
Doch erstreckt sich das Durchsuchungsrecht nur auf Schiffe von weniger als 500 Ton. Gehalt. Darunter fallen gerade die arabischen Dhaus, welche hauptsächlich zum Sklavenhandel verwendet werden, nicht aber die großen ozeanischen Schiffe, für welche das droit de visite besonders lästig wäre. Neben der Bekämpfung des Sklavenhandels machte es sich die Konferenz zur Aufgabe, die eingeborne Bevölkerung [* 25] von Afrika [* 26] wirksam zu schützen und diesem Weltteil die Wohlthaten des Friedens und der Zivilisation zu sichern.
Als Maßregeln zur Bekämpfung des Sklavenhandels im Innern von Afrika sind in Aussicht genommen worden die allmähliche Organisation des Verwaltungs- und Gerichtsdienstes sowie der militärischen und religiösen Angelegenheiten innerhalb der Gebietsteile, welche der Herrschaft oder dem Protektorat der zivilisierten Nationen unterstehen; die allmähliche Einrichtung von festen, militärischen Stationen innerhalb der Gebiete, wo Jagden auf Sklaven stattfinden, die Schaffung von Wegen und Eisenbahnen zur Verbindung des Innern, besonders der Seen, mit der Küste, die Einrichtung von Dampfschiffahrten auf den Seen im Innern, die Schaffung von telegraphischen Verbindungen, die Organisation von Expeditionen und mobilen Kolonnen zur Aufrechterhaltung der Verbindung der Stationen untereinander und mit der Küste; endlich die Beschränkung der Einfuhr von Feuerwaffen neuerer Konstruktion und der dazu gehörigen Munition.
Die erwähnten festen Stationen sollen außerdem als Zufluchtsorte, insbesondere für die eingeborne Bevölkerung, dienen, Handelsunternehmungen unterstützen und schützen, aber auch deren Verkehr mit den Eingebornen überwachen, ferner die Missionen aller Kulte beschützen und den Sanitätsdienst sowie die Erforschungsthätigkeit fördern. Vor allem verpflichteten sich die beteiligten Staaten, Strafbestimmungen gegen Menschenjagd, Sklavenhandel und -Transport sowie gewerbsmäßige Kastration in möglichster Bälde zu schaffen, soweit solche nicht schon bestehen; eine Folge dieser Bestimmung ist der am den: deutschen Reichstag vorgelegte Entwurf zu einem Gesetz, betreffend die Bestrafung des Sklavenhandels.
Werden Sklaventransporte im Innern angehalten oder auseinander gesprengt, so sollen die Sklaven in Freiheit gesetzt und, wenn irgend möglich, in ihre Heimat zurückgeschafft werden; auf Wunsch ist ihnen jedoch auch Unterstützung zu gewähren, sich anderweitig auf zuhalten und niederzulassen. Sonstige flüchtige Sklaven finden auf den Stationen und den Staatsschiffen Aufnahme zum Schutze gegen ihre Verfolger. Das Verbot der Einfuhr von modernen Feuerwaffen erstreckt sich auf das Gebiet zwischen dem 20.° nördl. Br. und dem 22.° südl. Br. einerseits und zwischen dem Atlantischen und dem Indischen Ozean, einschließlich der bis 100 Seemeilen von der Küste entfernt gelegenen Inseln, anderseits.
Ausgenommen von diesem Verbote sind selbstverständlich die zur Ausrüstung der Truppen und sonstigen Organe der Vertragsstaaten sowie für Forschungsexpeditionen erforderlichen Waffen, [* 27] und außerdem kann in besondern Fällen in Ansehung bestimmter Personen Dispens erteilt werden. Zur Sicherung gegen jeglichen Mißbrauch sind alle Waffeneinfuhren in öffentliche Lager [* 28] zu bringen, aus welchen sie nur mit Erlaubnis der Lokalregierung entnommen werden dürfen. Um dem Sklavenhandel und -Transport zu Lande ein Ziel zu setzen, sind die von den Sklavenhändlern gewöhnlich eingeschlagenen Wege genau zu überwachen, zum Abfangen etwaniger Transporte und zur Befreiung der Sklaven Posten aufzustellen, die Häfen und Küstenstriche, von denen aus Sklaven zur Zeit verschifft werden, streng zu kontrollieren und jeder, der einmal wegen Verstoßes gegen die einschlägigen Prohibitivbestimmungen bestraft worden ist, vor seiner Zulassung zu weitern kaufmännischen Unternehmungen in Sklavenhandelsgegenden zur Stellung einer Kaution anzuhalten.
Besondere Schwierigkeiten boten die Verhandlungen über die Aufstellung geeigneter Grundsätze zur Unterdrückung des Sklavenhandels zur See. Hier traten die Traditionen der zwei Seemächte England und Frankreich in offenen Widerspruch zu einander. Während früher England eine Reihe von Staaten dazu bewogen hatte, in Staatsverträgen ihm das Recht einzuräumen, innerhalb der Region des Sklavenhandels Schiffe, die ihre Flagge führen, nach Sklaven durchsuchen zu lassen, hat von jeher Frankreich sich der Einräumung eines solchen Vorrechts an eine andre Macht widersetzt, ein solches auch nicht für sich beansprucht.
Nach längern Verhandlungen gelang es endlich, die Zustimmung aller Vertragsmächte dafür zu gewinnen, daß die bestehenden einschlägigen Verträge im allgemeinen aufrecht zu erhalten seien, während hinsichtlich der Fahrzeuge solcher Staaten, die keinen bezüglichen Vertrag eingegangen haben, lediglich die beschränktere Befugnis der Prüfung der Schiffspapiere zugestanden wurde. Das Hauptgewicht ist zu legen auf Maßregeln gegen die mißbräuchliche Führung der Flagge eines der Vertragsstaaten durch einheimische Fahrzeuge, weshalb einerseits eine genaue Kontrolle hierüber und anderseits genaue Bestimmungen über die Verleihung der Befugnis zur Flaggenführung und der Erteilung von Flaggenattesten vereinbart wurden.
Selbstverständlich bringt jeder vollendete oder versuchte Akt des Sklavenhandels die Entziehung des Rechtes zur Flaggenführung mit sich. So oft der Kommandant eines Kriegsschiffes einer der Vertragsmächte Verdacht schöpft, daß ein Fahrzeug des genannten Tonnengehaltes sich mit Sklavenhandel abgebe oder eine Flagge ohne Befugnis führe, darf er dasselbe anhalten und dessen Schiffspapiere, besonders Flaggenatteste, besichtigen. Zeigt sich jener Verdacht als begründet, so wird das Schiff [* 29] in den nächsten Hafen geführt, in welchem sich eine Behörde desjenigen Staates befindet, dessen Flagge das Fahrzeug geheißt hatte. Die Untersuchung und ¶