Siwa
(Çiwa, auch Mahâdêwa, »großer Gott«), einer der volkstümlichsten Götter der Inder, dem im Süden von Indien die große Mehrzahl, im N. wenigstens ein bedeutender Teil der Bevölkerung anhängt. Er ist der Patron der Büßer, der aber selbst nicht durch Askese überwunden und zur Gewährung von Bitten gezwungen werden kann, und der mächtige, hoch oben auf dem Himalaja thronende Herr der Berge, der zerstörend, aber zugleich reinigend und befruchtend wirkt. Als Symbol seiner Gewalt führt er den Dreizack und eine Jagdschlinge oder eine Antilope, zuweilen auch eine Feuerflamme in der Hand; eine besondere Eigentümlichkeit seines Gesichts ist das dritte Auge auf der Stirn. Zuweilen wird er auch mit fünf Armen abgebildet. Seine Gattin ist Parwatî (s. d.), auch Durgâ und Kâlî genannt (s. Tafel »Bildhauerkunst I«, Fig. 12 u. 13). Die Siwaiten oder Siwaverehrer zerfallen in Saiwas (Siwaiten) und Wîrasaiwas (starke Siwaiten); gemeinsam ist beiden die Verehrung des S. unter dem Symbol des Phallus oder Lingam (s. d.). S. scheint aus dem wedischen Rudra (s. d.) in Verbindung mit Agni (s. d.) sich herausgebildet zu haben; nach andern ist es ein ursprünglich drawidischer Gott, der in der Zeit des Kampfes zwischen Brahmanismus und Buddhismus mit seiner Familie in das brahmanische Göttersystem aufgenommen und mit dem wedischen Rudra identifiziert wurde. Vgl. Weber, Indische Studien (Bd. 2, S. 19 ff.); Muir, Original Sanskrit texts (Bd. 4, S. 299-437); Wurm, Geschichte der indischen Religion (Basel 1873).