Karbonschiefern, die den in
Chandoline und bei
Brämis abgebauten Anthrazit liefern, sowie höher oben aus den dolomitischen
sog. Pontiskalken, denen stellenweise Gips eingelagert ist. Die
Mayens de Sion und
Mayens deVeisonnaz selbst liegen auf kristallinen
Schiefern.
Der Bezirk Sitten ist namentlich auch durch seine schöne und an Seltenheiten reiche Flora bekannt. Die
unmittelbare Umgebung der Stadt mit den Hügeln von
Valeria,
Tourbillon,
Montorge und
Champlan bietet dem Botaniker, namentlich
im Frühjahr, eine reiche Auswahl von Vertretern einer eigenartigen Flora. Von Typen der xerothermen Thalflora nennen wir:
Opuntia vulgaris, Crocus sativus, Amygdalus communis, Punica granatum, Ficus carica, Ephedra Helvetica,ArtemisiaValesiaca, Stachys Germanica etc.
französisch
Sion (Kt. Wallis,
Bez. Sitten). Rhonebrücke 490 m, Exerzierplatz 512 m,
Valeria 621 m,
Tourbillon 655 m; im
Mittel 521 m. Gem. und Stadt, Hauptort des Bezirkes Sitten und des Kantons Wallis.
Lage und Umfang.
Sitten liegt im zentralen Abschnitt des
Rhonethales und am rechten Ufer der
Rhone, 26 km nö.
Martinach
und 50 km wsw.
Brig. Die Gemeinde und Stadt wird von der zwischen der
Liène und
Morge vom
Wildhorn herabkommenden
Sionne in zum
grossen Teil kanalisiertem und eingedecktem
Bett durchflossen. 7° 21' 34" OL. von Greenwich und 46° 14'
3" NBr. Amtssitz des Bistums Sitten, ehemaliger Hauptort der alten Republik Wallis
und des französischen Département du
Simplon.
Die Stadt lehnt sich im N. an den Fuss der vom
Wildhorn und
Sanetsch herabsteigenden Gehänge, die in ihrem tiefern Abschnitt
vollständig mit
Weinbergen bestanden sind, sowie im O. an die die
Ebene um 100-165 m überragenden Hügel
von
Valeria und
Tourbillon, die sie vor den das
Rhonethal herabfliessenden Luftströmungen schützen, während die das Thal
heraufsteigenden
Winde durch den niedrigen Hügel von
Corbassières und die mit der Burgruine
Montorge gekrönte
Höhe im W.
abgelenkt werden.
Dank dieser geschützten Lage zählt Sitten zu den wärmsten Orten des
Rhonethales. Die zentrale Lage
und die Fruchtbarkeit der Umgegend haben Sitten schon zu den ältesten Zeiten zu einer der bedeutendsten Siedelungen im
Rhonethal
gestempelt. Hier mündet im S. das
Val d'Hérens, eine der beträchtlichsten Thalschaften in der S.-Flanke der Walliseralpen,
und das
Val de Nendaz aufs
Rhonethal aus, während im N. sowohl in den engen Thälern der
Morge,
Sionne und
Liène als auf den dazwischen sich ausdehnenden Terrassen und Gehängen mehrere der volksreichsten Landgemeinden des
Wallis
liegen.
Der älteste Teil von Sitten liegt in dem engen Thälchen zwischen den felsigen Hügeln von
Tourbillon
und
Valeria, von wo aus sich die Stadt allmählig zur Thalebene hinabzog und sich auf dem grossen Schuttkegel der
Liène zu
beiden
Seiten dieses
Wildbaches anzusiedeln begann. Bis zur Abtragung der Ringmauer und Türme (1831-1840) wurden die alten
Quartiere durch drei Hauptgassen, die auf die Tore von
Conthey,
Leuk und das Rhonetor ausmündeten, voneinander
geschieden.
Die Hauptverkehrsader und breiteste
Gasse der Stadt ist der sog.
Grand Pont, unter dem die
Sionne heute in gedecktem Kanal der
ganzen Länge nach durchfliesst und in den im untern Teil der Stadt von W. her die
Rue de
Lausanne einmündet,
welche durch die
Avenue de la Gare mit dem Bahnhof in Verbindung steht. Heute sind die nach dem Abtrag der
Porte deConthey
angelegte
Rue de
Lausanne und der
Grand Pont, der nordwärts zur
KapelleSaint Georges und zur reform. Kirche führt und sich
in die grosseThalstrasse nach
Siders und
Leuk fortsetzt, die belebtesten
Gassen
der Stadt, in denen sich
die hauptsächlichsten Verkaufsläden angesiedelt haben.
Die Anlage des Bahnhofes und die Unmöglichkeit, sich gegen O. weiter ausdehnen zu können, liessen die Stadt Sitten in der
Richtung nach W. und S. sich entwickeln. Damit ist auch die der
Rue de
Lausanne parallel laufende
Avenue
du
Midi entstanden, welche durch die
«Sous le Sex» genannte Gegend s. vom Hügel
Valeria mit der
Thalstrasse in Verbindung gebracht
werden soll. Die Ausführung dieses Projektes würde die
Rue de
Lausanne zu einer scharfen Grenzlinie zwischen der
Altstadt
und den neuen
Quartieren machen.
1) die Citta
(Cité) ö. der
Sionne, die den ältesten Stadtteil darstellt;
2) Pratifori
(Pré de la foire) s. der
Rue de
Conthey und w. vom untersten Laufstück der
Sionne;
3) Claviney, n. der
Rue de
Conthey, mit Regierungsgebäude, Domkapitel, Kathedrale, bischöflichem Palast,
Priesterseminar, Kantonsschule etc.;
5)
MalaCuria, rechts der
Sionne gegen die
Avenue (oder Promenade) du
Nord. Mit der zunehmenden Ausdehnung der Stadt hat aber
diese althergebrachte Einteilung nahezu alle Bedeutung eingebüsst. Von welcher
Seite her man sich immer der Stadt Sitten
nähert, zeigt sie sich mit ihren von Kirchen und alten Burgen gekrönten Felshügeln, den Resten der
ehemaligen Stadtmauern, ihren alten und neuen Kirchtürmen und ihrem unregelmässigen Häusergewirr dem Blick schon von weitem.
Sitten ist trotz aller Belagerungen und Naturverheerungen eine der interessantesten Städte der
Schweiz geblieben, die sich
ihren originalen altertümlichen Charakter noch wohl zu wahren gewusst hat.
Die in der
Ebene gelegene Kathedrale, die ursprünglich den Namen der
Notre Dame du
Glarier trug, stammt
in ihrer heutigen Gestalt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und ist in einzelnen Teilen erst durch den Kardinal Schinner
vollendet worden. Einzig der Glockenturm, einer der ältesten der
Schweiz, ist noch von der im 9. Jahrhundert
erbauten ersten Kirche vorhanden und hat alle spätern Umwandlungen des Gotteshauses überdauert. Er bildet einen hohen viereckigen
Turm, ist im romanischen Stil der Karolingerzeit gehalten, zeigt mit Schiessscharten versehene Krönungsmauern und schliesst
nach oben mit einer Backsteinpyramide ab. Nach Blavignac soll dieser Glockenturm ein Zeitgenosse der Kirche
von Ainay (eines der ältesten Gotteshäuser der Stadt Lyon), der Kirche von
Saint Pierre de Clages und des
Turmes der Abtei
Saint Maurice sein.
Die Kathedrale selbst ist im gotischen Stil erbaut. Ihr gegenüber steht die an der Stelle eines schon im 8. Jahrhundert
vorhandenen Heiligtums erbaute und ebenfalls von Kardinal Schinner vollendete St. Theodulskirche mit
unvollendetem Glockenturm. Sie wird im Gegensatz zu der Kathedrale eher vom arbeitenden Volk besucht, indem in Sitten,
Saint Maurice,
Visp und andern
Flecken des Kantons selbst mit Bezug auf den Gottesdienst immer noch eine gewisse Scheidungslinie zwischen
dem alteingesessenen Adel und der grossen Masse des Volkes sich bemerkbar macht. Am Fuss des Hügels
von
Valeria befindet sich die sog. Kollegialkirche, die 1806 zum Gebrauch der bis 1847 das Kollegium in Sitten leitenden
Jesuiten erbaut worden ist.
Steigen wir nach
Valeria hinauf, so begegnen wir halbwegs noch der 1310 erbauten
Allerheiligen-Kapelle, um endlich zu oberst
die Wallfahrtskirche
Notre Dame de
Valère, die «berühmteste christliche Kirche des Landes», zu finden,
die an der Stelle eines heidnischen
Tempels steht und urkundlich zum erstenmal 1168 erwähnt wird, in einzelnen ihrer Teile
aber ein viel höheres
Alter (8. oder 9. Jahrhundert) haben muss. Besonders bemerkenswert sind die herrlich geschnitzten
Chorstühle aus den Jahren 1662 und 1664. Mit der Kirche auf
Valeria war ein Domherrenstift verbunden, dessen Angehörige
aber seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nur noch den Chordienst in der Kathedrale versehen. 1818-1870 hatte auch das nunmehr
nach der Stadt verlegte Priesterseminar seinen Sitz auf
Valeria. In der Oberstadt bemerken wir die vor
rund 25 Jahren erstellte reformierte Kirche. Eine ehemalige St. Peterskirche, die so lange für die Gläubigen von
Salins
bestimmt war, als diese noch keine eigene Pfarrei bildeten, ist 1806 abgetragen worden. Reich ist Sitten auch an bemerkenswerten
Profanbauten der
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verschiedensten Art. An erster Stelle soll hier der stolzen ehemaligen Bischofsburg auf Tourbillon gedacht werden, die 1788 abbrannte
und heute noch in Ruinen liegt (näheres darüber s. beim Artikel Tourbillon). Von hier aus geniessen wir einen prachtvollen
Blick auf das Rhonethal und die dasselbe einfassenden Gehänge und Hochgipfel. Auf einer tiefern Felsstufe
des Hügels von Tourbillon steht das ebenfalls 1788 in Flammen aufgegangene Schloss Majoria (Majorie), dessen Ueberreste heute
in eine Kaserne umgebaut sind.
Das oft verbrannte und wieder aufgebaute Schloss war ursprünglich Sitz der fürstbischöflichen Meier (Majors) und diente
dann von 1372 bis 1788 dem Bischof Witschard (Guichard) Tavelli und seinen Nachfolgern als Residenz. Es
sind auch noch einige Reste einer ehemaligen Festungsmauer vorhanden, die das Schloss Majoria mit dem viereckigen Hundeturm
(Tour des Chiens) verband. Ein anderer Turm der einstigen Stadtmauern, der sog. Hexenturm (Tour des Sorciers) steht tiefer unten
im nördl. Stadtteil.
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Das einzige Herrenhaus der Altstadt, das aus stürmischen Zeiten her noch einige Schätze in die Gegenwart hinübergerettet
hat, ist das Haus Supersaxo an der Rue de Conthev, dessen gegen diese Gasse zu gewendete Fassade samt Turm dem Unverstand der
städtischen Behörden zum Opfer gefallen sind, während es so leicht gewesen wäre, die erwünschte
Strassenverbreiterung durch Rückwärtsverlegung der gegenüber stehenden Häuser zu erreichen. So wird dieses wahre architektonische
Kleinod heute durch eine mehr als banale Fassade maskiert, hinter welcher niemand die Kunstschätze vermuten würde, die
es immer noch birgt.
Der vom Landeshauptmann Georg Supersaxo erbaute Palast legt noch heute Zeugnis ab vom Reichtum seines
Bauherren. Der sehr geräumige und hohe grosse Saal erregt die Bewunderung aller kunstverständigen Besucher. Seine Decke
ist ein Meisterwerk der Schnitzkunst, trägt im Mittelfeld ein die Geburt Christi darstellendes Relief und weist längs den
Wandflächen eine reichverzierte Inschrift auf, die als Jahreszahl der Erbauung 1505 angibt und mit den
Worten schliesst: Georgius Supersaxo hanc domum edidit sibi, dominante Matheo.
Eine der Ecken trägt den Namen des mit der Arbeit betrauten Künstlers: Jakobinus de Halacribis ligni faber haec manu fecit.
An der Hauptstrasse, der Rue du Grand Pont, steht das 1660 erbaute Rathaus, Sitz der städtischen Behörden
und des Bürgerrates, Wahllokal und Versammlungsort des obersten Gerichtshofes und des Grossen Rates des Kantons. Seine interessante
Turmuhr wurde 1667 von Marc Spätt aus St. Gallen
angefertigt. Im Korridor des Erdgeschosses sind römische Inschriften eingemauert.
Hervorzuheben sind ferner noch die prachtvoll geschnitzten Türen mit feingearbeiteten Eisenbeschlägen. Der an der Strasse
nach Brämis gelegene, vor 1763 erbaute Bürgerspital ist ein für seine Zweckbestimmung viel zu umfangreiches Gebäude. Ohne
besonderes Interesse sind das 1631-1643 im N. der Stadt ein Fuss der Weinberge erbaute Kapuzinerkloster und das Domherrenstift.
Gut angelegte, bequeme und geräumige moderne Bauten sind das Regierungsgebäude (ein ehemaliges Ursulinerinnenkloster),
der 1840 der Kathedrale gegenüber erstellte bischöfliche Palast, das 1875 vollendete bischöfliche
Priesterseminar und die seit 1892 nördl. der Planta stehende Kantonsschule. In einigen Seitengassen, wie z. B. der Rue de
Savièse, findet man auch der Beachtung werte Privathäuser.
Die Stadt Sitten war zu lange in ihren Ringmauern eingeengt, um grosse Plätze aufweisen zu können.
Immerhin finden wir im W. einen grossen quadratischen Raum, die sog. Planta oder Place d'Armes, auf welcher die Jahrmärkte
abgehalten werden und an die sich im O. das Regierungsgebäude und der bischöfliche Palast, sowie im N. das seit einigen
Jahren von einer öffentlichen Gartenanlage umgebene Kantonsschulgebäude anreihen. Schattige Alleen sind
die Avenue du Nord, Avenue de la Gare und Avenue de la Planta.
Klimatische Verhältnisse.
Trotz
einer 500 m übersteigenden mittlern Höhenlage erfreuen sich Sitten und das mittlere Wallis
einer höhern Temperatur als
z. B. Genf,
wo zwar die Winter wärmer, die Sommer aber bedeutend kühler sind. In heissen Jahren ist Taubildung
eine in der Umgebung von Sitten nahezu unbekannte Erscheinung. Die Winter sind sonnenreich und zeichnen sich durch wenig
Regen und Schnee aus. Nebel, Rauhfrost und Gewitter treten in Sitten selten auf. Neunmal auf zehn folgen die Gewitterwolken
den beiden das Thal begleitenden Bergketten und vermeiden es, ihren Regen oder Hagel über die Thalmitte
auszuschütten.
Selbst bei Regenwetter ist die in Sitten fallende Regenmenge geringer als diejenige an den beidseitigen Thalgehängen. Die mittlere
Jahrestemperatur von Sitten beträgt 9,6° C. Während im April und Mai die Temperatur nicht mehr unter den Gefrierpunkt
sinkt, kann sie vom Oktober an, wie übrigens auch in Siders und Martinach, unter 0° fallen. Sie kann
im März und Oktober bis auf 20° und vom April bis September bis auf über 25° steigen. Am hat man sogar eine
Temperatur 24,8° C. abgelesen.
Das Maximum kann vom Mai bis in den September hinein 30° übersteigen. Die Tage des frühesten und spätesten
Frostes waren der und der Absolute Extreme: 34,4° am und -17,3° am Unterschied
also 51,7°. Das mittlere Winterminimum beträgt -11,2° C. Während man im Durchschnitt jährlich 89 Regen- oder
Schneetage zählt, beläuft sich die Anzahl der vollständig klaren Tage auf 108. Vorherrschende Luftströmung ist der das
Thal heraufkommende Wind, der der Thalrichtung folgt und in Martinach aus NW., in Sitten aus SW. bläst. Der in Siders nahezu
unbekannte N.-Wind findet in Martinach und Sitten leichten Zugang. Weniger häufig ist der thalauswärts
wehende Wind, der sich besonders des Nachts bemerkbar macht.
Landwirtschaft und Viehzucht, Weinbau.
Ihre Lage im Mittelpunkt des fruchtbarsten Striches des Rhonethales hat der Stadt Sitten einen ausgesprochen agrikolen Charakter
aufgedrückt, den sie sich bis heute zu bewahren wusste. Neben den alten Patriziergeschlechtern beschäftigen sich alle diejenigen
Personen, die es zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben, vorzüglich mit dem Anbau der Weinrebe und dem Handel mit deren
Produkten. Daneben steht auch die Viehzucht nebst Milchwirtschaft in Blüte, die ihre Produkte an die in Sitten eingerichtete
Genossenschaftsmolkerei abgeben kann. Die Bürger von Sitten besitzen an den Hängen südl. gegenüber
ihrer Stadt die unter dem Namen der Mayens de Sion bekannten schönen Maiensässe, die sich zu einer beliebten Sommerfrische
entwickelt haben und wie die benachbarten Alpweiden (Alpe de Thyon etc.) mit Vieh bestossen werden. Der ehemalige Grossgrundbesitz
der Patrizier zerstückelt sich immer mehr, indem es die aus dem Goms und den
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