Priester
(v. griech. presbyteros, lat.
sacerdos), die Verwalter des religiösen
Kultus, die berufsmäßigen Vollzieher gottesdienstlicher
Handlungen, vornehmlich
der mit allen alten
Religionen verbundenen
Opfer. Ursprünglich
war in diesem
Sinn jedes Familienhaupt Priester
des
Hauses. Als sich
aber aus dem Familienleben allmählich das staatliche
Leben entwickelte, gestaltete sich auch das Priester
wesen in bestimmterer
Weise. Bei manchen Völkern, z. B. bei Griechen und
Römern, versahen zuerst die Herrscher auch den Priester
dienst.
Als aber die königliche
Gewalt abgeschafft worden, ward jener nach und nach einem besondern
Stand, öfters den Nachkommen
alter Königsfamilien,
übertragen. Im
Orient bildete sich früh schon neben der Königsmacht ein
Priesterstand, welcher in
Indien und
Ägypten
[* 2] geradezu als
Kaste auftritt. Ein erbliches Priestertum
scheint übrigens allenthalben
nur da aufgekommen zu sein, wo die Priester
für Sprößlinge der
Gottheiten selbst galten, oder wo sie die Nachkommen vormaliger
regierender
Familien oder solcher
Personen waren, welche den
Dienst gewisser
Gottheiten an einem
Ort eingeführt hatten, wie die
Eumolpiden in
Athen,
[* 3] oder wo die Gesetzgeber gleich anfangs einer
Familie oder einem
Stamm die erbliche Inhaberschaft der Priester
würde
verliehen hatten. Auch bei den Israeliten übte ursprünglich jeder Familienvater und späterhin
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der Erstgeborne die priester
liche Thätigkeit aus, bis bei der Aufstellung des Stiftszeltes Aaron, dem Bruder Moses', und mit
ihm dem Stamm Levi das erbliche Priesteramt
übertragen wurde. Die mit demselben verbundenen Geschäfte waren hauptsächlich
folgende: Anzünden des Rauchwerkes früh und abends, wöchentliche Auflegung der Schaubrote, Unterhaltung des beständigen
Feuers auf dem Brandopferaltar, alle den Priestern
ausschließlich zustehenden Manipulationen beim Opfern
der Tiere, die heiligen Gebräuche bei Lossprechung eines Nasiräers und bei der Prüfung einer des Ehebruchs verdächtigen Frau,
das Blasen auf metallenen Blasinstrumenten zu bestimmten Zeiten, die Untersuchung Unreiner, namentlich Aussätziger, die Schätzung
des dem Heiligtum Gelobten, die nächtliche Bewachung des innern Tempelraums, Unterweisung des Volkes im
Gesetz bei vorkommenden Fällen, Erteilung rechtlicher Bescheide und Segenerteilung.
Alle heiligen Amtshandlungen mußten die Priester
im Zustand levitischer Reinheit verrichten (daher das oft zu
wiederholende Waschen und Baden);
[* 5] auch durften sie, solange sie der Dienst beim Heiligtum beschäftigte, keinerlei berauschende
Getränke zu sich nehmen. Aller übermäßigen Trauer, sobald sie nicht den nächsten Verwandten galt,
wie des Zerreißens der Kleider, der Berührung von Toten etc., mußten sie sich ebenfalls enthalten. Die Weihe zum Priesterstand
geschah mit Opfern, symbolischen Handlungen und Lustrationen.
Die Kleidung bestand aus einem Leibrock, Gürtel,
[* 6] Hüftkleid und Kopfbund aus feinem Leinen, zu welchen
für den Hohenpriester
noch vier: Oberkleid, Efod, Brustschild, Stirnblech (s. Hoherpriester), kamen. Der Unterhalt der Priester
floß
aus Opferdeputaten, Erstlingen und Zehnten, den abgenommenen Schaubroten, den Strafgeldern für levitische Verschuldung, dem
Lösegeld der Erstgeburt, dem Verbannten (was Gott gelobt worden) oder dessen Geldwert. Auf diesen Grundlagen gewann das
Priestertum
zur Zeit Davids eine festere Organisation.
Die Priester
sind in 24 Klassen geteilt, an deren Spitze der Hohepriester
steht. Bis zur Herrschaft Salomos bleiben sie, denen gesetzlich
die Bedingungen zur Hierarchie entzogen waren, fungierende Gottesdiener, steigen aber während seiner Regierung zu Hofbeamten
empor. Die Einführung des Stierdienstes im Reich Israel unter Jerobeam veranlaßte die Priester, nach Juda auszuwandern.
Im zweiten israelitischen Staatsleben nehmen sie vorwiegend mit teil am politischen Leben, bis zur Makkabäerzeit Priestertum
und Fürstentum sich eine Zeitlang miteinander vereinen.
Bis zur Zerstörung des jerusalemischen Tempels durch die Römer [* 7] bildete die Priesterkaste eine geschlossene Korporation, welche die religiösen Vorstellungen des Volkes durch symbolische Gebräuche anregte und aussprach und das durch Verschuldung gestörte Verhältnis desselben zu Gott mittels Sühnung wiederherstellte. Doch treten ihnen als eigentliche Träger [* 8] und Fortbildner des Gottesbewußtseins je länger, desto erfolgreicher die Propheten (s. d.) zur Seite und entgegen, und bald sehen wir sie auf seiten der Könige und Fürsten gegenüber prophetischem Freimut (vgl. Leviten und Hoherpriester).
Den alten Germanen war ein eigentlicher Priesterstand unbekannt. Bei ihnen besorgte der Hausvater für sein eignes Haus die gottesdienstlichen Handlungen, Opfer und Gebete, selbst; für die Gemeinde versah der Fürst das priesterliche Amt. Außer den Opfern und Gebeten galt es namentlich, bei allen wichtigen Handlungen den Willen der Götter zu erkunden, was durch Beobachtung des Vogelflugs, des Wasserstands der Flüsse, [* 9] des Wieherns heiliger Schimmel [* 10] etc., durch Zweikampf eines Gefangenen mit einem Stammangehörigen und endlich durch die Weissagung aus Los und Runen [* 11] geschah. Über den Priesterstand im Christentum s. Geistliche und Hierarchie.