(lat. Diluvium), die nach mosaischem Bericht (1. Mos. 6). zur Zeit Noahs von Gott zur Vernichtung der sündigen
Menschen verhängte Überschwemmung der ganzen Erde, daher gewöhnlich Sündflut genannt. Die Benennung ist
aber nicht von dem Wort Sünde, sondern von dem altdeutschen sinfluot (»große Flut«) abzuleiten, wie denn noch Luther stets
Sindflut
schrieb. Auffallend ist die große Verbreitung der freilich sehr weit voneinander abweichenden Sintflutmythen.
Die alten Bücher der Chinesen und der Inder bringen verschiedene Formen derselben; dem hebräischen Bericht
(1. Mos. 6-9). nahe kommt eigentlich nur die assyrisch-babylonische Erzählung von Xisuthrus und dem an ihn ergangenen Befehl,
eine Arche zu bauen, von deren Ausrüstung, der großen Wasserflut, dem Landen in Armenien, dem Aussenden eines Vogels etc. Ähnliche
Sagen entstanden sogar in Nord- und Südamerika. Die Indianer am Orinoko erzählten A. v. Humboldt, daß »zur
Zeit des großen Wassers« ihre Vorfahren in Kanoes bis zu den höchsten Felsenspitzen gelangt seien. Der Entstehung solcher
Sagen an verschiedenen Punkten der Erde liegt die Thatsache zu Grunde, daß fast überall auf hohen Bergen fossile Muscheln und
Tierknochen gefunden werden, woraus indessen die Geologie nur den Schluß zieht, daß große Landstrecken,
die jetzt gehoben sind, einst vom Meer überflutet waren.
Vgl. Diestel, Die S. und die Flutsagen des Altertums (2. Aufl., Berl.
1876);
Süß, Die S., geologische Studie (Prag 1883).
(lat. diluvium), vom altdeutschen sinfluot, d. h.
allgemeine Überschwemmung, meist nach einer guten Volksetymologie Sündflut genannt, da in der biblischen Erzählung die Flut
zur Zeit des Noah als eine Strafe für die Sünden der Menschen betrachtet wird. Die S. ist nicht zu verwechseln
mit dem Diluvium (s. d.) der Geologen, das mit ihr nichts zu thun hat. Gerettet
wird aus ihr Noah, der nach Jahwes Angaben rechtzeitig ein Schiff (die Arche) zimmert, in welcher er seine Familie und die
zu rettenden Tiere birgt.
Die im 1. Buch Mose überlieferte Sintflutsage ist nicht in Palästina entstanden, sondern aus Babylonien
dorthin gekommen, was ein Vergleich der biblischen Erzählung mit der babylonischen ergiebt. Die älteste Gestalt dieses Berichtes
ist von G. Smith 1872 auf mehrern Thontafeln entdeckt worden. Danach bildet die babylon. Legende
den elften von 12 zusammengehörigen Gesängen, aus welchen ein babylon. Nationalgedicht, die Heldenthaten des
Gilgamisch, nach Rawlinson wahrscheinlich eine Versinnbildlichung der Sonnenlaufbahn, besteht.
Die meisten dieser Tafeln sind in trümmerhaftem Zustande auf uns gekommen. Nur die 1., 6. und die 11. Tafel mit der Sintfluterzählung,
von der sich im Britischen Museum vier Hauptexemplare befinden, sind in einiger Vollständigkeit erhalten. Der nahe Zusammenhang
der babylon. Erzählung mit der im 1. Buch Mose erhellt aus folgenden Einzelheiten: in beiden bricht die
Flut herein als göttliches Strafgericht über
die verderbte Welt, in beiden wird auf göttliches Geheiß von einem frommen
Manne ein Fahrzeug gezimmert, damit er mit seiner Familie sich retten soll. In beiden poet.
Beschreibung der Flut; Angabe vom allmählichen Sinken der Gewässer und die Aussendung dreier Vögel zur
Erkundigung nach dem Festlande. Darauf wohlgefällig aufgenommenes Dankopfer und die Versicherung seitens der Gottheit, daß
hinfort, solange die Erde steht, keine S. mehr angerichtet werden soll. Eine zweite Recension der babylon. Sage ist erhalten
bei Berosus (280‒270 v. Chr.), der den Held Xisuthros nennt. Das keilinschriftliche Original dieses Beroseischen
Berichts ist indessen noch nicht wiedergefunden.
Eine dritte Recension wurde auf einer Keilschrifttafel aus Kutha entdeckt. Die erste Übersetzung des chaldäischen Sintflutberichts
veröffentlichte George Smith (s. d.) in dem Werke «The
Chaldaean account of the Genesis, containing the description of the creation, the fall of man, the deluge»
(Lond. 1875; 2. Aufl. 1880),
die neueste und vollkommenste H. Zimmern in seinen Beiträgen zu Gunkels «Schöpfung
und Chaos» (Gött. 1895). Der Text ist am vollständigsten veröffentlicht auf den Tafeln 43‒44 [50‒51] des 4. Bandes des
engl. Inschriftenwerkes «The Cuneiform Inscriptions of Western Asia». Ähnliche Sagen von ungeheuren Überschwemmungen
(Flutsagen) finden sich bei sehr vielen Völkern des Altertums; so bei den Griechen die Sage von der Deukalionischen Flut (s.
Deukalion), bei den Indern, den Persern, den Chinesen, den Völkern des nördl. Asiens, woraus man nicht auf eine allgemeine
Flut schließen darf, da sich in den Sagen verschiedene Einzelfluten widerspiegeln können. –
Vgl. Diestel,
Die S. und die Flutsagen des Altertums (2. Aufl., Berl. 1876);
Sueß, Die S. Eine geolog.
Studie (Prag 1883); Andree, Die Flutsagen,
ethnographisch betrachtet (Braunschw. 1891); von Schwarz, S. und Völkerwanderungen (Stuttg. 1894).