Sikh
(Seihks), ursprünglich eine von Nanak (geb. 1469) im Pandschab in Ostindien [* 2] gegründete religiöse Sekte, welcher sich vornehmlich Dschat anschlossen, wurde durch Gowinda Anfang des 18. Jahrh. zum auserwählten Volk erklärt und erhielt eine militärische Verfassung auf theokratischer Grundlage. Die Religion der S. ist im ganzen eine deistische Moral; ihr Gottesdienst besteht in Absingung von Liedern, im Gebet um Kraft [* 3] zu guten Handlungen und in Liebesmahlen.
Das Priesteramt versehen die Udasi genannten asketischen Nachfolger
Nanaks; der Haupttempel steht in
Amritsar (s. d.). Die
Mogulkaiser zu
Dehli verfolgten sofort die neue
Lehre,
[* 4] und dies führte zur
Bildung der Khalsa genannten politischen Einigung,
wobei die einzelnen
Fürsten in zwölf Misl oder Verbrüderungen zu einander traten, jedoch ein gemeinsames
Oberhaupt nicht anerkannten. Unter Gowinda mußten sie sich vor den wuchtigen
Schlägen des
Kaisers
Aurengzib zu
Dehli in die
Vorberge des
Himalaja zurückziehen; unter den Einfällen der Afghanen gewannen sie Land. Wenn auch mehrfach geschlagen, blieben
sie 1767
Herren alles
Landes zwischen dem
Fluß
Dschamna im
Osten und der Stadt
Rawalpindi im
Westen. 1788 kamen
die Ostsikh
vorübergehend in Abhängigkeit von den
Marathen.
Großen Einfluß gewannen die S. unter
Randschit Singh (geb.
der sich 1798 durch
Gewalt und
List in den
Besitz von
Lahor setzte, die Bundesrepublik zu einem einzigen
Staat umbildete und von hier aus mit militärischem
Despotismus regierte. Zugleich
schloß er 1806 einen
¶
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Freundschaftsvertrag mit den Engländern und ging einige Jahre später das Versprechen ein, auf die Fürsten südlich des Satledsch keinen Angriff zu machen. Als er starb, hinterließ er seinem Sohn Kharak Singh ein Reich von 36,000 qkm (654 QM.) mit einer von französischen Offizieren geschulten und mit Artillerie gut ausgestatteten Armee von 82,000 Mann. Kharak Singh starb schon die Regierung seines Sohns Nehal kennzeichnen Palastrevolutionen, in denen eine Witwe Randschit Singhs und dessen jüngster Sohn, Dhalip Singh, emporkamen.
Zur Beschäftigung der Armee, welche ihre Disziplin verloren hatte, erfolgte im Dezember 1845 ein Feldzug gegen die
Fürsten am linken Satledschufer; damit war aber der Kriegsfall mit England gegeben, dessen Truppen bei Sabraon ^[Sobraon]
die S. aufs Haupt schlugen. Im Vertrag zu Lahor vom traten die S. an England alles Bergland zwischen Bias und Satledsch
ab, mit Einschluß von Kaschmir,
[* 6] das die Engländer dessen Maharadscha übergaben; Zusatzverträge gewährten
den Engländern Besatzungsrechte und Einfluß auf die Regierung. Viele Sikh
fürsten waren mit diesen Abmachungen nicht einverstanden,
und es kam zum zweiten Sikh
krieg der Engländer. Obgleich die S. den Religionskrieg verkündeten und ihr Feldherr Scher Singh
40,000 Mann und 28 Feldgeschütze sammelte, führte die Schlacht von Gudschrat zur vollständigen
Gefangennahme der Sikh
armee und zur Einverleibung des Pandschab (s. d.) in das englische Kaiserreich in Indien. Bei der letzten
Volkszählung (1881) wurden 1,853,426 S. ermittelt, davon allein im Pandschab 1,716,114, die übrigen in Bombay,
[* 7] Haidarabad u. a.
Vgl. Cunningham, History of the S. (Lond. 1849);
Stülpnagel, The S. (1870);
Trumpp, The Adi Granth or the holy scriptures of the S. (Lond. 1877);
Derselbe, Die Religion der S. (Leipz. 1881).