Leone, brit. Kolonie in Oberguinea (Westafrika), zwischen dem 7. und 9.° nördl. Br., begrenzt im N. von der
französischen Kolonie Rivières du Sud, im Süden von der Negerrepublik Liberia, während nach dem Innern zu die Grenzen unbestimmt
sind, doch wird das Areal auf 2600 qkm (47 QM.) berechnet. Der Name kommt ursprünglich nur der Halbinsel
zu, welche vor der Mündung des ziemlich weit aufwärts schiffbaren Rokelle sich ins Meer erstreckt. Im Süden ist der Bum Kittam
eine benutzbare Wasserstraße. Vor seiner Mündung liegt die große Insel Sherboro, viel kleiner sind die Inseln Yellaboi,
Matacong u. die Losinseln. Die Bevölkerung (1881: 60,546) besteht zum größten Teil aus den Nachkommen
befreiter Sklaven (35,400), sodann aus den Angehörigen der verschiedensten Stämme Afrikas und sehr wenigen (163) Europäern,
welche als Beamte, Offiziere einer 400 Mann starken westindischen Truppe
mehr
und als Kaufleute thätig sind. Die allgemeine Umgangssprache ist ein verderbtes Englisch, doch werden hier an 60 verschiedene
Dialekte gesprochen. Die meisten Bewohner sind protestantische Christen, wenigstens dem Namen nach; von Mohammedanern, deren
Zahl beständig zunimmt, gab es 1881: 5178, von Heiden 15,924. Infolge der Trägheit der Neger produziert das
Land selbst sehr wenig;
die Ausfuhrartikel (Erdnüsse, Bennisame, Kolanüsse, Gummi, Häute, Palmöl, Palmkerne, Ingwer, Kautschuk)
kommen aus dem Hinterland. Eingeführt werden: Bier, Spirituosen, Wein, Tabak, die allein besteuert werden;
ferner: Kleiderstoffe,
Kurzwaren, Lebensmittel, Eisen, Messerschmiedewaren etc. 1887 betrug die Einfuhr 308,038, die Ausfuhr
333,516 Pfd. Sterl. Das Kolonialbudget bezifferte sich 1886 in Einnahme auf 62,935, in Ausgabe auf 63,482,
die Schuld der Kolonie auf 58,000 Pfd. Sterl. Hauptstadt und Sitz des Gouverneurs, dem auch die britischen Besitzungen am Gambia
unterstellt sind, ist Freetown (s. d.). - Die Kolonie wurde 1787 von englischen Philanthropen zur Aufnahme von befreiten Negern
aus Nordamerika gegründet; später wurden sehr viele der aus Sklavenschiffen Befreiten hierher geführt.
Anfänglich von einer Gesellschaft verwaltet, wurde die Kolonie 1808 von der Krone in Besitz genommen, welche 1860 die Insel Sherboro
und 1862 den südlichen, den Quiah abgenommenen Küstenstrich hinzufügte.
Vgl. Griffith, S., past, present and future (Lond.
1881);
Burton und Cameron, To the Goldcoast for gold (das. 1882, 2 Bde.);
Banbury, S. (das. 1888).
Leōne, engl. Kolonie an der Küste von Oberguinea in Westafrika, erstreckt sich zwischen Französisch-Guinea
und der Negerrepublik Liberia von Kirato, nördlich der Mündung des Großen Scarcies bis zur Mündung
des Mannahflusses (380 km in der Luftlinie), im O. von dem Französischen Sudan (Samorys Reich) eingeschlossen. Die nordwestl.
Grenze zieht sich längs des Großen Scarcies bis Wallia, die nördliche von da nahe dem 10.° nördl. Br. bis Kalieri, die
östliche von hier längs der Wasserscheide der Zuflüsse zum obern Niger über Tembicunda bis zu 7° 40'
nördl. Br. hin.
Der Flächeninhalt beträgt 71820 qkm. Das Land besteht aus dem südwestl. Abfall des Futa-Dschalongebirges, das nur einem
niedrigen und schmalen Küstenstrich Raum läßt. Auf dem thonhaltigen Boden, der eisenhaltigen Sandstein überdeckt, liegen
in Menge Granitfelsstücke zerstreut. Undurchdringliche Wälder wechseln mit tropisch reichen, gut bewässerten
Kulturen, die im Innern an Ausdehnung gewinnen. Hauptflüsse sind: der Große und Kleine Scarcies (im Oberlauf Kolente und Kabba
genannt);
der Rokelle mit breitem Astuarium;
der Kamaranko;
der Jong, welcher als Bampanna nahe den Nigerquellen entspringt;
der Große Bum;
der Sulymah, etwa 300 km lang, dessen Ursprung noch nicht erforscht ist.
An der für Schiffe
schwer zugänglichen Küste springt die 710 qkm große Halbinsel S.L., nach welcher der ganze Küstenstrich benannt ist,
hervor. Sie wird im O. durch das Zusammenfließen zweier Flüsse während der Regenzeit vom Festland nahezu abgeschnitten.
Im S. schließen sich unmittelbar an die Banana-Inseln (s. d.) und in einer Entfernung von 45 km die Insel Scherboro mit (1880) 4300 E.;
im N., vor der Mündung des Dembia, südlich der Sangareah-Bai, liegen die mit Palmenvegetation bedeckten Los-Inseln mit 1370 E.
Das Klima, besonders in den Küstengegenden, ist eins der ungesundesten der Welt.
Die Regenzeit dauert von Anfang April bis Ende November. Die Regenmenge beträgt im August 715 mm, im September 751 mm. Jahrestemperatur
in Freetown 26,8° C., im kühlsten Monat (August) 24,8° C., im wärmsten (April) 28,4° C. Der Boden ist überaus fruchtbar
im Süden an Ölpalmen, der Norden liefert hauptsächlich Gummi und Reis. Der Anbau von Kaffee, Kakao, Reis
u.s.w. hat nur da Fortschritte gemacht, wo Europäer sich niederließen. Von wilden Tieren ist das zahlreiche Vorkommen von
Gorillas und Schimpansen hervorzuheben.
Die Bevölkerung beträgt im Küstengebiet (1891) 74835 E., darunter 224 Europäer und 7400 mohammed.
Mandingo. Die Hauptmasse besteht aus einer Anzahl unter sich verwandter heidn. Negerstämme. Der an Zahl
bedeutendste (200000) ist jener der Timne, vom Rokelle bis zum Scarcies seßhaft; sie sind groß, schlank und kriegerisch
gesinnt. Ihre Sprache hat Anklänge an die der Susu in Französisch-Guinea. Im Süden leben, mit Mandingo vermischt, die ackerbauenden,
friedlichen Mendi.
Engl. Niederlassungen bestehen: auf der Halbinsel S.L. die Hauptstadt Freetown (s. d.) und eine Anzahl
kleinerer Ansiedelungen; im Binnenland Port-Loko, am schiffbaren Flusse gleichen Namens, ein wichtiger Handelsplatz, zugleich
engl. Missionsstation. S.L. bildete mit Gambia, der Goldküste und Lagos 1866–74 die westafrik. Settlements; 1874 erhielten
die Goldküste und Lagos eine abgesonderte Regierung, Gambia aber blieb bei S.L. Die Einnahmen der Kolonie
betrugen (1893) über 92769, die Ausgaben 84691, die Schuld 50000 Pfd. St. Der Handel ist im Aufblühen begriffen. Die Ausfuhr
(hauptsächlich Palmkerne, dann Palmöl, Kola- und Grundnüsse, Ingwer, Kautschuk, Häute) hatte 1893 einen Wert von 398664,
die Einfuhr von 417466 Pfd. St. Schiffsverkehr: 800 Schiffe mit 746500
t.
Geschichtliches. S.L. wurde 1467 von dem Portugiesen Pedro de Cintra entdeckt und zuerst von Portugiesen besiedelt. Eine
engl. Gesellschaft erwarb 1787 die Halbinsel S.L. von einheimischen Häuptlingen, um den Sklavenhandel an den Küsten allmählich
zu unterdrücken und das Gebiet mit befreiten Sklaven, namentlich aus Nordamerika, zu besiedeln. 1794 wurde
die Kolonie von einer franz. Flotte zerstört. Sie erholte sich langsam. 1807 übernahm die
engl. Regierung die Herrschaft und erbaute 1809 Kingstown.
Nach der offiziellen Aufhebung des Sklavenhandels in demselben Jahre vermehrte sich der Zudrang von Sklaven, die aber
weniger als Arbeiter, vielmehr als Müßiggänger den brit. Schutz aufsuchten. Durch allmähliche Erwerbungen
vergrößerte sich die Kolonie. Mit vielen Häuptlingen im Innern wurden unter Auszahlung eines Jahresgehalts Friedensverträge
abgeschlossen. Mit den aus Samorys Reich einbrechenden Horden der Sofa hatten die Engländer 1885 und 1889 bei Falaba, 1888 in der
Landschaft Tambakka heftige Kämpfe zu bestehen; Anfang Jan. 1894 schlug Oberst Ellis bei Bagwema endlich
entscheidend die Sofa aufs Haupt. Mit Frankreich wurden 1882, 1889 und 1892 Grenzverträge abgeschlossen, die jedoch bei dem
Mangel genauer topogr. Kenntnis ungenügend blieben, bis man 21. Jan. 1895 ein Abkommen traf, das endgültig die Grenzen
im Nordwesten, Norden und Osten in der oben angegebenen Weise festsetzte.