Siel
(holländ. Zijl, spr. seil), ein röhren- oder tunnelartig durch Dämme, Deiche oder Dünen geführter Wasserdurchlaß zur zeitweisen Be- oder Entwässerung von Niederungen. Eine Bewässerung läßt man meist nur durch süßes Wasser, aus Flüssen zur Zeit höherer Wasserstände oder aus den nächsthöhergelegenen Niederungen, eintreten. Die Entwässerung geschieht in die nächsttiefergelegenen Niederungen oder in Flüsse [* 2] zur Zeit niedriger Wasserstände, zumeist in die See zur Zeit der Ebbe.
Die kleinsten S., sog. Pumpsiele
oder Sichter, sind
Röhren
[* 3] von Holz
[* 4] (und dann meist kastenförmig) oder
gebranntem
Thon,
Cement,
Gußeisen oder wasserdichtem Ziegelmauerwerk von eiförmigem Querschnitt und werden durch
Klappen verschlossen,
die sich selbstthätig nach der Seite des niedrigern Wasserstandes öffnen.
Größere S. sind entweder hölzern und heißen,
wenn ihre Wandungen aus horizontalen
Balken bestehen, Balkensiele
, wenn sie aus Ständerwerk mit hintergelegten
Bohlen gebildet sind,
Ständersiele, oder massiv, aus wasserdichtem Ziegel- oder Werksteinmauerwerk.
Sie werden entweder durch Schützen verschlossen, die von oben geöffnet werden, oder durch ein-, meist durch zweiflügelige
Drehthore, die der Druck höherer Wasserstände selbstthätig
öffnet und schließt
(Stemmthore). Der
binnenwärts zum S. führende Hauptabzuggraben heißt Binnensieltief
oder
Binnenfleet, der außendeichs in den
Fluß oder die
See führende Wasserzug Außensieltief
oder Außenfleet. Der
Verband
[* 5] derjenigen Ländereien, die durch ein S. entwässert
werden, heißt Sielacht
, die kontrollierenden
Beamten und
Besitzer sind die Siel
geschworenen.
Die S. sind für die Entwässerung der Küstenniederungen von großer Wichtigkeit. In Hannover
[* 6] sind 358 S.
vorhanden, die 312000 ha durch Winterdeiche geschützter
Fläche entwässern; auch in
Holland und in Oldenburg
[* 7] sind zahlreiche
S. vorhanden; besonders groß sind die von
Katwijk aan Zee,
das neue Staatensiel
, das Mariensiel an der Jade. Mehrfach dienen
S. auch der Schiffahrt. Ist dann das S. oben offen, also die Deichkrone durchschnitten, so entsteht eine
Damm- oder Deichschleuse, die, wenn auch zur Zeit ungleicher Wasserstände innen und außen geschleust werden soll, als
Kammerschleuse (s. Schleuse) eingerichtet wird.
Spülschleusen sollen nach kräftiger Anspannung des Binnenwassers durch plötzliches
Öffnen der bis dahin geschlossenen
Thore das Außensieltief
oder die Hafeneinfahrtsrinne spülen und
schlickfrei machen; doch wird dieser Zweck meist nur unvollkommen erreicht, weshalb sie nur noch selten gebaut werden. –
Der
Ausdruck S. wird manchmal auch für die unterirdischen städtischen
Kanäle (s.
Kanalisation) gebraucht.