Siegel
Holywood - Holz

* 3
Holz. (lat. sigillum, Diminutiv von signum), der
Abdruck eines vertieft gravierten
Stempels, ursprünglich nur dem
Zweck dienend, einer
Urkunde Glaubwürdigkeit und öffentliche
Kraft
[* 2] zu verleihen. Heute werden die nichtamtlichen S.
nur noch zum Verschließen von Schriftstücken behufs
Sicherung des Briefgeheimnisses oder bei Geldbriefen verwendet. Die
Siegel
stempel bestehen aus
Metall oder
Stein, auch hornartigen
Materien und hartem
Holz,
[* 3] die
Abdrücke meist aus
Wachs, in der
neuern Zeit aus
Siegellack (seit etwa 1560) und
Oblaten.
Eine zweite Art der S., aus
Metall
(Blei
[* 4] und
Gold)
[* 5] bestehend, werden
Bullen (s. d.) genannt. Die S. sind
entweder rund, oval, spitzoval (parabolisch), oder dreieckig (schildförmig), selten herzförmig, vier-, fünf- oder mehreckig.
Der parabolischen Form bedienten sich seit dem 12.
Jahrh., anfangs selten, im 13. Jahrh.
überwiegend, später wieder abnehmend, die
Geistlichkeit und die
Kirchen; sie kommt aber auch bei Siegeln
weltlicher
Herren, von
Zünften, häufiger bei Damensiegeln
des 13. Jahrh. vor und deutet hier in der
Regel auf ein Devotionsverhältnis
zu irgend einem
Heiligen.
Zweiseitige S., die besonders von den
Kaisern gebraucht wurden, nennt man Münzsiegel.
Damit verwandt sind die
Sekrete (Geheimsiegel
),
auch
Kontra- (Gegen-) oder Rücksiegel
genannt, die, beträchtlich kleiner als die Hauptsiegel, zum
Kontrasignieren
der letztern gebraucht wurden und erst im 15. Jahrh. den Wert als selbständige, authentische
S. erhielten. Die S. wurden bis ins 12. Jahrh. aufgedrückt; später wurden isolierte
Abdrücke hergestellt, die mit
Hilfe
von
Schnüren oder Pergamentstreifen an die
Urkunde angehängt und in
Metall- oder Holzkapseln zu besserer
Erhaltung eingeschlossen wurden.
Nach Einführung des Lumpenpapiers als Schreibstoff für
Urkunden fing man wieder an, die S. aufzudrücken. Die S. werden
eingeteilt in
Bild-,
Porträt-,
Wappen- und Schriftsiegel.
Die Bildsiegel enthalten
Darstellungen aus der Geschichte oder von
Gebäuden,
Schiffen u. dgl. Die Porträtsiegel
geben das
Bild des Siegel
inhabers: hierher gehören namentlich die Majestätssiegel der
Kaiser und
Könige, die Reitersiegel
der
Fürsten und großen
Herren. Auch
Universitäten führen in ihren Siegeln
die Bildnisse ihrer
Stifter.
Beiwerk - Bekassine

* 6
Beizeichen.
Die Wappensiegel
werden von der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. an üblich. Die S. wurden stets
sorgfältig bewahrt, weil sie ohne andre Legalisierungsmittel hinreichten, einer
Urkunde über die wichtigsten
Rechtsgeschäfte öffentliche
Kraft zu geben. Ging trotzdem ein S. verloren, so wurde der Schuldige wohl an Leib und
Leben gestraft.
In allen
Fällen wirklicher oder befürchteter
Fälschung eines öffentlichen Siegels
wurde dasselbe sofort außer
Gebrauch
gesetzt oder mit einem augenfälligen
Beizeichen
[* 6] (s. d.) versehen.
Siegel - Siegen

* 11
Seite 14.952.
Fälscher von Siegeln
wurden lebendig in einem
Kessel gesotten. S., die vermöge der Umschrift auf eine
Person lauteten, wurden
nach dem
Tode derselben vernichtet oder unbrauchbar gemacht; die S. der
Kaiser wurden nach der Leichenfeier in der
Kirche unter
Leitung des
Kanzlers öffentlich zerschlagen. Siegel
fähig in eigner
Sache war im
Mittelalter jeder, der
Rechtsgeschäfte gültig abschließen konnte. Als durch die Neuerung, die S. zum Verschließen rechtlich wertloser Sendschreiben
zu verwenden, der
Gebrauch der S. verallgemeinert worden war, griff eine Entwertung derselben Platz, welche der
Gesetzgebung
Veranlassung gab, die
Siegelmäßigkeit analog dem Wappenrecht als ein
Privilegium bevorzugter
Stände zu
konstituieren (s.
Adel, S. 108). In der Gegenwart hat das S. der
Privatpersonen jeden Wert in der
Rechtspflege verloren, und
durch die gummierten Briefumschläge sind sie vollends überflüssig, zum Teil auch durch zweifarbige Pressungen in
Papier
(Siegeloblaten) ersetzt worden. Trotzdem hat in neuerer Zeit die
Nachfrage nach stilvollen, künstlerisch
ausgeführten Siegelstempeln sehr zugenommen. Die größten
Verdienste um die
Hebung
[* 7] des
Gewerbes der Siegelstecherei hat der
Münchener Stempelschneider
Birnböck (s. d.). Auch in
Berlin
[* 8] und
Wien
[* 9] gibt es
Graveure von künstlerischem
Ruf. - Die
Lehre
[* 10] von der
Kenntnis der Urkundensiegel wurde von
Joh.
Mich.
Heineccius (1709) begründet; an ihn reihen sich:
Joh.
v.
Heumann, der ihr den griechischen
Namen
Sphragistik gab,
Ph. W. Gercken (1786),
Gatterer, v.
Ledebur (1830), F. K.
Fürst von
Hohenlohe-Waldenburg u. a. Vgl.
Grotefend, Über
¶
mehr
Sphragistik (Berl. 1875); Seyler, Abriß der Sphragistik (Wien 1884).