[* 2] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Köln
[* 3] und im
Siegkreis, an der
Sieg,
Knotenpunkt der
LinienDeutz-Gießen
und
S.-Ründeroth der Preußischen Staatsbahn, 67 m ü. M., hat eine evangelische
und eine kath.
Kirche, ein
Gymnasium, ein Schullehrerseminar, ein
Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine
Strafanstalt, eine königliche Geschoßfabrik, eine große
Kattundruckerei, Zigarrenfabrikation und (1885) 7515 meist kath.
Einwohner. An dem »Scherbenberg« in der Aulgasse werden alte merkwürdige
Töpferwaren gefunden. Vom 16.-18. Jahrh. war nämlich S. der Sitz einer blühenden Steinzeugindustrie,
welche aus weißem
Thon, meist ohne
Glasur, kleine
Vasen
[* 4] mit eingeschnittenen
Verzierungen, schlanke, sich
nach
oben verjüngende
Krüge
[* 5]
(Schnellen,
[* 6] s. d.) und zierliche Schnabelkannen hervorbrachte.
Vgl. Dornbusch, Die Kunstgilde
der
Töpfer in S.
(Köln 1873).
[* 2] Kreisstadt im Siegkreis des preuß. Reg.-Bez. Köln, auf dem rechten Ufer der
Sieg, oberhalb der Mündung der Agger, an der Linie Köln-Gießen und der NebenlinieTroisdorf-Derschlag
der Preuß. Staatsbahnen,
[* 7] Sitz des Landratsamtes und
eines Amtsgerichts (Landgericht Bonn),
[* 8] hat (1890) 8328 E., darunter 1334 Evangelische
und 321 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph,
[* 9] Fernsprecheinrichtung, kath. Kirche (13. Jahrh.) mit mehrern schönen
Reliquiaren, darunter das des Erzbischofs Anno Ⅱ. von Köln, evang. Kirche, Gymnasium, höhere Mädchenschule,
kath. Schullehrerseminar, zwei königl. Strafanstalten auf dem Michaelis- und Brückberge, Wasserleitung,
[* 10] Gasanstalt und Schlachthof;
ein königl. Feuerwerkslaboratorium und eine Geschoßfabrik mit 2‒3000 Arbeitern, Gerbereien, Fabriken für Thonwaren
[* 11] und
feuerfeste Steine, Hammerwerk, Kattunfabrik Siegfeld, Mahl- und Sägemühlen, bedeutende Kies- und Quarzitgruben.
Die königl. Strafanstalt (früher Provinzialirrenanstalt) auf dem Michaelisberge, der eine 775 von Karl
d. Gr. eroberte Sachsenfeste trug, befindet sich in der 1060 vom Erzbischof Anno Ⅱ. gestifteten, 1803 aufgehobenen Benediktinerabtei,
von deren Kirche noch die Krypta erhalten ist. Die Blüte
[* 12] der Stadt fällt in das 15. und 16. Jahrh. Die daselbst im 16. und
im Anfange des 17. Jahrh. aus Thon gefertigten Siegburger Krüge waren in ganz Europa
[* 13] berühmt. Insbesondere
wurden Darstellungen von Bauernfesten und Volksscenen zu ihrer Verzierung benutzt; auch Wappen,
[* 14] Kaiser- und Kurfürstenfiguren
finden sich verwendet.
Ihre Formen sind mitunter sehr originell, wie die «Ringkrüge» oder
«Wurstkrüge», manche haben Henkel und lange Ausgußröhren. Diese
sind unter den Kunstfreunden besonders geschätzt, daneben auch die sog. «Schnellen»,
Trinkgefäße von schlanker konischer Form und von weißem Thon. Die Fabrikation von S. dauerte in voller Höhe bis zum J.
1632, wo infolge der Kriegsnot die Töpfer auswanderten und ihre Kunst nach den nassauischen Ortschaften Höhr und Grenzhausen
brachten. Hier ging die Produktion fort, freilich mit verminderter Kunst, um heute gesteigert wieder
aufgenommen zu werden. ^[]