
Siders
,
französisch Sierre. Bezirk und ehemaliger Zehnten des Kantons Wallis. Liegt zu beiden Seiten der Rhone und grenzt im N. an den Kanton Bern (Ober Simmenthal), im W. an die Bezirke Hérens und Sitten, im S. an den Bezirk Visp (Zmuttthal) und im O. an die Bezirke Visp und Leuk. 41860 ha Fläche. 28 Ew. auf einen km2. Die grösste Länge vom Mittaghorn (2687 m) über dem Rawilpass bis zur Pointe de Zinal (3806 m) misst 42,7 km, die mittlere Breite 13,5 km. Von der Rhone wird der Bezirk in der Richtung ONO.-WSW. durchzogen.
Ausser diesem Fluss entwässern ihn noch die Navizance, deren Sammelgebiet ihm ganz angehört, sowie der Wildbach von Réchy. Beide münden von links in die Rhone. Im N. sind die beiden einzig nennenswerten Bachläufe die Raspille, die den Bezirk auf eine kurze Strecke vom Bezirk Leuk trennt, und die Liène, deren tiefe Schlucht ihn im W. von den Bezirken Hérens und Sitten scheidet. Von entweder ihrer Höhe oder ihrer Lage wegen bemerkenswerten Gipfeln seien erwähnt: die Dent Blanche (4364 m), das Ober Gabelhorn (4073 m) und Weisshorn (4512 m), die Diablons (3605 m), der Besso (3675 m), die Bella Tola (3001 m), das Illhorn (2724 m), der Grand Cornier (3969 m), der Bouquetin (3484 m) und die Becs de Bosson (3154 m), welche sämtlich das Eifischthal umrahmen.
Der
Mont Nuoble (2673 m) und Mont Gautier (2706 m) stehen zwischen dem Val de
Réchy und dem Eringerthal
(Vallée d'Hérens).
Nordwärts sind in der Kette der
Berner
Alpen die bedeutendsten Gipfel der
Mont Bonvin (3000 m), der
Sex Mort (oder
Tothorn; 2942 m), das
Weisshorn (3010 m) und der
Rohrbachstein (2953 m). Der Bezirk Siders
umfasst 21 Gemeinden, und zwar:
in der
Ebene Siders
(Bezirkshauptort),
Chalais,
Chippis,
Granges,
Grône und
Saint Léonard;
im Eifischthal Ayer, Chandolin, Grimentz, Saint Jean, Saint Lue und Vissoye;
auf den Hängen und Terrassen n. über der Rhone die umfangreiche Gemeinde Lens, die 1904 in die vier Gemeinden Lens, Icogne, Chermignon und Montana aufgelöst wurde;
ö. davon an den fruchtbaren und sanft
geneigten Hängen über Siders
, d. h. in der ihrer gesegneten Lage wegen «la
Nobla contrâ» (la Noble Contrée = die stolze
Gegend) genannten Landschaft die Gemeinden
Miège,
Mollens,
Randogne,
Venthône und
Veyras. 15 Pfarreien:
Siders
,
Granges,
Grône,
Grimentz (Rektorat),
Chippis,
Venthône,
Saint Lue,
Montana und
Chandolin decken sich mit den politischen
Gemeinden gleichen Namens;
Vissoye umfasst die politischen Gemeinden Ayer, Saint Jean und Vissoye;
Chalais (in der Ebene) und Vercorin (auf einer Bergterrasse) auf Gebiet der politischen Gemeinde Chalais;
Saint Maurice de Laques mit den Gemeinden Randogne und Mollens;
Lens mit den Gemeinden Lens, Icogne und Chermignon Miège mit den Gemeinden Miège und Veyras. 2454 Haushaltungen in 1664 Häusern. 11567 Ew., wovon 10456 französischer, 960 deutscher, 129 italienischer und 22 anderer Sprache;
11450 Katholiken, 113 Reformierte, 1 Israelite
und 3 andere. 1888 zählte der Bezirk 10138 Ew. Die Zunahme lässt sich hauptsächlich auf Rechnung der in Siders
sich aufhaltenden
Fremden setzen, welcher
Flecken als geschätzte Winterstation sich zu entwickeln beginnt.
Siders

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Seit 1892 besteht in Siders
eine
eidgenössische meteorologische Station. Seitdem die Gasthöfe im
Rhonethal mehr und mehr von Wintergästen
besucht zu werden begannen, liessen einige um die Entwicklung der Gegend besorgte Männer um die nämliche Zeit das Hotel
in
Crans über
Montana erbauen. Seither folgten dann auf Boden der Gemeinde
Randogne noch verschiedene andere am untern oder
obern Rand der Waldzone befindliche klimatische Kurorte
(Genfer Volkssanatorium,
Vermala, Sanatorium
Beauregard).
Dem milden und bevorzugten Klima entspricht das Pflanzenkleid. Die Ortschaften in der
Ebene sind von reichen Baumgärten umgeben,
die zahlreiche Obstsorten in
Fülle erzeugen. Mehr als irgendwo anders im mittleren Wallis
weichen die beiden Rhoneufer voneinander
ab: das gegen N. schauende und von den hohen Ausläufern der
Penninischen Alpen beherrschte linke Ufer
zeigt namentlich
Wiesen, Felder und
Wald, während das
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![vergrössern: Bezirk Siders. ^[Karte: 5° 12’ O; 46° 15’ N; 1:250000]. vergrössern: Bezirk Siders. ^[Karte: 5° 12’ O; 46° 15’ N; 1:250000].](/meyers/teile/45/45_0533-1.jpg)
rechte Ufer einem Spalier gleich nach S. exponiert erscheint und sich von den mit Burgruinen, Kapellen, Rebhäuschen und Weinbergen
gekrönten Vorhöhen bis zu den Felsen hinaufzieht, die den weitgedehnten Glacier de la Plaine Morte tragen. Ueber Siders
und
Granges liegen in grünen Bergnischen die zahlreichen, nicht ständig bewohnten Gruppen von Rebhäuschen
der Bewohner von Lens und des Eifischthales. Die diesen letztern gehörenden Gruppen zeichnen sich durch ihre Glockentürme
aus, deren Spitzen über die Apfel- und Nussbäume, Kastanienbäume und Weinlauben hinausschauen.
Höher oben folgen ständig bewohnte Siedelungen, wie die Dörfer Veyras, Venthône, Miège, Anchette, Mollens, Randogne, Chermignon,
Lens und Montana. Noch höher erreichen wir von 1400 m an den Waldgürtel. Die Bezirke Siders
und Sitten
liefern die verschiedenen Erzeugnisse der Landwirtschaft in reichster Fülle. 1894 umfassten die Weinberge des Bezirkes eine
Fläche von 570 ha und betrug die Jahresernte 30374 hl Wein. An diesen Zahlen beteiligte sich das linke Rhoneufer
nur mit einem geringen Anteil, der hauptsächlich auf die Gemeinde Granges entfiel. Seither hat die Weinrebe auch auf Boden
der Gemeinde Chalais an der Ausmündung des Val de Réchy Boden gefasst. Die Viehstatistik ergibt folgende Resultate:
1886 | 1896 | 1901 | |
---|---|---|---|
Rindvieh | 6890 | 6166 | 6906 |
Pferde | 84 | 101 | 146 |
Schweine | 1245 | 2028 | 1503 |
Maultiere | - | - | 336 |
Schafe | 7150 | 6243 | 5683 |
Ziegen | 1605 | 2261 | 1725 |
Bienenstöcke | 382 | 619 | 675. |
Uebrige
Naturprodukte des Bezirkes Siders
sind: die zu wiederholten Malen abgebauten Nickel-, Kupfer- und Kobalterze des
Eifischthales (Val d'Anniviers), die um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Glarey bei Siders
verhüttet und
deren bergmännische Gewinnung erst 1903 vollständig aufgegeben wurde, sowie die im 16. Jahrhundert auf Boden der Gemeinde
Grône betriebenen Silberminen. Fremdenverkehr und Hotelwesen entwickeln sich rasch und mit grossem Erfolg. Kurorte und
Fremdenstationen sind nördlich der Rhone Siders
, die Gegend um und über Montana (Crans, Taulettes etc.), sowie Lens, südl.
der Rhone das Eifischthal mit Vissoye, Saint Luc, Chandolin und Zinal. Im übrigen kann nur von lokalen Industrien gesprochen werden.
Siders

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Ein an der Ausmündung der Navizance errichtetes Elektrizitätswerk versorgt Siders
und Umgebung mit Licht, während ein
ähnliches Werk in Bälde auch im Eifischthal selbst erstellt werden soll. In Chippis haben die Bauarbeiten
für eine Aluminiumfabrik begonnen, die von der Navizance und der Rhone getrieben werden soll. Sie wird von der Aluminiumgesellschaft
in Neuhausen mit einem Kapital von 15 bis 20 Mill. Fr. betrieben werden, etwa 1000 Arbeiter beschäftigen und über eine
Triebkraft von 50000 PS verfügen. Taubstummenanstalt Géronde. Den Bezirk durchzieht die Simplonbahn,
die hier die drei Stationen Saint Léonard, Granges und Siders
hat. Ausser der dem Rhonethal folgenden Strasse sind folgende
Verkehrswege zu nennen: die von der Station Granges zur Terrasse von
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Lens hinaufführende Fahrstrasse, die bis zum Rawil verlängert werden soll, die ebenfalls bis zum Rawil hinauf geplante
neue Fahrstrasse Siders
-Crans mit Abzweigungen in die Gemeinden Veyras, Venthône, Miège, Mollens und Randogne, die Strassen Siders-Corin
und Siders-Miège und endlich die Strasse des Eifischthales. Nebenstrassen verbinden die Ortschaften in der Ebene
unter sich und reichen einerseits bis Brämis (Bramois) im Bezirk Sitten und andrerseits bis Salquenen im Bezirk Leuk. Das heutige
Gebiet des Bezirkes Siders umfasst einige ehemalige Herrschaften, von denen Siders und Anniviers den Bischöfen von Sitten und
Granges (das bis zu den Hochterrassen von Lens hinaufreichte) zuerst dem Geschlecht der Tavelli und dann
der Bürgerschaft Sitten gehörten. Infolge des Raronkrieges von 1417 und namentlich seit dem Fall der savoyischen Oberherrschaft
im Wallis
(1475) sind dann diese Sonderrechte rasch verschwunden.