Sèvres
(spr. ssähwr), Stadt im franz. Departement Seine-et-Oise, Arrondissement Versailles, [* 2] an der Seine und der Bahnlinie Paris-Versailles, hat eine berühmte staatliche Porzellanfabrik mit reichhaltigem keramischen Museum, außerdem Fabrikation von Chemikalien, Stoffdruckerei, Leinenbleicherei, eine Lehrerinnenbildungsanstalt (im alten Schloß) u. (1886) 7620 Einw. Die Porzellanfabrik besteht seit 1756, in welchem Jahr sie dorthin von Vincennes übersiedelte, wo um 1743 ein Arbeiter, Gravaut, ein Frittenporzellan (pâte tendre) dargestellt hatte, das den Anlaß zur Begründung des Fabrikbetriebs gab.
Die ersten Erzeugnisse waren in Meißener Art gehalten. 1753 übernahm der König den dritten Teil der Unkosten, und die Fabrik erhielt den Namen Manufacture royale de France. Die Fabrikate wurden mit zwei gekreuzten L gekennzeichnet. Im J. 1759 wurde der König alleiniger Besitzer der Manufaktur. Außer Servicen, Lüstern, Pendulen und ähnlichen Geräten wurden vornehmlich Prachtvasen, welche zu Geschenken an fremde Höfe benutzt wurden, und die noch heute eine Spezialität von S. bilden, und Biskuitfiguren und -Gruppen angefertigt, zu denen die berühmtesten Bildhauer die Modelle lieferten.
Die Chemiker der
Fabrik stellten auch besondere
Farben her, welche für das Sèvres
porzellan charakteristisch, und unter denen
das
Königsblau (bleu du roi, auch bleu de S. genannt, oft von feinen goldenen
Adern durchzogen), das türkische
Blau, das
Pompadourrot
(auch
rose Dubarry genannt) und das Apfelgrün (vert pomme) hervorzuheben sind. Die Fabrikation von Frittenporzellan
hörte um 1805 auf, wurde aber 1847 wieder begonnen. Erzeugnisse in Hartporzellan (pâte dure) gingen seit 1765 aus der
Fabrik
hervor. Aber erst seit 1800 trat die Fabrikation von Hartporzellan durch
Brongniart, der bis 1847
Direktor war, in
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den Vordergrund und verdrängte schließlich das Frittenporzellan gänzlich. Auch in der neuern Zeit war die Fabrikation von Prachtvasen und Servicen, zu der sich noch Porzellangemälde gesellten, Hauptbeschäftigung der Manufaktur, welche seit der ersten Revolution in die Verwaltung des Staats überging. Nachdem dieselbe eine Zeitlang in ihren Leistungen stark zurückgeblieben war, hat sie seit dem Anfang der 60er Jahre einen neuen Aufschwung genommen und namentlich in Vasen [* 4] und andern Gefäßen und Geräten mit Pâte-sur-pâte-Dekorationen Vorzügliches geleistet (s. Keramik, [* 5] S. 686).
Vgl. Havard und Vachon, Les manufactures nationales (Par. 1889).