Servitut
(lat., Dienstbarkeit), das an einer fremden Sache bestellte dingliche Recht, vermöge dessen dem Berechtigten bestimmte Gebrauchsrechte an jener Sache zustehen. Je nachdem nun diese Gerechtigkeit für eine individuell bestimmte Person und zu deren Vorteil, oder je nachdem sie dauernd zum Vorteil eines bestimmten Grundstücks oder vielmehr des jeweiligen Eigentümers und Besitzers desselben bestellt ist, wird zwischen Personal- und Realservituten (persönlichen und Grunddienstbarkeiten) unterschieden.
Letztere, auch Prädialservituten
genannt, sind also Servituten für
Grundstücke an
Grundstücken, und
zwar wird dasjenige
Grundstück, zu dessen Vorteil die S. besteht, das herrschende (praedium dominans), das andre dagegen
das dienende
Grundstück (praedium serviens) genannt. Die
dingliche Klage, welche der
Eigentümer eines
Grundstücks gegen jeden,
der sich widerrechtlich eine S. daran anmaßt, anstellen kann, heißt
Negatorienklage
(Actio negatoria).
Der Servitut
berechtigte dagegen kann sich zur Geltendmachung seiner S. der konfessorischen
Klage
(Actio confessoria) oder einer
Besitzklage bedienen. Die Verpflichtung selbst kann immer nur in einem Dulden oder Unterlassen, niemals in einer eignen Leistung
des Eigentümers oder Besitzers der fremden
Sache bestehen. Dem römischen
Recht, welchem die
Lehre
[* 2] von den
Servituten
angehört, war nämlich die
Verbindung der Verpflichtung zu positiven Leistungen mit dem
Grundeigentum unbekannt,
während sie im deutschen
Recht, namentlich bei den sogen.
Reallasten (s. d.), vorkommt.
Als persönliche Servituten
kommen vorzüglich der
Nießbrauch (s. d., ususfructus), vermöge dessen der Berechtigte den vollständigen
Gebrauch und den Fruchtgenuß einer
Sache hat, und das Gebrauchsrecht (usus) sowie das
Wohnungsrecht (habitatio)
vor. Übrigens kann jede als
Inhalt einer
Grunddienstbarkeit zulässige Befugnis auch als persönliche S. bestellt und überhaupt
die Benutzung eines
Grundstücks in einzelnen Beziehungen zum Gegenstand einer
Dienstbarkeit für eine bestimmte
Person gemacht
werden.
Der
Entwurf eines deutschen bürgerlichen
Gesetzbuchs spricht in solchen
Fällen von »beschränkten« persönlichen
Dienstbarkeiten im
Gegensatz zum
Nießbrauch. Der
Inhalt der
Realservituten kann sehr verschiedenartig sein. Von dem Nutzen für
das herrschende
Grundstück bestimmt, sind die
Realservituten verschieden, je nachdem jenes ein fruchttragendes
Grundstück
oder ein Gebäude ist (servitutes
praediorum rusticorum und urbanorum). Servituten der letztern Art
(Gebäudeservituten) sind
unter andern das
Recht, die Nachbarwand zur
Stütze einer
Mauer, einer Balkenauflage zu benutzen, ein auf das Nachbargrundstück
überspringendes
Dach
[* 3] zu haben,
Wasser, Unrat,
Rauch dahin abzuleiten
(Gußgerechtigkeit), das
Bauen überhaupt oder über eine
gewisse
Höhe oder in gewisser
Nähe auf dem Nachbargrundstück zu hindern, durch Öffnung in der Nachbarwand
Licht
[* 4] und
Luft zu erhalten oder
dergleichen Öffnungen zu verbieten.
Unter den ländlichen Servituten
(Feldservituten) sind zu erwähnen die
Wegegerechtigkeit, vermöge deren entweder nur ein
Fuß- oder Reitweg oder ein Fahrweg, sei es nur zu bestimmten
Zeiten und
Zwecken oder unbeschränkt, zusteht; ferner die Wassergerechtigkeit,
entweder auf Benutzung eines fremden Gewässers zum Schöpfen, Tränken,
Wässern etc. oder auf
Ableitung
eines solchen oder auf die
Führung einer
Wasserleitung
[* 5] über fremdes Gebiet; dann die
Trift- und
Weidegerechtigkeiten in ihrer
verschiedenen
Ausdehnung,
[* 6] endlich das
Recht, von einem fremden
Grundstück
Holz,
[* 7]
Steine,
Kalk etc. zu holen.
Die Servituten
entstehen teils durch
Bestellung seitens des Eigentümers im Weg des
Vertrags oder
Testaments,
teils durch richterliche
Verfügung bei gerichtlichen
Teilungen, teils durch
Ersitzung, d. h. durch Ausübung, welche weder
heimlich noch bittweise noch gewaltthätig oder gegen Verbot 10 Jahre oder, wenn der
Eigentümer des
Grundstücks abwesend
ist, 20 Jahre lang fortgesetzt wurde. Die Servituten
erlöschen, abgesehen von ihrem Aufhören, mit dem
Untergang des herrschenden oder dienenden
Grundstücks, durch ausdrückliches Aufgeben seitens des Berechtigten sowie durch
Nichtausüben während eines Zeitraums von 10
Jahren und, da niemand an seiner eignen
Sache ein
dingliches Recht haben kann,
mit dem
Erwerb der dienenden
Sache seitens des Berechtigten. Zum
Schutz in seinem
Recht stehen dem Berechtigten
sowohl
Besitz- als
dingliche Klage zu. Übrigens werden auch gewisse gesetzliche Beschränkungen des
Eigentums Servituten
genannt
(s.
Legalservituten).
Vgl.
Schönemann, Servituten
(Leipz. 1866);
Ofner, Der Servitut
enbegriff nach römischem und österreichischem
Recht
(Wien
[* 8] 1884).