Sequenz
(lat. sequentia, »Folge«),
eine Art
Hymnus im alten
Kirchengesang, so genannt, weil derselbe
im
Graduale (s. d.) auf das
Halleluja folgte. Die S. ist ursprünglich aus den langgedehnten
Neumen
[* 2] (s. d.) hervorgegangen,
die ohne Textunterlage nur auf der letzten
Silbe des
Halleluja gesungen wurden, die
Melodie desselben wiederholend. Da der
Text
in Hinsicht auf
Metrik anfangs mehr
Prosa als metrischer Versbau war, so hießen die Sequenzen
auch Prosen.
Zu den Meßgesängen des Gesamtchors gehörig, waren die Sequenzen
in der volksmäßigen Gregorianischen Gesangsweise abgefaßt
und bestanden stets aus mehreren
Chorälen oder melodischen
Sätzen, alle mit gleichen oder ähnlichen Schlußkadenzen. Vorzugsweise
von
Mönchen gedichtet, erhielten sie sich am längsten im
Gottesdienst der Klöster und gingen bald auch
in die
deutsche Sprache über. Jetzt sind in der katholischen
Kirche nur noch fünf Sequenzen
gebräuchlich: »Victimae paschali laudes«
(11. Jahrh.) zu
Ostern;
»Veni sancte spiritus« (angeblich vom König Robert von Frankreich, gest. 1031) zu Pfingsten;
»Lauda Sion salvatorem« (von Thomas von Aquino, gest. 1274) zu Fronleichnam;
»Stabat mater« (von Jacopone, gest. 1306) zum Feste der sieben Schmerzen Mariä und »Dies irae« (von Thomas von Celano, um 1250) beim Totenamt.
Mehrere Sequenzen
sind umgearbeitet
auch in die protestantischen
Gesangbücher übergegangen, z. B.
Luthers »Gelobet seist du, Jesu
Christ«. Eine Sammlung alter
Sequenzen
gab
Kehrein
(Mainz
[* 3] 1873) heraus.
Vgl.
Wolf, Über die
Lais, Sequenzen
und
Leiche (Heidelb. 1841);
Bartsch, Die lateinischen Sequenzen
des
Mittelalters
(Rostock
[* 4] 1868). -
In der Lehre [* 5] vom musikalischen Satz versteht man unter S. eine eigentümliche typische Führung der Stimmen, darin bestehend, daß bei mehrmaliger stufenweise steigender oder fallender Wiederholung eines Intervallschrittes im Baß, wie auch die übrigen Stimmen die bei den ersten beiden Baßtönen genommene Bewegung stufenweise fortschreitend wiederholen (weshalb die Franzosen die S. einfach Marche de basse oder Progression nennen).