Senĕca,
Indianerstamm, s. Irokesen.
Seneca
2 Seiten, 1'602 Wörter, 11'070 Zeichen
Indianerstamm, s. Irokesen.
der Name einer span.-röm. Familie, aus welcher zwei Mitglieder in der ersten röm. Kaiserzeit als Schriftsteller sich bekannt gemacht haben. M. Annäus S., der Ältere (der Rhetor), war um das J. 54 v. Chr. in Corduba (Cordova) in Spanien [* 2] geboren und kam als Knabe nach Rom, [* 3] wo er sich besonders unter der Leitung des Rhetors Marillus rhetorischen Studien widmete. In seine Heimat zurückgekehrt, verheiratete er sich mit Helvia, die ihm drei Söhne gebar: Novatus, Lucius S. und Mela, den Vater des Dichters Lucanus. Um das J. 3 n. Chr. kam er wieder nach Rom, wo er wahrscheinlich bis zu seinem 38 oder 39 n. Chr. erfolgten Tode lebte. In hohem Alter verfaßte er auf Bitten seiner Söhne eine Sammlung von Sentenzen und glänzenden Stellen aus den Deklamationen (Übungsreden) von Rhetoren, die er selbst gehört hatte.
Das Werk trägt den Titel «Oratorum et rhetorum sententiae, divisiones, colores» und zerfällt in zwei Hauptteile von sehr verschiedenem Umfang: zehn Bücher «Controversiae», von denen das erste, zweite, siebente, neunte und zehnte vollständig, die übrigen im Auszug erhalten sind, und ein Buch «Suasoriae», dem jetzt der Anfang und der Schluß fehlt. Die erste kritische Ausgabe des Werkes besorgte Bursian (Lpz. 1857), eine neuere Kießling (ebd. 1872), die neueste H. J. ^[Hermann Johannes] Müller (Prag [* 4] 1887). Außerdem verfaßte S. verschiedene (jetzt verlorene) Schriften, darunter ein Geschichtswerk (Historiae), vom Anfang der Bürgerkriege bis auf die letzten Tage seines Lebens. -
Vgl. Koerber, Über den Rhetor S. und die röm. Rhetorik seiner Zeit (Cass. 1864);
Gercke, Seneca
-Studien (Lpz. 1893).
Sein zweiter Sohn Lucius Annäus S. (der Philosoph) war um 4 v. Chr. in Corduba geboren, erhielt in Rom unter Leitung seines Vaters, der ihn zum Redner bilden wollte, eine sorgfältige Erziehung, wandte sich aber später von der Redekunst ab der Philosophie zu, in welcher er sich zu den Ansichten der Stoischen Schule, wenn auch nicht ohne einen gewissen Eklekticismus, bekannte. Er wurde 41 n. Chr. vom Kaiser Claudius wegen seines vertrauten Verhältnisses zu der Nichte desselben, Julia, auf Betrieb der Messalina nach Corsica [* 5] verbannt; nach acht Jahren durch den Einfluß der Agrippina zurückberufen, bekleidete er die Prätur und wurde zum Erzieher des spätern Kaisers Nero ernannt.
Nach dessen Thronbesteigung (54 n. Chr.) wurde er einer seiner vertrautesten Ratgeber. Doch ward dem Kaiser sein Mentor, so gut derselbe auch sich in die Rolle eines Hofmanns zu finden wußte, allmählich unbequem. Um der drohenden Gefahr zuvorzukommen, zog S. sich freiwillig vom Hofe zurück. Dennoch wurde er beschuldigt, an der Verschwörung des Piso teilgenommen zu haben, und zum Tode verurteilt; als besondere Vergünstigung gestattete ihm der Kaiser, sich selbst den Tod zu geben. S. ließ sich in Gegenwart einiger Freunde die Adern öffnen, und da dieses Mittel nicht schnell genug wirkte, in einem heißen Bade ersticken. Mit ihm gab sich seine Gattin Pompeja Paulina freiwillig den Tod (65 n. Chr.).
Von S. sind eine bedeutende Anzahl philos. Abhandlungen erhalten: zehn «Dialogi», ferner die Abhandlung «De clementia», die Schrift «De beneficiis» und die nur teilweise erhaltene Abhandlung «De remediis fortuitorum», dazu die «Quaestiones naturales», 124 Briefe philos. Inhalts, an seinen Freund Lucilius gerichtet, und seine beißende Satire in der prosaisch-poet. Form des Menippus auf den Tod des Kaisers Claudius u. d. T. «Apocolocyntosis» (d. i. «Verkürbsung», spöttisch für «Vergötterung»).
Der Stil aller dieser Schriften ist ein sehr gekünstelter, feuilletonartiger. Unter den Gesamtausgaben seiner prosaischen Schriften sind die von Fickert (3 Bde., Lpz. 1842-45) und von Haase (3 Bde., ebd. 1872-74) hervorzuheben. Eine neue kritische Bearbeitung der «Dialogi» von Koch hat Vahlen (Jena [* 6] 1879) herausgegeben, ebenso Gertz (Kopenh. 1886),
eine solche der «Epistolae morales» Hilgenfeld (Lpz. 1890),
der «Apocolocyntosis» Bücheler (in den «Symbola philologorum Bonnensium», ebd. 1864 fg., sowie in seiner Ausgabe des Petronius Arbiter, Berl. 1871). Eine vollständige deutsche Übersetzung haben Moser und Pauly geliefert (17 Bdchn., Stuttg. 1828-55).
Vgl. Kreyher, L. A. S. und seine Beziehungen zum Urchristentum (Berl. 1886);
Ribbeck, L. A. S. und sein Verhältnis zu Epikur, Plato und dem Christentum (Hannov. 1887). -
Noch sind unter S.s Namen, außer den «Phoenissae» (zwei in Wirklichkeit kaum zusammengehörigen ¶
855 Scenen aus dem thebanischen Sagenkreise),
neun Tragödien vollständig erhalten. Von diesen werden sieben («Hercules [furens]», «Thyestes», «Phaedra», «Oedipus», «Troades», «Medea» und «Agamemnon») jetzt allgemein S. zugeschrieben, der sie wohl in jüngern Jahren, vielleicht wahrend seiner Verbannungszeit auf Corsica verfaßte; eine achte («Hercules Oetaeus») wird wenigstens in ihrem zweiten Teile ihm abgesprochen; die neunte, «Octavia», ist erst nach Neros Tode verfaßt, kann also schon deswegen nicht von S. sein. Sie behandelt das Ende der Gemahlin Neros, die diesen Namen trägt. Eine kritische Ausgabe der Tragödien lieferten Peiper und Richter (Lpz. 1867), eine neue Leo (2 Bde., Berl. 1878–79), eine vollständige deutsche Übersetzung Swoboda (3 Bde., Wien [* 8] 1828–30).