Sempachersee
(Kt. Luzern, Amt Sursee). 507 m. Moränenstausee im Thal der Suhr, zwischen dem Eichberg und dem Nottwilerberg. Erstreckt sich von SO. nach NW. und folgt somit ziemlich genau der Thalrichtung. Er grenzt an die Gemeinden Sursee, Schenkon, Eich, Sempach, Neuenkirch, Nottwil und Oberkirch. Seine grösste Länge beträgt von Mariazell bis zum Seehüsli 7,6 km und die grösste Breite s. Eich 2,5 km. 14,37 km2 Fläche und eine maximale Tiefe von 87 m. Durch die 1806/07 erfolgte Tieferlegung des Abflusses um etwa 1,7 m hat sich der Seespiegel gesenkt und die Fläche des Sees beträchtlich verkleinert, was namentlich an den flachen Enden in Betracht fallen musste. Er wird durch zahlreiche kleinere Bäche gespiesen, die ihm von allen Seiten zufliessen und deren bedeutendster die Grosse Aa ist, welche unter dem Namen Sellenbodenbach von Hellbühl herkommt, bei Seesatz mündet und ein kleines Delta vorgeschoben hat.
Der Abfluss ist die zur
Aare gehende
Suhr, welche den
See bei
Oberkirch verlässt. Auf seinen Längsseiten wird der Sempachersee
von Molassehöhen und Moränenzügen begleitet, während ihn im NW. eine Stirnmoräne des einstigen Reussgletschers
umwallt. Nahe dem SO.-Ufer findet sich zwischen
Sempach und dem
Schloss
Wartensee und gerade ausserhalb der Mündung der Grossen
Aa eine bis 10 m unter den Wasserspiegel heraufreichende Anhöhe im
See, die der
«Ballenberg» genannt wird, weil
die Balchen hier mit Vorliebe zu laichen pflegen.
Nahe dem untern Ende ragt ein mit Gebüsch und einigen Bäumen bewachsenes kleines Inselchen aus dem Wasser auf. Den grössten Teil des Seegrundes deckt eine Lage feinen und lockeren gelblichen Schlammes, die Wohnstätte der Lebewelt des Grundes. Die kleinen Zuflüsse haben ein zu wenig umfangreiches Sammelgebiet und daher zu geringe Wassermengen, um dem See grobes Geschiebe zuführen zu können. Ihr Einfluss auf die Beschaffenheit des Seegrundes macht sich nur dadurch bemerkbar, dass an ihren Mündungen der Schlamm reichlich mit Sand und gröberer organischer Trümmermasse - Reste von Blättern, Zweigstücke, Wurzeln und dergl. -
durchsetzt ist. Zwischen dem Einlauf der Grossen Aa und dem Ballenberg ist der Grundschlamm streckenweise ganz erfüllt mit den Schalen abgestorbener kleiner Schnecken und Muscheln, ¶
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die Reste von noch gegenwärtig den See bevölkernden Arten darstellen. Die Wassertemperatur beträgt von etwa 30 m an abwärts 4° C. und kann gegen Ende des Sommers an der Oberfläche die Lufttemperatur noch um etwas übertreffen. Die Wasserfläche wird fast lückenlos von einem Kranz von Schilf und Binsen (Phragmites communis und Scirpus lacustris) umrahmt. Die Flora der untergetauchten Wasserpflanzen zeigt eine ausserordentlich grosse Armut an Arten. Ausgedehnte Strecken sind mit dem Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) bewachsen. An einzelnen geschützten Stellen breiten sich die grossen und flachen Blätter der Seerose (Nymphaea alba) aus.
Von den sonst überall vorkommenden und allgemein verbreiteten Laichkräutern (Potamogeton) fand dagegen
Prof. Heuscher anlässlich seiner Untersuchung des Sempachersees
nicht ein Stück. Ueber die auf oder am See sich aufhaltende
Vogelfauna lässt sich bemerken, dass nur wenige Arten (Eisvogel, Wasserhuhn, Wild-, Knäck- und Krickente, sowie der Kibitz
und die Lachmöve) sich sowohl im Sommer als auch im Winter zeigen. Zahlreicher sind die eigentlichen
Zug- oder Nistvögel, die nur im Sommer bei uns leben und dann auch brüten, so von Raubvögeln der Fischadler, die Sumpfweihe
und die Sumpfeule; dann verschiedene Rohrsänger, die Rohrdrossel, die Rohrammer und der Baumpieper, das Blaukehlchen, der
Wachtelkönig, zwei Sumpfhühner, die Wachtel, der
Zwerg- und der graue Reiher, sechs Taucher, verschiedene
Enten, zahlreiche Sumpfvögel und einige Möven.
Nur kurzen Aufenthalt pflegen zu nehmen die Graugans, Saatgans und zwei Brachvögel. Seltene Vorkommnisse sind der Sandregenpfeifer,
die Silbermöve, die Eisente, der schwarze Storch, die Zwergtrappe und der dunkelfarbige Sichler. An Krustazeen (Krebstieren)
ist der Sempachersee
so reich wie andere Seen. Der Fischbestand rekrutiert sich aus folgenden 16 Arten:
Aal, Hecht, Rötel, Seeforelle, Ballen oder Balchen, Alet, Hasel, Rottele, Brittele oder Blicke, Grundeli oder Kröscher,
Barbe, Schleihe, Karpfen, Trüsche, Groppe, Egli oder Barsch.
Der Aal wird selten gefangen, während sich der früher ebenfalls seltene Hecht stark vermehrt hat, seitdem
1889-1903 im ganzen über 900000 Stück in den See eingesetzt worden sind. Der Rötel spielt seiner Seltenheit wegen keine
Rolle, und auch Seeforelle und Alet zählen nicht zu den häufigen Seebewohnern, während dagegen der Hasel der häufigste
Fisch im Sempachersee
ist und jährlich in einer Menge von bis zu 500 kg Gewicht gefangen wird. Ebenfalls
zahlreich sind Rotauge (oder Rottele), Blicke und Kröscher. Keine bedeutende Rolle spielen Barbe und Schleihe. Der Karpfen
wird selten gefangen, doch kommen ansehnliche Stücke von 2-6 kg vor. Die Trüsche soll nicht häufig sein, und fast bedeutungslos
ist die Groppe. Dagegen erscheint der
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Barsch oder Egli verhältnismässig in weit grösseren Mengen als in einem der andern bedeutenderen Schweizerseen. Das «Sorgenkind
des Sempachersees»
ist der Ballen oder Balchen (Coregonus Suidteri), der früher in unglaublichen Mengen gefangen
wurde und dann in bedenklicher Weise abgenommen hat. Nach Viktor Fatio ist er ein dem Sempachersee
eigentümlicher
Fisch. Die Ursache seiner Abnahme wird von den Fischern hauptsächlich dem Verschwinden der Moose zugeschrieben, auf denen
die Ballen gelaicht haben sollen. Sie wird aber eher in der «geradezu unvernünftigen
Weise» zu suchen sein, mit welcher die Fischer früher den See ausbeuteten. Dazu kommen dann noch die unverhältnismässig
grosse Zahl von Barschen, die als arge Räuber bekannt sind, sowie der Umstand, dass unter den Balchen
des Sempachersees
eine die Fische zu grunde richtende Krankheit verbreitet ist.
Von einem Verkehr auf dem Sempachersee
kann eigentlich kaum gesprochen werden, da sich auf ihm weder Dampf- noch Motorschiffe
finden. Der früher gemachte Versuch, einen Dampferbetrieb einzurichten, musste wegen mangelnder Rendite
bald wieder aufgegeben werden. Der See gefriert, aber meistens sehr spät. Das Sprichwort sagt, der See werde gefrieren, wenn
es in der ganzen Woche vor Weihnachten in ihn regne. Die Gerichtsbarkeit über die Fischereirechte und Frevel auf dem See
gehörte ursprünglich den herzoglich österreichischen Pflegern zu Rotenburg, die einen Untervogt über
ihn bestellten.
Als dann Luzern das Pfandrecht über Rotenburg erwarb, gingt auch die Seevogtei an diese Stadt über. Im Frieden von 1389 und 1394 wurde die Wahl eines Seevogtes durch Luzern anerkannt. Schon 1392 wohnte ein durch Luzern bestellter Seevogt in Sempach, worauf der Burgrechtsbrief von 1426 den Sempachern den Sitz eines Seevogtes zusicherte, der aus den Mitgliedern des Grossen Rates auf die Dauer von sechs Jahren gewählt wurde. Er hatte die Aufsicht über den See, die Fischereirechte und Lehenzinse und bestrafte die Frevel.
Ferner zog er zu Handen der Obrigkeit die Bussen ein und nahm die Fischer in Eid und Pflicht. An der
Sempacher Schlachtfeier musste er die Ehrengäste von Luzern
und Münster bewirten, wofür er eine angemessene Entschädigung bezog.
Sehr interessant ist die Rechnungsführung der Seevögte über die Zahl der gefangenen Ballen, die in manchen Jahren 600000-800000,
im Jahr 1600 sogar 894000 Stück aufweist. Von der Entrichtung der Abgabe von den gefangenen Ballen waren
die Inhaber kleinerer Lehen (die jeweiligen Besitzer der Schlösser Tannenfels und Wartensee, die Kapuziner in Sursee und die
Stadt Sursee) befreit. Vergl. Heuscher, J. Der Sempachersee
und seine Fischereiverhältnisse (in der Schweizer. Fischereizeitung.
III, 1895). Diese Zustände waren bis 1798 in Kraft. Seit dieser Zeit ist der See Eigentum des Staates
Luzern.