Selīnus
(jetzt ital. Selinunte), die westlichste griech. Kolonie in Sicilien, wurde von den Doriern des sicil. Megara 628 v. Chr. gegründet, östlich von der Mündung eines Flüßchens, das nach dem dort wachsenden Eppich (grch. sélinon) gleich der Stadt den Namen S. erhielt, jetzt Modione heißt und 22 km im OSO. von Mazara, westlich vom Flusse Hypsas (jetzt Bellici) mündet. Die Stadt wurde bald reich und mächtig und blühte, bis die Einwohner von Segesta (s. d.), durch S. und Syrakus [* 2] bedrängt, die Karthager gegen sie zu Hilfe riefen.
Diese sendeten ein starkes Heer unter Hannibal Gisgon, der 409–408 v. Chr. S. eroberte und mit Mord und Brand furchtbar heimsuchte. Im ersten Punischen Kriege um 249 v. Chr. verpflanzten die Karthager die Bewohner der heruntergekommenen Stadt von S. nach Lilybäum und gaben den Platz auf. Es finden sich hier (in der Nähe von Castelvetrano) die gewaltigen Trümmer von sieben wahrscheinlich durch Erdbeben [* 3] zusammengestürzten Tempeln, worunter sechs große, drei in der auf dem östl. Hügel gelegenen Vorstadt und drei auf der sog. Akropolis, [* 4] dem westl. Hügel.
Der nördl. Tempel [* 5] des Osthügels (113 m lang, 54 m breit), nach einer dort gefundenen alten griech. Inschrift dem Apollo gewidmet, war 409 v. Chr. noch nicht vollendet und ist nie fertig geworden. Ein anderer Tempel desselben Osthügels war, wie eine andere Inschrift darthut, der Hera [* 6] geweiht. Der mittlere Tempel der sog. Akropolis ist der älteste von allen. Dieser sowie die beiden südl. Tempel des Osthügels enthielten die merkwürdigen, jetzt im Museum zu Palermo [* 7] befindlichen Metopen [* 8] aus dem letzten Viertel des 7. Jahrh. v. Chr. (S. Tafel: Griechische Kunst II, [* 1] Fig. 5.) Ausgrabungen sind seit 1883 von der ital. Regierung wieder angestellt worden und haben zu neuen wichtigen Funden geführt. -
Vgl. Hittorf, Restitution du temple d' Empédocle à S. (Par. 1851);
Schubring, Die Topographie der Stadt S. (in den «Nachrichten der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaft», 1865);
Benndorf, Metopen von Selinunt (Berl. 1873);
Solinas, Notizie degli scavi (1888);
Mazzoleni, Le [* 9] rovine di Selinunte (Catania 1890).
(S. auch Segesta.)