Titel
Selim
,
1) S. I., mit dem Beinamen Jauz, »der Tapfere«, geb. 1467, stieß mit Hilfe der Janitscharen seinen bejahrten Vater Bajesid II., welcher bald darauf an Gift starb, vom Thron, [* 2] schaffte sodann noch fünf Neffen und zwei Brüder aus dem Weg und führte eine kräftige Regierung. Als fanatischer Mohammedaner hätte er gern alle Ungläubigen aus seinem Reich ausgerottet; wenigstens ließ er 40,000 Schiiten ermorden, wodurch er einen Krieg mit Persien [* 3] herbeiführte. Er besiegte 1514 bei Tschaldiran den Schah von Persien, eroberte Kurdistan und Mesopotamien, 1516 Syrien, 1517 Ägypten, [* 4] wo er die Macht der Mamelucken brach, und unterwarf Mekka der Pforte, worauf er, als Schirmherr der heiligen Orte anerkannt, den Kalifentitel annahm, schuf in den eroberten Ländern zweckmäßige Reformen, begründete die osmanische Seemacht und hielt den Übermut der Janitscharen mit kräftiger Hand [* 5] nieder. Im Begriff, den Johanniterorden auf Rhodus mit Heeresmacht zu überziehen, starb er in Tschorli zwischen Konstantinopel [* 6] und Adrianopel. Er war auch ein Freund der Dichter und Gelehrten. Ihm folgte sein Sohn Soliman II.
2) S. II., mit dem Beinamen Mest (»Säufer«),
Enkel des vorigen, Sohn Solimans II., geb. 1524, gelangte nach seines Vaters Tod, zur Herrschaft und war der erste Sultan, welcher, sich den Freuden seines Harems überlassend, dem Großwesir den Oberbefehl des Heers und die Zügel der Herrschaft überließ. Unter seiner Regierung wurde 1571 die Insel Cypern [* 7] und 1573 Tunis [* 8] von den Türken erobert, dagegen die Flotte bei Lepanto besiegt. Er starb und hatte seinen Sohn Murad II. zum Nachfolger.
3) S. III., der Sohn Mustafas III., geb. stellte sich die Reform des osmanischen Reichs zur Lebensaufgabe; doch nahmen, nachdem er seinem Bruder Abd ul Hamid in der Regierung gefolgt war, auswärtige Händel und Empörungen im Innern seines Reichs seine Thätigkeit völlig in Anspruch. 1792 mußte er mit Rußland den nachteiligen Frieden von Jassy abschließen, und durch den Einfall Bonapartes in Ägypten (1798) wurde er in einen Krieg mit Frankreich verwickelt.
Erst nach dem Abschluß des Friedens mit Frankreich konnte er an die Realisierung seiner Reformpläne denken. Er brachte unter dem Beirat des französischen Generals Sebastiani das Heer auf den europäischen Kriegsfuß, erregte aber hierdurch sowie durch andre Maßregeln neue Unzufriedenheit, namentlich bei den Janitscharen, die 15,000 Mann stark, in die Vorstadt Pera eindrangen und auch das Volk der Hauptstadt zur Empörung mit fortrissen.
Umsonst versuchte S. durch Nachgiebigkeit die Gemüter zu versöhnen; er ward abgesetzt, und 31. Mai bestieg sein Neffe Mustafa IV., der Sohn Abd ul Hamids, den Thron. S. ward in einem Kiosk des Serails gefangen gesetzt und, als sein Anhänger Mustafa Bairaktar behufs seiner Wiedereinsetzung in Konstantinopel eindrang, auf Befehl Mustafas ermordet. Bairaktar stieß hierauf Mustafa vom Thron und erhob dessen Bruder Mahmud II. auf denselben.
Vgl. Asim Tarichi, A history of Abd ul Hamid and S. III. (Konstant. 1867, 2 Bde.).