Selene
,
[* 3] auch Mene, Phoibe, lat. Luna genannt, der griech. Name für den weiblich aufgefaßten Mond [* 4] und gleichzeitig für die Mondgöttin. Man dachte sich S. als eine fackeltragende, auf einem Wagen fahrende, durch große, schöne, alles sehende Augen, überhaupt durch Schönheit des Antlitzes ausgezeichnete Göttin, welche auf dem Haupte entweder eine Strahlenkrone oder eine Mondsichel (Stierhörner) trägt. Letztere erscheint anf Bildwerken auch nicht selten hinter den Schultern der Göttin.
Wenn S. auf einem Wagen fährt, so ziehen diesen entweder Stiere oder Rosse, auch wird sie nicht selten auf einem Stier, oder Roß, oder Maultier reitend dargestellt. Gleich ihrem Bruder Helios [* 5] (s. d.) taucht sie bei ihrem Aufgange aus dem Okeanos auf und sinkt in denselben hinab, oder verbirgt sich in einer Höhle. S. ist Spenderin des namentlich in mondhellen Nächten fallenden Taues, sodann eine Göttin der Menstruation und Entbindung (vgl. Juno und Hera), [* 6] da beides nach allgemeiner Vorstellung des Altertums dem Wirken des Mondes zugeschrieben wurde; sie hat großen Einfluß auf das Wachsen und Gedeihen von Pflanzen sowie auf die Gesundheit und Krankheit von Menschen und Tieren; insbesondere faßte man die Epilepsie als eine verderbliche Wirkung der S. auf. Endlich ist S. auch eine Göttin der Liebe, namentlich des in stillen Mondnächten geübten Liebeszaubers und überhaupt der Magie geworden, ebenso wie die ihr nahe verwandte Hekate [* 7] (s. d.). S. galt nach der gewöhnlichen Sage als Tochter des Hyperion und der Theia (oder Euryphaessa) und als Schwester des Helios und der Eos, [* 8] seltener als Tochter des Helios oder des Pallas. Als ihr Ehegatte gilt der Sonnengott, oder Zeus, [* 9] oder Endymion [* 10] (s. d.). -
Vgl. Röscher S. und Verwandtes (Lpz. 1890; Nachträge 1895).