Seiltänzer
,
Personen, welche auf einem gespannten Seil einherschreiten, tanzen und allerlei Künste ausführen, kommen schon bei den Griechen, viel häufiger aber bei den Römern vor, welche Funambuli, die auf starken Seilen, und Neurobatae, die auf Darmsaiten tanzten, unterschieden. Letztere hießen auch Aërobatae (»Lufttänzer«),
weil sie bei der Dünne der
Saiten aus der
Entfernung in freier
Luft zu tanzen schienen. Seiltänzer
kunststücke finden sich
auf
Vasen
[* 2] und Wandgemälden abgebildet, und auf einigen
Münzen
[* 3] von
Kyzikos ist sogar das Besteigen des Turmseils dargestellt.
Später kamen von
Indien und
Ägypten
[* 4] aus S. nach
Konstantinopel,
[* 5] und im
Mittelalter kannte man indische,
persische, morgenländische
Gaukler dieser Art. Der S. Arcangelo Tuccaro verfaßte eine illustrierte
Schrift über seine
Kunst
(Par. 1599). In neuerer Zeit zeichneten sich besonders
Italiener als S. aus, und namentlich die
Chiarinis, welche sich
Akrobaten
nannten, während sich andre früher als
Äquilibristen bezeichnet hatten, erlangten großen
Ruf.
Unter den Deutschen brachte Kolter die Kunst zu staunenswerter Vollendung und erstieg zuerst auf einem scharf gespannten Seil einen Turm. [* 6] Später hat man dies ohne Balancierstange und selbst mit einer Bürde beladen ausgeführt, auch oben allerlei Kunststücke, Umkleidungen etc. vorgenommen, Feuerwerke abgebrannt etc. In neuerer Zeit erregte Charles Blondin (geb. 1824 zu St.-Omer in Frankreich), der auf einem gespannten Seil wiederholt den Niagarafall überschritt, allgemeine Aufmerksamkeit. Auch Tiere sind vielfach durch Dressur zu Seilkünstlern ausgebildet worden.